I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union
werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Können Tabakwaren, die infolge einer
unrechtmäßigen Einfuhr in das Gebiet der Gemeinschaft
gemäß Art. 7 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/118/EG
des Rates vom 16.12.2008 über das allgemeine
Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG
als in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt
gelten, in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Art. 7 Abs.
2 Buchst. b der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16.12.2008
über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung
der Richtlinie 92/12/EWG aufgrund des Besitzes dieser Tabakwaren
außerhalb eines Verfahrens der Steueraussetzung erneut als in
den steuerrechtlich freien Verkehr überführt gelten, mit
der Folge, dass der Verbrauchsteueranspruch nach Art. 7 Abs. 1 der
Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16.12.2008 über das
allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie
92/12/EWG mehrfach entsteht?
2. Wenn die erste Frage bejaht wird: Ist Art.
33 Abs. 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16.12.2008
über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung
der Richtlinie 92/12/EWG dahingehend auszulegen, dass die
Verbrauchsteuer für Tabakwaren ausschließlich im
Bestimmungsmitgliedstaat erhoben wird, wenn die Tabakwaren
unrechtmäßig in das Gebiet der Gemeinschaft
eingeführt und ohne Eröffnung eines
Steueraussetzungsverfahrens sowie ohne Entrichtung der
Verbrauchsteuer zu gewerblichen Zwecken durch mehrere
Mitgliedstaaten bis in den Bestimmungsmitgliedstaat befördert
wurden?
II. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung
des Gerichtshofs der Europäischen Union über die
Vorabentscheidungsfragen ausgesetzt.
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I. Im Jahr 2013 wurden strafrechtliche
Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen
verschiedene Personen durchgeführt, unter anderem auch gegen
den Kläger und Revisionskläger (Kläger). Nach
Auffassung der Staatsanwaltschaft hatte der Kläger als
Führer eines Lastkraftwagens (LKW) Zigaretten, die in einer
Tarnladung versteckt waren, unter Umgehung der einfuhrrechtlichen
Bestimmungen von Kaunas (Republik Litauen - Litauen - ) über
die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) in das Vereinigte
Königreich Großbritannien und Nordirland (Vereinigtes
Königreich) verbracht. Im Einzelnen ging es um drei Fahrten
Anfang und Ende Oktober 2013 sowie Anfang November 2013. Die
Zigaretten, die im November 2013 in das Vereinigte Königreich
befördert wurden, wurden von der britischen Steuer- und
Zollbehörde im Vereinigten Königreich entdeckt.
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2
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Mit rechtskräftigem Urteil wurde der
Kläger für die Fahrt im November 2013 in Deutschland
wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Hinsichtlich der beiden
Fahrten im Oktober 2013 wurde das Verfahren vorläufig
eingestellt.
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3
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Hauptzollamt - HZA - ) setzte mit Tabaksteuerbescheid vom
11.06.2014 für die drei genannten Fahrten gegen den
Kläger Tabaksteuer in Höhe von … EUR fest. Das
Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) urteilte, die
Tabaksteuer sei gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 des
Tabaksteuergesetzes in der Fassung vom 15.07.2009 (TabStG)
entstanden, indem die Zigaretten am 03.10.2013, 24.10.2013 und
07.11.2013 auf dem durch den Kläger geführten LKW aus
Litauen über die Republik Polen (Polen) nach Deutschland
verbracht worden seien. Das FG war überzeugt, dass der
Kläger auf allen drei Fahrten Zigaretten in Heizkesseln
beziehungsweise Klimageräten transportiert hatte. Weil bei der
Fahrt Anfang November 2013 in sechs vom Kläger transportierten
Klimageräten insgesamt … Stück unversteuerte
beziehungsweise unverzollte Zigaretten gefunden worden seien, kam
das FG aufgrund der Umstände des Streitfalls zu dem Ergebnis,
dass auch die bei den anderen beiden Fahrten geladenen Waren
unversteuerte beziehungsweise unverzollte Zigaretten enthielten.
Der Kläger sei Schuldner der Tabaksteuer, weil er als
Führer des LKW Besitz an den Zigaretten gehabt habe.
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Auch wenn Deutschland nur als
Durchfuhrmitgliedstaat anzusehen sei, sei Deutschland nach der
Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16.12.2008 über das
allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie
92/12/EWG - RL 2008/118 - (Amtsblatt der Europäischen Union
2009, Nr. L 9, 12) im Fall einer unrechtmäßigen
Durchfuhr zur Erhebung der Tabaksteuer berechtigt. Die Entscheidung
des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Prankl vom
05.03.2015 - C-175/14, EU:C:2015:142 = SIS 15 05 98 sei nicht auf die neue Rechtslage
übertragbar. Die Zigaretten seien in Deutschland
steuerpflichtig, weil sie hier in den steuerrechtlich freien
Verkehr überführt und die in Art. 34 RL 2008/118
festgelegten Formalitäten nicht eingehalten worden
seien.
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Gegen dieses Urteil wendet sich der
Kläger mit seiner Revision und ist der Auffassung, das FG habe
gegen die RL 2008/118 verstoßen und sei von der
EuGH-Entscheidung Prankl vom 05.03.2015 - C-175/14, EU:C:2015:142 =
SIS 15 05 98 abgewichen. Nach der
Rechtsprechung des EuGH seien die Behörden desjenigen
Mitgliedstaats für die Erhebung der Verbrauchsteuer
zuständig, in dem die Waren entdeckt worden seien - vorliegend
Vereinigtes Königreich -, während die
Durchfuhrmitgliedstaaten und der Abgangsmitgliedstaat nicht
zuständig seien. Dies habe durch den Erlass der RL 2008/118
gegenüber der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25.02.1992
über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung
und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren - RL 92/12 -
(Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1992, Nr. L 76, 1)
nicht geändert werden sollen. Darüber hinaus habe Litauen
für die drei Fahrten bereits einen Tabaksteuerbescheid
erlassen, sodass eine unzulässige Doppelbesteuerung vorliege.
Außerdem sei die besteuerte Zigarettenmenge nicht
festgestellt worden, weil die Steuerbehörden lediglich
vermutet hätten, dass es sich bei den Fahrten im Oktober 2013
um ähnliche Schmuggelfahrten wie bei der Fahrt von Anfang
November 2013 gehandelt habe.
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II. Der Senat setzt das bei ihm anhängige
Revisionsverfahren aus (§ 121 Satz 1 in Verbindung mit -
i.V.m. - § 74 der Finanzgerichtsordnung) und legt dem EuGH
gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise
der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung
vor:
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1. Können Tabakwaren, die infolge einer
unrechtmäßigen Einfuhr in das Gebiet der Gemeinschaft
gemäß Art. 7 Abs. 2 Buchst. d RL 2008/118 als in den
steuerrechtlich freien Verkehr überführt gelten, in einem
anderen Mitgliedstaat gemäß Art. 7 Abs. 2 Buchst. b RL
2008/118 aufgrund des Besitzes dieser Tabakwaren außerhalb
eines Verfahrens der Steueraussetzung erneut als in den
steuerrechtlich freien Verkehr überführt gelten, mit der
Folge, dass der Verbrauchsteueranspruch nach Art. 7 Abs. 1 RL
2008/118 mehrfach entsteht?
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2. Wenn die erste Frage bejaht wird: Ist Art.
33 Abs. 1 RL 2008/118 dahingehend auszulegen, dass die
Verbrauchsteuer für Tabakwaren ausschließlich im
Bestimmungsmitgliedstaat erhoben wird, wenn die Tabakwaren
unrechtmäßig in das Gebiet der Gemeinschaft
eingeführt und ohne Eröffnung eines
Steueraussetzungsverfahrens sowie ohne Entrichtung der
Verbrauchsteuer zu gewerblichen Zwecken durch mehrere
Mitgliedstaaten bis in den Bestimmungsmitgliedstaat befördert
wurden?
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III. Nach Auffassung des Senats kommt es
für die Lösung des Streitfalls darauf an, ob bei einer
unrechtmäßigen Einfuhr von Tabakwaren und deren
anschließender Beförderung außerhalb eines
Verfahrens der Steueraussetzung durch mehrere Mitgliedstaaten in
einem Durchfuhrmitgliedstaat wie Deutschland die Tabaksteuer
entsteht und - falls dies so ist - ob Deutschland zur Erhebung der
Tabaksteuer berechtigt ist. In diesem Zusammenhang kommt es auf
unionsrechtliche Bestimmungen über die Verbrauchsteuern an,
bei deren Auslegung Zweifel bestehen:
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Anzuwendendes Unionsrecht:
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Achter Erwägungsgrund RL 2008/118:
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Da es nach wie vor für ein reibungsloses
Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich ist, dass der Begriff
der Verbrauchsteuer und die Voraussetzungen für die Entstehung
des Verbrauchsteueranspruchs in allen Mitgliedstaaten gleich sind,
muss auf Gemeinschaftsebene klargestellt werden, zu welchem
Zeitpunkt die Überführung der verbrauchsteuerpflichtigen
Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr erfolgt und wer der
Verbrauchsteuerschuldner ist.
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Neunter Erwägungsgrund RL 2008/118:
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Da die Verbrauchsteuer auf den Verbrauch
bestimmter Waren erhoben wird, sollte sie nicht auf Waren erhoben
werden, die unter bestimmten Umständen zerstört wurden
oder unwiederbringlich verloren gegangen sind.
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Art. 1 Abs. 1 RL 2008/118:
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Diese Richtlinie legt ein allgemeines System
für die Verbrauchsteuern fest, die mittelbar oder unmittelbar
auf den Verbrauch folgender Waren (nachstehend
„verbrauchsteuerpflichtige Waren“
genannt) erhoben werden:
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(…)
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Art. 7 RL 2008/118:
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(1) Der Verbrauchsteueranspruch entsteht zum
Zeitpunkt und im Mitgliedstaat der Überführung in den
steuerrechtlich freien Verkehr.
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(2) Als Überführung in den
steuerrechtlich freien Verkehr im Sinne dieser Richtlinie gilt
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a) (…)
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b) der Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren
außerhalb eines Verfahrens der Steueraussetzung, wenn keine
Verbrauchsteuer gemäß den geltenden Bestimmungen des
Gemeinschaftsrechts und des einzelstaatlichen Rechts erhoben
wurde;
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c) (…)
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d) die Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger
Waren, einschließlich der unrechtmäßigen Einfuhr,
es sei denn, die verbrauchsteuerpflichtigen Waren werden
unmittelbar bei ihrer Einfuhr in ein Verfahren der Steueraussetzung
überführt.
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(…)
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Art. 9 RL 2008/118:
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Die Voraussetzungen für das Entstehen des
Steueranspruchs und der anzuwendende Verbrauchsteuersatz richten
sich nach den Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Entstehens des
Steueranspruchs in dem Mitgliedstaat gelten, in dem die
Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr
stattfindet. Die Verbrauchsteuer wird nach den von jedem
Mitgliedstaat festgelegten Verfahren erhoben und eingezogen, bzw.
gegebenenfalls erstattet oder erlassen. (…)
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Art. 33 RL 2008/118:
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(1) Unbeschadet des Artikels 36 Absatz 1
unterliegen verbrauchsteuerpflichtige Waren, die in einem
Mitgliedstaat bereits in den steuerrechtlich freien Verkehr
überführt worden sind, sofern sie zu gewerblichen Zwecken
in einem anderen Mitgliedstaat in Besitz gehalten und dort zur
Lieferung oder Verwendung vorgesehen sind, der Verbrauchsteuer, die
in diesem anderen Mitgliedstaat erhoben wird. (…)
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(2) (…)
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(3) (…)
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(4) Unbeschadet des Artikels 38 gilt der
Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die in einem Mitgliedstaat
bereits in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt
wurden und anschließend innerhalb der Gemeinschaft zu
gewerblichen Zwecken befördert werden, vor ihrer Ankunft im
Bestimmungsmitgliedstaat nicht als solchen Zwecken dienend, wenn
die Waren unter Einhaltung der in Artikel 34 festgelegten
Formalitäten befördert werden.
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(5) (…)
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(6) Die Verbrauchsteuer wird im Mitgliedstaat
der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr auf
Antrag erstattet oder erlassen, wenn die zuständigen
Behörden des anderen Mitgliedstaats feststellen, dass der
Steueranspruch in diesem Mitgliedstaat entstanden ist und die
Steuerschuld dort auch erhoben wurde.
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Art. 38
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(1) Wurde während der Beförderung
verbrauchsteuerpflichtiger Waren gemäß Artikel 33 Absatz
1 oder Artikel 36 Absatz 1 in einem Mitgliedstaat, der nicht der
Mitgliedstaat ist, in dem die Waren in den steuerrechtlich freien
Verkehr überführt wurden, eine
Unregelmäßigkeit begangen, so unterliegen diese Waren
der Verbrauchsteuer, die in dem Mitgliedstaat anfällt, in dem
die Unregelmäßigkeit eingetreten ist.
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(2) (…)
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(3) (…)
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Die zuständigen Behörden des
Mitgliedstaats, in dem die verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den
steuerrechtlich freien Verkehr überführt wurden,
erstatten oder erlassen auf Antrag die Verbrauchsteuer, wenn diese
in dem Mitgliedstaat erhoben wurde, in dem die
Unregelmäßigkeit begangen oder entdeckt wurde.
(…)
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(4) Als
„Unregelmäßigkeit“ im Sinne
des vorliegenden Artikels gilt ein während einer
Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren nach Artikel 33
Absatz 1 oder Artikel 36 Absatz 1 eintretender Fall, der nicht
durch Artikel 37 abgedeckt ist, aufgrund dessen eine
Beförderung oder ein Teil einer Beförderung
verbrauchsteuerpflichtiger Waren nicht ordnungsgemäß
beendet wurde.
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Anzuwendendes nationales
Recht:
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18
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§ 23 Abs. 1 TabStG:
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1Werden Tabakwaren in anderen als
den in § 22 Absatz 1 genannten Fällen entgegen § 17
Absatz 1 aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines anderen
Mitgliedstaats in das Steuergebiet verbracht oder werden diese
dorthin versandt (gewerbliche Zwecke), entsteht die Steuer, wenn
die Tabakwaren erstmals zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten
werden. 2Steuerschuldner ist, wer die Lieferung vornimmt
oder die Tabakwaren in Besitz hält und der Empfänger,
sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat. (…)
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19
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IV. Bei der Auslegung von Art. 7 und Art. 33
RL 2008/118 bestehen Zweifel. Außerdem ist unklar, ob das
EuGH-Urteil Prankl vom 05.03.2015 - C-175/14, EU:C:2015:142 =
SIS 15 05 98, das zur RL 92/12
ergangen ist, auf die RL 2008/118 übertragen werden kann und
ob dieses Urteil auch auf den Fall angewandt werden kann, dass die
Tabakwaren in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangen, aber dort
nicht von den Steuerbehörden entdeckt werden.
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20
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1. Nach dem im Streitjahr 2013 geltenden
deutschen Recht ist die Tabaksteuer in Deutschland entstanden und
der Kläger Steuerschuldner.
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Indem die Tabakwaren aus Litauen, wo sie sich
aufgrund der unrechtmäßigen Einfuhr gemäß
Art. 7 Abs. 2 Buchst. d RL 2008/118 bereits im steuerrechtlich
freien Verkehr befunden hatten, über Polen ohne Verwendung
eines Begleitdokuments nach Art. 34 RL 2008/118 zu gewerblichen
Zwecken nach Deutschland verbracht und hier zu gewerblichen Zwecken
in Besitz gehalten wurden, ist die Tabaksteuer gemäß
§ 23 Abs. 1 Satz 1 TabStG in Deutschland entstanden.
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22
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Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG ist der
Kläger Steuerschuldner, weil er die Tabakwaren in Besitz
hatte. Nach der Rechtsprechung des vorlegenden Gerichts (vergleiche
- vgl. - Senatsurteil vom 10.10.2007 - VII R 49/06, BFHE 218, 469 =
SIS 08 10 27, Rz 19 ff.) hat der Fahrer eines Sattelzuges Besitz an
der transportierten Ware einschließlich der Waren, von denen
er keine Kenntnis hat. Vorliegend befanden sich die Zigaretten in
den Heizkesseln beziehungsweise Klimageräten, die der
Kläger mit dem von ihm gesteuerten Sattelzug beförderte.
Ob der Kläger von den versteckten Zigaretten wusste oder
nicht, ist für die Steuerschuldnerschaft nicht von
Bedeutung.
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23
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2. Allerdings hat das vorlegende Gericht
Zweifel, ob das Unionsrecht es zulässt, dass im Streitfall ein
Steueranspruch in Deutschland entsteht, weil sich die Zigaretten
bereits in Litauen und Polen im steuerrechtlich freien Verkehr
befunden hatten, bevor sie nach Deutschland gelangten. Denn dann
käme es in mehreren Mitgliedstaaten zur Entstehung eines
Verbrauchsteueranspruchs.
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24
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a) Der Verbrauchsteueranspruch entsteht
gemäß Art. 7 Abs. 1 RL 2008/118 zum Zeitpunkt und im
Mitgliedstaat der Überführung der Waren in den
steuerrechtlich freien Verkehr.
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25
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In Art. 7 Abs. 2 RL 2008/118 werden
verschiedene Handlungen genannt, für welche die
Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr
fingiert wird. So gilt gemäß Art. 7 Abs. 2 Buchst. b RL
2008/118 der Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren
außerhalb eines Verfahrens der Steueraussetzung als
Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr, wenn
keine Verbrauchsteuer gemäß den geltenden Bestimmungen
des Unionsrechts und des einzelstaatlichen Rechts erhoben wurde.
Gleichermaßen gilt gemäß Art. 7 Abs. 2 Buchst. d
RL 2008/118 die Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Waren,
einschließlich der unrechtmäßigen Einfuhr, als
Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr. In
diesen Fällen ist somit von der Entstehung des
Verbrauchsteueranspruchs nach Art. 7 Abs. 1 RL 2008/118
auszugehen.
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26
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Allerdings regelt Art. 7 Abs. 2 RL 2008/118
nicht, ob die Entstehung des Verbrauchsteueranspruchs mehrfach
angenommen werden kann, wenn mehrere in dieser Vorschrift genannte
Handlungen zeitlich nacheinander ausgeführt werden.
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b) Im vorliegenden Streitfall ist die Einfuhr
der Zigaretten in das Gebiet der Gemeinschaft in Litauen erfolgt,
weshalb diese dort gemäß Art. 7 Abs. 2 Buchst. d RL
2008/118 als in den steuerrechtlich freien Verkehr
überführt gelten und gemäß Art. 7 Abs. 1 RL
2008/118 dort der Verbrauchsteueranspruch entstanden ist.
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28
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Ein Verfahren der Steueraussetzung, das einer
Überführung der Tabakwaren in den steuerrechtlich freien
Verkehr entgegengestanden hätte, war nicht eröffnet
worden. Denn nach Art. 21 RL 2008/118 setzt ein Verfahren der
Steueraussetzung die Verwendung eines elektronischen
Verwaltungsdokuments voraus, was im vorliegenden Streitfall nicht
erstellt worden war.
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29
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Da die Tabakwaren anschließend
(über Polen) nach Deutschland transportiert wurden und der
Kläger als Fahrer des LKW diese außerhalb eines
Verfahrens der Steueraussetzung hier in Besitz hatte, sind die
Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 Buchst. b RL 2008/118 ebenfalls
erfüllt. Dass die Verbrauchsteuer bereits in Litauen erhoben
wurde, hat das FG nicht festgestellt. Die Tabakwaren gelten somit
nach dieser Vorschrift als in Deutschland in den steuerrechtlich
freien Verkehr überführt.
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30
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Dieses Verständnis von Art. 7 Abs. 2 RL
2008/118 führte jedoch im Streitfall im Ergebnis dazu, dass
der Verbrauchsteueranspruch mehrfach entstünde und dieselben
Tabakwaren in mehreren Mitgliedstaaten besteuert werden
könnten.
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31
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c) An diesem Ergebnis hat das vorlegende
Gericht aus verschiedenen Gründen Zweifel.
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32
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aa) Zunächst erscheint es schon ausgehend
vom Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 RL 2008/118 fraglich, ob für
Tabakwaren, die bereits als in den steuerrechtlich freien Verkehr
überführt gelten (zum Beispiel infolge der Einfuhr),
erneut eine Überführung in den steuerrechtlich freien
Verkehr fingiert werden kann (zum Beispiel infolge des Besitzes
außerhalb eines Verfahrens der Steueraussetzung). Die
Formulierung „Überführung in“
den steuerrechtlich freien Verkehr (englisch „release for
consumption“, französisch „mise
à la consommation“) beschreibt eine
Veränderung, die - wenn sie erfolgt ist - nicht noch einmal
stattfinden kann. Befinden sich also die Tabakwaren bereits im
steuerrechtlich freien Verkehr, stellt sich die Frage, wie sie -
etwa aufgrund eines Besitzes außerhalb eines
Steueraussetzungsverfahrens - noch einmal in diesen rechtlichen
Zustand versetzt werden können. Dieser Widerspruch wird umso
deutlicher, wenn die Einfuhr und ein anschließender Besitz in
demselben Mitgliedstaat stattfinden und es demnach in einem
Mitgliedstaat zweimal zur Entstehung des Verbrauchsteueranspruchs
käme.
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33
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Abgesehen davon setzt die Fiktion für
eine Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr
nach Art. 7 Abs. 2 Buchst. b RL 2008/118 voraus, dass für die
Tabakwaren noch keine Verbrauchsteuer erhoben wurde. Auch dies
spricht dafür, dass der Gesetzgeber der Union den
Verbrauchsteueranspruch nur einmal hat entstehen lassen wollen.
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34
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bb) Dieses Ergebnis könnte auch durch
Art. 9 RL 2008/118 vorgegeben sein. Die Vorschrift regelt, dass
sich die Steuerentstehung nach dem Recht desjenigen Mitgliedstaats
richtet, in dem die Überführung in den steuerrechtlich
freien Verkehr stattfindet. Dies deutet darauf hin, dass die
Steuererhebung nur einmal beziehungsweise nur in einem
Mitgliedstaat erfolgen kann.
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35
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cc) Darüber hinaus entspricht eine
mehrfache Besteuerung verbrauchsteuerpflichtiger Waren nicht dem
Sinn und Zweck der RL 2008/118. Deren Zweck besteht nach Art. 1
Abs. 1 RL 2008/118 darin, ein allgemeines System der
Verbrauchsteuern festzulegen, die mittelbar oder unmittelbar auf
den Verbrauch bestimmter Waren erhoben werden (vgl. auch neunter
Erwägungsgrund RL 2008/118 und EuGH-Urteil CDIL vom 21.12.2023
- C-96/22 = SIS 24 00 93, Rz 53).
Eine Ware kann jedoch nur einmal verbraucht werden. Dies legt auch
der achte Erwägungsgrund RL 2008/118 nahe, der im Zusammenhang
mit der Entstehung des Verbrauchsteueranspruchs auf den Zeitpunkt
der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr
abstellt und auf die Notwendigkeit einheitlicher Voraussetzungen
für die Entstehung des Verbrauchsteueranspruchs hinweist. An
dieser Stelle verwendet der Unionsgesetzgeber den
Verbrauchsteueranspruch im Singular, was ebenfalls gegen eine
mehrfache Entstehung des Verbrauchsteueranspruchs spricht.
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36
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3. Selbst wenn nach dem Unionsrecht in
Deutschland ein Verbrauchsteueranspruch entstanden sein sollte,
obwohl sich die Zigaretten bereits zuvor in anderen Mitgliedstaaten
im steuerrechtlich freien Verkehr befunden hatten und Deutschland
nur ein Durchfuhrmitgliedstaat ist, hat das vorlegende Gericht
jedenfalls Zweifel, ob Deutschland zur Erhebung der entstandenen
Tabaksteuer berechtigt ist. Denn in allen drei
streitgegenständlichen Fällen wurden die Zigaretten in
das Vereinigte Königreich (im Streitjahr gehörte das
Vereinigte Königreich noch zum Gebiet der Gemeinschaft im
Sinne von Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Nr. 2 und 3 RL 2008/118), dem
eigentlichen Bestimmungsmitgliedstaat, befördert, sodass sie
in Deutschland weder verbraucht wurden noch hier verblieben
sind.
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37
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a) In seinem Urteil Prankl vom 05.03.2015 -
C-175/14, EU:C:2015:142 = SIS 15 05 98, Rz 21 hat der EuGH zur damals anzuwendenden
Verbrauchsteuer-Systemrichtlinie entschieden, dass Art. 7 Abs. 1
und 2 RL 92/12 die allgemeine Regel aufstellen, dass eine
verbrauchsteuerpflichtige Ware, die in einem Mitgliedstaat in den
steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden ist und
sich zu gewerblichen Zwecken in einem anderen Mitgliedstaat
befindet, im letztgenannten Staat besteuert wird. Der
Steueranspruch entsteht somit im Bestimmungsmitgliedstaat der Ware
und nicht im Mitgliedstaat der Überführung in den
steuerrechtlich freien Verkehr (vgl. auch EuGH-Urteil Meiland
Azewijn vom 09.09.2004 - C-292/02, EU:C:2004:499 = SIS 04 37 99, Rz 35). In diesem Zusammenhang
hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass die Harmonisierung der
Verbrauchsteuern es grundsätzlich ermöglicht,
Doppelbesteuerungen im Verhältnis zwischen Mitgliedstaaten zu
vermeiden, und dass die Erhebung der Verbrauchsteuern in einem
einzigen Mitgliedstaat, nämlich dem der Bestimmung und des
Verbrauchs der Ware, erfolgt (EuGH-Urteil Prankl vom 05.03.2015 -
C-175/14, EU:C:2015:142 = SIS 15 05 98, Rz 20 und 22). Außerdem hat der EuGH klargestellt,
dass die Durchfuhrmitgliedstaaten wie auch der Abgangsmitgliedstaat
nicht für die Erhebung der Verbrauchsteuer zuständig
sind, wenn solche Waren von den Behörden eines anderen
Mitgliedstaats entdeckt worden sind, in dessen Hoheitsgebiet sie zu
gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten werden (EuGH-Urteil Prankl
vom 05.03.2015 - C-175/14, EU:C:2015:142 = SIS 15 05 98, Rz 26; vgl. auch bereits
EuGH-Urteil Dansk Transport og Logistik vom 29.04.2010 - C-230/08,
EU:C:2010:231 = SIS 10 26 01, Rz
114).
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38
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Zwar schließen weder Art. 7 Abs. 1 und 2
RL 92/12 noch Art. 9 Abs. 1 RL 92/12 ausdrücklich aus,
Verbrauchsteuern auf Schmuggelwaren in einem Mitgliedstaat zu
erheben, durch den die Waren befördert wurden, selbst wenn sie
sich nicht mehr im Hoheitsgebiet dieses Staates befinden und im
Bestimmungsmitgliedstaat angekommen sind. Wenn sich
vorschriftswidrig in das Hoheitsgebiet der Union eingeführte
Waren dort zu gewerblichen Zwecken befinden, ergibt sich jedoch
nach Ansicht des EuGH aus Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 RL
92/12, dass die Behörden desjenigen Mitgliedstaats für
die Erhebung der Verbrauchsteuer zuständig sind, in dem diese
Waren entdeckt worden sind (Urteile Dansk Transport og Logistik vom
29.04.2010 - C-230/08, EU:C:2010:231 = SIS 10 26 01, Rz 114 und Prankl vom 05.03.2015
- C-175/14, EU:C:2015:142 = SIS 15 05 98, Rz 23 f.; EuGH-Beschluss Febetra vom 08.03.2012 -
C-333/11, EU:C:2012:134, Rz 41).
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Zusammengefasst sind also die
Durchfuhrmitgliedstaaten wie auch der Abgangsmitgliedstaat nicht
beziehungsweise nicht mehr für die Erhebung der
Verbrauchsteuer zuständig, wenn verbrauchsteuerpflichtige
Waren zu gewerblichen Zwecken in einem anderen Mitgliedstaat in
Besitz gehalten wurden und von den dort zuständigen
Behörden entdeckt worden sind. Nur im Fall eines Verbringens
in einen anderen Mitgliedstaat zu privaten Zwecken bleibt es bei
der Erhebungskompetenz der Durchfuhrmitgliedstaaten.
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b) Diese Rechtslage hat sich unter Geltung der
RL 2008/118, die auf den vorliegenden Streitfall anwendbar ist, im
Wesentlichen nicht geändert. Selbst wenn in Deutschland
gemäß Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 RL 2008/118 ein
Verbrauchsteueranspruch entstanden sein sollte, bestehen daher
Zweifel, ob Deutschland für die Erhebung der Verbrauchsteuer
zuständig ist oder ob die Erhebungskompetenz gemäß
Art. 33 Abs. 1 RL 2008/118 auf den Bestimmungsmitgliedstaat
Vereinigtes Königreich übergegangen ist, jedenfalls
soweit bei der dritten Lieferung die Waren dort entdeckt
wurden.
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aa) Die Zigaretten wurden nach den
Feststellungen des FG zu gewerblichen Zwecken in das Vereinigte
Königreich verbracht und dort in Besitz gehalten (Art. 33 Abs.
1 RL 2008/118). Bei der Fahrt Anfang November 2013 wurden bei einem
Zugriff der königlichen Steuer- und Zollbehörde
unversteuerte und unverzollte Zigaretten (versteckt in den
transportierten Heizkesseln beziehungsweise Klimageräten)
gefunden. Bei den beiden Fahrten im Oktober 2013 ergab sich dies
nach Überzeugung des FG aufgrund der Umstände des
Streitfalls. Ein Erwerb durch eine Privatperson im Sinne von Art.
32 RL 2008/118, bei dem die Erhebungskompetenz beim
Erwerbsmitgliedstaat bliebe, liegt nicht vor, weil der Kläger
die Zigaretten nicht für seinen Eigenbedarf erworben hat.
Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Zigaretten im
Vereinigten Königreich auch zur Lieferung oder Verwendung
vorgesehen waren, weil der LKW dort jeweils nach dessen Ankunft
entladen wurde. Die Voraussetzungen des Art. 33 Abs. 1 RL 2008/118
sind somit im Streitfall erfüllt. Demnach wären im
vorliegenden Fall die britischen Behörden für die
Erhebung der Tabaksteuer zuständig.
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bb) Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts
ergibt sich aus Art. 33 Abs. 4 RL 2008/118 keine Zuständigkeit
Deutschlands zur Erhebung der Verbrauchsteuer. Nach dieser
Vorschrift gilt unbeschadet des Art. 38 RL 2008/118 der Besitz
verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die in einem Mitgliedstaat
bereits in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt
wurden und anschließend innerhalb der Gemeinschaft zu
gewerblichen Zwecken befördert werden, vor ihrer Ankunft im
Bestimmungsmitgliedstaat nicht als solchen Zwecken dienend, wenn
die Waren unter Einhaltung der in Art. 34 RL 2008/118 festgelegten
Formalitäten befördert werden. Demnach liegen keine
gewerblichen Zwecke vor, wenn und solange die Waren unter
Verwendung eines Begleitdokuments im Sinne von Art. 34 RL 2008/118
befördert werden, was im vorliegenden Streitfall nicht der
Fall war. Der Gesetzgeber der Europäischen Union hat also in
Art. 33 Abs. 4 RL 2008/118 eine Ausnahme geregelt, in der kein
gewerblicher Zweck vorliegt und infolgedessen die
Erhebungskompetenz nicht gemäß Art. 33 Abs. 1 RL
2008/118 in den Bestimmungsmitgliedstaat verlagert wird.
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Allerdings kann das vorlegende Gericht -
anders als das HZA - nicht erkennen, dass Art. 33 Abs. 4 RL
2008/118 darüber hinaus eine Regelung für die
Zuständigkeit eines Durchfuhrmitgliedstaats - wie vorliegend
Deutschland - zur Erhebung der Verbrauchsteuer für den Fall
enthält, dass kein Begleitdokument verwendet worden ist. Wurde
die Beförderung der Waren ohne das genannte Begleitdokument
durchgeführt, bleibt es vielmehr bei dem gewerblichen Zweck
der Beförderung und damit bei dem Grundsatz nach Art. 33 Abs.
1 RL 2008/118, nach dem die Verbrauchsteuer im
Bestimmungsmitgliedstaat erhoben wird. Abgesehen davon bezieht sich
Art. 33 Abs. 4 RL 2008/118 nur auf die Voraussetzung der
Gewerblichkeit im Sinne von Art. 33 Abs. 1 RL 2008/118,
während die zweite Voraussetzung, dass die Waren im
Bestimmungsmitgliedstaat zur Lieferung oder Verwendung vorgesehen
sein müssen, in Art. 33 Abs. 4 RL 2008/118 nicht angesprochen
wird. Auch dies spricht dafür, dass Art. 33 Abs. 4 RL 2008/118
keine Zuständigkeitsregelung enthält.
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c) Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts
ergibt sich auch aus Art. 38 Abs. 1 RL 2008/118 nicht, dass
Deutschland für die Erhebung der Verbrauchsteuer
zuständig ist.
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Nach dieser Vorschrift unterliegen die Waren
der Verbrauchsteuer, die in dem Mitgliedstaat anfällt, in dem
die Unregelmäßigkeit eingetreten ist, wenn während
der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren nach Art. 33
Abs. 1 RL 2008/118 in einem Mitgliedstaat, der nicht der
Mitgliedstaat ist, in dem die Waren in den steuerrechtlich freien
Verkehr überführt wurden, eine
Unregelmäßigkeit begangen wurde.
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Im Streitfall waren die Tabakwaren bereits
infolge der unrechtmäßigen Einfuhr in Litauen in den
steuerrechtlich freien Verkehr gelangt. Es ergibt sich aus Art. 38
Abs. 1 RL 2008/118 jedoch nicht eindeutig, ob die
Weiterbeförderung ohne ein vereinfachtes Begleitdokument auch
in den folgenden Mitgliedstaaten der Beförderung noch eine
Unregelmäßigkeit darstellt. Bei diesem Verständnis
handelte es sich bei der Beförderung ohne Begleitdokument um
eine fortdauernde Unregelmäßigkeit.
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Allerdings versteht das vorlegende Gericht
Art. 38 RL 2008/118 so, dass die Vorschrift nur punktuelle
Unregelmäßigkeiten erfasst. Dementsprechend benennt auch
Art. 38 Abs. 4 RL 2008/118 als Unregelmäßigkeit ein
punktuelles Ereignis, nämlich die nicht
ordnungsgemäße Beendigung der Beförderung.
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4. Die Frage, welcher Mitgliedstaat in einem
Fall wie dem vorliegenden für die Erhebung der Verbrauchsteuer
zuständig ist, ist durch die bisher ergangene
EuGH-Rechtsprechung nicht vollständig geklärt.
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a) Der EuGH hat zwar bereits entschieden, dass
die Art. 32 bis 34 RL 2008/118 keine wesentlichen Änderungen
der Art. 7 bis 9 RL 92/12 mit sich bringen, sondern den Inhalt
dieser Artikel übernehmen und diese klarer fassen (EuGH-Urteil
Metro Cash & Carry Danmark vom 18.07.2013 - C-315/12, EU:C:2013:503
= SIS 13 27 61, Rz 42).
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Allerdings ergibt sich aus dem EuGH-Urteil
Prankl vom 05.03.2015 - C-175/14, EU:C:2015:142 = SIS 15 05 98 nicht eindeutig, wie die
Erhebungskompetenz der Durchfuhrmitgliedstaaten zu beurteilen ist,
wenn die Zigaretten in einen anderen Mitgliedstaat befördert,
aber dort nicht entdeckt wurden. Möglicherweise könnte
der EuGH dahingehend zu verstehen sein, dass es für eine
Verlagerung der Erhebungskompetenz auf den Bestimmungsmitgliedstaat
lediglich darauf ankommt, dass die Tabakwaren tatsächlich
dorthin gelangt sind, unabhängig davon, ob sie dort von den
zuständigen Behörden entdeckt werden oder nicht. Obwohl
der Ausgangssachverhalt und die Vorlagefrage beide Konstellationen
erfasst hatten, bezog sich die Entscheidung des EuGH
ausdrücklich nur auf Waren, die im Bestimmungsmitgliedstaat
entdeckt werden, weshalb aus Sicht des vorlegenden Gerichts die
Frage der Zuständigkeit für die Erhebung der
Verbrauchsteuer in Bezug auf nicht entdeckte Waren noch nicht
abschließend geklärt ist.
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b) Die Frage nach der Erhebungskompetenz eines
Durchfuhrmitgliedstaats wird auch nicht durch die weitere bisher
ergangene EuGH-Rechtsprechung beantwortet. In seinem Urteil
Schenker vom 08.09.2016 - C-409/14, EU:C:2016:643 = SIS 16 19 38 hatte der EuGH über einen
anderen Sachverhalt zu entscheiden. Denn in diesem Fall wurde
für die Tabakwaren in den Begleitdokumenten ein falscher Code
der Kombinierten Nomenklatur angegeben (Rz 59). Zudem befanden sich
die Tabakwaren noch in einem zollrechtlichen
Nichterhebungsverfahren, weshalb sie sich noch nicht im
steuerrechtlich freien Verkehr befanden (Rz 127).
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Das EuGH-Urteil Gross vom 03.07.2014 -
C-165/13, EU:C:2014:2042 = SIS 14 18 56 betraf die Frage der Steuerschuldnerschaft eines Hehlers
und beantwortet ebenfalls nicht die Frage nach der
Erhebungskompetenz der Durchfuhrmitgliedstaaten.
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5. Nur nachrichtlich erlaubt sich das
vorlegende Gericht, auf das Erkenntnis des Österreichischen
Verwaltungsgerichtshofs vom 05.05.2021 - Ra 2018/16/0129
hinzuweisen, das die unmittelbare Beförderung
verbrauchsteuerpflichtiger Waren (Bier) nach Eröffnung von
zwei Steueraussetzungsverfahren für zwei getrennte Lieferungen
direkt zum Endkunden betraf (Rz 34). Für den Fall einer
solchen Direktlieferung hat der Österreichische
Verwaltungsgerichtshof die Kompetenz des Abgangsmitgliedstaats
für die Erhebung der Verbrauchsteuer verneint (Rz 41). In dem
Streitfall, über den das vorlegende Gericht zu entscheiden
hat, wurde jedoch in keinem Mitgliedstaat ein
Steueraussetzungsverfahren eröffnet, sodass die genannte
Entscheidung auf den vorliegenden Streitfall nicht übertragen
werden kann.
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