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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) nahm mit notarieller Urkunde
vom 4.10.2005 ein Angebot zum Erwerb zweier mit einem
Lebensmittelmarkt zu bebauender Grundstücke zu einem Kaufpreis
in Höhe von insgesamt 1.825.000 EUR an. Zuvor, am 23.9.2005,
hatte die Verkäuferin einer noch zu gründenden, in
Luxemburg ansässigen Tochtergesellschaft der Klägerin ein
gleichlautendes Angebot unterbreitet.
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Mit notariell beurkundetem Vertrag vom
2.12.2005 hoben die Verkäuferin und die Klägerin den
Grundstückskaufvertrag auf. In derselben Urkunde verkaufte die
Verkäuferin dieselben Grundstücke zu demselben Kaufpreis
an eine in Luxemburg ansässige Gesellschaft (Zweiterwerberin).
Die Zweiterwerberin ist die Tochtergesellschaft einer ebenfalls in
Luxemburg ansässigen Holding-Gesellschaft, an der verschiedene
Investoren, u.a. der Gesellschafter-Geschäftsführer der
Klägerin, beteiligt sind. Die Vertragsparteien vereinbarten
die Übertragung einer von der Klägerin im Auftrag der
Zweiterwerberin am 30.11.2005 geleisteten Anzahlung in Höhe
von 194.000 EUR auf das Notaranderkonto des neuen Erwerbs. Das
Grundstückseigentum war am 2.12.2005 noch nicht auf die
Klägerin übergegangen.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) setzte mit Bescheid vom 3.4.2006 die
Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin ausgehend von einer
Bemessungsgrundlage in Höhe von 1.825.000 EUR auf 63.875 EUR
fest. Dagegen legte die Klägerin mit der Begründung, der
Kaufvertrag sei rückgängig gemacht worden und die
Festsetzung daher nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) aufzuheben, Einspruch ein. Der
Einspruch blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit
der Begründung ab, die Voraussetzungen, die die Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs (BFH) an die Anwendung des § 16 Abs. 1
Nr. 1 GrEStG stelle, seien im Streitfall nicht erfüllt. Die
Klägerin habe bei Aufhebung des alten und Abschluss des neuen
Kaufvertrags in einer Urkunde ihre Rechtsposition aus dem
ursprünglichen Erwerb im eigenen wirtschaftlichen Interesse
verwertet. Sie habe einen Ersatzkäufer benennen müssen,
um die mit der Nichterfüllung des Vertrags verbundenen
wirtschaftlichen, finanziellen und sonstigen Folgen für ihr
Unternehmen zu vermeiden. Das Urteil ist in EFG 2012, 1297 = SIS 12 15 14 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt die
Klägerin die Verletzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Die
Zusammenfassung des Aufhebungsvertrags und des neuen Kaufvertrags
in einer Urkunde stelle zwar ein gewichtiges Indiz für eine
verbleibende Einflussmöglichkeit des Ersterwerbers dar. Dieses
Indiz könne aber durch Zeugenaussagen entkräftet werden.
Durch Vernehmung des für die Verkäuferin handelnden
Geschäftsführers und des Notars könne nachgewiesen
werden, dass sie, die Klägerin, kein Interesse an der
Weiterveräußerung der Immobilien gehabt habe. Ihr
Interesse habe aus finanziellen Gründen allein der Aufhebung
des Vertrags gegolten. Die Verkäuferin habe der Aufhebung aber
nur unter gleichzeitiger Benennung eines Ersatzkäufers
zugestimmt.
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Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung sowie den Grunderwerbsteuerbescheid vom 2.6.2006
und die Einspruchsentscheidung vom 14.2.2007 aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat auf der Grundlage der
von ihm getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) zu
Unrecht angenommen, die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1
GrEStG seien nicht erfüllt.
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1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird die
Steuerfestsetzung auf Antrag u.a. dann aufgehoben, wenn ein
Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am
Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der
Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der
Steuer rückgängig gemacht wird.
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a) „Rückgängig
gemacht“ ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die
zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden
Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus
ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die
Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück
nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer
seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (BFH-Urteile
vom 19.3.2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770 = SIS 03 34 41; vom 21.2.2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700 = SIS 06 34 63; vom 25.4.2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726 =
SIS 07 24 60; vom 14.11.2007 II R 1/06, BFH/NV 2008, 403 = SIS 08 11 56; vom 6.10.2010 II R 31/09, BFH/NV 2011, 306 = SIS 11 01 32,
und vom 28.3.2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486 = SIS 12 21 90, Rz
22).
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b) Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung
eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses
weiterveräußert, ist für die Anwendung des §
16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren
Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der
Verwertung einer aus dem „rückgängig
gemachten“ Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition
verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen
Bindungen entlassen war (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486 = SIS 12 21 90, Rz 23, m.w.N.).
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Dem früheren Erwerber verbleibt die
Möglichkeit der Verwertung einer aus dem
„rückgängig gemachten“ Erwerbsvorgang
herzuleitenden Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs-
und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen
Urkunde zusammengefasst sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486 = SIS 12 21 90, Rz 24). In diesem Fall hat er die rechtliche
Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen
Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks
durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn
der Veräußerer wird aus seiner
Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren
Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle
Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in
dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des
Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil in
BFH/NV 2012, 1486 = SIS 12 21 90, Rz 24).
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c) Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1
GrEStG ist jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber
eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen
(wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat. Eine Verwertung in
diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers
auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen
Rechtsposition ist. In diesem Fall sind die Interessen Dritter an
der Weiterveräußerung unbeachtlich (BFH-Urteil in BFH/NV
2012, 1486 = SIS 12 21 90, Rz 25, m.w.N.).
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Ist Ersterwerber eine Kapitalgesellschaft, so
muss sie sich in diesem Zusammenhang die Interessen derjenigen
Person(en) zurechnen lassen, die bei der Ausübung der
Rechtsposition der Kapitalgesellschaft aus dem ursprünglichen
Kaufvertrag gehandelt hat/haben (BFH-Urteile in BFH/NV 2006, 1700 =
SIS 06 34 63, und vom 25.8.2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301 = SIS 10 36 01, Rz 24). Der Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind auch die
(wirtschaftlichen) Interessen ihres Alleingesellschafters, und zwar
unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine natürliche
oder eine juristische Person handelt; denn der Alleingesellschafter
kann maßgeblichen Einfluss auf die Angelegenheiten der
Kapitalgesellschaft nehmen (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301 = SIS 10 36 01, Rz 24).
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Ist dem Ersterwerber das weitere Schicksal des
Grundstücks indes gleichgültig, so hindert die Benennung
des Dritten als Ersatzkäufer nicht die Anwendung des § 16
Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (BFH-Urteile vom 4.12.1985 II R 171/84, BFHE
145, 448, BStBl II 1986, 271 = SIS 86 25 10, und in BFH/NV 2011,
306 = SIS 11 01 32). Das gilt insbesondere dann, wenn der
Eigentümer des Grundstücks dieses auf jeden Fall
verkaufen will und daher von dem Käufer die Benennung eines
Ersatzkäufers verlangt (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 306 = SIS 11 01 32). Ob die Benennung des Ersatzkäufers auf Verlangen
des Verkäufers oder im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse
des Ersterwerbers erfolgt ist, ist im Rahmen einer
Gesamtwürdigung aller Tatsachen festzustellen. Den
Steuerschuldner trifft hier eine erhöhte Pflicht zur
Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts; er trägt
auch die Feststellungslast (objektive Beweislast) dafür, dass
die tatsächlichen Voraussetzungen der von ihm begehrten
Nichtfestsetzung der Steuer oder Aufhebung der Steuerfestsetzung
nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllt sind (BFH-Beschluss
vom 24.4.1985 II B 28/84, BFHE 143, 499, BStBl II 1985, 520 = SIS 85 18 46, und in BFHE 145, 448, BStBl II 1986, 271 = SIS 86 25 10).
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2. Das FG hat aus den von ihm getroffenen
Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) zu Unrecht geschlossen, die
Klägerin habe durch die Benennung eines Ersatzkäufers
ihre Rechtsposition aus dem ursprünglich geschlossenen
Kaufvertrag zu eigenen wirtschaftlichen Zwecken verwertet. Das
Ziel, den Kaufvertrag nicht erfüllen zu müssen, um die
mit der Nichterfüllung des Vertrags verbundenen
wirtschaftlichen, finanziellen und sonstigen Folgen für ihr
Unternehmen zu vermeiden, begründet kein der Anwendbarkeit des
§ 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entgegenstehendes eigenes
(wirtschaftliches) Interesse der Klägerin an der
Weiterveräußerung des Grundbesitzes (vgl. auch
BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 306 = SIS 11 01 32). Die Vorentscheidung
war daher aufzuheben.
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3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat
zu Unrecht noch nicht geprüft, ob die Klägerin oder ihr
Gesellschafter-Geschäftsführer über das von ihr
verfolgte Ziel hinaus, den Kaufvertrag nicht erfüllen zu
müssen, ein eigenes (wirtschaftliches) Interesse daran hatte,
dass die Verkäuferin die Grundstücke an die
Zweiterwerberin (und nicht an einen beliebigen Dritten)
weiterveräußerte. Der BFH kann dies nicht
abschließend beurteilen, weil es an den dazu erforderlichen
tatsächlichen Feststellungen des FG fehlt.
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Bei der vom FG nachzuholenden
Gesamtwürdigung aller Tatsachen wird einerseits zu
berücksichtigen sein, dass der
Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin an der
Holding-Gesellschaft beteiligt war, deren Tochtergesellschaft die
Zweiterwerberin war, und dass die Zweiterwerberin die Klägerin
bereits vor Abschluss des Vertrags vom 2.12.2005 mit der Leistung
einer Anzahlung beauftragt hatte. Ferner wird zu beachten sein,
dass die Klägerin und die Zweiterwerberin beim Abschluss der
Verträge vom 2.12.2005 durch denselben Bevollmächtigten
vertreten wurden und die von vornherein bestehende Absicht, dass
eine Luxemburger Gesellschaft die Grundstücke erwerben sollte,
tatsächlich verwirklicht wurde.
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Andererseits wird festzustellen sein, wie die
Verhandlungen der Klägerin mit der Verkäuferin über
die Rückgängigmachung des Kaufvertrags abgelaufen sind,
insbesondere ob die Klägerin zunächst ernsthaft mit dem
Wunsch nach einer Vertragsaufhebung ohne Stellung eines
Ersatzkäufers an die Verkäuferin herangetreten ist und
erst auf Verlangen der Verkäuferin einen Ersatzkäufer
gesucht hat oder ob sie von sich aus die Zweiterwerberin als
Ersatzkäuferin angeboten hat. Ferner wird in diesem
Zusammenhang zu klären sein, ob der Aufhebungsvertrag und der
Weiterveräußerungsvertrag vom 2.12.2005 auf Betreiben
der Klägerin oder der Verkäuferin in einer Urkunde
zusammengefasst wurden.
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Soweit es sich dabei um die Feststellung von
Sachverhalten mit Auslandsbezug handelt, richten sich die
Mitwirkungspflichten der Klägerin nach § 76 Abs. 1 Satz 4
FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung.
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4. Da die Sache zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das FG zurückverwiesen wurde, bedurfte es
keiner Entscheidung über die von der Klägerin erhobenen
Verfahrensrügen.
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