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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Tochter des A,
welcher ihr durch Schenkungsvertrag vom 18.12.1998 mit Wirkung zum
31.12.1998 einen Anteil in Höhe von 10,5 v.H. seines
Kommanditanteils an der B-GmbH & Co. KG übertrug.
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Am 31.1.2000 verstarb A, woraufhin der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) wegen der
vorgenannten Schenkung gegen die Klägerin unter
Berücksichtigung von Vorschenkungen zuletzt mit Bescheid vom
16.5.2003 Schenkungsteuer in Höhe von 2.248.191 DM festsetzte.
Dabei gewährte das FA der Klägerin die
Steuervergünstigungen gemäß § 13a Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 und Abs. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes
in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung (ErbStG)
in Höhe von insgesamt 7.814.815 DM (Freibetrag: 400.000 DM,
Bewertungsabschlag: 7.414.815 DM). Die Schenkungsteuer in Höhe
von 2.248.191 DM wurde unmittelbar vom Geschäftskonto der
B-GmbH gezahlt.
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Nach Ablauf der fünfjährigen
Behaltensfrist gemäß § 13a Abs. 5 ErbStG forderte
das FA die Klägerin auf, mitzuteilen, ob schädliche
Verfügungen im Sinne der vorgenannten Vorschrift erfolgt
seien. Daraufhin teilte die Klägerin mit, dass innerhalb der
genannten Frist Überentnahmen aus dem begünstigt
erworbenen Vermögen getätigt worden seien, welche
allerdings alleine aus den Schenkungsteuerzahlungen resultieren
würden. Nach Abzug des unschädlichen Betrages in
Höhe von 100.000 DM ergäben sich Überentnahmen in
Höhe von 1.334.295,18 DM. Ohne Berücksichtigung der
gezahlten Schenkungsteuer in Höhe von 2.248.191 DM werde der
Tatbestand des § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG aber nicht
erfüllt, weshalb eine schädliche Verwendung des
begünstigten Vermögens zu verneinen sei.
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Das FA ging hingegen von einem
Verstoß gegen § 13a Abs. 5 ErbStG aus und änderte
die Steuerfestsetzung durch Bescheid vom 8.7.2005 nach § 175
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung dahingehend, dass es unter
Berücksichtigung von Überentnahmen in Höhe von
1.335.998 DM sowie von Vorschenkungen die Schenkungsteuer auf
2.515.041 DM festsetzte. Dabei berücksichtigte es
Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und
Abs. 2 ErbStG in Höhe von insgesamt 7.281.097 DM (Freibetrag:
400.000 DM, Bewertungsabschlag: 6.881.097 DM).
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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob
die Klägerin gegen den Schenkungsteuerbescheid vom 8.7.2005 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.10.2006 Klage vor dem
Finanzgericht (FG), welche sie damit begründete, dass §
13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG im Streitfall einschränkend auszulegen
sei. Die Norm sei ihrem Sinn und Zweck nach in Fällen, in
denen die Überentnahmen zur Zahlung der Schenkungsteuer
verwandt worden seien, teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass
die zur Zahlung der Steuer verwandten Entnahmen keine
Nachversteuerung auslösen dürften. Dies folge auch aus
einer verfassungskonformen Auslegung der Norm, weil der Tatbestand
solche Fälle nicht erfasse, in denen kein Missbrauch
vorliege.
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Mit seinem in EFG 2009, 278 = SIS 09 08 29
veröffentlichten Urteil wies das FG die Klage als
unbegründet ab. Das Erfordernis einer einschränkenden
Auslegung des § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG ergebe sich weder aus
den Gesetzesmaterialien noch aus dem Zweck der Norm oder unter dem
Gesichtspunkt einer verfassungskonformen Auslegung.
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Mit der Revision rügt die
Klägerin die fehlerhafte Anwendung des § 13a Abs. 5 Nr. 3
ErbStG.
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Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung sowie den angefochtenen Schenkungsteuerbescheid vom
8.7.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.10.2006
aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet; sie war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat die von der
Klägerin begehrte teleologische Reduktion des § 13a Abs.
5 Nr. 3 ErbStG zu Recht abgelehnt.
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1. Nach § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG fallen
der Freibetrag oder Freibetragsanteil nach Abs. 1 und der
verminderte Wertansatz nach Abs. 2 mit Wirkung für die
Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf
Jahren nach dem Erwerb als Gesellschafter einer Gesellschaft i.S.
des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4
des Einkommensteuergesetzes bis zum Ende des letzten in die
Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahrs Entnahmen
tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm
zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr
als 100.000 DM übersteigen. Die Regelung stellt nicht auf die
Gründe ab, die zu einer Entnahme führen; vielmehr soll
jede Entnahme grundsätzlich befreiungsschädlich sein.
Danach stellt die unmittelbar vom Geschäftskonto der B-GmbH
erfolgte Zahlung der gegen die Klägerin festgesetzten
Schenkungsteuer in Höhe von 2.248.191 DM eine innerhalb von
fünf Jahren nach dem Erwerb vorgenommene Entnahme der
Klägerin dar. Diese übersteigt die Summe ihrer Einlagen
und der ihr zuzurechnenden Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr
als 100.000 DM.
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2. Der klare und eindeutige Wortlaut des
§ 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG lässt eine Einschränkung
seines Anwendungsbereiches für den Fall einer
Überentnahme zur Tilgung der für den Erwerb festgesetzten
Schenkungsteuer weder mit Blick auf den Sinn und Zweck der
Vorschrift noch unter dem Gesichtspunkt einer verfassungskonformen
Auslegung zu (im Ergebnis ebenso R 65 Abs. 1 Satz 2 der
Erbschaftsteuer-Richtlinien 2003; Meincke, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 13a Rz 33;
Kapp/Ebeling, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz,
Kommentar, § 13a Rz 153; Wachter in Fischer/Jüptner/
Pahlke, ErbStG, Kommentar, § 13a Rz 219; a.A. Crezelius, DB
1997, 1584, 1587; Hübner, Die Unternehmensbesteuerung 2009, 1,
10; ders., in Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/ Schuck,
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz,
Kommentar, 2. Aufl., § 13a ErbStG Rz 147; Jülicher in
Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13a Rz 276; Söffing
in Wilms/Jochum, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, §
13a Rz 169). Einer einschränkenden Auslegung steht deshalb die
Gesetzesbindung der Steuerverwaltung und der Rechtsprechung (Art.
20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG - und für die Gerichte
ergänzend Art. 97 Abs. 1 GG) entgegen (vgl. zu § 13a Abs.
5 Nr. 4 Satz 2 Alt. 3 ErbStG bereits Urteil des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 10.5.2006 II R 71/04, BFHE 213, 118, BStBl II 2006, 602 =
SIS 06 27 12).
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a) § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG ist erst im
Rahmen eines Vermittlungsverfahrens und folglich ohne in einem
Gesetzesentwurf ausformulierte Begründung in das Gesetz
gelangt (zur entsprechenden Kompetenz des Vermittlungsausschusses
vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 7.12.1999
2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 = SIS 99 24 15). Der Norm liegt
allerdings erkennbar die Vorstellung zugrunde, dass einmal in das
Betriebsvermögen gelangtes begünstigtes Vermögen
über den Umfang von Einlagen und Gewinnen hinaus nur bis zur
Freigrenze in Höhe von 100.000 DM unschädlich wieder
entnommen können werden soll. Die Norm erfasst damit zwar auch
Fälle, in denen zunächst nach § 13a ErbStG
begünstigtes Vermögen durch Verlagerung in das
Betriebsvermögen geschaffen und dieses dann alsbald nach dem
Übertragungsvorgang und der Gewährung der in § 13a
Abs. 1 und 2 ErbStG geregelten Vergünstigungen wieder
entnommen wird, allerdings beschränkt sich die Norm nicht auf
derartige Missbrauchsfälle (so aber Crezelius, DB 1997, 1584,
1587; wohl auch Christoffel in Christoffel/Geckle/
Harnischfeger/Hild/Pahlke/Weinmann, Erbschaftsteuergesetz, §
13a Rz 110). Vielmehr kommt es nach der Gesetzesformulierung
alleine darauf an, ob das Betriebsvermögen nachträglich
über das vom Gesetz als zulässig angesehene Maß
hinaus geschmälert wird und damit dem Unternehmen nicht mehr
zur Verfügung steht.
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b) Ein Erfordernis zur teleologischen
Reduktion des § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG ergibt sich auch nicht
mit Blick auf das generell von § 13a ErbStG verfolgte
Entlastungsziel.
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Der Gesetzgeber hat sich bei der Schaffung des
§ 13a ErbStG von den Vorgaben leiten lassen, welche das BVerfG
bereits in seinem Beschluss vom 22.6.1995 2 BvR 552/91 (BVerfGE 93,
165 = SIS 95 17 09) zur Erbschaftsteuer aufgestellt hat. Danach sei
- so das BVerfG - der Gesetzgeber verpflichtet, bei der
Erbschaftsteuer für Betriebsvermögen die durch
Gemeinwohlbindungen und -verpflichtungen verminderte finanzielle
Leistungsfähigkeit der Betriebe zu berücksichtigen und
die Belastung so zu bemessen, dass die Fortführung des
Betriebes steuerlich nicht gefährdet werde (vgl. auch
BFH-Beschluss vom 22.5.2002 II R 61/99, BFHE 198, 342, BStBl II
2002, 598 = SIS 02 85 75).
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Diesen Vorgaben ist der Gesetzgeber durch
§ 13a ErbStG nachgekommen, indem er sich grundsätzlich
für die Gewährung von Steuervergünstigungen
entschieden hat, wenn und soweit der Betrieb in seinem Bestand
fortgeführt wird. Der Gleichheitssatz erfordert es indessen
nicht, generell den „Vermögensbestand des
Unternehmers“ zu schützen. Der Zweck des § 13a
ErbStG hindert den Gesetzgeber nicht, das begünstigte
Betriebsvermögen schmälernde Entnahmen generell als
begünstigungsschädlich zu begreifen, soweit sie den
Freibetrag bzw. die Summe der Gewinne und Einlagen
übersteigen. Insoweit mindert sich zwar durch die Zahlung der
Schenkungsteuer bezogen auf das Betriebsvermögen die
steuerliche Leistungsfähigkeit des Erwerbers, wenn er diesem
die erforderlichen Mittel entnimmt. Dem Erwerber wird aber
regelmäßig zugemutet, die Zahlung der gegen ihn
persönlich festgesetzten Steuer aus seinen privaten Mitteln zu
bestreiten bzw. einen Kredit aufzunehmen. Dies ergibt sich
mittelbar bereits aus § 10 Abs. 8 i.V.m. § 1 Abs. 2
ErbStG, wonach die vom Erwerber zu entrichtende eigene
Schenkungsteuer nicht abzugsfähig ist. Darüber hinaus
folgt dies aber auch daraus, dass ansonsten Erwerber von
Unternehmensvermögen unzulässig gegenüber sonstigen
Erwerbern begünstigt würden, was vom verfassungsrechtlich
zulässigen Differenzierungsgrund „Schutz der
Betriebe“ nicht mehr gedeckt wäre (vgl. dazu bereits
BFH-Beschluss in BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598 = SIS 02 85 75).
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c) In der nicht auf die Motive des Erwerbers
abstellenden Ausgestaltung des § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG ist
auch keine verfassungsrechtlich unzulässige Typisierung zu
erblicken. Der Gesetzgeber kann nämlich, soweit das
steuerliche Massenverfahren Vereinfachungen benötigt, eine
Gleichheit im Typus herstellen, die den Sachverhalt nur
vergröbert erfasst (vgl. BVerfG-Urteil vom 9.4.1992 2 BvE
2/89, BVerfGE 85, 264 = SIS 92 09 03) oder steuerliche
Belastungstatbestände pauschalierend regeln (BVerfG-Beschluss
vom 25.9.1992 2 BvL 5, 8, 14/91, BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993,
413 = SIS 92 21 01). Dies hat erst dort seine Grenzen, wo im
Hinblick auf den Belastungsgrund eine gleiche oder
verhältnismäßige Besteuerung von Falltypen mit
rechtserheblicher Ähnlichkeit nicht mehr erfolgt oder
rechtserheblich unterschiedliche Falltypen gleich behandelt werden
(BFH-Beschluss in BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598 = SIS 02 85 75). Das ist aus den zuvor genannten Gründen aber hier nicht
der Fall.
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