Die Revision der Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 10.12.2019 - 11 K 2529/18 Kg =
SIS 19 21 31 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Beklagte zu tragen.
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I. Im Revisionsverfahren ist streitig, ob
das Finanzgericht (FG) die Beklagte und Revisionsklägerin
(Familienkasse) zu Recht verpflichtet hat, zugunsten der
Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) für die
Zeit von Januar 2012 bis ... 2015 (Streitzeitraum) Kindergeld
gemäß §§ 62 ff. des Einkommensteuergesetzes
(EStG) für deren leibliche Tochter (T) festzusetzen.
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Die Klägerin ist bulgarische
Staatsangehörige und lebte im Streitzeitraum in der
Hellenischen Republik (Griechenland). T lebte im Haushalt der
Klägerin in Griechenland und ging dort zur Schule.
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Die Klägerin erhielt für die laut
Vorentscheidung am ... 1996 (wohl Schreibfehler) bzw. ausweislich
des von der Vorentscheidung in Bezug genommenen FG-Urteils vom
13.12.2017 - 11 K 2502/16 Kg (nicht veröffentlicht - n.v. - )
am ... 1999 (dieses Datum wird auch in den Kindergeldakten genannt)
geborene T in Griechenland keine Familienleistungen, da die
Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt waren. Die
Klägerin war in Griechenland nicht erwerbstätig und bezog
auch keine Rente.
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Der im Streitzeitraum in der Bundesrepublik
Deutschland (Deutschland) lebende leibliche Vater (V) der T, ein
griechischer Staatsangehöriger, war aufgrund eines
Verkehrsunfalls erwerbsunfähig und erhielt vom Unfallgegner
aus dessen Haftpflichtversicherung bis ... 2014 als Rente
bezeichnete monatliche Geldleistungen und seit ... 2015 die
gesetzliche Altersrente, weshalb die Familienkasse den
Kindergeldanspruch der Klägerin ab ... 2015
anerkannte.
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V stellte am 11.04.2013 einen Antrag auf
Festsetzung von Kindergeld für T, der von der Familienkasse
mit Bescheid vom 12.03.2015 abgelehnt wurde. Der am 24.03.2015
eingelegte Einspruch und die nach Ergehen der
Einspruchsentscheidung am 24.06.2016 erhobene Klage des V hatten
keinen Erfolg. Das FG hielt gemäß § 64 Abs. 1 EStG
(allenfalls) die Klägerin, nicht aber den V, für
anspruchsberechtigt (FG-Urteil vom 13.12.2017 - 11 K 2502/16 Kg,
n.v.).
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Mit Datum vom 04.07.2017 stellte die
Klägerin einen Kindergeldantrag, den die Familienkasse mit
Bescheid vom 28.06.2018 ablehnte. Deutschland sei gemäß
Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur
Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Amtsblatt der
Europäischen Union - ABlEU - 2004 Nr. L 166, S. 1) in der
für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung (VO Nr.
883/2004 - Grundverordnung - ) nicht zur Zahlung von
Differenzkindergeld verpflichtet, weil der Kindergeldanspruch im
Streitzeitraum nur auf dem Wohnsitz des V in Deutschland beruhe.
Der bis ... 2014 in Raten ausgezahlte Schadensersatz sei keine
Rente i.S. des Art. 68 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr.
883/2004.
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Auf die nach einem erfolglosen
Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 27.07.2018)
erhobene Klage der Klägerin hob das FG den ablehnenden
Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung auf und
verpflichtete die Familienkasse, zugunsten der Klägerin
Kindergeld für das Kind T für den Zeitraum von Januar
2012 bis ... 2015 festzusetzen. Nach Ansicht des FG genügte
es, dass V seinen Wohnsitz in Deutschland gehabt und den Tatbestand
des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfüllt habe. Der
Wohnsitz der Klägerin in Deutschland werde nach dem
einschlägigen europäischen Recht fingiert. Nach diesen
Vorschriften vermittle V der Klägerin für T, die
gleichfalls in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU)
gelebt habe, aufgrund seines Wohnsitzes in Deutschland einen
Anspruch auf Kindergeld nach den §§ 62 ff. EStG. Die
Anspruchsvoraussetzungen der §§ 32, 62 ff. EStG seien
auch im Übrigen erfüllt. Gemäß § 64 Abs.
1 und Abs. 2 Satz 1 EStG sei das Kindergeld zugunsten der
Klägerin - und nicht zugunsten des V - festzusetzen, weil sie
die T im maßgeblichen Zeitraum in ihren Haushalt aufgenommen
habe. Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der VO Nr. 883/2004, welcher die
Gewährung von Differenzkindergeld eines nachrangig
verpflichteten Staats in den Fällen einer sog.
„Wohnsitz-Wohnsitz-Konstellation“, d.h. in den
Fällen ausschließe, in denen der Kindergeldanspruch
allein auf dem Wohnsitz beruhe, sei entgegen der Auffassung der
Familienkasse nicht anwendbar, weil kein tatsächliches
Zusammentreffen von Familienleistungen vorliege. Die Klägerin
habe nur in Deutschland einen Kindergeldanspruch.
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Hiergegen wendet sich die Familienkasse mit
der Revision.
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Die Familienkasse hält den
Ausschlusstatbestand für Differenzkindergeld des Art. 68 Abs.
2 Satz 3 der VO Nr. 883/2004 in einer
„Wohnsitz-Wohnsitz-Konstellation“ bereits dann für
anwendbar, wenn in dem Mitgliedstaat, in dem der vorrangig
Kindergeldberechtigte und das Kind ihren Wohnsitz hätten, im
Allgemeinen Familienleistungen gewährt würden, auch wenn
im konkreten Fall tatsächlich kein derartiger Anspruch
bestehe.
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Die Familienkasse beantragt,
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das Urteil des FG Münster vom
10.12.2019 - 11 K 2529/18 Kg aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass der
Klägerin gemäß §§ 32, 62 ff. EStG i.V.m.
Art. 67 f. der VO Nr. 883/2004 und Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der
Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 16.09.2009 zur Festlegung der Modalitäten
für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004
über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
(ABlEU 2009 Nr. L 284, S. 1) in der für den Streitzeitraum
maßgeblichen Fassung (VO Nr. 987/2009 -
Durchführungsverordnung - ) in dem vom FG zuerkannten Umfang
Kindergeld zusteht.
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1. Die Voraussetzungen für den
Kindergeldanspruch der Klägerin gemäß § 32
Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3, § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 63
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG liegen
vor. Das FG hat nach Art. 67 Satz 1 der VO Nr. 883/2004 i.V.m. Art.
60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 insbesondere auch zutreffend
einen inländischen Wohnsitz der Klägerin i.S. des §
62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG fingiert.
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a) Der Anwendungsbereich der VO Nr. 883/2004
und der dazu ergangenen VO Nr. 987/2009 ist eröffnet. Die
Klägerin ist bulgarische Staatsangehörige, also
Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der EU, und fällt
damit nach Art. 2 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 in den
persönlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung. Das
Kindergeld nach dem EStG ist eine Familienleistung i.S. des Art. 1
Buchst. z der VO Nr. 883/2004, weshalb gemäß Art. 3 Abs.
1 Buchst. j der VO Nr. 883/2004 auch deren sachlicher
Anwendungsbereich eröffnet ist (vgl. z.B. Senatsurteil vom
26.07.2017 - III R 18/16, BFHE 259, 98, BStBl II 2017, 1237 = SIS 17 18 95, Rz 13).
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b) Gemäß Art. 67 Satz 1 der VO Nr.
883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die
in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf
Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen
Mitgliedstaats. Gemäß Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr.
987/2009 ist bei der Anwendung von Art. 67 und 68 der VO Nr.
883/2004 die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu
berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen
unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen
und dort wohnen (vgl. dazu z.B. Senatsurteil vom 04.02.2016 - III R
17/13, BFHE 253, 134, BStBl II 2016, 612 = SIS 16 11 20, Rz 11 ff.
und Rz 18, jeweils m.w.N.; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
13.07.2016 - XI R 7/15, BFH/NV 2016, 1722 = SIS 16 23 50, Rz 21).
Zu den „beteiligten Personen“ i.S. des Art. 60
Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 gehören die
Familienangehörigen i.S. des Art. 1 Buchst. i Nr. 1 Buchst. i
der VO Nr. 883/2004. Darunter sind insbesondere die Eltern und das
Kind zu verstehen (vgl. auch Senatsurteile in BFHE 253, 134, BStBl
II 2016, 612 = SIS 16 11 20, Rz 18, und vom 28.04.2016 - III R
40/12, BFH/NV 2016, 1469 = SIS 16 19 01, Rz 22). Der
Kindergeldanspruch gemäß §§ 62 ff. EStG kann
somit z.B. auch einem Elternteil zustehen, der nicht in Deutschland
wohnt (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH -
Trapkowski vom 22.10.2015 - C-378/14, EU:C:2015:720 = SIS 15 28 09,
Leitsatz 1, Rz 38 und Rz 41; Senatsurteile in BFHE 253, 134, BStBl
II 2016, 612 = SIS 16 11 20, und vom 27.07.2017 - III R 17/16,
BFH/NV 2018, 201 = SIS 17 26 20, Rz 10 ff.).
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c) Im Streitfall wird nach diesen
Grundsätzen der Wohnsitz der Klägerin in Deutschland
gemäß Art. 67 Satz 1 der VO Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 60
Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 fingiert, weil der Kindsvater V
damals seinen Wohnsitz in Deutschland hatte. Dies wird auch von der
Familienkasse nicht angezweifelt.
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2. Anders als die Familienkasse vorträgt,
ist der Anspruch der Klägerin auf Gewährung von
(Differenz-)Kindergeld nicht gemäß Art. 68 Abs. 2 Satz 3
der VO Nr. 883/2004 ausgeschlossen, obwohl der Kindergeldanspruch
allein auf dem Wohnsitz des V beruht.
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a) Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der VO Nr. 883/2004
ist nur anwendbar, wenn tatsächlich konkurrierende
Ansprüche vorliegen. Nach seinem eindeutigen Wortlaut setzt
Art. 68 der VO Nr. 883/2004 in den Abs. 1 und 2 voraus, dass in
mehr als einem Mitgliedstaat tatsächlich Ansprüche auf
Familienleistungen bestehen. Kommt es nicht zu einer Kumulierung
derartiger Ansprüche, weil nur in einem Mitgliedstaat die
Tatbestandsvoraussetzungen des jeweiligen Anspruchs erfüllt
sind, ist Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der VO Nr. 883/2004 nicht anwendbar
(vgl. etwa Senatsurteil vom 18.02.2021 - III R 27/19, BFHE 272, 60,
BFH/NV 2021, 886 = SIS 21 07 69, Rz 21).
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b) Im Streitfall ist Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der
VO Nr. 883/2004 hiernach nicht anwendbar, weil die Klägerin
für den Streitzeitraum nur einen Anspruch auf deutsches
Kindergeld hat. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG
(§ 118 Abs. 2 FGO) hatte sie im maßgeblichen Zeitraum
keinen Anspruch auf griechische Familienleistungen. Dass die
Klägerin einen Anspruch auf Familienleistungen eines anderen
Staats - z.B. der Republik Bulgarien - oder dass V einen Anspruch
auf Familienleistungen etwa nach griechischem Recht gehabt hat, hat
das FG nicht festgestellt und wird auch von den Beteiligten nicht
behauptet. Anders als im Fall des Senatsurteils vom 18.02.2021 -
III R 71/18 (BFHE 272, 53, BFH/NV 2021, 884 = SIS 21 08 14, Rz 28)
stehen im Streitfall neben dem deutschen Kindergeldanspruch keine
weiteren Familienleistungsansprüche im Raum.
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3. Bei Antragstellung war für das
Kindergeld für die Zeit ab Januar 2012 noch keine
Festsetzungsverjährung eingetreten, denn der für den
Kindergeldanspruch der Klägerin maßgebliche Antrag wurde
nicht erst im Juli 2017, sondern bereits im April 2013 von V
gestellt und mit Einspruch vom 24.03.2015 auf die Zeit bis Januar
2015 erstreckt.
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a) Auf die Festsetzung von Kindergeld als
Steuervergütung (§ 31 Satz 3 EStG) sind gemäß
§ 155 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) die Vorschriften
über die Steuerfestsetzung einschließlich der
Bestimmungen über die Festsetzungsverjährung
(§§ 169 bis 171 AO) sinngemäß anzuwenden (z.B.
BFH-Urteil vom 09.09.2015 - XI R 9/14, BFH/NV 2016, 166 = SIS 16 00 22, m.w.N.). Die Festsetzungsfrist beträgt nach § 169
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO im Regelfall vier Jahre und beginnt bei
entsprechender Anwendung des § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des
Jahres, in dem der Kindergeldanspruch entstanden ist.
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Gemäß § 67 Satz 1 EStG ist das
Kindergeld bei der zuständigen Familienkasse schriftlich zu
beantragen. Die Verwendung eines amtlichen Vordrucks ist nicht
vorgeschrieben (Senatsbeschluss vom 25.08.2009 - III B 136/08,
juris, unter II.1.; Selder in Heuermann/Brandis, § 67 EStG Rz
11; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 40. Aufl., § 67 Rz 1; Wendl
in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 67 EStG Rz 6). Der
Kindergeldantrag muss auch nicht eigenhändig unterschrieben
werden; Vertretung ist zulässig (Senatsbeschluss vom
25.08.2009 - III B 136/08, juris, unter II.3.). Zudem wirkt sich
die Familienbetrachtung gemäß Art. 67 Satz 1 der VO Nr.
883/2004 i.V.m. Art. 60 Abs. 1 Sätze 2 und 3 der VO Nr.
987/2009 auch in verfahrensrechtlicher Weise aus. Art. 60 Abs. 1
Satz 3 der VO Nr. 987/2009 bestimmt, dass ein von einem Elternteil,
einer als Elternteil behandelten Person oder einer als Vormund des
Kindes handelnden Person oder Institution gestellter Antrag auch
zugunsten einer Person zu berücksichtigen ist, die selbst
keinen Antrag gestellt hat. Damit wird u.a. vermieden, dass der an
sich nur nachrangig zuständige Mitgliedstaat - wie in dem noch
zur Vorgängerrechtslage ergangenen EuGH-Urteil Schwemmer vom
14.10.2010 - C-16/09 (EU:C:2010:605 = SIS 10 33 42, Rz 53 ff. und
59) - nur deshalb die vollen Familienleistungen erbringen muss,
weil im vorrangig zuständigen Mitgliedstaat kein Antrag auf
Familienleistungen gestellt wurde (vgl. etwa Senatsurteil vom
22.02.2018 - III R 10/17, BFHE 261, 214, BStBl II 2018, 717 = SIS 18 09 61). Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der VO Nr. 987/2009 bewirkt
darüber hinaus aber auch allgemein, dass einem Elternteil oder
Berechtigten ein Familienleistungsanspruch zustehen kann, obwohl er
selbst keinen Antrag gestellt hat (vgl. etwa EuGH-Urteil Trapkowski
vom 22.10.2015 - C-378/14, EU:C:2015:720 = SIS 15 28 09, Rz 47 f.;
BFH-Urteil vom 13.07.2016 - XI R 44/13, BFH/NV 2016, 1720 = SIS 16 23 49, Rz 26; Senatsurteile in BFHE 253, 134, BStBl II 2016, 612 =
SIS 16 11 20; vom 28.04.2016 - III R 68/13, BFHE 254, 20, BStBl II
2016, 776 = SIS 16 17 28, Rz 28; HHR/Wendl, Vorbemerkungen vor
§§ 62 bis 78, Rz 28).
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Nach diesen Grundsätzen enthält der
von dem anderen Elternteil - ebenso der von einer als Elternteil
behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als
Vormund des Kindes oder der Kinder handelt - gestellte Antrag
gemäß Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der VO Nr. 987/2009 inzident
auch einen Antrag zugunsten der berechtigten Person, die selbst
keinen Leistungsantrag gestellt hat. Sowohl nach dem weit gefassten
Wortlaut der Vorschrift als auch nach ihrem Sinn und Zweck ist
davon auszugehen, dass dieser Antrag auch den Ablauf der
Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 3 AO zugunsten
der anspruchsberechtigten Person solange hemmt, bis hierüber
unanfechtbar entschieden worden ist.
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b) Im Streitfall wurde der Kindergeldantrag
für die Zeit ab Januar 2012 danach vor Eintritt der
Festsetzungsverjährung gestellt, da zugunsten der
Klägerin, die zunächst keinen eigenen Antrag gestellt
hatte, der Antrag des V vom 11.04.2013 und dessen Einspruch vom
24.03.2015 zu berücksichtigen sind. Die Klägerin hat den
Antrag des V bereits mit Schreiben vom 15.11.2016 ausdrücklich
für sich in Anspruch genommen und den Kindergeldanspruch
jedenfalls spätestens mit dem entsprechenden Formblatt vom
04.07.2017, das am 07.07.2017 bei der Familienkasse eingegangen
ist, vor Beendigung der den Ablauf der Festsetzungsfrist hemmenden
Verfahren präzisiert. Anhaltspunkte dafür, dass die
Klägerin ein eigenes Antragsverfahren neben dem zu ihren
Gunsten von V ausgelösten Verfahren betrieb, bestehen
nicht.
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4. Die Klägerin musste im Streitfall auch
nicht gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 EStG in der ab
09.12.2014 geltenden Fassung identifizierbar sein (zu den
Anforderungen bei einem Auslandssachverhalt vgl.
Senatsurteil vom 01.07.2020 - III R
22/19, BFHE 269, 320 = SIS 20 16 09,
Rz 22). § 62 Abs. 1 Satz 2 EStG in der ab 09.12.2014 geltenden
Fassung ist im Streitfall nicht anwendbar, weil die Vorschrift
gemäß § 52 Abs. 49a Sätze 4 und 5 EStG nur
dann für Kindergeldfestsetzungen gilt, die Zeiträume
betreffen, die vor dem 01.01.2016 liegen, wenn der Antrag auf
Kindergeld erst nach dem 31.12.2015 gestellt wurde. Nach den obigen
Ausführungen zu Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der VO Nr. 987/2009
wurde der für den Kindergeldanspruch der Klägerin
maßgebliche Kindergeldantrag des V vor dem 31.12.2015,
nämlich bereits am 11.04.2013 und in Bezug auf die Zeit bis
einschließlich ... 2015 mit Erhebung des Einspruchs am
24.03.2015, gestellt. Die Klägerin hat den Antrag des
Klägers als eigenen übernommen und im weiteren Verfahren,
insbesondere im Formblatt vom 04.07.2017 präzisiert.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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