Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
1
|
I. Streitig ist, ob § 9 Nr. 1 Satz 5
Nr. 1a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) auch dann anzuwenden ist,
wenn der Empfänger der Sondervergütungen nicht der
Gewerbesteuer unterliegt.
|
|
|
2
|
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine gewerblich
geprägte Personengesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co.
KG. Komplementärin ist die A-GmbH. Kommanditisten waren im
Streitjahr 2016 B und die C-GmbH. Gesellschaftszweck ist die
Verwaltung von eigenen Grundstücken, Gebäuden und
grundstücksgleichen Rechten.
|
|
|
3
|
Bis zum Streitjahr waren durch Stehenlassen
entnahmefähiger Gewinnanteile der Gesellschafter positive zu
verzinsende Konten entstanden. So wurden im Jahresabschluss zum
31.12.2016 unter den sonstigen Verbindlichkeiten
„Gesellschafter-Darlehen“ mit einer
Restlaufzeit bis zu einem Jahr in Höhe von 633.772,98 EUR
(Konto 2070) und in Höhe von 71.869,84 EUR (Konto 2071) sowie
die Positionen „Anteil für Konto
2070“ in Höhe von 106.894,80 EUR (Konto
9570) und „Anteil für Konto 2071“
in Höhe von 6.823,08 EUR (Konto 9571) ausgewiesen. Die darauf
entfallenden Zinsen wurden in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht
gesondert ausgewiesen, sondern waren in der Summe der
Zinsaufwendungen enthalten.
|
|
|
4
|
Die Klägerin erfasste die Zinsen
(„Verzinsung Gesellschafterdarlehen“) in
Höhe von 66.173,22 EUR (Mehrheitskommanditist B), 4.448,78 EUR
(Kommanditistin C-GmbH) bzw. 1.504,98 EUR (Komplementärin
A-GmbH) als Sonderbetriebseinnahmen in Sonderbilanzen der
Kommanditisten bzw. in einer
„Ergänzungsbilanz“ der
Komplementärin.
|
|
|
5
|
Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) bezog die Verzinsung der Darlehenskonten nicht
in die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ein, sondern
qualifizierte sie als Vergütung i.S. von § 9 Nr. 1 Satz 5
Nr. 1a GewStG. Die gegen die Bescheide über den
Gewerbesteuermessbetrag für 2016 vom 20.07.2018 und über
die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen
Gewerbeverlustes auf den 31.12.2016 vom 12.07.2018 gerichteten
Einsprüche blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom
08.11.2018).
|
|
|
6
|
Mit der nachfolgenden Klage machte die
Klägerin geltend, die Zinsen stünden im Zusammenhang mit
ihrer „Kerntätigkeit“, jedenfalls
sei § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG teleologisch zu reduzieren,
soweit der Gesellschafter selbst (wie hier der
Mehrheitskommanditist) nicht der Gewerbesteuer unterliege.
|
|
|
7
|
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit
seinem in EFG 2020, 1692 = SIS 20 15 74 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.
Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a
GewStG seien die Zinsen als Vergütung i.S. des § 15 Abs.
1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht Teil der
erweiterten Kürzung. Eine teleologische Reduktion komme nicht
in Betracht. Zwar habe die Norm eine überschießende
Tendenz, da sämtliche Vergütungen i.S. des § 15 Abs.
1 Satz 1 Nr. 2 EStG ungeachtet der Behandlung beim
Vergütungsempfänger erfasst würden. Im Rahmen der
dem Gesetzgeber zustehenden Typisierung sei dies jedoch
hinzunehmen. Der eindeutige Gesetzeswortlaut könne nicht
entsprechend dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26.06.2007 -
IV R 9/05 (BFHE 219, 173, BStBl II 2007, 893 = SIS 07 31 78)
korrigiert werden, da dem Gesetzgeber durch dieses Urteil und durch
Äußerungen im Schrifttum die überschießende
Tendenz des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG bekannt gewesen
sei, er sich aber gleichwohl für eine weitreichende
Typisierung entschieden und auch später keinen Anlass gesehen
habe, die Norm einzuschränken. Der hierin zum Ausdruck
kommende Wille des Gesetzgebers sei zu respektieren.
|
|
|
8
|
Dagegen richtet sich die Revision der
Klägerin, mit der sie eine Verletzung materiellen Rechts
(§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a i.V.m. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG)
rügt.
|
|
|
9
|
Die Klägerin beantragt,
|
|
das Urteil des FG Düsseldorf vom
03.09.2020 - 9 K 3300/18 G,F und die Einspruchsentscheidung vom
08.11.2018 aufzuheben sowie den Bescheid über den
Gewerbesteuermessbetrag für 2016 vom 20.07.2018 und den
Bescheid über die gesonderte Feststellung des
vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2016 vom
12.07.2018 dahingehend zu ändern, dass die
Sondervergütungen in Höhe von 72.126 EUR in die
erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
einbezogen werden.
|
|
|
10
|
Das FA beantragt,
|
|
die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
|
|
|
11
|
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Vorinstanz hat die
Sondervergütungen zu Recht nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a
GewStG aus der erweiterten Kürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 2
GewStG) ausgeschieden.
|
|
|
12
|
1. Bei der Klägerin handelt es sich um
eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des §
15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Ihr Betrieb unterliegt daher nach § 2
Abs. 1 GewStG unabhängig von der Art der ausgeübten
Tätigkeit der Gewerbesteuer (vgl. BFH-Urteil in BFHE 219, 173,
BStBl II 2007, 893 = SIS 07 31 78, unter II.1., m.w.N.; nachfolgend
- zweiter Rechtsgang - : BFH-Beschluss vom 30.10.2014 - IV R 2/11,
BFHE 247, 349, BStBl II 2015, 565 = SIS 14 32 42).
|
|
|
13
|
2. Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die
Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen gekürzt um 1,2
Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des
Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer
befreiten Grundbesitzes; maßgebend ist der Einheitswert, der
auf den letzten Feststellungszeitpunkt (Hauptfeststellungs-,
Fortschreibungs- oder Nachfeststellungszeitpunkt) vor dem Ende des
Erhebungszeitraums (§ 14 GewStG) lautet. An Stelle der
Kürzung nach Satz 1 tritt auf Antrag bei Unternehmen, die -
wie die Klägerin - ausschließlich eigenen Grundbesitz
oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen
verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder
Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder
Eigentumswohnungen im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der
jeweils geltenden Fassung errichten und veräußern, die
Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung
und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (§ 9 Nr. 1
Satz 2 GewStG).
|
|
|
14
|
3. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr.
1a Satz 1 GewStG, der § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG i.d.F.
des Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009) vom 19.12.2008 (BGBl I
2008, 2794) entspricht, gelten § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3
GewStG (erweiterte Kürzung) allerdings nicht, soweit der
Gewerbeertrag Vergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 Satz 1 EStG enthält, die der Gesellschafter von der
Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der
Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für
die Überlassung von Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der
Überlassung von Grundbesitz, bezogen hat. Gemäß
§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a Satz 2 GewStG ist § 9 Nr. 1 Satz
5 Nr. 1a Satz 1 GewStG auch auf Vergütungen anzuwenden, die
vor dem 19.06.2008 erstmals vereinbart worden sind, wenn die
Vereinbarung nach diesem Zeitpunkt wesentlich geändert
wird.
|
|
|
15
|
a) § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG ist mit dem
JStG 2009 eingefügt worden, um steuerliche Gestaltungen im
Zusammenhang mit der erweiterten Kürzung für
Grundstücksunternehmen in der Rechtsform der
Personengesellschaft zu verhindern. Es geht dabei um Gestaltungen,
nach denen Erträge, die die Gesellschaft
gewerbesteuerpflichtigen Dritten für erbrachte Leistungen
zahlt, in den Kürzungsumfang einbezogen werden, weil der
Dritte Gesellschafter der Gesellschaft ist (BT-Drucks. 16/10189, S.
73). Um dies zu vermeiden, sieht § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a
GewStG vor, dass Sondervergütungen eines Gesellschafters von
der erweiterten Kürzung ausgeschlossen werden, also bei der
Gesellschaft mit Gewerbesteuer belastet werden. Von diesem
Grundsatz nimmt das Gesetz lediglich Sondervergütungen
für die Überlassung von Grundbesitz an die Gesellschaft
aus, da sie „die Kerntätigkeit der Gesellschaft
umfassen“ (BT-Drucks. 16/10189, S. 73).
Hinsichtlich solcher Vergütungen bleibt es bei dem Grundsatz,
dass sie in die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2
GewStG einbezogen werden und somit im Ergebnis nicht (weder bei der
Gesellschaft noch beim Gesellschafter - für ihn gilt § 9
Nr. 2 GewStG) mit Gewerbesteuer belastet werden. Insoweit
heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs
(BT-Drucks. 16/10189, S. 73): „Hierzu wird die erweiterte
Kürzung auf Ebene der grundbesitzverwaltenden
Personengesellschaft in Bezug auf Sondervergütungen des
Mitunternehmers dahingehend eingeschränkt, dass nur die
Sondervergütungen in die erweiterte Kürzung einzubeziehen
sind, die auf die Überlassung von Grundbesitz an die
Gesellschaft entfallen, d.h. die die Kerntätigkeit der
Gesellschaft umfassen. Soweit der Mitunternehmer der Gesellschaft
Darlehen überlässt oder andere Leistungen wie zum
Beispiel Beratungsleistungen erbringt, wird die erweiterte
Kürzung ausgeschlossen“
(BFH-Beschluss vom 21.07.2016 - IV R 26/14, BFHE 254, 371, BStBl II
2017, 202 = SIS 16 21 89, Rz 42).
|
|
|
16
|
b) Ob § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG auch
dann zur Anwendung gelangt, wenn der Vergütungsempfänger
nicht der Gewerbesteuer unterliegt und § 9 Nr. 2 GewStG damit
nicht zur Anwendung kommen kann, ist umstritten. Nach der wohl
überwiegenden Literaturmeinung ist die Norm in diesem Fall
aufgrund ihres überschießenden Charakters teleologisch
zu reduzieren (Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz,
§ 9 Nr. 1 Rz 213; Güroff in Glanegger/Güroff,
GewStG, 10. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 34; Wagner in
Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl., § 9
Nr. 1 Rz 132; Schnitter in Frotscher/Drüen, GewStG, § 9
Rz 91a; Bleschick in Hallerbach/Nacke/ Rehfeld, GewStG, § 9
Nr. 1 Rz 287; BeckOK GewStG/Jahndorf, 5. Ed. [01.01.2023], GewStG
§ 9 Rz 450; Mensching/Tyarks, DStR 2009, 2037, 2039). Nach
anderer Auffassung ist der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr.
1a GewStG eindeutig und einer teleologischen Reduktion nicht
zugänglich (Brandis/Heuermann/Gosch, § 9 GewStG Rz
109c).
|
|
|
17
|
c) Der erkennende Senat hält § 9 Nr.
1 Satz 5 Nr. 1a GewStG auch dann für einschlägig, wenn
der Vergütungsempfänger nicht der Gewerbesteuer
unterliegt.
|
|
|
18
|
aa) Maßgebend für die
Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende
objektivierte Wille des Gesetzgebers. Der Feststellung des zum
Ausdruck gekommenen objektivierten Willens des Gesetzgebers dienen
die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalische
Auslegung), aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus
ihrem Zweck (teleologische Auslegung) sowie aus den
Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische
Auslegung); zur Erfassung des Inhalts einer Norm darf sich der
Richter dieser verschiedenen Auslegungsmethoden gleichzeitig und
nebeneinander bedienen. Insbesondere bei der Auslegung einer Norm
aus ihrem Wortlaut ist zu berücksichtigen, dass diese nur eine
von mehreren anerkannten Auslegungsmethoden ist, zu denen - wie
ausgeführt - auch die systematische Auslegung zählt. Nach
Letzterer ist darauf abzustellen, dass einzelne Rechtssätze,
die der Gesetzgeber in einen sachlichen Zusammenhang gebracht hat,
grundsätzlich so zu interpretieren sind, dass sie logisch
miteinander vereinbar sind. Ziel jeder Auslegung ist die
Feststellung des Inhalts einer Norm, wie er sich aus dem Wortlaut
und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist.
Gegen seinen Wortlaut ist die Auslegung eines Gesetzes allerdings
nur ausnahmsweise möglich, wenn die wortgetreue Auslegung zu
einem sinnwidrigen Ergebnis führt, das vom Gesetzgeber nicht
beabsichtigt sein kann, oder wenn sonst anerkannte
Auslegungsmethoden dies verlangen (z.B. BFH-Beschluss in BFHE 254,
371, BStBl II 2017, 202 = SIS 16 21 89, Rz 36, m.w.N.).
|
|
|
19
|
bb) Der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr.
1a Satz 1 GewSt setzt allein „Vergütungen im Sinne
des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes“ voraus,
„die der Gesellschafter von der Gesellschaft für
seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die
Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von
Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der Überlassung von
Grundbesitz, bezogen hat“. Dass der
Gesellschafter als Vergütungsempfänger der Gewerbesteuer
unterliegt, verlangt die Norm nicht.
|
|
|
20
|
cc) Auch Sinn und Zweck der Norm sowie
historische Erwägungen rechtfertigen keine einschränkende
Auslegung.
|
|
|
21
|
aaa) Der Gesetzgeber verfolgte mit der
Einfügung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG - wie
ausgeführt - das Ziel, steuerliche Gestaltungen im
Zusammenhang mit der erweiterten Kürzung für
Grundstücksunternehmen in der Rechtsform der
Personengesellschaft zu verhindern, nach denen Erträge, die
die Gesellschaft gewerbesteuerpflichtigen Dritten für
erbrachte Leistungen zahlt, in den Kürzungsumfang einbezogen
werden, weil der Dritte Gesellschafter der Gesellschaft ist. Hierzu
sollte die erweiterte Kürzung auf Ebene der
grundbesitzverwaltenden Personengesellschaft in Bezug auf
Sondervergütungen des Mitunternehmers dahingehend
eingeschränkt werden, dass nur die Sondervergütungen in
die erweiterte Kürzung einzubeziehen sind, die auf die
Überlassung von Grundbesitz an die Gesellschaft entfallen (und
damit die Kerntätigkeit der Gesellschaft umfassen). Hingegen
sollte die erweiterte Kürzung ausgeschlossen werden, soweit
der Mitunternehmer der Gesellschaft Darlehen überlässt
oder andere Leistungen erbringt (BR-Drucks. 545/08, S. 113;
BT-Drucks. 16/10189, S. 73). Damit wollte der Gesetzgeber
insbesondere verhindern, dass sich der
Vergütungsgläubiger zur Vermeidung einer Gewerbesteuer
auf die Vergütung an der Gesellschaft mitunternehmerisch
beteiligt (BT-Drucks. 16/11108, S. 31).
|
|
|
22
|
bbb) Das Regelungsziel der Gestaltungs- oder
Missbrauchsvermeidung kommt im Gesetzestext jedoch nicht zum
Ausdruck. Eine Einschränkung auf
Vergütungsempfänger, die ihrerseits der Gewerbesteuer
unterliegen, lässt sich der Norm nicht entnehmen. § 9 Nr.
1 Satz 5 Nr. 1a GewStG stellt vielmehr eine stark typisierende
Regelung auf, die pauschal auf die Zahlung von
Sondervergütungen an den Gesellschafter abstellt (zur Typisierung im Rahmen
des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG vgl. auch BFH-Urteil vom
29.06.2022 - III R 19/21, BFHE 277, 416, BStBl II 2023, 84 = SIS 22 18 28, Rz 23). Sie ist einer einschränkenden Auslegung nicht
zugänglich (ebenso Hessisches FG, Urteil vom 29.05.2019 - 8 K
291/18, EFG 2019, 1695 = SIS 19 14 62, rechtskräftig;
zustimmend Böwing-Schmalenbrock, EFG 2019, 1696; Schnitter in
Frotscher/Drüen, a.a.O., § 9 Rz 90). Soweit der Senat in
dem Beschluss in BFHE 254, 371, BStBl II 2017, 202 = SIS 16 21 89
(Rz 43) ausgeführt hat, § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG
spreche dafür, dass der Gesetzgeber mit
„eigenem“ Grundbesitz i.S. des
§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG den „zum
Betriebsvermögen des Unternehmers
gehörenden“ Grundbesitz meine, zu dem
auch der im zivilrechtlichen Eigentum des Gesellschafters stehende,
an die Gesellschaft zur Nutzung überlassene Grundbesitz
gehöre, und die Regelung in Satz 5 Nr. 1a lediglich der
Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen diene, steht dies
allein im Kontext der (systematischen) Auslegung des Begriffs
„eigener Grundbesitz“ in § 9
Nr. 1 Satz 2 GewStG.
|
|
|
23
|
dd) Systematische Erwägungen, die
für das gegenteilige Auslegungsergebnis sprechen, sind
ebenfalls nicht ersichtlich.
|
|
|
24
|
ee) Entgegen der Auffassung der Klägerin
und der zuvor zitierten überwiegenden Literaturmeinung kann
§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG in den Fällen, in denen
der Vergütungsempfänger nicht der Gewerbesteuer
unterliegt, auch nicht teleologisch reduziert werden.
|
|
|
25
|
aaa) Die teleologische Reduktion setzt eine
Divergenz zwischen Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck voraus. Sie
zielt darauf ab, den Geltungsbereich einer Norm mit Rücksicht
auf ihren Gesetzeszweck gegenüber dem zu weit gefassten
Wortlaut einzuschränken. Sie kommt nur in Betracht, wenn die
auf den Wortlaut abstellende Auslegung zu einem sinnwidrigen
Ergebnis führen würde. Es bedarf demnach einer verdeckten
Regelungslücke (z.B. BFH-Urteil in BFHE 219, 173, BStBl II
2007, 893 = SIS 07 31 78, unter II.5.). Lässt sich ein
bestimmter Gesetzeszweck hingegen nicht sicher feststellen, so ist
für eine teleologische Reduktion kein Raum (ebenso Drüen
in Tipke/Kruse, § 4 AO Rz 382).
|
|
|
26
|
bbb) Diese Voraussetzungen sind im Hinblick
auf nicht der Gewerbesteuer unterliegende
Vergütungsempfänger i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a
GewStG nicht erfüllt. Zwar lagen der Einfügung der Norm
durch das JStG 2009 Gestaltungen zugrunde, in denen der
Vergütungsempfänger der Gewerbesteuer unterfiel und nur
deshalb Gesellschafter der Personengesellschaft wurde, um die
Gewerbesteuerbarkeit der Vergütungen umgehen zu können.
Dabei hatte der Gesetzgeber wohl in erster Linie das sog.
Bankenbeteiligungsmodell (vgl. dazu FG Düsseldorf, Urteil vom
18.06.2007 - 17 K 923/05 F, EFG 2007, 1696 = SIS 07 30 30: kein
Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts; s.a.
Mensching/Tyarks, DStR 2009, 2037) vor Augen (ebenso
Brandis/Heuermann/Gosch, § 9 GewStG Rz 109b; Wagner in
Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, a.a.O., § 9 Nr. 1 Rz
132; Bleschick in Hallerbach/Nacke/Rehfeld, a.a.O., § 9 Nr. 1
Rz 286; Renner in Bergemann/Wingler, GewStG, § 9 Rz 69).
„Insbesondere“, aber nicht
ausschließlich diese Gestaltung wollte er verhindern
(BT-Drucks. 16/11108, S. 31). Dementsprechend hat der Gesetzgeber
den Tatbestand des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG nicht auf
diesen Fall beschränkt, sondern Sondervergütungen der
Gesellschafter ganz allgemein von der erweiterten Kürzung
ausgenommen. Dies betrifft Sondervergütungen jedweder Art,
also auch Vergütungen für die - wohl weniger
„gestaltungsgeneigte“ -
Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft. Allein Vergütungen
für die Überlassung von Grundbesitz hat er
ausdrücklich ausgenommen. Dies spricht ebenfalls dafür,
dass der Gesetzgeber die Geltung des Tatbestands bewusst nicht
weitergehend einschränken wollte. Diese tatbestandliche Weite
kommt auch in der zeitlichen Anwendungsbestimmung des § 9 Nr.
1 Satz 5 Nr. 1a Satz 2 GewStG (bzw. § 36 Abs. 6a Satz 2 GewStG
i.d.F. des JStG 2009) zum Ausdruck, die für Altvereinbarungen
Bestandsschutz gewährt. Eine derartige Typisierung mag
überschießende Tendenz haben, führt allerdings
nicht zu einem sinnwidrigen Ergebnis. Es lässt sich nicht
eindeutig feststellen, dass der Gesetzgeber mit § 9 Nr. 1 Satz
5 Nr. 1a GewStG allein Sondervergütungen an Gesellschafter
erfassen wollte, die ihrerseits der Gewerbesteuer unterliegen. Eine
tatbestandliche Reduktion, von der ohnehin nur besonders
zurückhaltend Gebrauch zu machen ist (BFH-Urteil in BFHE 219,
173, BStBl II 2007, 893 = SIS 07 31 78, unter II.5.b), ist daher
nicht gerechtfertigt.
|
|
|
27
|
ccc) Das zu § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG a.F.
(nunmehr § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG) ergangene BFH-Urteil
in BFHE 219, 173, BStBl II 2007, 893 = SIS 07 31 78 steht dem nicht
entgegen. Nach den Grundsätzen dieser Entscheidung ist §
9 Nr. 1 Satz 5 GewStG a.F. im Wege der teleologischen Reduktion in
der Weise einzuschränken, dass dem Grundstücksunternehmen
die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags auch dann zu
gewähren ist, wenn das überlassene Grundstück zwar
dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient,
dieses den Grundbesitz nutzende Unternehmen jedoch mit allen seinen
(positiven wie negativen) Einkünften von der Gewerbesteuer
befreit ist. Diese Grundsätze lassen sich jedoch nicht auf
§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG übertragen (anders Roser
in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 9 Nr. 1 Rz 213; Schnitter in
Frotscher/Drüen, a.a.O., § 9 Rz 91a; Mensching/Tyarks, DStR 2009, 2037, 2039). Zwar ist auch § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG
a.F. offen formuliert („wenn der Grundbesitz ganz oder zum
Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen
dient“). Der Gesetzeszweck ließ sich
dort aber sicher bestimmen (s. BFH-Urteil in BFHE 219, 173, BStBl
II 2007, 893 = SIS 07 31 78, unter II.5.a: „§ 9 Nr. 1
Satz 5 GewStG hat den Sinn, zu verhindern, dass der ein eigenes
Grundstück nutzende Einzelunternehmer schlechter gestellt wird
als ein Gewerbetreibender, der ein Grundstück nutzt, das er
einer zwischengeschalteten Gesellschaft überlassen
hat“). Daher konnte der Senat seinerzeit
den Tatbestand teleologisch reduzieren, soweit der Gesetzeszweck -
mangels Besserstellung des Mitunternehmers gegenüber dem
Einzelunternehmer - nicht tangiert wird. Vorliegend lässt sich
ein hinreichend bestimmter Gesetzeszweck jedoch - wie
ausgeführt - nicht mit der dafür erforderlichen
Sicherheit feststellen.
|
|
|
28
|
4. In Anwendung dieser Grundsätze hat die
Vorinstanz zu Recht entschieden, dass die Sondervergütungen
nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG nicht der erweiterten
Kürzung unterliegen.
|
|
|
29
|
a) Die streitgegenständlichen
Darlehenszinsen stellen Sondervergütungen i.S. des § 15
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG dar. Dies ist zwischen den
Beteiligten nicht (mehr) streitig.
|
|
|
30
|
b) Damit unterfallen die Schuldzinsen als
Vergütungen für die Hingabe von Darlehen § 9 Nr. 1
Satz 5 Nr. 1a GewStG. Eine teleologische Reduktion der Norm kommt
in Bezug auf die Sondervergütungen, die der
Mehrheitskommanditist der Klägerin bezogen hat, wie dargelegt
nicht in Betracht. Im Hinblick auf die Sondervergütungen, die
die Komplementär-GmbH und die C-GmbH bezogen haben, geht
selbst die Klägerin davon aus, dass eine teleologische
Reduktion des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG ausscheidet, da
diese Gesellschaften der Gewerbesteuer unterliegen (§ 2 Abs. 2
Satz 1 GewStG). Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1
Satz 2 GewStG ist somit insgesamt ausgeschlossen.
|
|
|
31
|
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
|