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I. Die in den Streitjahren zusammen
veranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger)
erwarben mit notariellem Kaufvertrag vom 25.6.2003 von der Stadt M
(Stadt) einen Miteigentumsanteil an dem Gebäude O mit dem
Sondereigentum an der Wohnung Nr. 3 im 2. Obergeschoss samt
Balkonen und im Dachgeschoss sowie am Abstellraum Nr. 3 im
Erdgeschoss. Die Stadt verpflichtete sich in Abschn. III des
Vertrages, die Anlage auf dem Vertragsgrundbesitz nach den
vereinbarten Bauplänen und der vereinbarten Baubeschreibung in
angemessener Zeit nach den anerkannten Regeln der Baukunst und den
Bauvorschriften technisch einwandfrei zu erstellen. Zum Umfang der
Herstellungsverpflichtung wurde klargestellt, dass das Gebäude
einer umfassenden Sanierung unter weitgehender Erhaltung der
Altbausubstanz unterzogen werde. In dem vereinbarten Kaufpreis von
120.100 EUR waren sämtliche Aufwendungen für die
Sanierung des Kaufobjekts gemäß der Bau- und
Sanierungsbeschreibung, alle Baunebenkosten und die Kosten für
den Erwerb des Grund und Bodens enthalten, ferner die
Anliegerleistungen im weitesten Sinne.
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Nachdem die Kläger im August 2004 die
Eigentumswohnung bezogen hatten, beantragten sie zunächst die
Eigenheim- und die Kinderzulage. Im Rahmen dieses Verfahrens wurde
vom Bausachverständigen des Beklagten und Revisionsbeklagten
(Finanzamt - FA - ) festgestellt, nach dem Gesamtbild der
Verhältnisse sei von einem bautechnisch neuen Gebäude
auszugehen.
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In ihren Einkommensteuererklärungen
für die Streitjahre beantragten die Kläger
gemäß § 10f Abs. 1 i.V.m. § 7h Abs. 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) hinsichtlich der über die
Bemessungsgrundlage für die Eigenheimzulage hinausgehenden
Baukosten für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung die
Berücksichtigung eines Abzugsbetrages für 2004 in
Höhe von 7.775 EUR sowie für 2005 und 2006 jeweils in
Höhe von 8.638 EUR.
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Die Stadt bestätigte mit Schreiben vom
26.10.2005,
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„dass das Gebäude O in M in
einem durch Sanierungssatzung vom xx.yy.1998 förmlich
festlegten Sanierungsgebiet belegen ist. Im Zuge der Sanierung
wurden 4 Wohnungen hergerichtet, welche als Eigentumswohnungen
verkauft wurden. Bauherr der Maßnahme war die Stadt
M.
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An dem Gebäude sind durchgeführt
worden: Maßnahmen, die der Erhaltung, Erneuerung und
funktionsgerechten Verwendung eines Gebäudes dienen, das wegen
seiner geschichtlichen oder städtebaulichen Bedeutung
erhaltenswert ist.
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Für die Käufer der
Eigentumswohnung 3, <Namen der Kläger>, sind
Aufwendungen von 138.359,04 EUR einschließlich Mehrwertsteuer
für den Erwerb und für Bauleistungen in Eigenregie
entstanden.
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Die Aufwendungen sind in dem anliegenden
Verzeichnis der Kosten, das Bestandteil dieser Bescheinigung ist,
gekennzeichnet. Die dargestellten Kosten sind nachgewiesen worden.
Die Bescheinigung ist nicht alleinige Voraussetzung für die
Inanspruchnahme der Steuervergünstigung. Die
Finanzbehörde prüft weitere steuerrechtliche
Voraussetzungen, insbesondere die Abziehbarkeit der Aufwendungen
als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben und die
Zugehörigkeit der Aufwendungen zu den Anschaffungskosten i. S.
des § 7h Abs. 1 Satz 3 EStG oder den Herstellungskosten, zu
den Werbungskosten, insbesondere zum Erhaltungsaufwand, oder zu den
nicht abziehbaren Kosten... .“
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Ein weiteres Schreiben vom 20.12.2006 der
Stadt hatte den Wortlaut:
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„... ergänzend zu der
Bescheinigung vom 26.10.2006 bestätigen wir Ihnen hiermit,
dass der bescheinigte Betrag für Herstellungskosten in
Höhe von 138.359,04 EUR für Maßnahmen im Sinne des
§ 177 BauGB angefallen ist, welche der Erhaltung, Erneuerung
und funktionsgerechten Verwendung des Gebäudes bzw. der
Wohnung in diesem Gebäude dienten, das wegen seiner
geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung erhalten werden
sollte.“
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Das FA lehnte den Sonderausgabenabzug mit
der Begründung ab, nur Herstellungskosten an einem bestehenden
Gebäude seien gemäß § 10f i.V.m. § 7h
EStG begünstigt, nicht hingegen der Neu- oder Wiederaufbau von
Gebäuden. Die Bescheinigungen der Stadt enthielten - entgegen
der Auffassung der Kläger - keine anders lautende bindende
Entscheidung. Nach der für Thüringen relevanten
Bescheinigungsrichtlinie habe die Bescheinigungsbehörde zu
prüfen und zu bescheinigen, ob die in § 7h Abs. 1 EStG
aufgeführten Tatbestandsmerkmale vorlägen; die
Entscheidung über das Vorliegen der übrigen steuerlich
bedeutsamen Tatbestandsmerkmale falle jedoch in die
Zuständigkeit der Finanzbehörden, sofern die
Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG den Hinweis enthalte, die
Bescheinigung sei nicht alleinige Voraussetzung für die
Inanspruchnahme der Steuervergünstigung. Zu der der
Finanzbehörde obliegenden Prüfung gehöre auch die
Beurteilung, ob durch die Baumaßnahmen ein Neubau oder ein
bautechnisch neues Gebäude entstanden sei. Zwischen den
Beteiligten sei im Streitfall unstreitig, dass die vorgenommenen
Baumaßnahmen zu einem bautechnisch neuen Gebäude
geführt hätten.
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Ihre nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhobene Klage begründeten die Kläger unter Bezugnahme
auf das Senatsurteil vom 24.6.2009 X R 8/08 (BFHE 225, 431, BStBl
II 2009, 960 = SIS 09 26 28) vor allem damit, dass der Normzweck
des § 7h EStG mit dem des § 7i EStG vergleichbar sei.
Beide Vorschriften zielten erkennbar auf die Erhaltung von
Gebäuden, sei es als Baudenkmal oder sei es wegen seiner
geschichtlichen, künstlerischen oder städtebaulichen
Bedeutung. Es gebe keinen Grund, die vom Bundesfinanzhof (BFH)
vorgenommene tatbestandsspezifische Einschränkung des
Neubaubegriffs in § 7h EStG nicht ebenfalls
vorzunehmen.
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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit
dem nicht veröffentlichten Urteil abgewiesen.
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Ihre Revision begründen die
Kläger mit der Verletzung materiellen Rechts.
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Die Kläger beantragen
sinngemäß, das angefochtene Urteil und die
Einspruchsentscheidungen vom 29.9.2010 aufzuheben sowie den
Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 28.4.2006 dahingehend zu
ändern, dass ein Abzugsbetrag in Höhe von 7.775 EUR
gemäß § 10f i.V.m. § 7h EStG
berücksichtigt wird, und die Einkommensteuerbescheide für
2005 vom 14.2.2007 und für 2006 vom 20.6.2008 so zu
ändern, dass jeweils ein Betrag in Höhe von 8.638 EUR
gemäß § 7h i.V.m. § 10f EStG abgezogen
wird.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision der Kläger ist
begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Der erkennende Senat teilt nicht die
Auffassung des FG, den Klägern sei der Abzug der Aufwendungen
für die Baumaßnahmen allein deshalb zu versagen, weil
durch sie ein nicht nach § 7h EStG geförderter Neubau im
bautechnischen Sinne errichtet worden sei (dazu unten 1.). Der
Senat kann jedoch auf der Grundlage der vom FG getroffenen
Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob die
Voraussetzungen des § 10f i.V.m. § 7h EStG im Streitfall
erfüllt worden sind (unten 2.). Die Sache geht daher zur
Nachholung tragfähiger Feststellungen an das FG
zurück.
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1. Nach § 10f Abs. 1 EStG kann der
Steuerpflichtige bei Stellung des Bauantrags vor dem 31.12.2003
(argumentum aus § 52 Abs. 27 Satz 2 EStG) Aufwendungen
„an einem eigenen Gebäude“ im Kalenderjahr
des Abschlusses der Baumaßnahme und in den neun folgenden
Kalenderjahren jeweils bis zu 10 % wie Sonderausgaben abziehen,
wenn die Voraussetzungen des - hier relevanten - § 7h EStG
oder des § 7i EStG vorliegen. Die Aufwendungen sind nur
begünstigt, soweit der Steuerpflichtige das Gebäude in
dem jeweiligen Kalenderjahr zu eigenen Wohnzwecken nutzt und die
Aufwendungen nicht in die Bemessungsgrundlage nach § 10e EStG
oder dem Eigenheimzulagengesetz einbezogen hat (§ 10f Abs. 1
Satz 2 EStG). Nach § 10f Abs. 5 EStG ist Abs. 1 „auf
Eigentumswohnungen“ entsprechend anzuwenden.
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a) Nach Maßgabe des § 7h Abs. 1
Satz 1 EStG kann der Steuerpflichtige - abweichend von § 7
Abs. 4 und 5 EStG - bei einem im Inland belegenen Gebäude in
einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder
städtebaulichen Entwicklungsbereich im Jahr der Herstellung
und in den folgenden neun Jahren jeweils bis zu 10 % der
Herstellungskosten für Modernisierungs- und
Instandsetzungsmaßnahmen i.S. des § 177 des
Baugesetzbuchs (BauGB) absetzen. § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG ist
entsprechend anzuwenden auf Herstellungskosten für
Maßnahmen, die der Erhaltung, Erneuerung und
funktionsgerechten Verwendung eines Gebäudes im Sinne des
Satzes 1 dienen, das wegen seiner geschichtlichen,
künstlerischen oder städtebaulichen Bedeutung erhalten
bleiben soll, und zu deren Durchführung sich der
Eigentümer neben bestimmten Modernisierungsmaßnahmen
gegenüber der Gemeinde verpflichtet hat (§ 7h Abs. 1 Satz
2 EStG). Der Steuerpflichtige kann die erhöhten Absetzungen
ebenfalls für Anschaffungskosten in Anspruch nehmen, die auf
Maßnahmen im Sinne der Sätze 1 und 2 entfallen, soweit
diese nach dem rechtswirksamen Abschluss eines obligatorischen
Erwerbsvertrages oder eines gleichstehenden Rechtsakts
durchgeführt worden sind (§ 7h Abs. 1 Satz 3 EStG).
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b) Der Steuerpflichtige muss gemäß
§ 7h Abs. 2 Satz 1 EStG die Voraussetzungen des Abs. 1
für das Gebäude und die Maßnahmen durch eine
Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde nachweisen.
Die Bescheinigung ist materiell-rechtliche Abzugsvoraussetzung
für die Begünstigung des § 7h EStG und
Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1
Nr. 1 der Abgabenordnung (BFH-Urteil vom 22.9.2005 IX R 13/04, BFHE
215, 158, BStBl II 2007, 373 = SIS 06 44 45, m.w.N.). Dies folgt
aus dem Zweck des § 7h Abs. 2 EStG. Denn mangels eigener
Sachkunde ist es den Finanzbehörden nicht möglich zu
überprüfen, ob Maßnahmen i.S. des § 7h Abs. 1
EStG durchgeführt worden sind.
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aa) Die Bindungswirkung der Bescheinigung
erstreckt sich auf die in § 7h Abs. 1 EStG benannten
Tatbestandsmerkmale, nämlich auf die Feststellung, ob das
Gebäude in einem Sanierungsgebiet belegen ist, ob
Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S. des §
177 BauGB bzw. Maßnahmen i.S. des § 7h Abs. 1 Satz 2
EStG durchgeführt und ob Zuschüsse aus Sanierungs- oder
Entwicklungsförderungsmitteln gewährt worden sind. Nach
diesen Grundsätzen prüft allein die Gemeinde, ob
Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S. des §
177 BauGB durchgeführt wurden. Aufgrund der Wertungen des
Baugesetzbuchs muss entschieden werden, wie die Begriffe
„Modernisierung“ und
„Instandsetzung“ zu verstehen sind und ob
darunter auch ein Neubau in bautechnischem Sinne zu subsumieren
ist.
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Vertritt das FA eine von der bescheinigenden
Gemeinde abweichende Auffassung und hält es den
Grundlagenbescheid für rechtswidrig, so hat es nur die
Möglichkeit, bei der Gemeinde darauf hinzuwirken, dass sie
ihre Bescheinigung zurücknimmt oder ändert (vgl. dazu
auch BFH-Urteil vom 17.12.1996 IX R 91/94, BFHE 182, 175, BStBl II
1997, 398 = SIS 97 11 24) und ist nach Remonstration auf den
Verwaltungsrechtsweg verwiesen (vgl. zu dem Vorstehenden
BFH-Urteile vom 21.8.2001 IX R 20/99, BFHE 196, 191, BStBl II 2003,
910 = SIS 01 13 79; in BFHE 215, 158, BStBl II 2007, 373 = SIS 06 44 45, und jüngst vom 6.5.2014 IX R 15/13, BFHE 246, 61 = SIS 14 24 97; IX R 16/13, BFH/NV 2014, 1729 = SIS 14 27 08, und IX R
17/13, BFH/NV 2014, 1731 = SIS 14 27 09). Sollte sich dieser Weg in
der Praxis als ungeeignet erweisen, um etwaigen offensichtlich
unrichtigen Bescheinigungen wirksam entgegenzutreten, wäre es
die Aufgabe des Gesetzgebers, die gegebene Kompetenzverteilung im
Interesse der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung zu
überprüfen und ggf. zu korrigieren.
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Der erkennende Senat schließt sich damit
für die Frage der Bindungswirkung der gemeindlichen
Bescheinigung gemäß § 7h Abs. 2 EStG der
Rechtsprechung des IX. Senats des BFH an.
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bb) Der Senat weist jedoch ausdrücklich
darauf hin, dass sich die Bindungswirkung der Bescheinigung
gemäß § 7h Abs. 2 EStG lediglich auf die in §
7h Abs. 1 EStG benannten Tatbestandsmerkmale erstreckt,
nämlich auf die Feststellung, ob das Gebäude in einem
Sanierungsgebiet belegen ist, ob Modernisierungs- und
Instandsetzungsmaßnahmen i.S. des § 177 BauGB bzw.
Maßnahmen i.S. des § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG
durchgeführt und ob Zuschüsse aus Sanierungs- oder
Entwicklungsförderungsmitteln gewährt worden sind.
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Keine Bindungswirkung besteht
demgegenüber in Bezug auf die Höhe der begünstigten
Herstellungsaufwendungen. Bei Maßnahmen i.S. des § 7h
EStG ist nämlich - anders als bei den nach § 7i EStG
geförderten Baumaßnahmen an Baudenkmälern - nicht
gesetzlich vorgeschrieben, dass sich aus der Bescheinigung selbst
auch die Höhe der begünstigten Herstellungskosten ergeben
muss (so BFH-Urteil vom 4.5.2004 XI R 38/01, BFHE 207, 100, BStBl
II 2005, 171 = SIS 04 41 10 zur Vorgängervorschrift des §
82g der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung; ebenso
Clausen in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 7h EStG Rz 21;
Schmidt/ Kulosa, EStG, 33. Aufl., § 7h Rz 7; Kaligin in
Lademann, EStG, § 7h EStG Rz 26; derselbe, DStR 2008, 1763;
Beck, DStR 2009, 1412; Handzik in Littmann/Bitz/ Pust, Das
Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 7h Rz 11a; a.A. R 7h Abs. 4
Satz 1 Nr. 3 des Amtlichen Einkommensteuer-Handbuchs 2013; wohl
auch FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.1996 5 K 269/95,
EFG 1996, 1209).
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Dies folgt aus dem Wortlaut des § 7h Abs.
2 EStG, in dem lediglich gefordert wird, dass der Steuerpflichtige
durch die Bescheinigung die Voraussetzungen des Abs. 1 für das
Gebäude und die Maßnahmen nachweist; die Höhe der
Herstellungskosten ist dagegen nicht genannt. Demgegenüber
sind in § 7i Abs. 2 EStG die Voraussetzungen des § 7i
Abs. 1 EStG für das Gebäude und die Erforderlichkeit der
Aufwendungen nachzuweisen, so dass diese Bescheinigung auch die
Höhe der Aufwendungen enthalten muss (vgl. z.B. BFH-Urteil vom
31.5.2001 IX R 23/97, BFH/NV 2001, 1397 = SIS 01 77 31;
Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 7i EStG Rz 7).
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Ist aber die Höhe der Aufwendungen kein
notwendiger Bestandteil der Bescheinigung gemäß §
7h Abs. 2 EStG, kann die bescheinigte Höhe auch nicht für
die Finanzverwaltung bindend sein. Infolgedessen hat die
Finanzbehörde nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die
Verpflichtung, die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen zu
überprüfen.
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2. Der Senat kann im Streitfall nicht
durcherkennen, da die sich in den Akten befindenden
Bescheinigungen, die von den Klägern vorgelegt wurden, weder
vollständig noch widerspruchsfrei sind. Sie reichen nicht als
Nachweis gemäß § 7h Abs. 2 EStG aus.
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a) Zunächst kann den beiden aufeinander
aufbauenden Bescheinigungen der Stadt vom 26.10.2005 und vom
20.12.2006 nicht entnommen werden, ob es sich um Aufwendungen i.S.
des § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG oder um solche i.S. des § 7h
Abs. 1 Satz 1 EStG gehandelt hat.
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In der Bescheinigung vom 26.10.2005 wird das
Vorliegen der Voraussetzungen i.S. des § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG
bestätigt, nämlich dass an dem Gebäude
Maßnahmen durchgeführt worden seien, die der Erhaltung,
Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung eines Gebäudes
dienten, das wegen seiner geschichtlichen oder städtebaulichen
Bedeutung erhaltenswert sei. In der ergänzenden Bescheinigung
vom 20.12.2006 bestätigt die Stadt demgegenüber, dass
Herstellungskosten für Maßnahmen i.S. des § 177
BauGB - und damit Maßnahmen i.S. des § 7h Abs. 1 Satz 1
EStG - angefallen seien, welche der Erhaltung, Erneuerung und
funktionsgerechten Verwendung des Gebäudes bzw. der Wohnung in
diesem Gebäude dienten, das wegen seiner geschichtlichen oder
städtebaulichen Bedeutung erhaltenswert sei.
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Zwar kann in der Bescheinigung auf eine
Unterscheidung zwischen Modernisierungs- und
Instandsetzungsmaßnahmen i.S. des § 7h Abs. 1 Satz 1
EStG und solchen i.S. des § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG verzichtet
werden (so BFH-Urteil in BFHE 215, 158, BStBl II 2007, 373 = SIS 06 44 45, unter II.1.b). Enthält die Bescheinigung aber eine
Präzisierung, muss sie in sich widerspruchsfrei sein.
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b) Zudem ist den Bescheinigungen der Stadt das
geförderte Objekt nicht eindeutig zu entnehmen. Während
sich die Bescheinigung vom 26.10.2005 lediglich auf das
Gebäude O bezieht, wird in der ergänzenden Bescheinigung
vom 20.12.2006 sowohl das Gebäude als auch die Wohnung der
Kläger als das „instandgesetzte“ Objekt
bezeichnet. Nach der Rechtsprechung des BFH muss sich in den
Fällen, in denen die Begünstigung des § 7h EStG
nicht für das Gebäude als Ganzes, sondern objektbezogen
für die erworbene Eigentumswohnung des Steuerpflichtigen als
selbständiges Wirtschaftsgut in Anspruch genommen wird, der
gemäß § 7h Abs. 2 EStG erforderliche Nachweis
ausdrücklich auf die erworbene Eigentumswohnung beziehen (s.
BFH-Urteile in BFHE 246, 61 = SIS 14 24 97; in BFH/NV 2014, 1729 =
SIS 14 27 08; in BFH/NV 2014, 1731 = SIS 14 27 09, sowie
Senatsurteil vom 16.9.2014 X R 29/12, www.bundesfinanzhof.de).
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c) Im Streitfall ist die Besonderheit zu
berücksichtigen, dass die Stadt selbst als Bauherrin
tätig geworden ist. In einem solchen Fall besteht nicht die
Möglichkeit, ein Gebot zu einer Maßnahme
gemäß § 177 BauGB auszusprechen oder eine
Baumaßnahme gemäß § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG zu
vereinbaren, weil die Gemeinde sich nicht selbst zur Beseitigung
der Missstände oder Behebung der vorhandenen Mängel
verpflichten kann (s.a. Köhler in Schrödter,
Baugesetzbuch, 7. Aufl., § 177 Rz 9).
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Daraus folgt aber nicht, dass der Erwerber
eines Gebäudes (oder einer Eigentumswohnung), das von der
verkaufenden Gemeinde noch instandgesetzt oder modernisiert werden
soll, grundsätzlich von der Förderung gemäß
§ 7h EStG ausgeschlossen wäre, da ansonsten die
Sanierungsbemühungen der Gemeinde und damit die Verwirklichung
des Zwecks des § 7h EStG erschwert würden.
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Es bedarf in einer solchen Konstellation indes
einer dem § 7h Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 EStG vergleichbaren
Verpflichtung der Gemeinde, die es der Finanzbehörde
ermöglicht, die Höhe der förderungsfähigen
Sanierungsaufwendungen zu überprüfen. So könnte sich
im Streitfall die Verpflichtung der Stadt aus dem Kaufvertrag vom
25.6.2003 ergeben, in dem sie sich den Klägern gegenüber
zur Erbringung von bestimmten Sanierungsmaßnahmen
verpflichtete, die laut Kaufvertrag einer als Anlage
beigefügten Beschreibung entnommen werden konnte.
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Eine besonders intensive Prüfung der -
sich nicht in den Akten befindenden - Anlagen sowohl des
Kaufvertrages als auch der Bescheinigung vom 26.10.2005 ist auch
deshalb gefordert, weil es in einer Situation wie der vorliegenden
an einem natürlichen Interessengegensatz bei der Gemeinde
fehlt. Diese ist einerseits als Bauherrin und Verkäuferin an
der Erzielung eines möglichst hohen Verkaufserlöses
interessiert und kann andererseits eine Bescheinigung ausstellen,
die als Grundlage für eine Steuervergünstigung des
Käufers dient und die zu Lasten des Steueraufkommens des
Bundes und der Länder wirkt.
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d) Es ist ebenfalls darauf hinzuweisen, dass
die Kläger als Käufer und nicht als Bauherren
gemäß § 7h Abs. 1 Satz 3 EStG die
Steuervergünstigung für die in den Sätzen 1 und 2
genannten Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in
Anspruch nehmen wollen. Der Steuerabzug umfasst dann den Teil der
Anschaffungskosten, der auf Maßnahmen i.S. des § 7h Abs.
1 Sätze 1 und 2 EStG entfällt, soweit diese nach dem
Abschluss eines obligatorischen Erwerbsvorgangs - hier also nach
dem 25.6.2003 - vorgenommen worden sind.
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Gefördert wird damit nicht der Kaufpreis
an sich, sondern nur der Teil, der sich auf Baumaßnahmen i.S.
des § 7h Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG bezieht. Der
Gesamtkaufpreis, der auch sämtliche bis zum Abschluss der
Baumaßnahmen entstehende Aufwendungen umfasst, ist damit
aufzuteilen und dem Grund und Boden, der Altbausubstanz des
Gebäudes, den Baumaßnahmen i.S. des § 7h Abs. 1
Satz 3 EStG, den übrigen Baumaßnahmen und den sofort
abziehbaren Werbungskosten zuzuordnen (vgl. dazu auch Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen vom 20.10.2003, BStBl I 2003, 546 =
SIS 03 46 62, Rz 10; Stuhrmann in Bordewin/Brandt, § 7h EStG
Rz 16 f.; HHR/Clausen, § 7h EStG Rz 18; Kaligin in Lademann,
a.a.O., § 7h EStG Rz 19).
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e) Im Streitfall kann der Senat mangels
tatsächlicher Feststellungen des FG nicht beurteilen, welche
Bauverpflichtungen die Stadt eingegangen ist. In den Akten sowohl
des FG als auch des FA sind die konkreten Vereinbarungen wegen der
fehlenden Anlagen nicht enthalten. Auch ist den Akten nicht zu
entnehmen, wann die Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten,
zu denen die Stadt sich verpflichtet hat, vorgenommen wurden. Weder
das FA noch das FG haben - ausgehend von ihrem Rechtsstandpunkt zu
Recht - entsprechende Unterlagen angefordert.
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