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Zufluss von Zinsen aus einem Lebensversicherungsvertrag nach Änderung des Vertrages mit Festlegung eines späteren Fälligkeitszeitpunkts

Zufluss von Zinsen aus einem Lebensversicherungsvertrag nach Änderung des Vertrages mit Festlegung eines späteren Fälligkeitszeitpunkts: 1. Wird ein Lebensversicherungsvertrag vor Ablauf der Versicherungslaufzeit durch Änderung von Laufzeit, Versicherungssumme, Versicherungsprämie und Prämienzahlungsdauer geändert, ohne dass eine solche Vertragsänderung von vornherein vertraglich vereinbart war oder einem Vertragspartner bereits im ursprünglichen Vertrag eine Option auf eine Änderung der Vertragsbestandteile eingeräumt worden ist, liegt hinsichtlich der Änderungen in ertragsteuerlicher Hinsicht ein neuer Vertrag vor (Anschluss an BFH-Urteil vom 6.7.2005 VIII R 71/04, BFHE 210 S. 326, BStBl 2006 II S. 53 = SIS 05 41 71, m.w.N.). - 2. Erfolgt die Änderung des Vertrages vor Fälligkeit der vertragsgemäß geschuldeten Versicherungsleistung unter (neuer) Vereinbarung eines späteren einheitlichen Fälligkeitszeitpunkts für die dem Steuerpflichtigen als Versicherungsnehmer zustehenden Zinsen (auch hinsichtlich des Zeitraums vor Änderung des Vertrages), entsteht die Zahlungspflicht des Versicherungsunternehmens erst zu diesem Zeitpunkt; erst mit dem dann veranlassten tatsächlichen Eingang der Zahlungen fließen die Zinsen dem Steuerpflichtigen nach Maßgabe des § 11 EStG zu. - Urt.; BFH 27.9.2016, VIII R 66/13; SIS 17 04 07

Kapitel:
Privatbereich > Kapitaleinkünfte
Fundstellen
  1. BFH 27.09.2016, VIII R 66/13 (ECLI:DE:BFH:2016:U.270916.VIIIR66.13.0)
    BStBl 2017 II S. 626
    DStR 2017 S. 649
    NJW 2017 S. 1262
    BFH/NV 2017 S. 646

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 14.6.2017
    -/- in NWB 14/2017 S. 987
    J. Schiffers in DStZ 9/2017 S. 303
    F. Werth in BFH/PR 6/2017 S. 181
Normen
[EStG] § 11 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 6
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Hessisches FG, 05.12.2012, SIS 14 06 46, Zinsen, Kapitallebensversicherung, Novation, Zufluss, Fälligkeit
Zitiert in... / geändert durch...
  • Thüringer FG 25.11.2021, SIS 22 08 85, Zufluss von Arbeitslohn bei Einbehaltung zwecks Einzahlung auf ein noch einzurichtendes Zeitwertkonto: Be...
  • FG Berlin-Brandenburg 5.7.2021, SIS 21 14 70, Verlust aus der Kündigung einer im Zusammenhang mit der Finanzierung einer vermieteten Immobilie abgeschl...
  • BFH 6.9.2018, SIS 18 22 04, Steuerliche Behandlung der Leistungen einer Direktversicherung in Form einer Aufbauversicherung, die vor ...
  • BFH 22.2.2018, SIS 18 07 75, Zufluss von Arbeitslohn bei Wertguthabenkonten: 1. Gutschriften auf einem Wertguthabenkonto zur Finanzier...
  • FG Baden-Württemberg 6.11.2017, SIS 18 01 65, Änderbarkeit von Lohnsteueranmeldungen nach Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung wegen vom Arbeitgebe...
Anmerkung RiFG Dr. Bleschick

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 5.12.2012 9 K 2235/07 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

 

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2001) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.

 

 

2

Der Kläger hatte am 15.10.1981 - rückwirkend ab 1.7.1979 - mit einer Laufzeit bis zum 1.7.1993 eine sog. Bankdarlehen-Tilgungsversicherung bei einer Lebensversicherungsgesellschaft abgeschlossen und die erste Prämienzahlung - einschließlich einer sogenannten Reservenachzahlung für den Zeitraum 1.7.1979 bis 15.10.1981 - am 12.11.1981 sowie in der Folgezeit die jeweils fälligen Jahresprämien geleistet.

 

 

3

Anlässlich einer in den Jahren 1986/1987 durchgeführten Außenprüfung wies der Prüfer den Kläger darauf hin, dass der Versicherungsvertrag eine Laufzeit von weniger als 12 Jahren habe und daher die künftigen Erträge aus der Versicherung zu versteuern seien.

 

 

4

Deshalb vereinbarte der Kläger mit der Lebensversicherungsgesellschaft unter dem 17.8.1989 eine Änderung des Versicherungsvertrages. Danach wurden die Laufzeit des Vertrages sowie der Beitragszahlungszeitraum - beginnend mit dem 1.7.1989 - bis zum 1.7.2001 verlängert und die Versicherungssumme erhöht.

 

 

5

Am 5.7.1990 wurde die Versicherung rückwirkend ab dem 1.7.1990 bis zum Vertragsablauf am 1.7.2001 beitragsfrei gestellt und die Versicherungssumme herabgesetzt, wie die Lebensversicherungsgesellschaft bereits bei Abschluss der Änderungsvereinbarung vom 17.8.1989 empfohlen hatte.

 

 

6

Nachdem die Vertragsänderungen dem früher für die Kläger zuständigen Finanzamt im Rahmen der Veranlagung für 1993 bekannt geworden waren und die früheren Steuerberater der Kläger auf Anfrage des Finanzamts die bis zum 1.7.1989 erwirtschafteten Zinsen mit 625.875 DM beziffert hatten, erfasste das Finanzamt diese Zinsen unter Hinweis auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) zunächst im Einkommensteueränderungsbescheid vom 14.11.1996, hob diesen aber - nach Einspruch der Kläger - wieder auf.

 

 

7

Mit der am 26.2.2003 eingereichten Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten die Kläger mit der Anlage KAP u.a. Zinsen und andere Erträge aus Lebensversicherungen in Höhe von 3.297.173 DM und fügten ihr eine Steuerbescheinigung der Lebensversicherungsgesellschaft vom 18.6.2001 über eine am 1.7.2001 vorgenommene Auszahlung in Höhe von 3.297.173 DM für den Zeitraum 1.7.1989 bis 1.7.2001 bei.

 

 

8

Auf der Grundlage dieser Erklärung wurden die Kläger unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO mit Bescheid vom 20.11.2003 erklärungsgemäß für das Streitjahr veranlagt.

 

 

9

Dagegen erhoben die Kläger mit der Begründung Einspruch, die Zinserträge aus der Lebensversicherung seien (entgegen der eingereichten Zinsbescheinigung) gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr gültigen Fassung (EStG) steuerfrei. Der 1981 abgeschlossene Lebensversicherungsvertrag habe nach den Vorstellungen der Vertragsparteien eine Laufzeit vom 1.7.1979 bis zum 1.7.1993 gehabt, mithin eine Laufzeit von mehr als 12 Jahren.

 

 

10

Der während des Einspruchsverfahrens für die Einkommensbesteuerung der Kläger örtlich zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) wies die Kläger mit Schreiben vom 14.7.2005 auf die Möglichkeit einer Verböserung der Einkommensteuerfestsetzung nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO wegen der Steuerbarkeit der im Zeitraum bis zur Vertragsänderung (1.7.1989) erwirtschafteten Zinsen in Höhe von 625.875 DM hin.

 

 

11

Nachdem die Kläger den Einspruch nicht zurückgenommen hatten und der angefochtene Einkommensteuerbescheid mit Bescheiden vom 19.7.2004 und 3.2.2006 jeweils gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO (aus nicht streitigen Gründen) geändert worden war, wies das FA den Einspruch - unter verbösernder Erfassung der erwirtschafteten und mit 625.875 DM bezifferten Zinsen bei den Einkünften der Kläger aus Kapitalvermögen - als unbegründet zurück.

 

 

12

Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 5.12.2012 9 K 2235/07 als unbegründet ab, nachdem der angefochtene Bescheid während des Gerichtsverfahrens durch Änderungsbescheid vom 18.10.2007 abermals geändert worden war.

 

 

13

Die streitigen Kapitalerträge in Höhe von 625.875 DM seien dem Kläger erst im Streitjahr und nicht bereits vorher zugeflossen, weil er erst 2001 mit der Auszahlung (Gutschrift auf seinem Konto bei einem Kreditinstitut) wirtschaftlich über die Zinsen habe verfügen können.

 

 

14

Das FA habe die Zinsen aus dem Lebensversicherungsvertrag des Klägers auch zutreffend als steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG angesehen, weil es an der für eine Steuerfreiheit in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG vorausgesetzten Mindestlaufzeit von 12 Jahren fehle.

 

 

15

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

16

Die streitigen Zinserträge seien nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerbar, zumindest aber nicht im Streitjahr zugeflossen.

 

 

17

Die gegenteilige Auffassung des FG sei in sich widersprüchlich und mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) unvereinbar. Denn auf der Grundlage seiner Auffassung, dass die 1989 getroffenen Änderungsvereinbarungen zu einem neuen Lebensversicherungsvertrag geführt hätten, hätte das FG konsequenterweise hinsichtlich des Altvertrages im Zeitpunkt der Änderungsvereinbarung einen Zufluss der Zinsen in Höhe von 625.875 DM annehmen müssen, weil die Änderung nach dem BFH-Urteil vom 30.11.2010 VIII R 40/08 (BFH/NV 2011, 592 = SIS 11 06 74) zu einem Zufluss kraft Novation durch Verfügung über die bis dahin bereits erwirtschafteten Zinserträge geführt habe. Über die Zinserträge habe der Kläger ungeachtet ihrer Fälligkeit im Wege der Vorausverfügung disponieren können.

 

 

18

Wolle man - wie das FG - einen Zufluss im Jahr 1989 verneinen, könne man nicht bei der Beurteilung, ob die streitgegenständlichen Zinseinnahmen steuerbar seien, eine Novation mit der Folge bejahen, dass zwei getrennte Verträge vorlägen, die jeweils für sich betrachtet nicht die Mindestlaufzeit von 12 Jahren erfüllten.

 

 

19

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.7.2007 und des Änderungsbescheids vom 18.10.2007 dergestalt zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen um die im Wege der Verböserung angesetzten Zinserträge gemindert werden und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird.

 

 

20

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

21

Das FG habe rechtsfehlerfrei die Auffassung des FA bestätigt, dass die streitigen Zinserträge (zusätzlich zu den bereits erklärten 3.297.173 DM) bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen im Streitjahr anzusetzen seien.

 

 

22

Wegen des im Steuerrecht geltenden Prinzips der wirtschaftlichen Betrachtungsweise sei für die Beurteilung der Frage, ob der abgeschlossene Versicherungsvertrag eine Laufzeit von mindestens 12 Jahren habe, nicht nur auf die zivilrechtliche Beurteilung abzustellen. Vielmehr seien die den Vertrag prägenden Merkmale, nämlich Laufzeit, Versicherungssumme, Versicherungsprämie und Prämienzahlungsdauer zu betrachten.

 

 

23

Dabei sei nach ständiger Rechtsprechung bei nachträglich vereinbarten Vertragsänderungen - wie im Streitfall vom FG zugrunde gelegt - grundsätzlich vom Fortbestand des alten Vertrages und nur hinsichtlich der Änderungen von einem neuen Vertrag auszugehen.

 

 

24

Davon unabhängig sei die Entscheidung zu treffen, in welchem Kalenderjahr die Zinsen anzusetzen seien. Zu Recht habe das FG einen Zufluss erst im Streitjahr angenommen, weil der Kläger erst mit der in jenem Jahr erfolgten Gutschrift auf seinem Konto über die Zinserträge habe verfügen können.

 

 

25

Die Belastung des alten Versicherungskontos mit den bis zum 1.7.1989 erwirtschafteten Zinsen und die Gutschrift auf dem neuen Konto im Wege der Umbuchung im Jahr 1989 habe demgegenüber nicht zu einem Zufluss geführt, weil zu jenem Zeitpunkt eine Zahlungsverpflichtung der Versicherung nicht bestanden habe. Denn der im ursprünglichen Vertrag für den 1.7.1993 vereinbarte Auszahlungstermin sei durch die Vertragsänderung im August 1989 auf den neuen Auszahlungszeitpunkt 1.7.2001 festgelegt worden, so dass erst zu diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Auszahlung der erwirtschafteten Zinserträge aus dem alten Vertrag vom 15.10.1981 und dem neuen Vertrag vom 17.8.1989 bestanden habe.

 

 

26

II. Die Revision ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als unbegründet zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil des FG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

 

 

27

Zu Recht hat das FG die Auffassung des FA bestätigt, dass die streitigen Zinserträge in Höhe von 625.875 DM bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen in der Einkommensteuerveranlagung der Kläger für das Streitjahr zu berücksichtigen sind. Denn sie sind erst in diesem Jahr und nicht bereits im Zeitpunkt der 1989 vorgenommenen Vertragsänderungen zugeflossen. Außerdem erfüllen sie nicht die Voraussetzungen der Steuerfreiheit gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG.

 

 

28

1. Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, unterliegen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 36 EStG der Steuerpflicht. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrages nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG gehören u.a. Kapitalversicherungen gegen laufende Beitragsleistung mit Sparanteil, wenn der Vertrag für die Dauer von mindestens 12 Jahren abgeschlossen worden ist. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG konnten mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.

 

 

29

a) Werden Versicherungsverträge vor Ablauf der Zwölfjahresfrist geändert, so ist die Frage, ob sie nach Inhalt und wirtschaftlichem Gehalt unverändert geblieben sind oder ob aufgrund der Änderungen Neuverträge vorliegen, im Wesentlichen nach den den Vertrag prägenden Merkmalen, nämlich Laufzeit, Versicherungssumme, Versicherungsprämie und Prämienzahlungsdauer zu beurteilen (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile vom 9.5.1974 VI R 137/72, BFHE 112, 484, BStBl II 1974, 633 = SIS 74 03 53; vom 6.7.2005 VIII R 71/04, BFHE 210, 326, BStBl II 2006, 53 = SIS 05 41 71, unter Bezugnahme auf Harenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Rz 756; Blümich/Stuhrmann, § 20 EStG Rz 288; Schlotter in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 20 Rz 585; Kreußler, Vertragsänderungen bei Lebensversicherungen im Steuerrecht, Versicherungswirtschaft 1996, 1506; Weinmann, Steuerrechtliche Novationen in der deutschen Lebensversicherung, Zeitschrift für Versicherungswesen 1997, 531; Schoor, Einkommensteuerliche Behandlung von Vertragsänderungen bei Lebensversicherungsverträgen, Versicherungswirtschaft 1996, 1654; kritisch Horlemann, Steuerfragen bei der privaten, insbesondere fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherung, FR 2000, 749; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 19.4.1999 IV C 4 - S 2221 - 132/99, DB 1999, 1298 = SIS 99 11 02, und vom 22.8.2002 IV C 4 - S 2221 - 211/02, BStBl I 2002, 827 = SIS 02 93 57). Danach liegt ein neuer Vertrag - mit der Folge einer ab dem Änderungszeitpunkt neu laufenden Zwölfjahresfrist i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG - vor, wenn der zuvor abgeschlossene Versicherungsvertrag u.a. hinsichtlich der Merkmale Laufzeit, Versicherungssumme, Versicherungsprämie und Prämienzahlungsdauer nachträglich geändert wird, ohne dass eine solche Vertragsänderung von vornherein vertraglich vereinbart war, oder dass einem Vertragspartner bereits im ursprünglichen Vertrag eine Option auf eine Änderung der Vertragsbestandteile eingeräumt worden ist (BFH-Urteil in BFHE 210, 326, BStBl II 2006, 53 = SIS 05 41 71, unter II.1.b).

 

 

30

b) Der Zufluss der nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerbaren Zinsen richtet sich nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG.

 

 

31

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind Einnahmen zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige wirtschaftlich über sie verfügen kann. Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Auch die Hingabe eines (gedeckten) Schecks führt zum Zufluss des entsprechenden Geldbetrags (vgl. BFH-Urteil vom 22.7.1997 VIII R 13/96, BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767 = SIS 97 22 01).

 

 

32

bb) Ebenso kann eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten den Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht (ständige Rechtsprechung seit BFH-Urteil vom 9.4.1968 IV 267/64, BFHE 92, 221, BStBl II 1968, 525 = SIS 68 03 55). Der Gläubiger muss allerdings in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 14.2.1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480 = SIS 84 13 19, und vom 22.7.1997 VIII R 57/95, BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755 = SIS 97 22 03).

 

 

33

Danach kann ein Zufluss durch Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten grundsätzlich nur in Betracht kommen, wenn und soweit eine Zahlungsverpflichtung besteht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480 = SIS 84 13 19, unter 2.a; in BFH/NV 2011, 592 = SIS 11 06 74).

 

 

34

cc) Der Zufluss kann zudem durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger, nach der der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll, bewirkt werden. In einer solchen Schuldumwandlung (Novation) kann eine Verfügung des Gläubigers über seine bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerrechtlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch Zahlung beglichen und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag in Erfüllung des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte.

 

 

35

Die Novation stellt sich dann als eine bloße Verkürzung des Leistungswegs dar (vgl. BFH-Urteile vom 28.10.2008 VIII R 36/04, BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190 = SIS 08 41 00; in BFH/NV 2011, 592 = SIS 11 06 74) und setzt mithin eine Zahlungspflicht des Schuldners voraus. Fehlt eine solche Zahlungspflicht, ist die Annahme einer Schuldumschaffung nicht veranlasst (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 592 = SIS 11 06 74, Rz 25).

 

 

36

Die Novation muss sich zudem als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers über den Gegenstand der Altforderung darstellen, also auf seinem freien Entschluss beruhen (vgl. BFH-Urteile vom 17.7.1984 VIII R 69/84, BFHE 142, 215, BStBl II 1986, 48 = SIS 85 03 07; in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755 = SIS 97 22 03). Ein nicht geltend gemachter (bestehender) Anspruch kann deshalb mangels Ausübung für sich genommen noch nicht zu einem Zufluss führen (so BFH-Urteil vom 20.10.2015 VIII R 40/13, BFHE 252, 260, BStBl II 2016, 342 = SIS 16 04 66, zu einem fehlenden Zufluss bei unterlassener Geltendmachung eines testamentarischen Vermächtnisanspruchs gegen den Erben).

 

 

37

Dementsprechend hat der BFH den Verzicht auf Teilzahlungsansprüche aus einer Lebensversicherung nicht als Schuldumschaffung, sondern allenfalls als Stundung angesehen (BFH-Urteil vom 16.9.2014 VIII R 15/13, BFHE 247, 220, BStBl II 2015, 468 = SIS 14 33 43). Auch das Schrifttum geht in einem solchen Fall „verschobener Auszahlung“ vor Fälligkeit durch Änderung eines Versicherungsvertrages von einem fehlenden Zufluss aus, weil der Sachverhalt grundsätzlich - vorbehaltlich eines besonderen eigenen Interesses an einer späteren und deshalb höheren Auszahlung - nicht anders zu werten sei als derjenige, in dem eine Auszahlung von vornherein (schon bei Begründung des Versicherungsvertrages) erst später vorgesehen sei (so Dötsch, jurisPR-SteuerR 16/2015 Anm. 2).

 

 

38

dd) Eine zum Zufluss führende Novation kann auch vorliegen, wenn der Steuerpflichtige die Wahl zwischen Auszahlung und Wiederanlage bereits vor der Entstehung und Fälligkeit der Kapitalerträge getroffen hat.

 

 

39

Eine entsprechende Vereinbarung wirkt als Vorausverfügung auf die Zeitpunkte der späteren Wiederanlage fort (vgl. BFH-Urteile in BFHE 92, 221, BStBl II 1968, 525 = SIS 68 03 55, und vom 24.3.1993 X R 55/91, BFHE 171, 191, BStBl II 1993, 499 = SIS 93 12 21; in BFH/NV 2011, 592 = SIS 11 06 74). Eine Vorausverfügung über (zukünftige) Einkünfte stellt lediglich eine - an der Zurechnung der Einkünfte nichts ändernde - Einkunftsverwendung dar (BFH-Urteil vom 15.10.1981 IV R 77/76, BFHE 135, 175, BStBl II 1982, 340 = SIS 82 16 28).

 

 

40

Ob eine solche Vorausverfügung vorliegt, ist grundsätzlich anhand der für die Annahme einer Novation geltenden Maßstäbe zu prüfen, wobei die Interessenlage der Vertragspartner als Indiz weniger Gewicht hat, wenn die Modalitäten einer Auszahlung bzw. Verrechnung im Vorhinein vereinbart werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 171, 191, BStBl II 1993, 499 = SIS 93 12 21, unter 3.c bb der Entscheidungsgründe).

 

 

41

ee) Ob der Steuerpflichtige im Einzelfall tatsächlich die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt und ausgeübt hat und ob eine Schuldumschaffung im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers lag, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung, die dem FG obliegt (vgl. BFH-Beschluss vom 29.6.2000 XI B 10/00, BFH/NV 2000, 1469 = SIS 00 61 24: keine Fiktion des Zuflusses; BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 592 = SIS 11 06 74). Hierbei hat das FG alle Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Entscheidend kommt es auf den Zeitpunkt des mutmaßlichen Zuflusses an (vgl. BFH-Urteil vom 16.3.2010 VIII R 4/07, BFHE 229, 141, BStBl II 2014, 147 = SIS 10 19 14).

 

 

42

2. Nach diesen Grundsätzen ist die angefochtene Entscheidung des FG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

 

43

Die Entscheidung beruht auf den vom FG ausdrücklich zustimmend in Bezug genommenen - unter II.1. dieses Urteils dargestellten - Grundsätzen der Rechtsprechung.

 

 

44

Seine Würdigung, auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen seien die Voraussetzungen für die Annahme eines steuerbaren Zuflusses der streitigen Zinsen erst im Streitjahr gegeben, ist nach § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend, weil sie von einem zutreffenden Sachverhalt ausgeht und weder gegen die Denkgesetze noch allgemeinen Erfahrungssätze verstößt (vgl. dazu BFH-Urteile vom 14.2.1995 IX R 95/93, BFHE 177, 95, BStBl II 1995, 462 = SIS 95 11 05; vom 9.10.2013 IX R 2/13, BFHE 244, 247, BStBl II 2014, 527 = SIS 14 10 57; vom 12.4.2016 VIII R 60/14, BFH/NV 2016, 1455 = SIS 16 18 94; BFH-Beschluss vom 10.2.2005 VI B 113/04, BFHE 209, 211, BStBl II 2005, 488 = SIS 05 17 03).

 

 

45

a) Im Ausgangspunkt ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die im Jahr 1989 vereinbarten Änderungen des Versicherungsvertrages vom 15.10.1981 steuerlich zu einem neuen Vertrag zwischen den Vertragsbeteiligten geführt haben und deshalb sowohl für den Alt- wie für den Neuvertrag gesondert zu prüfen ist, ob jeweils die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit der daraus erzielten Zinserträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG gegeben sind.

 

 

46

aa) Die Würdigung des FG kann sich auf die von den Beteiligten nicht in Abrede gestellte tatsächliche und damit für den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindende Feststellung stützen, dass die für die Annahme eines neuen Vertrages wesentlichen Merkmale wie die Laufzeit, Versicherungssumme, Versicherungsprämie und Prämienzahlungsdauer geändert wurden (zu diesen Kriterien s. BFH-Urteile in BFHE 112, 484, BStBl II 1974, 633 = SIS 74 03 53; in BFHE 210, 326, BStBl II 2006, 53 = SIS 05 41 71, m.w.N.; BMF-Schreiben in BStBl I 2002, 827 = SIS 02 93 57).

 

 

47

Dies rechtfertigt den Schluss des FG, dass in steuerlicher Hinsicht ab dem Änderungszeitpunkt hinsichtlich der vorgenommenen Änderungen ein neuer Vertrag mit einer neu laufenden Zwölfjahresfrist i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG vorliegt.

 

 

48

bb) Diese Würdigung des FG verstößt entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht gegen die Denkgesetze, soweit das Gericht einerseits wegen der Vertragsänderungen ab 1989 neue Versicherungsverträge angenommen, andererseits aber hinsichtlich des Altvertrages keinen Zufluss der bis dahin erwirtschafteten Zinsen im Zeitpunkt der Vertragsänderung bejaht hat.

 

 

49

(1) Die Kläger verkennen damit schon im Ausgangspunkt, dass nach dem BFH-Urteil in BFHE 210, 326, BStBl II 2006, 53 = SIS 05 41 71 (unter II.1.b) nur „die über die Ursprungsverträge hinausgehenden Vertragsmodifikationen steuerlich als neue Verträge zu werten sind“ und der BFH damit ersichtlich der Auffassung der Finanzverwaltung folgt, dass bei nachträglich vereinbarten Vertragsänderungen grundsätzlich vom Fortbestand des alten Vertrages und nur hinsichtlich der Änderungen von einem neuen Vertrag auszugehen ist (BMF-Schreiben in BStBl I 2002, 827 = SIS 02 93 57, Rz 39 f.; vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 210, 326, BStBl II 2006, 53 = SIS 05 41 71, unter II.1.a).

 

 

50

(2) Auf dieser Grundlage wird der alte Vertrag (hier der Vertrag vom 15.10.1981) durch die späteren Änderungen nicht obsolet, sondern nur hinsichtlich seiner Laufzeit bis zum Zeitpunkt dieser Änderungen begrenzt. Er ist deshalb hinsichtlich seiner Merkmale und der vertraglichen Ansprüche nach den Verhältnissen in diesem Zeitpunkt (insbesondere hinsichtlich der für die Steuerfreiheit nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG zu wahrenden - hier aber im maßgeblichen Zeitpunkt der Änderung nicht gewahrten - Mindestlaufzeit und der in jenem Zeitpunkt erwirtschaften Zinsen) zu beurteilen.

 

 

51

Danach ist die für eine Steuerfreiheit erforderliche Mindestlaufzeit von 12 Jahren (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG) mit Blick auf das ursprünglich vereinbarte Laufzeitende 1.7.1993 nicht gewahrt. Denn für die Bemessung der Mindestlaufzeit kommt es allein auf die Zeitspanne zwischen Abschluss des Vertrages (hier 15.10.1981) und dem vereinbarten Endzeitpunkt (hier 1.7.1993) an; auf die vereinbarte Rückdatierung des Vertrages in das Jahr 1979 können sich die Kläger wegen der Maßgeblichkeit des Abschlussdatums des Vertrages für die Mindestlaufzeit (BFH-Urteil vom 12.10.2005 VIII R 87/03, BFHE 211, 467, BStBl II 2006, 251 = SIS 06 09 17) nicht berufen.

 

 

52

Hinsichtlich des mit den unter dem 17.8.1989 vereinbarten Änderungen abgeschlossenen Neuvertrages fehlt es ebenfalls an der Einhaltung der Zwölfjahresfrist des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG, weil insoweit die von der Vorschrift vorausgesetzte zwölfjährige Beitragspflicht mangels laufender Beitragszahlungen nicht gewahrt wurde, nachdem die Versicherung am 5.7.1990 (rückwirkend ab dem 1.7.1990) bis zum Vertragsablauf am 1.7.2001 beitragsfrei gestellt und die Versicherungssumme herabgesetzt wurde (vgl. dazu BFH-Urteile vom 12.10.2011 VIII R 7/09, BFH/NV 2012, 564 = SIS 12 06 67; vom 26.11.2014 VIII R 31/10, BFHE 249, 12, BStBl II 2016, 653 = SIS 15 12 95, sowie vom 6.7.2005 VIII R 71/04, BFHE 210, 326, BStBl II 2006, 53 = SIS 05 41 71).

 

 

53

b) Zugeflossen sind die streitigen Zinserträge erst mit Ablauf eines neu vereinbarten und gleichermaßen für die Alt- wie die Neuvereinbarung geltenden Fälligkeitstermins.

 

 

54

Für die Annahme eines Zuflusses im Zeitpunkt der 1989 vereinbarten Änderung des Lebensversicherungsvertrages fehlt es schon an einer in diesem Zeitpunkt bestehenden Zahlungspflicht des Gläubigers (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 592 = SIS 11 06 74, Rz 25); denn die Vertragsänderung erfolgte noch vor Fälligkeit der Zinszahlungen nach Maßgabe des Altvertrages und bezweckte lediglich, die Voraussetzungen der Steuerfreiheit gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG zu erreichen. Eine vorzeitige wirtschaftliche Verfügungsmacht des Klägers über die Zinserträge sollte damit nicht verbunden sein. Vielmehr sollte die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Zinserträge zur Einhaltung der Mindestlaufzeit gerade länger als ursprünglich vereinbart hinausgeschoben werden.

 

 

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

 

Anmerkung RiFG Dr. Bleschick

Die Besprechungsentscheidung liegt auf der Linie der bisherigen BFH-Rechtsprechung zur Steuerpflicht von Erträgen aus Kapitallebensversicherungen und zum Zufluss dieser Erträge. Im Einzelnen gilt danach:

 

1. Steuerpflicht für Erträge aus Kapitallebensversicherungen aus Altverträgen:

Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, unterliegen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG a.F. i.V.m. § 52 Abs. 36 EStG der Steuerpflicht. Diese Regelung ist zeitlich unbefristet weiter anzuwenden, wenn der Versicherungsvertrag vor dem 1.1.2005 abgeschlossen wurde (sog. Altverträge). Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. gilt die Steuerpflicht für Erträge aus Kapitallebensversicherungen nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrages nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Zu den Versicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG gehören u.a. Kapitalversicherungen gegen laufende Beitragsleistung mit Sparanteil, wenn der Vertrag für die Dauer von mindestens 12 Jahren abgeschlossen worden ist. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG konnten mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.

Zu beachten ist: Für nach dem 31.12.2004 geschlossene Versicherungsverträge sollen aufgrund der vom Gesetzgeber im AltEinkG getroffenen Belastungsentscheidung die Erträge aus Kapitallebensversicherungen ab 1.1.2005 im Interesse der Steuergerechtigkeit und Vereinfachung steuerlich erfasst werden. Allerdings ist die grds. Steuerpflicht durch § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG n.F. eingeschränkt: Es erfolgt der Ansatz nur der Hälfte bei Leistungen nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Stpfl. und 12 Jahren Laufzeit.

 

2. Beurteilung der Laufzeit bei Vertragsänderungen:

In der Besprechungsentscheidung bekräftigt der BFH seine bisherige Rechtsprechung zur Beurteilung der Laufzeit von Versicherungsverträgen bei Vertragsänderungen. Danach gilt (zuvor z.B. BFH, Urteil vom 6.7.2005 VIII R 71/04 = SIS 05 41 71, BStBl 2006 II S. 53, m.w.N.; ebenso BMF-Schreiben vom 19.4.1999 IV C 4 – S 2221 – 132/99 = SIS 99 11 02, DB 1999 S. 1298; vom 22.8.2002 IV C 4 – S 2221 – 211/02 = SIS 02 93 57, BStBl 2002 I S. 827): Werden Versicherungsverträge vor Ablauf der Zwölfjahresfrist geändert, ist die Frage, ob sie nach Inhalt und wirtschaftlichem Gehalt unverändert geblieben sind oder ob aufgrund der Änderungen Neuverträge vorliegen, im Wesentlichen nach den den Vertrag prägenden Merkmalen, nämlich

-

Laufzeit,

-

Versicherungssumme,

-

Versicherungsprämie und

-

Prämienzahlungsdauer

zu beurteilen.

Entsprechend dieser Grundsätze liegt – wie der BFH in der Rezensionsentscheidung erneut hervorgehoben hat – ein neuer Vertrag – mit der Folge einer ab dem Änderungszeitpunkt neu laufenden Zwölfjahresfrist i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. – vor, wenn der zuvor abgeschlossene Versicherungsvertrag u.a. hinsichtlich der Merkmale Laufzeit, Versicherungssumme, Versicherungsprämie und Prämienzahlungsdauer nachträglich geändert wird, ohne dass eine solche Vertragsänderung von vornherein vertraglich vereinbart war, oder dass einem Vertragspartner bereits im ursprünglichen Vertrag eine Option auf eine Änderung der Vertragsbestandteile eingeräumt worden ist.

 

3. Zufluss der steuerbaren Zinserträge:

Der Zufluss der nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerbaren Zinsen richtet sich nach dem allgemeinen Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG, erfordert also, dass der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Erträge erlangt. Dies kann insbesondere bei einer sog. Schuldumwandlung (Novation) gegeben sein. Eine solche Schuldumwandlung (Novation) verlangt eine Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger, nach der der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll. Zur Prüfung der Schuldumschaffung (Novation) sind der Verzicht auf Teilzahlungsansprüche, der keinen Zufluss begründet, und die zu einem Zufluss führende Wiederanlage zu differenzieren:

Nichtgeltendmachung bestehender Ansprüche: Ein nicht geltend gemachter (bestehender) Anspruch kann mangels Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht für sich genommen noch nicht zu einem Zufluss führen (so bereits BFH, Urteil vom 20.10.2015 VIII R 40/13 = SIS 16 04 66, BStBl 2016 II S. 342, zu einem fehlenden Zufluss bei unterlassener Geltendmachung eines testamentarischen Vermächtnisanspruchs gegen den Erben). Dementsprechend hat der BFH den Verzicht auf Teilzahlungsansprüche aus einer Lebensversicherung nicht als Schuldumschaffung, sondern allenfalls als Stundung angesehen (BFH-Urteil vom 16.9.2014 VIII R 15/13 = SIS 14 33 43, BStBl 2015 II S. 468). Dahinter steht die Wertung, dass in den Fällen „verschobener Auszahlung“ vor Fälligkeit durch Änderung eines Versicherungsvertrages von einem fehlenden Zufluss auszugehen ist, weil der Sachverhalt grds. – vorbehaltlich eines besonderen eigenen Interesses an einer späteren und deshalb höheren Auszahlung – nicht anders zu werten ist als derjenige, in dem eine Auszahlung von vornherein (schon bei Begründung des Versicherungsvertrages) erst später vorgesehen ist;

Ausübung eines Wahlrechts: Dagegen kann eine zum Zufluss führende Novation vorliegen, wenn der Stpfl. die Wahl zwischen Auszahlung und Wiederanlage bereits vor der Entstehung und Fälligkeit der Kapitalerträge getroffen hat: Eine entsprechende Vereinbarung wirkt als Vorausverfügung auf die Zeitpunkte der späteren Wiederanlage fort (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 24.3.1993 X R 55/91 = SIS 93 12 21, BStBl 1993 II S. 499). Eine Vorausverfügung über (zukünftige) Einkünfte stellt lediglich eine – an der Zurechnung der Einkünfte nichts ändernde – Einkunftsverwendung dar (BFH, Urteil vom 15.10.1981 IV R 77/76 = SIS 82 16 28, BStBl 1982 II S. 340). Zur Prüfung, ob eine solche Vorausverfügung vorliegt, ist grundsätzlich anhand der für die Annahme einer Novation geltenden Maßstäbe zu prüfen, wobei die Interessenlage der Vertragspartner als Indiz weniger Gewicht hat, wenn die Modalitäten einer Auszahlung bzw. Verrechnung bereits im Vorhinein vereinbart werden (vgl. BFH, Urteil vom 24.3.1993 X R 55/91 = SIS 93 12 21, BStBl 1993 II S. 499).

Da die vorgenannte Abgrenzung von den Umständen des Einzelfalls abhängt, sollten die zur Novation führenden Umstände bzw. Interessenlagen gegenüber dem FA (und ggf. FG) exakt dargelegt und glaubhaft gemacht werden; beim FG ist der Nachweis erforderlich. Die Besprechungsentscheidung bewirkt für den praktisch wichtigen Fall der Vertragsänderung aber eine gewisse Vorprägung der Einzelfallwürdigung: Erfolgt die Vertragsänderung – wie im Streitfall – noch vor Fälligkeit der Zinszahlungen nach Maßgabe des Altvertrages und bezweckt sie allein, die Voraussetzungen der Steuerfreiheit gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. zu erreichen, soll nach Auffassung des BFH damit eine vorzeitige wirtschaftliche Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen über die Zinserträge nicht verbunden sein; im Gegenteil soll die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Zinserträge zur Einhaltung der Mindestlaufzeit gerade länger als ursprünglich vereinbart hinausgeschoben werden, was nach der Rezensionsentscheidung die Annahme eines Zuflusses erst am Ende der Vertragslaufzeit rechtfertigt.