Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Sächsischen Finanzgerichts vom 26.4.2017 1 K 1596/15 wird
als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) erwarb mit Bauträgervertrag vom 28.12.2005
für 1.140.000 EUR Miteigentumsanteile an vier noch
fertigzustellenden Doppelhaushälften in A. Da sie nach dem
Kaufvertrag die Grunderwerbsteuer zu tragen hatte, setzte der
Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) mit
Bescheid vom 28.2.2006 Grunderwerbsteuer in Höhe von 39.900
EUR gegen die Klägerin fest. Der Bescheid wurde
bestandskräftig und die Klägerin zahlte die festgesetzte
Grunderwerbsteuer.
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Im März 2012 eröffnete das
Amtsgericht über das Vermögen der Klägerin das
Insolvenzverfahren und ordnete Eigenverwaltung an. Mit Schreiben
vom 1.3.2013 erklärte die Klägerin gegenüber der
Verkäuferin die Nichterfüllung des Bauträgervertrags
vom 28.12.2005 gemäß § 103 Abs. 2 der
Insolvenzordnung (InsO). Mit Schreiben vom 2.4.2013 bat die
Klägerin das FA um Erstattung der Grunderwerbsteuer.
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Mit Bescheid vom 3.2.2015 hob das FA den
Grunderwerbsteuerbescheid vom 28.2.2006 „wegen
Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs.
1 Nr. 2“ des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) auf und
erklärte die Aufrechnung mit Steuerschulden der Klägerin
wegen Lohnsteuer für die Monate Dezember 2009 bis April 2010.
Den Einspruch der Klägerin vom 18.3.2015 wertete das FA als
Antrag auf Erlass eines Abrechnungsbescheids und stellte mit
Bescheid vom 13.4.2015 fest, dass das Guthaben aus der
Grunderwerbsteuer durch Aufrechnung erloschen sei.
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Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Aufrechnung sei nach § 96
Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig, da das FA das von ihm
verrechnete Grunderwerbsteuerguthaben erst nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse schuldig geworden sei. Das
Urteil ist in EFG 2018, 187 = SIS 17 23 28
veröffentlicht.
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Mit seiner Revision trägt das FA vor,
der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Urteil vom 17.4.2007 VII R 27/06
(BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589 = SIS 07 19 23) entschieden, dass
das FA die Erstattung von Grunderwerbsteuer gegen
Insolvenzforderungen verrechnen könne, wenn der Verkäufer
nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens das ihm vorbehaltene
Recht zum Rücktritt von einem vor Verfahrenseröffnung
geschlossenen Kaufvertrag ausübe. An dieser Rechtsprechung sei
festzuhalten. Die geänderte Rechtsprechung des BFH zu §
17 Abs. 2 bzw. § 14c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) lasse
sich wegen der besonderen Ausgestaltung des GrEStG nicht auf den
vorliegenden Streitfall übertragen. Die Grunderwerbsteuer sei
im Unterschied zur Umsatzsteuer eine aperiodisch entstehende und
festzusetzende Verkehrsteuer. Zwar wirke die Aufhebung einer
Grunderwerbsteuerfestsetzung gemäß § 16 GrEStG -
ebenso wie die Änderung der Steuerschuld gemäß
§ 17 UStG - nicht auf den Zeitpunkt der ursprünglichen
Steuerentstehung zurück; jedoch sehe § 16 GrEStG die
Beseitigung der Grunderwerbsteuerfestsetzung vor, während
§ 17 Abs. 1 UStG die Änderung der Steuerschuld für
den Besteuerungszeitraum vorschreibe, in dem die Änderung
eintrete, und somit keinen Bezug zum Besteuerungszeitraum der
ursprünglichen Steuerfestsetzung herstelle. Auch werde durch
das BFH-Urteil vom 18.8.2015 VII R 29/14 (BFH/NV 2016, 87 = SIS 15 28 66) und ebenso durch den BFH-Beschluss vom 21.3.2014 VII B
214/12 (BFH/NV 2014, 1088 = SIS 14 16 15) bestätigt, dass der
Zeitpunkt der Antragstellung - im Streitfall der auf Aufhebung der
Grunderwerbsteuerfestsetzung gerichtete Antrag - für die
insolvenzrechtliche Entstehung des Erstattungsanspruchs unerheblich
sei.
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Das FA beantragt, das vorinstanzliche
Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Die Klägerin erwidert, es treffe zwar
zu, dass das BFH-Urteil vom 25.7.2012 VII R 29/11 (BFHE 238, 307,
BStBl II 2013, 36 = SIS 12 28 19) zur Umsatzsteuer ergangen sei; es
müsse aber gleichermaßen auch für die
Grunderwerbsteuer gelten, denn letztlich seien die gesetzlichen
Regelungen des § 17 UStG und des § 16 GrEStG in ihren
Aussagen deckungsgleich: Würden die ursprünglichen
Vertragsbedingungen nicht erfüllt, seien die zunächst
erstellten Voranmeldungen bzw. der zunächst erlassene Bescheid
zu korrigieren. Ebenso habe auch der Bundesgerichtshof (BGH)
entschieden, dass eine Forderung im Insolvenzverfahren nur dann
aufrechenbar sei, wenn sie vor der Verfahrenseröffnung in
ihrem rechtlichen Kern so gesichert sei, dass es einer weiteren
Rechtshandlung des Anspruchsinhabers nicht bedürfe (BGH-Urteil
vom 3.3.2016 IX ZR 132/15, BGHZ 209, 179, NJW 2016, 2118). Es liege
auf der Hand, dass im Fall der Ausübung des Wahlrechts nach
§ 103 InsO aus Sicht dieser Entscheidung eine Aufrechnung
nicht möglich sei; denn die Grunderwerbsteuerforderung
entstehe erst, nachdem der Insolvenzverwalter sein Wahlrecht - also
eine Rechtshandlung - ausgeübt habe. Zudem sei das BFH-Urteil
aus dem Jahr 2007 (in BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589 = SIS 07 19 23) für den vorliegenden Sachverhalt ohne Aussagekraft; denn
es behandele einen Fall, in dem die Vertragsparteien bereits im
ursprünglichen notariellen Kaufvertrag ein
Rücktrittsrecht vereinbart hätten. Demgegenüber sei
die Erklärung des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO
eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung; sie
sei also nicht schon im ursprünglichen Vertrag angelegt
gewesen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) zurückzuweisen. Das angefochtene Urteil entspricht
Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass
die Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig
war.
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1. Nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist die
Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst
nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur
Insolvenzmasse schuldig geworden ist.
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Ob ein Insolvenzgläubiger vor oder nach
Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse
schuldig geworden ist, bestimmt sich nach der Rechtsprechung des
erkennenden Senats danach, ob der Tatbestand, der den betreffenden
Anspruch begründet, nach den steuerrechtlichen Vorschriften
bereits vor oder erst nach Insolvenzeröffnung vollständig
verwirklicht und damit abgeschlossen ist. Entscheidend ist, ob
sämtliche materiell-rechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen
für die Entstehung eines Erstattungsanspruchs im Zeitpunkt der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits erfüllt waren
(ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteile vom 12.6.2018 VII
R 19/16, BFHE 261, 463 = SIS 18 12 25, und vom 8.11.2016 VII R
34/15, BFHE 256, 6, BStBl II 2017, 496 = SIS 16 28 23, m.w.N.).
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2. Das FA ist das hier streitige Guthaben aus
der Grunderwerbsteuer erst nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens schuldig geworden.
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a) Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2
GrEStG wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die
Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn die Vertragsbedingungen nicht
erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb aufgrund eines
Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird, bevor das
Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen
ist.
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aa) Der nach dieser Regelung entstehende
Anspruch des Steuerpflichtigen auf Aufhebung eines bereits
ergangenen Grunderwerbsteuerbescheids führt nach der
Rechtsprechung des BFH nicht zum Erlöschen des einmal wirksam
entstandenen ursprünglichen Steueranspruchs. Der Anspruch nach
§ 16 GrEStG ist vielmehr ein weiterer (gegenläufiger),
eigenständiger Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis
i.S. des § 37 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO), der
selbständig neben den Steueranspruch tritt (vgl. BFH-Urteil
vom 16.1.2002 II R 52/00, BFH/NV 2002, 1053 = SIS 03 13 35, m.w.N.;
BFH-Beschluss vom 9.9.2015 II B 28/15, BFH/NV 2015, 1668 = SIS 15 25 96; s.a. Loose in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 19. Aufl.,
§ 16 Rz 12 ff.; Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 6.
Aufl., § 16 Rz 3). Es handelt sich nicht um einen
Erstattungsanspruch i.S. des § 37 Abs. 2 AO (BFH-Beschluss in
BFH/NV 2015, 1668 = SIS 15 25 96, Rz 7). Dementsprechend lässt
der Anspruch aus § 16 GrEStG die Rechtmäßigkeit der
für den ursprünglichen Erwerbsvorgang vorgenommenen
Besteuerung unberührt (BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 1053 = SIS 03 13 35).
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Damit gewährt § 16 Abs. 1 GrEStG -
ebenso wie §§ 14c Abs. 2 und 17 Abs. 2 UStG (vgl.
Senatsurteil in BFHE 256, 6, BStBl II 2017, 496 = SIS 16 28 23,
m.w.N.) - einen eigenständigen Berichtigungsanspruch.
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bb) „Rückgängig
gemacht“ i.S. des § 16 Abs. 1 GrEStG ist ein
Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des
den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus
die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen
entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung
über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt,
sondern der Veräußerer seine ursprüngliche
Rechtsstellung wiedererlangt (ständige Rechtsprechung, vgl.
BFH-Urteile vom 5.9.2013 II R 16/12, BFHE 242, 181, BStBl II 2014,
42 = SIS 13 29 95, und vom 16.2.2005 II R 53/03, BFHE 209, 158,
BStBl II 2005, 495 = SIS 05 21 66). Erst zu diesem Zeitpunkt
entsteht materiell-rechtlich der Anspruch aus § 16 GrEStG
(vgl. auch Loose in Boruttau, a.a.O., § 16 Rz 53; Pahlke,
a.a.O., § 16 Rz 134).
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Dementsprechend ist der Anspruch aus § 16
Abs. 1 GrEStG auch erst zu diesem Zeitpunkt im Sinne der
Rechtsprechung des erkennenden Senats zu § 96 Abs. 1 Nr. 1
InsO vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen.
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b) Im Streitfall ist der Erwerb der mit
Bauträgervertrag vom 28.12.2005 verkauften Miteigentumsanteile
nach den Feststellungen des FG erst nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens rückgängig gemacht worden. Die
tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 GrEStG sind
damit - insoweit unstreitig - erst nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens erfüllt gewesen. Dementsprechend ist auch
der Anspruch aus § 16 GrEStG materiell-rechtlich erst nach
Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden mit der Folge,
dass das FA das hier streitige Guthaben aus der Grunderwerbsteuer
erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens schuldig geworden
ist.
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c) Soweit der erkennende Senat in seinem
Urteil in BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589 = SIS 07 19 23 von
anderen Grundsätzen ausgegangen ist, hält er daran im
Hinblick auf die oben (unter II.1.) dargestellte Rechtsprechung -
insbesondere im Hinblick auf die geänderte
Senatsrechtsprechung zu § 17 Abs. 2 UStG (Senatsurteil in BFHE
238, 307, BStBl II 2013, 36 = SIS 12 28 19) und zu § 14c Abs.
2 UStG (Senatsurteil in BFHE 256, 6, BStBl II 2017, 496 = SIS 16 28 23; Senatsbeschluss vom 25.4.2018 VII R 18/16, BFH/NV 2018, 1289 =
SIS 18 16 85) - nicht mehr fest.
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d) Aus dem Senatsurteil in BFH/NV 2016, 87 =
SIS 15 28 66 und dem Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 1088 = SIS 14 16 15 lässt sich kein anderes Ergebnis herleiten; denn auch
nach diesen beiden Entscheidungen kommt es für die Anwendung
des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO darauf an, ob die
materiell-rechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen des jeweiligen
Anspruchs vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
erfüllt sind.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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