Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 12.04.2018 - 3 K 3662/16 Erb =
SIS 18 10 74 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Kläger zu tragen.
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I. Die Erblasserin verstarb am 00.00.2013.
Da ihre Erben nicht bekannt waren und sicherungsbedürftiger
Nachlass vorlag, bestellte das Amtsgericht als Nachlassgericht mit
Beschluss vom 00.00.2013 eine Nachlasspflegerin. Ihr Wirkungskreis
umfasste die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie die
Ermittlung der Erben.
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Zum Nachlass gehörten u.a. ein
Einfamilienhaus sowie drei Mietshäuser. Für drei dieser
Immobilien hatte die Erblasserin Darlehen aufgenommen, die zum
Todeszeitpunkt in Höhe von insgesamt XXX EUR valutierten.
Anfang 2014 veräußerte die Nachlasspflegerin die
Grundstücke unter der Verpflichtung zur Ablösung der
Grundpfandrechte für insgesamt 633.000 EUR und erhielt
dafür die Genehmigung des Nachlassgerichts. Durch die
vorzeitige Ablösung bestehender Darlehen fielen im April 2014
Vorfälligkeitsentschädigungen von insgesamt YYY EUR an.
Die Erbenermittlung war zu jenem Zeitpunkt noch nicht
abgeschlossen.
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Das Nachlassgericht stellte am 00.00.2015
zwei gemeinschaftliche Teil-Erbscheine für insgesamt 29 Erben
aus und hob am selben Tage die Nachlasspflegschaft auf. Der
Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wurde Erbe zu
1/8.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) setzte gegenüber dem Kläger mit
Bescheid vom 01.08.2016 Erbschaftsteuer fest und dabei die
Darlehensverbindlichkeiten als Schulden des Erblassers an.
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Den Einspruch, mit dem der Kläger die
Vorfälligkeitsentschädigungen - gemäß §
10 Abs. 6 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG)
zu 90 Prozent (YY EUR) - als Nachlassverbindlichkeiten zu
berücksichtigen begehrte, wies das FA mit
Einspruchsentscheidung vom 10.11.2016 zurück. Es ging unter
Berufung auf das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 05.02.2009
- 9 K 204/07 = SIS 09 27 68 davon aus, es handele sich um nach
§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG nicht abzugsfähige Kosten
für die Verwaltung des Nachlasses.
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Im Rahmen des Klageverfahrens hat das
Finanzgericht (FG) Auskunft bei der Nachlasspflegerin über die
Beweggründe des Verkaufs eingeholt. Diese verwies auf die
erheblichen laufenden Tilgungs- und Zinszahlungen. Das
Einfamilienhaus sei veräußert worden, da es nicht
wirtschaftlich sinnvoll habe genutzt werden können und ein
Versicherungsschutz bei Leerstand nicht mehr gegeben gewesen sei.
Die drei Mietshäuser habe sie veräußert, da deren
wirtschaftliche Verwaltung nicht möglich und die Ermittlung
der Erben nicht absehbar gewesen sei. Die Verwaltung der
Mietshäuser hätte den Rahmen der Nachlasspflegschaft
gesprengt.
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Das FG hat der Klage stattgegeben und den
auf den Kläger entfallenden Anteil der
Vorfälligkeitsentschädigungen von Y EUR (1/8 von YY EUR)
als Nachlassverbindlichkeit in Gestalt von Nachlassregelungskosten
anerkannt. Als Maßnahme, den Nachlass zu sichern, sei die
Anordnung der Nachlasspflegschaft gleichzeitig eine Maßnahme,
die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden
Güter zu setzen. Es bestehe zudem ein enger Zusammenhang zur
Abwicklung und Verteilung des Nachlasses. Der Nachlasspfleger habe
zwar nicht die Erbauseinandersetzung zu betreiben, er habe aber das
verwaltete Vermögen herauszugeben. Die Herausgabe von vier
belasteten Grundstücken sei bei unbekannten und letztlich 29
Erben nicht praktikabel. Außerdem handele es sich um
Aufwendungen für die Tilgung von Erblasserschulden. Die
dafür angefallenen Kosten seien ebenso abzugsfähig wie
beim Verkauf durch die Erben. Zwar stelle die
Vorfälligkeitsentschädigung wirtschaftlich nur
vorweggenommenen Zins dar; im Allgemeinen sei der Abzug
künftiger Aufwendungen bei Dauerschuldverhältnissen wegen
der grundsätzlich gleichwertigen Gegenleistung nicht
möglich. Dies gelte aber nicht, wenn der Erbe kein Interesse
an der Gegenleistung oder diese für ihn keinen
wirtschaftlichen Wert habe. Nach der Veräußerung der
Grundstücke sei das Interesse an der Kapitalüberlassung
entfallen. Schließlich sei allein die Erblasserin in den
Genuss der durch die Vorfälligkeitsentschädigung
ausgeglichenen günstigeren Darlehenskonditionen gekommen. Das
Urteil des FG ist in EFG 2018, 1207, veröffentlicht.
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Mit der Revision macht das FA eine
Verletzung von § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG geltend.
Vorfälligkeitsentschädigungen, die im Rahmen einer
Nachlasspflegschaft für die vorzeitige Ablösung von
Darlehen anfielen, seien keine Nachlassverbindlichkeiten. Wie das
FG Köln in seinem Urteil vom 05.02.2009 - 9 K 204/07 = SIS 09 27 68 bereits zutreffend erkannt habe, müssten die
betreffenden Aufwendungen in einem hinreichend engen
Sachzusammenhang zur Abwicklung, Regelung und Verteilung des
Nachlasses bzw. Erlangung des Erwerbs stehen. Dies sei weder im
Hinblick auf die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft noch auf
die Verteilung des Aktivvermögens der Fall. Die von der
Nachlasspflegerin benannten Gründe seien sachlich und
wirtschaftlich tragfähig, aber nicht zwingend.
Sicherungsmaßnahmen, die zur Abziehbarkeit der entsprechenden
Kosten führten, müssten die rechtliche oder
tatsächliche Sicherung betreffen. Wirtschaftliche Sicherung
genüge nicht. Ebenso sei die Auseinandersetzung der
Erbengemeinschaft nicht zwingend. Schulden könnten auch
geteilt werden. An Stelle des insoweit unbekannten Willens der
Erben trete zwar der Wille der Nachlasspflegerin. Da sie die Anzahl
der Erben zum Zeitpunkt des Verkaufs aber noch gar nicht gekannt
habe, könne diese ihr Verhalten auch nicht beeinflusst haben.
Die Abzugsfähigkeit der Vorfälligkeitsentschädigung
könne auch nicht von der Anzahl der Erben abhängig sein.
Zu den Annahmen schließlich, dass den
Vorfälligkeitsentschädigungen kein wirtschaftlicher Wert
für die Erben gegenüberstehe, seien weder etwas
vorgetragen noch bewiesen worden.
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Das FA beantragt,
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die Vorentscheidung aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Der Kläger hält die
Revisionsbegründung für unzureichend. Sie erschöpfe
sich in einer Bezugnahme auf das Urteil des FG Köln vom
05.02.2009 - 9 K 204/07 = SIS 09 27 68, dem ein anderer Sachverhalt
zugrunde gelegen habe (keine Nachlasspflegschaft). Das FG-Urteil
sei aber auch in der Sache zutreffend. Zu den - weit auszulegenden
- Tatbestandsmerkmalen des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG
zählten alle Kosten, die zur Durchführung der
Erbauseinandersetzung erforderlich seien. Die auf den
Veräußerungen beruhenden
Vorfälligkeitsentschädigungen gehörten dazu, da
jeder Erbe die Auseinandersetzung hätte erzwingen können.
Die Kosten seien auch deshalb abziehbar, weil sie im Rahmen der
gerichtlichen Sicherung des Nachlasses in Gestalt der
Nachlasspflegschaft entstanden seien. Es reiche aus, wenn eine
Sicherungsmaßnahme zweckmäßig gewesen sei. Weitere
Voraussetzungen (zwingende Notwendigkeit o.ä.) ergäben
sich aus dem Gesetz nicht, führten zu nicht übersehbaren
Haftungsrisiken beim Nachlasspfleger und stünden im
Widerspruch zum Nettoprinzip, da der Erwerber, der Erbe, sich den
Maßnahmen des Nachlasspflegers nicht entziehen
könne.
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II. Die Revision ist zulässig,
insbesondere den Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst.
a der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechend begründet
worden. Das FA hat ausreichend kenntlich gemacht, warum es §
10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG für verletzt hält. Es ist dabei
nicht zu beanstanden, wenn sich die Überlegungen an diejenigen
eines anderen FG anlehnen.
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III. Die Revision ist begründet. Der
Senat entscheidet in der Sache selbst und weist die Klage ab
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die
Vorfälligkeitsentschädigungen sind nicht als
Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG oder
nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG abzugsfähig, sie
sind Kosten für die Verwaltung des Nachlasses nach § 10
Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG.
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1. Als - hier nach § 1 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG - steuerpflichtiger
Erwerb gilt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die
Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist. Nach
§ 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG gilt in den Fällen des § 3
ErbStG unbeschadet § 10 Abs. 10 ErbStG als Bereicherung der
Betrag, der sich ergibt, wenn von dem nach § 12 ErbStG zu
ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls, soweit er der
Besteuerung nach diesem Gesetz unterliegt, die nach § 10 Abs.
3 bis 9 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten mit
ihrem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert abgezogen werden.
§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG erfasst die sog. Erblasserschulden,
§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG die sog. Erbfallschulden und §
10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG die sog. sonstigen
Nachlassverbindlichkeiten.
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2. Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind von
dem Erwerb, soweit sich nicht aus § 10 Abs. 6 bis 9 ErbStG
etwas anderes ergibt, abzugsfähig u.a. die vom Erblasser
herrührenden Schulden, soweit sie nicht bereits in einer
betrieblichen Bewertungseinheit aufgegangen sind.
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a) Aus dem an § 1967 Abs. 2 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) anknüpfenden Begriff
„herrühren“ ergibt sich, dass die
Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht voll
wirksam entstanden sein müssen. Vielmehr gehören dazu
auch die erst in der Person des Erben entstehenden
Verbindlichkeiten, die als solche schon dem Erblasser entstanden
wären, wenn er nicht vor Eintritt der zu ihrer Entstehung
nötigen weiteren Voraussetzung verstorben wäre (Urteil
des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22.01.2020 - II R 41/17, BFHE 267,
460, BStBl II 2020, 459 = SIS 20 04 66, Rz 21).
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b) Bei Dauerschuldverhältnissen findet
hingegen eine Zuordnung von Leistungen und Gegenleistungen pro rata
temporis statt.
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aa) Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass
Aufwendungen des Erben durch Gegenleistungen der anderen Partei
ausgeglichen werden, so dass ein Abzug nicht möglich ist (dazu
Gottschalk in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, §
10 Rz 127 f.). In ähnlicher Weise sind schwebende
Geschäfte, deren Hauptpflichten im Todeszeitpunkt des
Erblassers noch nicht erfüllt waren, bei der
Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer nicht zu
berücksichtigen (BFH-Urteil in BFHE 267, 460, BStBl II 2020,
459, Rz 29). Sind hingegen Vorausleistungen erbracht worden, ist
danach abzugrenzen, auf welchen Zeitraum welche Leistungen
entfallen (vgl. BFH-Urteil vom 04.05.1977 - II R 118/69, BFHE 122,
540, BStBl II 1977, 732 = SIS 77 04 10).
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bb) Der Auffassung, ein Abzug von Aufwendungen
komme gleichwohl in Betracht, wenn der Erbe an den Gegenleistungen
kein Interesse habe oder sie für ihn keinen wirtschaftlichen
Wert habe (so Kunz in Troll/Gebel/Jülicher/ Gottschalk,
ErbStG, § 10 Rz 128; Weinmann in Moench/Weinmann, § 10
ErbStG Rz 52), ist nicht zu folgen. Hat die Gegenleistung objektiv
keinen wirtschaftlichen Wert, ist dem ggf. bei deren Bewertung
Rechnung zu tragen. Auf die Frage, ob der Erbe ein subjektives
Interesse an objektiv werthaltigen Leistungen hat, kommt es nicht
an. Die Bereicherung ist nach §§ 10 Abs. 1 Satz 2, 12
Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 3 des Bewertungsgesetzes
(BewG) grundsätzlich ohne Ansehung persönlicher
Verhältnisse zu ermitteln. Damit wäre es nicht vereinbar,
den Abzug von Nachlassverbindlichkeiten von einem subjektiven
Faktor abhängig zu machen. Dem Erben steht es frei, einen
objektiv vorhandenen Nachlasswert seinen subjektiven Vorstellungen
entsprechend umzuschichten.
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c) Diese Grundsätze gelten auch für
Forderungen und Verbindlichkeiten aus einem Darlehen i.S. des
§ 488 BGB. Der Zins ist das Entgelt für die
Kapitalüberlassung auf Zeit.
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aa) Nachlassverbindlichkeit i.S. des § 10
Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ist allein die Darlehensverbindlichkeit als
Kapitalschuld. Sie wird gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG
i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG unter Berücksichtigung der
Verzinsung auf den Stichtag ermittelt (dazu im Einzelnen aus
Verwaltungssicht gleich lautende Erlasse der obersten
Finanzbehörden der Länder vom 10.10.2010 betreffend die
Bewertung von Kapitalforderungen und Kapitalschulden sowie von
Ansprüchen/Lasten bei wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen
nach dem 31.12.2009 für Zwecke der Erbschaft- und
Schenkungsteuer, BStBl I 2010, 810). Die wiederkehrende
Zinsverpflichtung stellt keine zusätzlich
berücksichtigungsfähige Nachlassverbindlichkeit dar. Die
tatsächlich erbrachten Zinszahlungen können deshalb
ebenso wenig abgezogen werden wie die Tilgungsleistungen. Sie
würden andernfalls doppelt berücksichtigt. Eine besonders
hohe oder niedrige Verzinsung ist ggf. bei der Bewertung der
Darlehensverbindlichkeit zu berücksichtigen.
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bb) Kommt es nach dem Stichtag aus
Gründen, die nicht mehr vom Erblasser
„herrühren“, zur vorzeitigen Ablösung
oder zur Prolongation eines Darlehens, hat dies auf den Umfang der
Erblasserschulden nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG keinen
Einfluss.
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3. Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG
sind die Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im
Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des
Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen.
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a) Der Begriff „Kosten der Regelung
des Nachlasses“ ist weit auszulegen. Er umfasst die
Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des
Nachlasses einschließlich von Bewertungskosten, aber auch
alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in
den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu
setzen (BFH-Urteile vom 11.01.1961 - II 155/59 U, BFHE 72, 273,
BStBl III 1961, 102 = SIS 61 00 69; vom 19.06.2013 - II R 20/12,
BFHE 241, 416, BStBl II 2013, 738 = SIS 13 20 52, Rz 11, und vom
06.11.2019 - II R 29/16, BFHE 267, 433, BStBl II 2020, 505 = SIS 20 04 91, Rz 17). Die Kosten müssen
(„unmittelbar“) in einem engen zeitlichen und
sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen und
dürfen nicht erst durch die spätere Verwaltung des
Nachlasses (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG) anfallen
(BFH-Urteil in BFHE 241, 416, BStBl II 2013, 738 = SIS 13 20 52, Rz
11).
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Nachlassregelungskosten sind etwa solche
Kosten, die im Zusammenhang mit der durch den Erblasser
angeordneten Regelung des Nachlasses entstehen, ohne dass es darauf
ankäme, ob dies kostengünstiger möglich gewesen
wäre. Der Erbe ist im Rahmen der Anordnung des Erblassers
grundsätzlich frei, wie er seiner Verpflichtung nachkommt
(BFH-Urteil vom 28.06.1995 - II R 89/92, BFHE 178, 214, BStBl II
1995, 786 = SIS 95 21 05). Zu den Nachlassregelungskosten
können auch Kosten gehören, die durch die Tilgung von
Erblasserschulden entstehen (Gottschalk in
Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 10 Rz 216). Es
sind aber nicht jegliche mit der Tilgung zusammenhängenden
Aufwendungen Nachlassregelungskosten. Soweit Tilgung und Zins
bereits in die Bewertung der als Nachlassverbindlichkeit i.S. des
§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähigen
Darlehensverbindlichkeit eingegangen sind, sind sie nicht ein
zweites Mal bereicherungsmindernd zu berücksichtigen.
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b) Kosten für die „Verteilung
des Nachlasses“ sind insbesondere die im Zusammenhang mit
der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gemäß
§ 2042 BGB entstandenen Aufwendungen. Die Auseinandersetzung
einer Erbengemeinschaft ist die Verteilung der
Nachlassgegenstände unter den Miterben nach Tilgung der
Nachlassverbindlichkeiten. Sie begründet das Alleineigentum
eines jeden Miterben an den ihm bei der Verteilung zugewiesenen
Vermögensgegenständen und hebt die nach dem Erbfall
entstandene Gemeinschaft zur gesamten Hand (§ 2032 Abs. 1 BGB)
auf (vgl. im Einzelnen Palandt/ Weidlich, Bürgerliches
Gesetzbuch, 79. Aufl., § 2042 Rz 1). Es handelt sich
grundsätzlich um eine ordnungsgemäße Abwicklung und
Regelung des Nachlasses, da die Erbengemeinschaft nicht auf Dauer
angelegt, sondern auf Auseinandersetzung gerichtet ist (Urteil des
Bundesgerichtshofs - BGH - vom 11.09.2002 - XII ZR 187/00, NJW
2002, 3389 = SIS 02 97 50). Zu den zu berücksichtigenden
Kosten zählen die Aufwendungen für die Bewertung der
Nachlassgegenstände, deren Übertragung (namentlich im
Falle von Grundstücken Notariats- und Gerichtskosten)
einschließlich Anwalts- und Gerichtskosten (BFH-Urteil vom
09.12.2009 - II R 37/08, BFHE 228, 172, BStBl II 2010, 489 = SIS 10 09 19).
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c) Der Begriff der Erwerbskosten i.S. des
§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG ist ebenso wie der Begriff der
Nachlassregelungskosten grundsätzlich weit auszulegen. Ein
unmittelbarer Zusammenhang der Kosten mit dem Erwerb liegt vor,
wenn sie im Sinne einer synallagmatischen Verknüpfung
dafür aufgewendet werden, dass der Erwerber seine
Rechtsstellung erlangt. Die Kosten können vor, aber bei
entsprechend engem zeitlichem Zusammenhang auch nach dem Erbfall
angefallen sein, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang mit der
Erlangung oder Sicherung der Erbenstellung vorliegt (BFH-Urteile
vom 15.06.2016 - II R 24/15, BFHE 254, 60, BStBl II 2017, 128 = SIS 16 18 58, Rz 14, und vom 11.07.2019 - II R 4/17, BFHE 265, 447,
BStBl II 2020, 319 = SIS 19 18 30, Rz 31).
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4. Demgegenüber sind nach § 10 Abs.
5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG Kosten für die Verwaltung des Nachlasses
nicht abzugsfähig.
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a) Während die nach § 10 Abs. 5 Nr.
3 Satz 1 ErbStG zu berücksichtigenden Kosten in Bezug auf den
Erwerb von Todes wegen Erwerbsaufwand darstellen, sind die Kosten
für die Verwaltung des Nachlasses i.S. des § 10 Abs. 5
Nr. 3 Satz 3 ErbStG Verwendungsaufwand, der
erbschaftsteuerrechtlich unbeachtlich ist (Gottschalk in
Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 10 Rz 188).
Nachlassverwaltungskosten sind Kosten, die nur dazu dienen, den
Nachlass zu erhalten, zu nutzen und zu mehren oder das
Vermögen zu verwerten (Gottschalk in
Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 10 Rz 218;
Fumi in von Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, § 10 Rz 76).
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b) Die Abgrenzung zwischen Kosten der
Nachlassregelung und Kosten der Nachlassverwaltung richtet sich
nach den Umständen des Einzelfalls. Während § 10
Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG einen unmittelbaren Zusammenhang der
Kosten mit den jeweiligen Abzugstatbeständen verlangt, liegen
Kosten der Nachlassverwaltung dann vor, wenn dieser fehlt. Die
darin liegende Zäsur zwischen Erwerbserlangungskosten und
Nachlassverwaltungskosten ist indes kein für den jeweiligen
Erbfall und auch kein für alle Nachlassverbindlichkeiten i.S.
des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG gleich zu definierender,
einheitlicher und feststehender Zeitpunkt. Sie markiert eine
inhaltliche Grenze zwischen den nachlassspezifischen Kosten auf der
einen Seite und denjenigen Kosten auf der anderen Seite, die ihrer
Art nach ebenso anfallen können, wenn die Gegenstände, um
die es geht, sich nicht oder nicht mehr in einem Nachlass
befänden. In diesem Falle ist der durch das Tatbestandsmerkmal
„unmittelbar“ gekennzeichnete
Veranlassungszusammenhang unterbrochen (BFH-Urteil vom 14.10.2020 -
II R 30/19, BFHE zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt = SIS 21 04 57).
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5. Aufwendungen im Zusammenhang mit der
Tilgung von Erblasserschulden können nach diesen
Maßstäben nur als Nachlassregelungskosten abziehbar
sein, wenn sie ihrerseits weder Zins noch Tilgung sind und die
allgemeinen Voraussetzungen der Abziehbarkeit als
Nachlassregelungskosten - in Abgrenzung zu den
Nachlassverwaltungskosten - vorliegen. Das gilt auch für die
vorzeitige Ablösung eines laufenden Darlehens durch eine
Abschlusszahlung.
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a) Tilgungsanteile sind nicht abziehbar. Es
bleibt insoweit bei dem Abzug der Darlehensschuld als
Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG. Ein
nochmaliger Abzug ist nicht möglich.
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b) Bei
Vorfälligkeitsentschädigungen, die nach § 490 Abs. 2
Satz 3 BGB als Schadensersatz für eine vorzeitige
Kündigung und damit vorzeitige Tilgung eines Darlehens zu
entrichten sind, ist zu differenzieren.
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aa) Der darin enthaltene Zinsanteil für
die zum Stichtag angenommene und durch die Ablösung
abgeschnittene Restlaufzeit ist nicht nochmals abziehbar. Er ist
bereits bereicherungsmindernd in die Darlehensverbindlichkeit nach
§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG eingegangen. Hieran ändert sich
nichts dadurch, dass der Zins nach Kündigung des Darlehens
seinen Charakter von einem zeitbezogenen Entgelt für die
Kapitalüberlassung zu einer Schadensersatzleistung
geändert hat. Der Einwand des Klägers, auf die
Abziehbarkeit von Kosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG komme
es für den Abzug nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG nicht an,
ist zutreffend, steht aber dieser Beurteilung nicht entgegen. Der
Vorrang des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG betrifft nicht Kosten,
die nach dieser Vorschrift nicht abzugsfähig wären,
sondern Kosten, die nach dieser Vorschrift als Bestandteil der
Darlehensverbindlichkeit tatsächlich bereits abgezogen worden
sind.
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Die Überlegung des FG, dass die
Erblasserin - nicht die Erben - von den durch die
Vorfälligkeitsentschädigung entgoltenen
Darlehenskonditionen profitiert habe, widerspricht ferner dem
Grundsatz, dass der Erbe nach § 1922 BGB in die Rechtsstellung
des Erblassers einschließlich günstiger
Vertragsgestaltungen eintritt.
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bb) Lediglich Kosten, die weder Tilgung noch
Zins in diesem Sinne sind, kommen dem Grunde nach als
Nachlassregelungskosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG
in Betracht, wenn keine Kosten der Verwaltung des Nachlasses nach
§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG vorliegen. Dies setzt voraus,
dass die vorzeitige Kündigung des Darlehens ihrerseits eine
Maßnahme im unmittelbaren Zusammenhang mit Abwicklung,
Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder Erlangung des Erwerbs
war. Der Abzug kommt etwa in Betracht, wenn die
Darlehenskündigung Teil einer Auseinandersetzung ist (durch
das FG Köln in dessen Urteil vom 05.02.2009 - 9 K 204/07 = SIS 09 27 68 lediglich auf Sachverhaltsebene verneint). Ist die
Darlehenskündigung hingegen Teil einer
Vermögensumschichtungsmaßnahme, die auf der Verwaltung
einschließlich der Verwertung des Nachlasses beruht, ist der
Abzug nicht möglich.
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6. Aufwendungen während einer
Nachlasspflegschaft sind nach denselben Grundsätzen zu
beurteilen und nicht bereits deshalb abzugsfähig, weil sie
durch einen Nachlasspfleger i.S. des § 1960 Abs. 2 BGB
verursacht oder veranlasst werden.
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a) Nach § 1960 Abs. 1 Satz 1 BGB hat das
Nachlassgericht bis zur Annahme der Erbschaft für die
Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit ein Bedürfnis
besteht. Das Gleiche gilt nach § 1960 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn
der Erbe unbekannt oder wenn ungewiss ist, ob er die Erbschaft
angenommen hat. Gemäß § 1960 Abs. 2 BGB kann das
Nachlassgericht u.a. für denjenigen, welcher Erbe wird, einen
Pfleger (Nachlasspfleger) bestellen. Dieser ist gesetzlicher
Vertreter der Erben (BGH-Urteil vom 08.12.2004 - IV ZR 199/03, BGHZ
161, 281, NJW 2005, 756, unter II.2.). Wie weit der Wirkungskreis
des Nachlasspflegers reicht, legt das Nachlassgericht nach den
Bedürfnissen des Einzelfalls fest (Erman/Schmidt, BGB, 16.
Aufl., § 1960 Rz 17; Palandt/Weidlich, a.a.O., § 1960 Rz
10).
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aa) Hauptaufgabe des Nachlasspflegers ist die
Sicherung und Erhaltung des Nachlasses (BGH-Urteil in BGHZ 161,
281, NJW 2005, 756, unter II.2.). Häufig zählt dazu auch
die Ermittlung der unbekannten Erben (Staudinger/Mešina
(2017), BGB § 1960 Rz 39; Erman/Schmidt, BGB, a.a.O., §
1960 Rz 12, 17; Palandt/Weidlich, a.a.O., § 1960 Rz 10), aber
nicht die Klärung eines Erbprätendentenstreits
(BGH-Urteil vom 06.10.1982 - IVa ZR 166/81, NJW 1983, 226). Zu den
Aufgaben gehört regelmäßig auch die mit der
Erhaltung untrennbar verbundene Verwaltung des Nachlasses (vgl.
etwa den dem BGH-Urteil vom 26.10.1967 - VII ZR 86/65, BGHZ 49, 1,
NJW 1968, 353, zugrundeliegenden Sachverhalt; vgl. BGH-Urteil in
BGHZ 161, 281, NJW 2005, 756, unter II.2.a [“Aufgabenstellung
des Nachlasspflegers, den Nachlass zu sichern und zu
verwalten“]; Staudinger/Mešina (2017), BGB § 1960
Rz 40; Erman/ Schmidt, BGB, a.a.O., § 1960 Rz 19).
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40
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bb) Nicht zu den Aufgaben des Nachlasspflegers
gehört die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten, es
sei denn, dies wäre zur ordnungsgemäßen Verwaltung
und Erhaltung des Nachlasses oder zur Schadensabwendung,
insbesondere zur Vermeidung unnötiger Prozesse und Kosten
geboten (Staudinger/ Mešina (2017), BGB § 1960 Rz 44;
Erman/Schmidt, BGB, a.a.O., § 1960 Rz 23; Palandt/Weidlich,
a.a.O., § 1960 Rz 15; alle m.w.N.). Ebenfalls nicht zu seinen
Aufgaben gehört die Durchführung der
Erbauseinandersetzung zwischen denjenigen Erben, die er vertritt
(so bereits Urteil des Reichsgerichts vom 24.02.1937 - V 168/36,
RGZ 154, 110; Staudinger/Mešina (2017), BGB § 1960 Rz 51;
Erman/Schmidt, BGB, a.a.O., § 1960 Rz 23; Palandt/Weidlich,
a.a.O., § 1960 Rz 11).
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cc) Wurde der Nachlasspfleger allgemein mit
der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses beauftragt, ist es eine
Frage der Zweckmäßigkeit, welche Maßnahmen
veranlasst sind (Erman/Schmidt, BGB, a.a.O, § 1960, Rz 20;
Palandt/ Weidlich, § 1960, Rz 13). Der Nachlasspfleger kann
etwa mit Genehmigung des Nachlassgerichts ein
Nachlassgrundstück veräußern oder sogar den ganzen
Nachlass liquidieren (BGH-Urteil in BGHZ 49, 1, NJW 1968, 353). Er
kann auch zur Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses im Rahmen
seines Aufgabenkreises Verbindlichkeiten eingehen. Es handelt sich
um den Erben als solchen treffende Verbindlichkeiten i.S. des
§ 1967 Abs. 2 BGB und damit um Erbfallschulden in Gestalt von
Erbschaftsverwaltungsschulden, wenn sie vom Standpunkt eines
sorgfältigen Beobachters in ordnungsmäßiger
Verwaltung des Nachlasses eingegangen wurden (vgl. BGH-Urteil vom
10.02.1960 - V ZR 39/58, BGHZ 32, 60, NJW 1960, 959; dazu weiter
Staudinger/Mešina (2017), BGB § 1960 Rz 41;
Erman/Schmidt, § 1960, Rz 20; Erman/Horn, BGB, § 1967, Rz
1, 7a; Palandt/Weidlich, § 1960 Rz 18, sowie § 1967 Rz 7)
oder wenn sie durch Rechtshandlungen des Nachlassverwalters oder
des Nachlassinsolvenzverwalters im Rahmen
ordnungsgemäßer Verwaltung begründet werden (vgl.
BGH-Urteil vom 05.07.2013 - V ZR 81/12, NJW 2013, 3446, Rz 13).
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b) Aus dem Umstand, dass eine Verbindlichkeit
auf eine Maßnahme des Nachlasspflegers
zurückzuführen ist, ist für die Frage, ob sie
erbschaftsteuerrechtlich als Nachlassverbindlichkeit abziehbar ist,
nichts herzuleiten.
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aa) Die zivilrechtliche Qualifikation einer
Verbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit i.S. des § 1967
BGB und die erbschaftsteuerrechtliche Abzugsfähigkeit als
Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 ErbStG sind nicht
deckungsgleich. Die durch den Nachlasspfleger begründeten
Verbindlichkeiten können zwar Nachlassverbindlichkeiten i.S.
des § 1967 BGB, gleichwohl aber erbschaftsteuerrechtlich
Kosten für die Verwaltung des Nachlasses sein.
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bb) Soweit die Nachlasspflegschaft in
zivilrechtlichem Begriffsverständnis nach § 1960 BGB
insgesamt der „Sicherung des Nachlasses“ dient,
bedeutet das nicht, dass keine Nachlassverwaltungskosten i.S. des
§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG vorliegen könnten
(anderer Ansicht möglicherweise Geck in Kapp/ Ebeling, §
10 ErbStG, Rz 139). Die in § 1960 BGB angesprochene
„Sicherung des Nachlasses“ meint weder die zu
den Erwerbskosten i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG
zählende Sicherung der Erbenstellung noch die zu
Nachlassregelungskosten zählenden Maßnahmen zur
Inbesitznahme der Erbschaft, die sich beide auf die
Rechtszuständigkeit der Erben am Nachlass beziehen. Sie
bezieht sich vielmehr auf den Nachlass selbst. Deshalb können
zur „Sicherung des Nachlasses“ i.S. des §
1960 BGB auch - und bei länger dauernder Nachlasspflegschaft
sogar vor allem - Maßnahmen der laufenden Verwaltung dieses
Vermögens gehören.
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c) Löst ein Nachlasspfleger Kosten aus,
sind für die Beurteilung der Frage, ob es sich um
abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten handelt, dieselben
Grundsätze heranzuziehen wie bei Kosten, die der Erbe selbst
ausgelöst hat.
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aa) Die Gleichstellung der durch den Erben und
den Nachlasspfleger veranlassten Aufwendungen entspricht der Rolle
des Nachlasspflegers als gesetzlichem Vertreter des Erben.
Unerheblich ist, ob der Erbe die Handlungen des Nachlasspflegers
hätte beeinflussen können und davon gewusst hat. Die
gesetzlichen Befugnisse des Nachlasspflegers beruhen darauf, dass
es an der Einflussmöglichkeit oder der Kenntnis des Erben
regelmäßig fehlt.
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Diese Betrachtung bewirkt im Übrigen
keine zusätzlichen Haftungsrisiken für den
Nachlasspfleger. Eine fehlende erbschaftsteuerrechtliche
Abzugsmöglichkeit ist nicht mit einer
haftungsbegründenden Pflichtverletzung gleichzusetzen. Wie
Verbindlichkeiten zu beurteilen sind, die der Nachlasspfleger
außerhalb seines Aufgabenbereichs begründet hat, bedarf
im Streitfall keiner Beurteilung.
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bb) Hierin liegen keine Widersprüche zum
Nettoprinzip. Die Bereicherung wird auf den Stichtag des Erbanfalls
ermittelt. Dem entspricht es, dass zwischenzeitliche
Veränderungen im wirtschaftlichen Wert des Nachlasses, bevor
der Erbe tatsächlich in den Besitz der Erbschaft gelangt,
erbschaftsteuerrechtlich nicht relevant sind (BFH-Urteil in BFHE
267, 433, BStBl II 2020, 505 = SIS 20 04 91, Rz 28 f.).
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7. Nach diesen Maßstäben sind die
streitigen Vorfälligkeitsentschädigungen nicht abziehbar.
Die darin enthaltenen Zinsanteile können neben dem
bereicherungsmindernden Ansatz der Darlehensverbindlichkeiten kein
zweites Mal berücksichtigt werden, während etwaige
sonstige Elemente (Kosten, Gebühren o.ä.) Kosten für
die Verwaltung des Nachlasses nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3
ErbStG und damit nicht abzugsfähig sind.
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a) Es liegen keine abzugsfähigen
Nachlassverbindlichkeiten in Gestalt von Erblasserschulden nach
§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG vor. Die Darlehensverbindlichkeiten
einschließlich der Zinsverpflichtung sind als Kapitalschulden
berücksichtigt worden. Soweit die
Vorfälligkeitsentschädigungen überhaupt andere
Elemente als Zinsen enthalten sollten, rühren sie nicht von
der Erblasserin her. Die Erblasserin hat die vorzeitige
Ablösung der Darlehen nicht betrieben.
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b) Es handelt sich insoweit auch nicht um
Nachlassregelungskosten i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1
ErbStG. Die vorzeitige Ablösung der Darlehen war erforderlich,
um die Immobilien lastenfrei veräußern zu können.
Die Veräußerung der Immobilien war nicht erforderlich,
um den Nachlass festzustellen, Anordnungen der Erblasserin
umzusetzen, die Erben in den Besitz des Nachlasses zu bringen oder
anderweit ihre Rechtsstellung zu sichern. Sie diente einem
wirtschaftlich sinnvollen Umgang mit dem Nachlass. Soweit das FG
darauf verweist, Kosten für die Verwertung von
Nachlassgegenständen zum Zweck der Berichtigung von
Nachlassverbindlichkeiten seien abzugsfähig, ist
klarzustellen, dass es sich nicht um Kosten für die
Veräußerung der Immobilien zwecks Tilgung der Darlehen
handelte, sondern um Kosten für die Tilgung der Darlehen
zwecks Veräußerung der Immobilien.
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c) Auch sind keine Nachlassverteilungskosten
i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG gegeben, insbesondere
keine Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung
nach § 2042 BGB.
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aa) Die durch das FG festgestellten, von ihr
selbst angegebenen Beweggründe der Nachlasspflegerin für
die Veräußerung stehen mit einer etwaigen
Auseinandersetzung nicht im Zusammenhang. Das gilt ohne Weiteres
für die Schwierigkeiten, im Rahmen einer Nachlasspflegschaft
vermietete Immobilien zu verwalten. Aber auch die Ungewissheit der
Erbenermittlung ist nicht gleichbedeutend mit der Vorbereitung der
Auseinandersetzung. Solange die Erben nicht ermittelt waren, konnte
niemand die Anzahl der Erben kennen noch wissen, ob die Erben
überhaupt an einer Auseinandersetzung oder jedenfalls an einer
Auseinandersetzung durch Fremdverkauf der Immobilien interessiert
sein würden. Die Unsicherheiten führten nur dazu, dass
sich die Notwendigkeit der Immobilienverwaltung über einen
gewissen Zeitraum erstreckt hätte, was der Nachlasspflegerin
nicht zweckmäßig erschien.
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bb) Soweit das FG zu einer anderen Wertung
gelangt ist, beruht dies auf anderer Rechtsauffassung, nicht auf
einer abweichenden tatsächlichen Würdigung, an die der
Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden wäre. Es hat zwar
ausgeführt, dass die - zum Aufgabenkreis der Nachlasspflegerin
gehörende - Herausgabe von vier belasteten Grundstücken
an letztlich 29 Erben nicht praktikabel gewesen wäre, nicht
aber, dass die Vorbereitung der Herausgabe an die damals
tatsächlich noch gar nicht bekannte Anzahl von Erben
tatsächlich die Nachlasspflegerin zum Hausverkauf veranlasst
hätte. Soweit das FG ausgeführt hat, dass die
Vorfälligkeitsentschädigungen jedenfalls dann
abzugsfähig gewesen wären, wenn statt der
Nachlasspflegerin die 29 Miterben die Darlehen abgelöst
hätten, nimmt es einen Rückschluss aus der von ihm
für einen anderen, nicht verwirklichten Sachverhalt
angenommenen Rechtslage vor, von der dahinstehen kann, ob sie
zutrifft. Aussagen über die wirkliche Zielsetzung der
Nachlasspflegerin sind darin nicht enthalten.
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d) Erwerbskosten liegen ebenfalls nicht vor.
Die Veräußerung der Immobilien und die damit verbundene
vorzeitige Ablösung der Darlehen hatten keinen Bezug zu der
Rechtsstellung der Erben und sicherten diese auch nicht. Die
Maßnahme beruhte allein auf wirtschaftlichen
Zweckmäßigkeitserwägungen, die ihrerseits nicht
zuletzt auf dem Nichtwissen um die Erben gründeten, aber
hieran nichts änderte.
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e) Vielmehr liegen Verwaltungskosten nach
§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG vor. Die
Vorfälligkeitsentschädigungen stehen nicht in
unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen. Sie sind
Folge einer Vermögensumschichtung, die Teil einer normalen
Vermögensverwaltung sein kann. Ein Zusammenhang mit dem
Erbfall besteht nur insoweit, als sich wegen der unbekannten Erben
die Abwicklung des Nachlasses verzögerte und insofern ein
Bedürfnis nach einer Interimsverwaltung des
Nachlassvermögens entstand. Dabei handelt es sich um eine
Nachlassverwaltung.
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8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
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