I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union
werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist die in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der
Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern für die Mitgliedstaaten vorgesehene
Ermächtigung, in ihrem Gebiet ansässige Personen, die
zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige
finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng
miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu
behandeln, in der Weise auszuüben,
a) dass die Behandlung als ein
Steuerpflichtiger bei einer dieser Personen erfolgt, die
Steuerpflichtige für alle Umsätze dieser Personen ist
oder in der Weise,
b) dass die Behandlung als ein
Steuerpflichtiger zwingend - und damit auch unter Inkaufnahme
erheblicher Steuerausfälle - zu einer von den eng miteinander
verbundenen Personen getrennten Mehrwertsteuergruppe führen
muss, bei der es sich um eine eigens für Mehrwertsteuerzwecke
zu schaffende fiktive Einrichtung handelt?
2. Falls zur ersten Frage die Antwort a)
zutreffend ist: Folgt aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union zu den unternehmensfremden Zwecken im Sinne
von Art. 6 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom
17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Urteil des
Gerichtshofs der Europäischen Union VNLTO vom 12.02.2009 -
C-515/07, EU:C:2009:88), dass bei einem Steuerpflichtigen,
a) der zum einen eine wirtschaftliche
Tätigkeit ausübt und dabei entgeltliche Leistungen im
Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates
vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern erbringt und
b) der zum anderen zugleich eine
Tätigkeit ausübt, die ihm im Rahmen der öffentlichen
Gewalt obliegt (Hoheitstätigkeit), für die er nach Art. 4
Abs. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977
zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über die Umsatzsteuern nicht als Steuerpflichtiger gilt,
die Erbringung einer unentgeltlichen
Dienstleistung aus dem Bereich seiner wirtschaftlichen
Tätigkeit für den Bereich seiner Hoheitstätigkeit
keine Besteuerung nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Sechsten
Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern vorzunehmen ist?
II. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung
des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt.
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1
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine Stiftung öffentlichen Rechts. Sie ist
Trägerin einer Universität, die auch einen Bereich
Universitätsmedizin unterhält. Die Klägerin ist
Steuerpflichtige im Sinne (i.S.) von Art. 4 Abs. 1 der Sechsten
Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) und erbringt Dienstleistungen
gegen Entgelt i.S. von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG.
Zugleich nimmt die Klägerin als juristische Person des
öffentlichen Rechts (Einrichtung des öffentlichen Rechts)
hoheitliche Aufgaben wahr, für die sie gemäß Art. 4
Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG nicht als Steuerpflichtige
gilt.
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2
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Die Klägerin ist entsprechend einer
verbindlichen Auskunft, die der Beklagte und Revisionskläger
(das Finanzamt - FA - ) gemäß § 89 Abs. 2 der
Abgabenordnung (AO) erteilt hat, nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) Organträgerin der U-GmbH.
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3
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Die U-GmbH erbrachte für die
Klägerin Reinigungs-, Hygiene- und Wäschereileistungen
sowie Patiententransportdienstleistungen. Die Reinigungsleistungen
erbrachte die U-GmbH in den Räumen der Klägerin. Sie
umfassten den gesamten Gebäudekomplex des Bereichs
Universitätsmedizin, zu dem neben Patientenzimmern, Fluren,
Operationssälen auch Hörsäle und Labore
gehören. Während der eigentliche Krankenhausbereich der
Versorgung der Patienten dient und damit dem wirtschaftlichen
Tätigkeitsbereich der Klägerin zuzuordnen ist, in dem sie
als Steuerpflichtige handelt, werden die Hörsäle, Labore
und andere Räume für die Ausbildung der Studierenden und
damit für den hoheitlichen Bereich der Klägerin genutzt,
für den sie nicht als Steuerpflichtige gilt. Der Anteil des
hoheitlichen Bereichs der zu reinigenden Fläche betrug 7,6 %
der Gesamtfläche. Die U-GmbH erhielt für ihre
Dienstleistungen von der Klägerin im Streitjahr (2005) eine
Vergütung von insgesamt 76.085,48 EUR.
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4
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Im Anschluss an eine Außenprüfung
ging das FA in einem geänderten Umsatzsteuerbescheid 2005 vom
03.11.2015 davon aus, dass es sich bei den Betrieben der
Klägerin um ein einheitliches Unternehmen handelt, für
das nur eine Umsatzsteuererklärung abzugeben und
dementsprechend nur ein Umsatzsteuerbescheid zu erteilen sei. Das
FA sah dabei die von der U-GmbH für den Hoheitsbereich
erbrachten Reinigungsleistungen als innerhalb der zwischen der
Klägerin und der U-GmbH bestehenden Organschaft erbracht an.
Die Reinigungsleistungen dienten einer unternehmensfremden
Tätigkeit und lösten eine unentgeltliche Wertabgabe
gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG (Art. 6 Abs. 2 Buchst.
b der Richtlinie 77/388/EWG) bei der Klägerin aus. Da die
Gesamtvergütung für die von der U-GmbH an die
Klägerin erbrachten Reinigungsleistungen im Streitjahr
76.065,48 EUR betrug, ging das FA unter Berücksichtigung des
auf den Hoheitsbereich entfallenden Flächenanteils von 7,6 %
davon aus, dass 5.782,50 EUR auf die Reinigung der hoheitlich
genutzten Flächen entfielen. Abzüglich eines
Gewinnzuschlags, den das FA mit 525,66 EUR bezifferte, errechnete
es eine Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe
in Höhe von 5.257 EUR und damit eine um 841,12 EUR höhere
Umsatzsteuer. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne
Erfolg.
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5
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Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG)
der Klage statt. Nach seinem Urteil liegt eine Organschaft vor, die
zur Zusammenfassung von Klägerin als Organträgerin und
U-GmbH als Organgesellschaft zu einem Unternehmen führt. Diese
Organschaft erstrecke sich auch auf den Hoheitsbereich der
Klägerin. Die Voraussetzungen einer unentgeltlichen Wertabgabe
nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG lägen aber nicht vor.
Hiergegen wendet sich das FA mit seiner Revision.
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6
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II. Der Senat legt dem Gerichtshof der
Europäischen Union (EuGH) die in den Leitsätzen
bezeichneten Fragen zur Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG vor und
setzt das Verfahren bis zur Entscheidung durch den EuGH aus.
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7
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1. Rechtlicher Rahmen
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8
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a) Unionsrecht
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Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie
77/388/EWG regelt:
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„Vorbehaltlich der Konsultation nach
Artikel 29 steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland
ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber
durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und
organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind,
zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln.“
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10
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Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG
bestimmt:
„Dienstleistungen gegen Entgelt werden gleichgestellt:
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a)
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die Verwendung eines dem Unternehmen
zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des
Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder
allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser
Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer
berechtigt hat;
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b)
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die unentgeltliche Erbringung von
Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen für seinen
privaten Bedarf, oder für den Bedarf seines Personals oder
allgemein für unternehmensfremde Zwecke.
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Die Mitgliedstaaten können Abweichungen
von diesem Absatz vorsehen, sofern solche Abweichungen nicht zu
Wettbewerbsverzerrungen führen.“
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11
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b) Nationales Recht
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12
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§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG regelt:
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“(2) Die gewerbliche oder berufliche
Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,
…
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2.
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wenn eine juristische Person nach dem
Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell,
wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des
Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen
der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland
gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese
Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der
Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der
wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der
Unternehmer.“
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§ 3 Abs. 9a UStG bestimmt:
„Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden
gleichgestellt
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1.
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die Verwendung eines dem Unternehmen
zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen
Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für
Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für
den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten
vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15
Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach
§ 15a Absatz 6a durchzuführen ist;
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2.
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die unentgeltliche Erbringung einer anderen
sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die
außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten
Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten
vorliegen.“
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14
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§ 73 Satz 1 AO, der auch im Bereich der
Umsatzsteuer gilt, ordnet an:
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„Eine Organgesellschaft haftet
für solche Steuern des Organträgers, für welche die
Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist.
…“
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15
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2. Zur ersten Frage
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a) Vorbemerkungen
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aa) Gesetzliche Regelung des nationalen
Rechts
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§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ordnet zur
Umsetzung von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG
an, dass eine juristische Person
(„Organgesellschaft“), die aufgrund
finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Beziehungen in
das Unternehmen einer anderen Person
(„Organträger“) eingegliedert ist, ihre
wirtschaftliche Tätigkeit nicht selbständig ausübt.
Die Organgesellschaft, die bei eigenständiger Betrachtung
Steuerpflichtiger wäre, wird aufgrund dieser Beziehungen im
Ergebnis wie ein Arbeitnehmer des Organträgers behandelt. Dies
wirkt sich sowohl bei Umsätzen gegenüber Dritten als auch
bei Umsätzen zwischen der Organgesellschaft und dem
Organträger als eng miteinander verbundene Personen aus.
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Im Streitfall ist die Klägerin die
Organträgerin und die U-GmbH die Organgesellschaft, wie sich
aus der vom FA erteilten Auskunft ergibt, die für den
Streitfall verbindlich ist und was von keinem der Beteiligten in
Abrede gestellt wird.
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18
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bb) Rechtsfolgen für Umsätze
gegenüber Dritten
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In Bezug auf Umsätze, die die
Organgesellschaft gegenüber Dritten ausführt, wird die
von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG geforderte
Behandlung als ein Steuerpflichtiger dadurch gewährleistet,
dass nicht die Organgesellschaft, sondern der Organträger der
Steuerpflichtige ist, der diese Umsätze als Steuerschuldner zu
versteuern hat.
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Danach ist die Klägerin nicht nur
für die von ihr selbst ausgeführten Umsätze
Steuerpflichtige, sondern ebenso für die von der U-GmbH
gegenüber Dritten ausgeführten Umsätze.
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19
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cc) Rechtsfolgen für Umsätze
zwischen den verbundenen Personen
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Umsätze zwischen Organgesellschaften und
Organträger gelten nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG auf der
Grundlage von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG
als innerhalb eines Steuerpflichtigen erbracht (§ 2 Abs. 2 Nr.
2 Satz 3 UStG). Diese sogenannten Innenumsätze unterliegen
nicht dem Anwendungsbereich der Steuer.
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Im Streitfall handelt es sich bei den von der
U-GmbH an die Klägerin ausgeführten Reinigungsleistungen
um derartige Innenumsätze.
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20
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b) Klärungsbedürftige Zweifel an
der Auslegung des Unionsrechts
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Der Senat hatte keine Zweifel, dass die erste
Frage in der hier vorliegenden Rechtssache entsprechend der
Alternative a) zu beantworten ist, da sich hieraus die von Art. 4
Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG geforderte Behandlung
als ein Steuerpflichtiger ergibt. Dies entspricht der
jahrzehntelangen Rechtsprechung des Senats (vergleiche - vgl. - zum
Beispiel - z.B. - Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
22.06.1967 - V R 89/66 = SIS 67 04 40, Sammlung der Entscheidungen
des Bundesfinanzhofs - BFHE - 89, 402; vom 02.12.2015 - V R 15/14,
BFHE 252, 158 = SIS 16 00 90, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2017,
553).
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Trotzdem ist dem Senat eine eigene
Entscheidung zur ersten Rechtsfrage in der hier vorliegenden
Rechtssache verwehrt. Denn der XI. Senat des BFH sieht es
insbesondere im Hinblick auf das EuGH-Urteil Skandia America (USA)
vom 17.09.2014 - C-7/13 (EU:C:2014:2225, Rz 28) zu einer
„Mehrwertsteuergruppe“ als
klärungsbedürftig an, ob die Bestimmungen der Richtlinie
„es einem Mitgliedstaat gestatten, anstelle der
Mehrwertsteuergruppe (des Organkreises) ein Mitglied der
Mehrwertsteuergruppe (den Organträger) zum Steuerpflichtigen
zu bestimmen“ (vgl. BFH-Beschluss vom 11.12.2019 - XI R
16/18, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, UR 2020, 338 =
SIS 20 02 82, erste Vorlagefrage; Aktenzeichen des EuGH: C-141/20,
Rechtssache Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie, betreffend
die Klage einer GmbH, die geltend macht, Organgesellschaft zu
sein). Hierdurch sind Zweifel an der zutreffenden Auslegung des
Unionsrechts entstanden, die eine Beantwortung der ersten
Vorlagefrage im hier vorliegenden Rechtsstreit durch den EuGH
erforderlich machen.
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21
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c) Zur Beantwortung der
Auslegungsfrage
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22
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aa) Wortlaut und Zweck der
Bestimmung
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Die vom Wortlaut des Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2
der Richtlinie 77/388/EWG verlangte Behandlung als ein
Steuerpflichtiger ist mit der Zusammenfassung bei einer der eng
miteinander verbundenen Personen verwirklicht. Hierfür spricht
auch der mit dieser Bestimmung verfolgte Zweck der
Verwaltungsvereinfachung, wie er sich aus der EuGH-Rechtsprechung
ergibt (EuGH-Urteil Kommission/Schweden vom 25.04.2013 - C-480/10,
EU:C:2013:263, Rz 37). Das nationale Recht vereinfacht die
Anwendung des Mehrwertsteuerrechts, indem es in § 2 Abs. 2 Nr.
2 Satz 3 UStG die Behandlung der mehreren Personen als ein
Steuerpflichtiger regelt und damit die Besteuerung bei einer dieser
Personen konzentriert, die ohnehin Steuerpflichtige ist.
Demgegenüber vermag der Senat in einer - sich jedenfalls aus
dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie
77/388/EWG nicht ergebenden - Verpflichtung zur Schaffung einer
eigenständigen Mehrwertsteuergruppe i.S. einer
„fiktiven Einrichtung“ (BFH-Beschluss in UR
2020, 338 = SIS 20 02 82, Rz 58), bei der dann „alle
Mitglieder der Mehrwertsteuergruppe die Steuer gemeinsam, das
heißt als Gesamtschuldner, schulden“ (BFH-Beschluss
in UR 2020, 338 = SIS 20 02 82, Rz 56) und für die
„zivilrechtlich“ eine entsprechende
„Gesellschaftsform“ (BFH-Beschluss in UR 2020,
338 = SIS 20 02 82, Rz 57) mit einer Aufteilungsregelung für
die gemeinsame Steuerschuld im Verhältnis zwischen den eng
miteinander verbundenen Personen vorgesehen sein müsste, keine
Verwaltungsvereinfachung zu erblicken.
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23
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bb) Keine gegenteilige
EuGH-Rechtsprechung
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Für die Auffassung, dass die Richtlinie
es einem Mitgliedstaat nicht gestattet, anstelle der
Mehrwertsteuergruppe (des Organkreises) ein Mitglied der
Mehrwertsteuergruppe (den Organträger) zum Steuerpflichtigen
zu bestimmen, sprechen aus Sicht des Senats auch nicht die
EuGH-Urteile Skandia America (USA) (EU:C:2014:2225, Rz 28 f., 35
und 37); Kommission/Irland vom 09.04.2013 - C-85/11 (EU:C:2013:217,
Rz 40 und 48) und Ampliscientifica und Amplifin vom 22.05.2008 -
C-162/07 (EU:C:2008:301, Rz 19) - vgl. hierzu BFH-Beschluss in UR
2020, 338 = SIS 20 02 82, Rz 50 und 54.
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Insbesondere ging es im EuGH-Urteil Skandia
America (USA) (EU:C:2014:2225) lediglich um die Zusammenfassung
einer festen Niederlassung, die eine in einem Drittstaat
ansässige Muttergesellschaft in einem Mitgliedstaat
unterhält, mit einer im selben Mitgliedstaat ansässigen
Tochtergesellschaft dieser Muttergesellschaft. Aussagen zur
Verpflichtung eines Mitgliedstaats, bei Ausübung der
Ermächtigung in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie
77/388/EWG eine neben den eng miteinander verbundenen Personen
bestehende Mehrwertsteuergruppe und nicht eine der miteinander
verbundenen Personen als Steuerpflichtigen anzusehen, um zur
Behandlung als ein Steuerpflichtiger zu gelangen, sind diesem
EuGH-Urteil aus Sicht des Senats nicht zu entnehmen.
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24
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cc) Haftung der Organgesellschaft
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Im Übrigen steht die Behandlung der eng
miteinander verbundenen Personen als ein Steuerpflichtiger bei
einer dieser Personen einer Mitverantwortlichkeit der anderen
Personen nicht entgegen (vgl. hierzu BFH-Beschluss in UR 2020, 338
= SIS 20 02 82, Rz 56). So ordnet das nationale Recht in Bezug auf
die Eigenschaft des Organträgers als Steuerpflichtiger und die
sich hieraus ergebende Steuerschuld des Organträgers eine
Haftung der Organgesellschaft nach § 73 Satz 1 AO an. Aus
Sicht des Senats ist es unerheblich, dass diese Haftung
nachgeordnet (subsidiär) gegenüber der Steuerschuld des
Organträgers als Steuerpflichtigen besteht.
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25
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d) Entscheidungserheblichkeit und
Folgenbetrachtung
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aa) Entscheidungserheblichkeit
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(1) Beantwortung der ersten Rechtsfrage
nach Alternative a)
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Wäre an der bisherigen Rechtsprechung des
Senats festzuhalten (siehe - s. - oben II.2.b), käme es auf
die Beurteilung der zweiten Vorlagefrage an.
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(2) Beantwortung der ersten Rechtsfrage
nach Alternative b)
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Besteht keine Organschaft zwischen der
Klägerin als Organträgerin und der U-GmbH als
Organgesellschaft, erübrigt sich im Streitfall die Anwendung
von Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG von
vornherein. Mangels Organschaft wäre die U-GmbH als
eigenständige Steuerpflichtige anzusehen, die an die
Klägerin Leistungen erbracht hat, die dann dem
Anwendungsbereich der Steuer unterliegen und für die die
U-GmbH Steuerpflichtige wäre. Für die Anwendung von Art.
6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG fehlt es dann an der
dort vorausgesetzten „unentgeltlichen Erbringung von
Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen“, hier durch
die Klägerin, da die Reinigungsleistungen mangels Organschaft
nicht mehr als von ihr selbst erbracht anzusehen sind, da es sich
dann um Leistungen eines anderen Steuerpflichtigen, der U-GmbH,
handeln würde. Die Bildung einer Mehrwertsteuergruppe sieht
das nationale Recht für das Streitjahr und im Übrigen bis
heute nicht vor. Eine derartige Mehrwertsteuergruppe mit einer
Haftung der eng miteinander verbundenen Personen als
Gesamtschuldner kann auch nicht im Wege der Auslegung von § 2
Abs. 2 Nr. 2 UStG, der ausschließlich eine Verantwortlichkeit
des Organträgers als Steuerpflichtiger und Steuerschuldner
anordnet, Eingang in das nationale Recht finden. Die Klagestattgabe
durch das FG erweist sich dann bereits aus diesem Grund als
zutreffend.
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29
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bb) Folgenbetrachtung
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Die Antwort auf die erste Frage ist über
den Streitfall hinaus von großer Bedeutung für das
Steueraufkommen in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland):
Die Gesamtheit der Organträger i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2
UStG leisten Steuerzahlungen in einem Umfang von 10 % des gesamten
Steueraufkommens aus der Umsatzsteuer in Deutschland (UR 2020,
354). Dieses belief sich nach dem letzten hierzu vorliegenden
Bericht des Bundesministeriums der Finanzen vom 31.01.2019
über die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im
Haushaltsjahr 2018 auf 234,8 Milliarden EUR. Ist die erste
Vorlagefrage entsprechend der Alternative b) zu beantworten, hat
dies dementsprechend erhebliche fiskalische Auswirkungen.
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30
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(1) Keine Steuerschuld des
Organträgers
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Ist die erste Rechtsfrage entsprechend der
Alternative b) zu beantworten, können sich Organträger
gegen die sie nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG treffende
Steuerschuld auf die Unionsrechtswidrigkeit dieser Vorschrift
berufen. Danach haben sie zumindest die Umsätze der
Organgesellschaften nicht mehr zu versteuern. Gegen eine hilfsweise
Besteuerung ihrer eigenen Umsätze könnten sie gleichfalls
geltend machen, dass auch diese aufgrund der fehlerhaften
Ausübung der Ermächtigung nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2
der Richtlinie 77/388/EWG bei der Mehrwertsteuergruppe und
gegebenenfalls deren Mitgliedern zu erfassen seien. Auch insoweit
ist § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, der eine ausschließliche
Steuerschuld des Organträgers anordnet, unter Beachtung der
Wortlautgrenze nicht in der Weise auslegbar, dass an die Stelle des
Organträgers eine Mehrwertsteuergruppe tritt, für die
Organträger und Organgesellschaft gleichermaßen als
Gesamtschuldner haften. Dies käme einer Auslegung contra legem
gleich (s. oben II.2.d aa (2)).
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31
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(2) Keine Steuerschuld der
Mehrwertsteuergruppe oder der Gruppenmitglieder
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32
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(3) Keine Steuerschuld der
Organgesellschaft
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Schließlich scheidet auch eine
Besteuerung bei der Organgesellschaft aus, da diese auf einer
Anwendung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestehen kann. Hieran
ändert sich aus Sicht des Senats auch nichts durch die Haftung
der Organgesellschaft nach § 73 Satz 1 AO, da dort nur eine
Haftung als Organgesellschaft, nicht aber als Mitglied einer
Mehrwertsteuergruppe angeordnet wird.
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Zu den so entstehenden Steuerausfällen
käme es auch unter der Geltung der Richtlinie 2006/112/EG des
Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(MwStSystRL), da deren Art. 11 im Wesentlichen dem Art. 4 Abs. 4
Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG entspricht.
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33
|
3. Zur zweiten Frage
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34
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a) Vorbemerkungen
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aa) Definition des
Steuerpflichtigen
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Der Senat versteht die Rechtsprechung des EuGH
dahingehend, dass es sich bei der Tätigkeit des
Steuerpflichtigen in seiner Eigenschaft als Steuerpflichtiger um
die in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG bezeichnete
wirtschaftliche Tätigkeit handelt. Diese Tätigkeit
zeichnet sich dadurch aus, dass der Steuerpflichtige Lieferungen
und Dienstleistungen gegen Entgelt i.S. von Art. 2 Nr. 1 der
Richtlinie 77/388/EWG erbringt oder zu erbringen beabsichtigt
(EuGH-Urteil Gemeente Borsele vom 12.05.2016 - C-520/14,
EU:C:2016:334, Rz 21).
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36
|
bb) Natürliche Person als
Steuerpflichtige
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37
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(1) Tätigkeitsbereiche
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Neben seiner wirtschaftlichen Tätigkeit
kann der Steuerpflichtige auch anderweitige Handlungen vornehmen.
Ist der Steuerpflichtige als Einzelunternehmer eine natürliche
Person, ist seine wirtschaftliche Tätigkeit von seiner
privaten Lebensführung abzugrenzen.
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38
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(2) Folgen für den
Vorsteuerabzug
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Bezieht die natürliche Person als
Steuerpflichtiger Lieferungen oder Dienstleistungen für seine
private Lebensführung, ist sie nicht zum Vorsteuerabzug nach
Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG berechtigt.
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Erwirbt dieser Steuerpflichtige einen
Gegenstand gemischt sowohl für Zwecke seiner wirtschaftlichen
Tätigkeit als auch für seine private Lebensführung,
billigt der EuGH ihm im Rahmen einer Zuordnungsentscheidung den
vollen Vorsteuerabzug zu, da die anteilige Privatverwendung durch
die Anwendung von Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG
zu einem besteuerten Umsatz für Zwecke des Vorsteuerabzugs
führt. Der EuGH hat seine Rechtsprechung gegen Kritik
verteidigt (EuGH-Urteil Puffer vom 23.04.2009 - C-460/07,
EU:C:2009:254). Der Unionsgesetzgeber hat diese den vollen
Vorsteuerabzug bejahende Rechtsprechung durch die Schaffung von
Art. 168a MwStSystRL korrigiert und den vollen Vorsteuerabzug
entgegen dieser Rechtsprechung ausgeschlossen.
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39
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cc) Juristische Person als
Steuerpflichtige
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(1) Tätigkeitsbereiche
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Ist der Steuerpflichtige eine juristische
Person, so stellt sich - wie z.B. bei einer GmbH oder wie bei der
Klägerin als Stiftung des öffentlichen Rechts - zwar
nicht die Frage nach einer Abgrenzung zur privaten
Lebensführung. Allerdings kann auch eine juristische Person
andere als wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben. Der EuGH
bezeichnet diese Tätigkeiten als
„nichtwirtschaftliche Tätigkeit“
(EuGH-Urteil VNLTO, EU:C:2009:88, Rz 35 f.).
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So ist es z.B. bei einem Verein, der in einem
Teilbereich Steuerpflichtiger ist, daneben aber auch allgemeine
Interessen seiner Mitglieder wahrnimmt. Derartige „ideelle
Tätigkeiten“ sind keine „der Mehrwertsteuer
unterliegende Tätigkeiten im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der
Richtlinie [77/388/EWG]“ (EuGH-Urteil VNLTO,
EU:C:2009:88, Rz 34). Es handelt sich somit um eine
„nichtwirtschaftliche Tätigkeit“.
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Ebenso kann eine juristische Person des
öffentlichen Rechts - wie die Klägerin in der hier
vorliegenden Rechtssache - in einem Teilbereich Steuerpflichtige
sein, daneben aber auch Tätigkeiten ausüben, die ihr i.S.
von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG im Rahmen der
öffentlichen Gewalt (ohne Wettbewerbsrelevanz) obliegen
(hoheitliche Tätigkeiten), so dass insoweit keine
wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt. Auch diese
Hoheitstätigkeit kann als „nichtwirtschaftliche
Tätigkeit“ bezeichnet werden.
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(2) Folgen für den
Vorsteuerabzug
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Übt eine juristische Person, die in einem
Bereich Steuerpflichtige ist, daneben auch eine
„nichtwirtschaftliche Tätigkeit“ aus, ist
sie aus Leistungsbezügen für diese
„nichtwirtschaftliche“ Tätigkeit nicht zum
Vorsteuerabzug berechtigt. Dies gilt gleichermaßen für
die ideelle Tätigkeit eines Vereins als auch für die
Hoheitstätigkeit einer juristischen Person des
öffentlichen Rechts.
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46
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Erwirbt die juristische Person einen
Gegenstand gemischt sowohl für Zwecke ihrer wirtschaftlichen
Tätigkeit als Steuerpflichtige als auch für ihre
„nichtwirtschaftliche Tätigkeit“ und z.B.
für ideelle Zwecke, billigt der EuGH der juristischen Person
anders als dem Einzelunternehmer (s. oben II.3.a bb (2)) keinen
vollen Vorsteuerabzug zu.
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47
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Der EuGH hat dies in seinem Urteil VNLTO
(EU:C:2009:88) damit begründet,
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dass die Vorsteuer auf Aufwendungen eines
Steuerpflichtigen nicht zum Abzug berechtigen kann, soweit sie sich
auf Tätigkeiten bezieht, die aufgrund ihres
nichtwirtschaftlichen Charakters nicht in den Anwendungsbereich der
Richtlinie 77/388/EWG fallen; für den Fall, dass ein
Steuerpflichtiger zugleich steuerpflichtigen oder steuerfreien
wirtschaftlichen Tätigkeiten und nichtwirtschaftlichen, nicht
in den Anwendungsbereich der Richtlinie 77/388/EWG fallenden
Tätigkeiten nachgeht, ist der Abzug der Vorsteuer auf
Aufwendungen auf der Vorstufe nur insoweit zulässig, als diese
Aufwendungen den wirtschaftlichen Tätigkeiten des
Steuerpflichtigen zuzurechnen sind (Rz 37),
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dass mit Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der
Richtlinie 77/388/EWG keine allgemeine Regel eingeführt werden
sollte, nach der Tätigkeiten, die nicht in den
Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen, als Tätigkeiten
betrachtet werden können, die für
„unternehmensfremde“ Zwecke i.S. dieser
Vorschrift ausgeführt werden. Eine solche Auslegung würde
nämlich Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG jeden Sinn
nehmen (Rz 38) und
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dass es um die nicht besteuerten Umsätze
der VNLTO geht, die in der Wahrnehmung der allgemeinen Interessen
ihrer Mitglieder bestehen und nicht als unternehmensfremd
betrachtet werden können, da sie den Hauptzweck dieser
Vereinigung darstellen (Rz 39).
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Der Senat versteht dies dahingehend, dass die
gemischte Verwendung eines Gegenstandes für Zwecke der
wirtschaftlichen Tätigkeit wie auch für
„nichtwirtschaftliche Tätigkeiten“ nicht
zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt, da der EuGH den Tatbestand
des Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG mit der
Begründung verneint, dass die Verwendung für
„nichtwirtschaftliche Tätigkeiten“ keine
Verwendung für unternehmensfremde Zwecke i.S. dieser
Bestimmung ist.
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b) Zu den Bestimmungen der
Richtlinie
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Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG
enthält mit der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten
Gegenstands in Buchst. a und der unentgeltlichen Erbringung von
Dienstleistungen in Buchst. b zwei Tatbestände. Beide
Tatbestände enthalten zudem die Voraussetzung, dass die
Verwendung des Gegenstands oder der Dienstleistung für
bestimmte Zwecke erfolgen muss. Dabei handelt es sich sowohl bei
Buchst. a wie auch bei Buchst. b um die Verwendung für den
privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines
Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke.
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Lediglich Buchst. a stellt schließlich
mit der Berechtigung zum Vorsteuerabzug in Bezug auf den
verwendeten Gegenstand zudem auf eine weitere Voraussetzung ab.
Eine derartige Anknüpfung an den Vorsteuerabzug besteht bei
Buchst. b nicht.
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c) Zur Streitfrage
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aa) EuGH-Urteil VNLTO
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Der EuGH hat im Urteil VNLTO (EU:C:2009:88)
für Recht erkannt, dass Art. 6 Abs. 2 Buchst. a und Art. 17
Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG auf die Verwendung von
Gegenständen und Dienstleistungen nicht anwendbar sind, die
dem Unternehmen für die Zwecke anderer als der besteuerten
Umsätze des Steuerpflichtigen zugeordnet sind, so dass die
Mehrwertsteuer, die aufgrund des Bezugs dieser für solche
Umsätze verwendeten Gegenstände und Dienstleistungen
geschuldet wird, nicht abziehbar ist. Der EuGH hat dies letztlich damit
begründet, dass die Verwendung für
„nichtwirtschaftliche Tätigkeiten“ nicht
als Verwendung für unternehmensfremde Zwecke i.S. dieser
Bestimmung anzusehen ist (s. oben II.3.a cc (2)).
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Zudem hat der EuGH dies in seinem Urteil
Landkreis Potsdam-Mittelmark vom 15.09.2016 - C-400/15
(EU:C:2016:687, Rz 31 ff.) in Bezug auf die hoheitliche
Tätigkeit einer juristischen Person des öffentlichen
Rechts bestätigt.
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bb) Bedeutung nur für den
Vorsteuerabzug oder allgemein
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Hierzu stellt sich in der vorliegenden
Rechtssache die Frage, ob diese EuGH-Rechtsprechung nur den Umfang
des Vorsteuerabzugs betrifft und dabei - im Gegensatz zur
Beurteilung beim Einzelunternehmer (s. oben II.3.a bb (2)) - zu
einem nur anteiligen Vorsteuerabzug führt, oder ob diese
EuGH-Rechtsprechung auch bei eigenständiger Anwendung von Art.
6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG ohne Zusammenhang zum
Vorsteuerabzug Gültigkeit beansprucht.
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Letzteres würde dazu führen, dass
auch für die Anwendung von Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der
Richtlinie 77/388/EWG eine „nichtwirtschaftliche
Tätigkeit“ nicht als
„unternehmensfremd“ anzusehen wäre und
diese Bestimmung auf eine unentgeltliche Dienstleistung für
Zwecke einer ideellen oder hoheitlichen Tätigkeit nicht
anzuwenden ist.
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In diesem Zusammenhang wird das EuGH-Urteil
VNLTO (EU:C:2009:88) im nationalen Schrifttum seit Jahren
kontrovers diskutiert und dabei überwiegend i.S. einer
Nichtanwendung von Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie
77/388/EWG verstanden (vgl. z.B. Heuermann in Sölch/Ringleb,
Umsatzsteuer, § 3 Rz 342; Küffner/von Streit, DStR 2012,
636 ff., 639, und Nieskens in Rau/Dürrwächter,
Umsatzsteuergesetz, § 3 Rz 1496; vgl. aber auch Wäger in
Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, Abschnitt I Kapitel 3
A, § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UStG, Rz 350 ff., 390 ff.).
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Demgegenüber hat der Senat in seiner
bisherigen Rechtsprechung die Anwendung von Art. 6 Abs. 2 der
Richtlinie 77/388/EWG in vergleichbaren Fällen bejaht. Dies
betrifft z.B. juristische Personen des öffentlichen Rechts
(Städte), die Schwimmbäder betreiben, indem sie diese der
Öffentlichkeit gegen Eintrittsgeld - und ohne Anwendung von
Steuerbefreiungen nach Art. 13 Teil A der Richtlinie 77/388/EWG -
im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Verfügung
stellen. Verwendet die Stadt ihr Schwimmbad oder Teile hiervon auch
zur Nutzung durch ihre städtischen Schulen wie etwa für
den schulischen Schwimmunterricht, ging der Senat bislang von einer
Anwendung von Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG
aus, da er die hoheitliche Nutzung für den Schulbetrieb als
unternehmensfremd ansah (BFH-Urteil
vom 10.02.1994 - V R 33/92, BFHE 174, 258, BStBl II 1994, 668 =
SIS 94 15 64, unter II.3.). Ob diese
Rechtsprechung im Hinblick auf das EuGH-Urteil VNLTO (EU:C:2009:88)
aufzugeben ist, obwohl dessen Bedeutung für den hier
vorliegenden Zusammenhang nicht eindeutig ist, bedarf der
Klärung durch den EuGH.
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cc) Erfordernis systemgerechter
Besteuerung
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Verwendet der Steuerpflichtige z.B. das
für seine wirtschaftliche Tätigkeit angestellte Personal
zur Erbringung von Dienstleistungen für andere Zwecke, stellt
sich die Frage, ob es bei Steuerpflichtigen, die natürliche
Personen sind, und bei Steuerpflichtigen, die juristische Personen
sind, zu unterschiedlichen Besteuerungsfolgen kommen kann.
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Ist der Steuerpflichtige eine natürliche
Person, die z.B. eine Reinigungsfirma unterhält, und setzt sie
das Personal ihres Unternehmens ein, damit es für Zwecke der
privaten Lebensführung in ihrer Privatwohnung
Reinigungsleistungen erbringt, führt dies nach Auffassung des
Senats zu einer unentgeltlichen Erbringung von Dienstleistungen
durch den Steuerpflichtigen für seinen privaten Bedarf i.S.
von Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG.
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Handelt es sich beim Steuerpflichtigen um eine
juristische Person, die ebenfalls eine Reinigungsfirma
unterhält und dabei das Personal ihres Unternehmens einsetzt,
damit wie im Streitfall für hoheitliche Zwecke genutzte
Räumlichkeiten gereinigt werden, ist fraglich, ob dies - wie
bei einer Verwendung für private Zwecke des Einzelunternehmers
- gleichfalls zur Anwendung von Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der
Richtlinie 77/388/EWG führt, da dann die unentgeltliche
Erbringung einer Dienstleistung durch den Steuerpflichtigen
für unternehmensfremde Zwecke vorliegen kann.
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Besteuerungssystematisch könnte in beiden
Fällen die Anwendung von Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der
Richtlinie 77/388/EWG zu bejahen sein. Danach wäre die
Verwendung für eine „nichtwirtschaftliche
Tätigkeit“, bei der es sich um die Verwendung
für ideelle Zwecke eines Vereins oder um die Verwendung
für den Hoheitsbereich einer juristischen Person des
öffentlichen Rechts handeln kann (s. oben II.3.a cc (1)) als
Verwendung für unternehmensfremde Zwecke i.S. von Art. 6 Abs.
2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG anzusehen.
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Dies könnte aber als im Widerspruch zum
EuGH-Urteil VNLTO (EU:C:2009:88) stehend angesehen werden. Gegen
einen derartigen Widerspruch spricht allerdings, dass dieses Urteil
im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug ergangen ist. Dem Senat ist
die Entscheidung verwehrt, ob das EuGH-Urteil VNLTO (EU:C:2009:88)
auch im Rahmen einer eigenständigen Anwendung von Art. 6 Abs.
2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG ohne Bezug zum Vorsteuerabzug
maßgeblich ist.
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d) Entscheidungserheblichkeit
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Die Klägerin ist eine juristische Person
des öffentlichen Rechts und damit eine Einrichtung des
öffentlichen Rechts i.S. von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie
77/388/EWG. Sie übt einerseits wirtschaftliche
Tätigkeiten i.S. von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG
aus und ist insoweit Steuerpflichtige. Sie nimmt andererseits
hoheitliche Aufgaben i.S. von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie
77/388/EWG wahr, ohne dass ihre Behandlung als
Nichtsteuerpflichtige zu größeren
Wettbewerbsverzerrungen führt. Damit liegt in Bezug auf diese
hoheitliche Tätigkeit eine „nichtwirtschaftliche
Tätigkeit“ vor.
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Ist die erste Frage entsprechend der Antwort
a) zu beantworten und daher im nationalen Recht § 2 Abs. 2 Nr.
2 UStG ohne Verstoß gegen Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der
Richtlinie 77/388/EWG anzuwenden, übt die U-GmbH ihre
Tätigkeit nichtselbständig aus, so dass die U-GmbH und
die Klägerin als eine Steuerpflichtige behandelt werden.
Zwischen der U-GmbH und der Klägerin liegt dann keine
entgeltliche Dienstleistung i.S. von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie
77/388/EWG vor. Die Tätigkeit der U-GmbH ist vielmehr wie eine
eigene Tätigkeit der Klägerin zu behandeln.
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Somit ist zu entscheiden, ob die Klägerin
mit Mitteln ihres Unternehmens, zu dem aufgrund von Art. 4 Abs. 4
Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG)
auch die Betriebsmittel der U-GmbH gehören, unentgeltliche
Dienstleistungen (Reinigungsleistungen) aufgrund der Verwendung
für ihren Hoheitsbereich als „nichtwirtschaftliche
Tätigkeit“ für unternehmensfremde Zwecke i.S.
von Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG erbracht
hat.
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Ist dies zu bejahen, ist die Revision des FA
begründet, so dass das Urteil des FG aufzuheben und die Klage
abzuweisen ist. Ist dies zu verneinen, ist die Revision des FA
unbegründet, da das FG dann der Klage zu Recht stattgegeben
hat.
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4. Zum Rechtsgrund der Vorlage
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Die Vorlage beruht auf Art. 267 des Vertrages
über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
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5. Zur Verfahrensaussetzung
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Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf
§ 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in Verbindung mit
§ 74 FGO.
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