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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betrieb im
Streitjahr 2008 Tankstellen mit Shops und Waschstraßen. Die
zum Betrieb wesentlichen Betriebsgrundlagen pachtete sie. In ihrer
Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr
ermittelte die Klägerin ein zu versteuerndes Einkommen von
15.839 EUR. Hierbei berücksichtigte sie gemäß
§ 4 Abs. 5b des Einkommensteuergesetzes 2002 i.d.F. des
Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007 (BGBl I 2007,
1912, BStBl I 2007, 630) - EStG 2002 n.F. - i.V.m. § 8 Abs. 1
des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) als nichtabziehbare
Aufwendungen u.a. Gewerbesteuer in Höhe von 10.264 EUR. Der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) setzte
erklärungsgemäß für das Streitjahr die
Körperschaftsteuer auf 2.375 EUR, den Gewerbesteuermessbetrag
auf 2.184 EUR und die Gewerbesteuer auf 10.264,80 EUR fest.
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Die Klägerin ist der Auffassung, die
mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 eingeführte
Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer im Rahmen der Gewinnermittlung
für die Körperschaftsteuer sei verfassungswidrig. Sie
verstoße insbesondere bei „pachtintensiven“
Betrieben sowohl gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3
Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) als auch gegen die Eigentumsgarantie
des Art. 14 Abs. 1 GG. Ihre deswegen u.a. gegen den
Körperschaftsteuerbescheid 2008 erhobene Klage blieb ohne
Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Hamburg hat sie als unbegründet
abgewiesen; sein Urteil vom 29.2.2012 1 K 48/12 ist in EFG 2012,
933 = SIS 12 08 61 abgedruckt.
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Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf
Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der
Klägerin.
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Die Klägerin beantragt
(sinngemäß), das FG-Urteil hinsichtlich der
Körperschaftsteuer aufzuheben und den angefochtenen Bescheid
dahin zu ändern, dass die Körperschaftsteuer auf 836 EUR
herabgesetzt wird.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Die Festsetzung
der Körperschaftsteuer in dem angefochtenen Bescheid
entspricht - was auch die Klägerin nicht anders sieht - den
gesetzlichen Vorgaben. Wie schon die Vorinstanz ist auch der
erkennende Senat nicht davon überzeugt, dass die im Streitfall
über § 8 Abs. 1 KStG 2002 zur Anwendung kommende Regelung
des § 4 Abs. 5b EStG 2002 n.F., nach der die Gewerbesteuer und
die darauf entfallenden Nebenleistungen keine Betriebsausgaben
sind, für den hier in Rede stehenden Bereich der
Körperschaftsteuer verfassungswidrig ist (ebenso Tiede in
Herrmann/Heuer/ Raupach, § 4 EStG Rz 1969; Blümich/Wied,
§ 4 EStG Rz 922; Frotscher, EStG, § 4 Rz 889; Seifert in
Korn, § 4 EStG Rz 1223.6; anderer Auffassung Schlotter/von
Freeden in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, S.
398; Rossa/Malzkorn, DB 2012, 1169). Die Voraussetzungen für
eine Aussetzung des Verfahrens und die Einholung einer Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gemäß Art. 100
Abs. 1 GG sind daher nicht gegeben.
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1. Das Abzugsverbot verstößt nicht
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
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a) Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ist
für die direkten Steuern sowohl ein systemtragendes Prinzip
abzuleiten - die Besteuerung nach der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts - als auch das Gebot,
dieses Prinzip bei der Ausgestaltung des einfachen Rechts
folgerichtig umzusetzen (BVerfG-Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL
12/07, BVerfGE 127, 224 = SIS 10 36 57, m.w.N.). Zur Ermittlung der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts bedarf
es eines Ausgleichs zwischen den von ihm erwirtschafteten
besteuerbaren Einnahmen und den zur Erzielung dieser Einnahmen
aufgewendeten Ausgaben. Das damit beschriebene
(„objektive“) Nettoprinzip ist jedenfalls
einfachgesetzlich in § 2 Abs. 2 EStG 2002 n.F. angelegt (s.
BVerfG-Beschluss vom 12.5.2009 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 = SIS 09 21 10) und auf der Grundlage der Verweisung in § 8 Abs. 1
KStG 2002 auch im Bereich der Körperschaftsteuer anzuwenden
(BVerfG-Beschluss in BVerfGE 127, 224 = SIS 10 36 57; Senatsurteil
vom 22.8.2012 I R 9/11, BFHE 238, 419, BStBl II 2013, 512 = SIS 12 30 99, m.w.N.).
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b) Die Regelung des § 4 Abs. 5b EStG 2002
n.F. schränkt das objektive Nettoprinzip ein.
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aa) Zu Recht hat das FG die Gewerbesteuer
trotz des Wortlauts des § 4 Abs. 5b EStG 2002 n.F., dem
zufolge Gewerbesteuer und Nebenleistungen „keine
Betriebsausgaben“ seien, der Sache nach als betrieblich
veranlasste Aufwendung i.S. von § 4 Abs. 4 EStG 2002 n.F.
angesehen. Denn die Gewerbesteuer als ertragsorientierte
Objektsteuer (vgl. dazu z.B. BVerfG-Beschluss vom 21.6.2006 2 BvL
2/99, BVerfGE 116, 164 = SIS 06 33 60; Senatsbeschluss vom
16.10.2012 I B 128/12, BFHE 238, 452, BStBl II 2013, 30 = SIS 12 30 56) knüpft unabhängig von den persönlichen
Verhältnissen des Betriebsinhabers an den Gewerbebetrieb als
Steuerobjekt an und berührt nicht die Privatsphäre des
Steuersubjekts und auch nicht - wenn Betriebsinhaber eine
Gesellschaft ist - diejenige der Anteilseigner. Die Wirkweise des
§ 4 Abs. 5b EStG 2002 n.F. ist mithin dahin zu verstehen, dass
dadurch - vergleichbar z.B. den Tatbeständen des § 4 Abs.
5 und § 4h EStG 2002 n.F. - ein steuerliches Abzugsverbot
für die Betriebsausgabe Gewerbesteuer angeordnet wird (so auch
Tiede in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 4 EStG Rz 1966; Bode in
Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 4 Rz 237; Schmidt/Heinicke, EStG,
33. Aufl., § 4 Rz 618; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz
923; Seifert in Korn, § 4 EStG Rz 1223.6; indirekt auch
Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 11.8.2008, BStBl
I 2008, 838 = SIS 08 31 34, Rz 16).
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bb) Das Abzugsverbot schränkt das
objektive Nettoprinzip ein, indem die mit der Gewerbesteuerpflicht
verbundene Verminderung der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit bei der Bemessung der Einkommen- bzw.
Körperschaftsteuer nicht berücksichtigt wird.
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c) Die sonach vorhandene Beeinträchtigung
des objektiven Nettoprinzips durch § 4 Abs. 5b EStG 2002 n.F.
lässt sich für Körperschaften sachlich hinreichend
begründen und verstößt nicht gegen den Grundsatz
der Folgerichtigkeit.
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aa) Es bestehen im Ausgangspunkt keine
grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass
neben der Einkommen- oder Körperschaftsteuer zusätzlich
auch Gewerbesteuer erhoben wird (vgl. BVerfG-Beschluss vom
15.1.2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 = SIS 08 25 65, m.w.N.). Auch
ist kein zwingendes verfassungsrechtliches Gebot erkennbar, dem
zufolge die mit einer dieser Steuerarten verbundenen Lasten im
Rahmen der Bemessungsgrundlage der jeweils anderen Steuerart
berücksichtigt werden müssten. Der bis zum Jahr 2007
mögliche Abzug der Gewerbesteuer von der Bemessungsgrundlage
der Körperschaftsteuer beruhte mithin nicht auf einer
verfassungsrechtlichen Vorgabe, sondern auf einer Entscheidung des
(einfachen) Gesetzgebers. Dieser war folglich verfassungsrechtlich
auch nicht grundsätzlich gehindert, die Abzugsfähigkeit
zu modifizieren oder ganz abzuschaffen.
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bb) Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008
wurde der Körperschaftsteuersatz von 25 v.H. auf 15 v.H.
gesenkt und die Gewerbesteuermesszahl von maximal 5 v.H. auf
einheitlich 3,5 v.H. verringert, so dass die nominale Belastung der
Unternehmensgewinne - bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 400 v.H.
- nur noch bei 29,83 v.H. lag. Damit sollte ausweislich der
Begründung des Fraktionsentwurfs eines
Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (BTDrucks 16/4841, S. 31) der
fiskalische Anreiz, Gewinne ins Ausland zu verlagern, gemindert und
die Bundesrepublik Deutschland attraktiver für
ausländische Direktinvestitionen werden. Zugleich sollte zur
Kompensation der geringeren nominalen Steuerbelastung die
steuerliche Bemessungsgrundlage durch verschiedene Maßnahmen
vergrößert und verstetigt werden, wie insbesondere die
Einführung der sog. Zinsschranke (§ 4h EStG 2002 n.F.),
die Erweiterung der gewerbesteuerlichen
Hinzurechnungstatbestände und eben die Abschaffung der
Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer gemäß § 4
Abs. 5b EStG 2002 n.F. von den Bemessungsgrundlagen der Einkommen-
und Körperschaftsteuer als auch jener der Gewerbesteuer
selbst. Bei Personenunternehmen, die von der Absenkung des
Körperschaftsteuersatzes nicht profitierten, wurde das
Abzugsverbot für die Gewerbesteuer wiederum mit der
Erhöhung des Anrechnungsfaktors der Gewerbesteuer auf die
Einkommensteuer von 1,8 auf 3,8 kompensiert, was ausweislich der
Gesetzesbegründung bei einem bundesweit durchschnittlichen
Gewerbesteuerhebesatz von 400 v.H. zu einer vollständigen
Entlastung der Personenunternehmen von der Gewerbesteuerschuld
führen sollte (BTDrucks 16/4841, S. 32).
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Das Abzugsverbot für die Gewerbesteuer
ist vom Gesetzgeber zudem damit begründet worden, dass das bis
dahin bestehende System der Unternehmensbesteuerung
unübersichtlich und reformbedürftig sei: Die
Gewerbesteuer sei als Betriebsausgabe bei der Bemessung der
Einkommen- und Körperschaftsteuer zu berücksichtigen und
mindere damit auch ihre eigene Bemessungsgrundlage; zudem werde bei
Personenunternehmen die Gewerbesteuer pauschal auf die
Einkommensteuerschuld angerechnet; insgesamt zeige sich somit ein
intransparentes Zusammenwirken der unterschiedlichen Steuern.
Weiterhin führe die Abzugsfähigkeit der Steuern
untereinander dazu, dass die Einnahmenströme der
Gebietskörperschaften miteinander vermischt würden;
dadurch werde eine genaue Zurechnung der Steuerbelastung auf die
verschiedenen Gebietskörperschaften erschwert. Dies sei eine
Folge des Betriebsausgabenabzugs, dessen Wirkung von der Höhe
des Körperschaftsteuersatzes abhänge; werde der
Gewerbesteuerhebesatz erhöht, werde ein Teil dieser kommunalen
Steuererhöhung wiederum über den Betriebsausgabenabzug
bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer auf andere
Gebietskörperschaften übertragen (BTDrucks 16/4841, S.
30).
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Mit den Neuregelungen werde die Transparenz
der Besteuerung erhöht, weil die nominale Belastung etwa bei
Kapitalgesellschaften einfach durch Addition der nominalen
Belastung durch Gewerbesteuer einerseits und
Körperschaftsteuer sowie Solidaritätszuschlag
andererseits ermittelt werden könne. Bei Personenunternehmen
werde die entlastende Wirkung der pauschalen
Gewerbesteueranrechnung ebenfalls klarer; statt die
Gewerbesteuerschuld von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer
abzuziehen und später auch noch in pauschaler Form von der
Einkommensteuerschuld, gebe es nur noch den pauschalierten, auf die
tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer begrenzten Abzug von der
Einkommensteuerschuld (BTDrucks 16/4841, S. 32).
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cc) Die Abschaffung des Gewerbesteuerabzugs
(auch) von der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage
ist demnach Bestandteil einer Reform der Unternehmensbesteuerung
mit für den Steuerpflichtigen teilweise belastenden, teilweise
aber auch entlastenden Wirkungen. Soweit die
Körperschaftsteuer betroffen ist, war Hauptziel der Reform
eine Herabsetzung des Steuersatzes um 40 v.H. bei gleichzeitiger
Vergrößerung der steuerlichen Bemessungsgrundlage. Zur
Überzeugung des Senats ist der Gesetzgeber nicht von
Verfassungs wegen daran gehindert, im Rahmen eines solchen
steuerpolitischen Vorhabens einzelne betriebliche Aufwendungen
unter Einschränkung des objektiven Nettoprinzips bei der
Bemessung der Körperschaftsteuer unbeachtet zu lassen. Das
gilt jedenfalls insoweit, als die betreffenden Aufwendungen - wie
bei der Gewerbesteuer grundsätzlich der Fall - annähernd
gleichmäßig bei allen Körperschaftsteuersubjekten
anfallen. Es kann insoweit nicht isoliert auf einen rein fiskalisch
motivierten Einzelzweck des Abzugsverbots abgestellt werden;
vielmehr ist insoweit der Gesamtzusammenhang der beabsichtigten
Reform zu betrachten.
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Soweit die Klägerin geltend macht, in
ihrem Fall nehme die Gewerbesteuer wegen der Hinzurechnungen von
Pachtentgelten nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e des
Gewerbesteuergesetzes 2002 i.d.F. des
Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (GewStG 2002 n.F.) einen
Umfang an, der durch die Absenkung des
Körperschaftsteuersatzes von 25 v.H. auf 15 v.H. nicht
aufgefangen werde, ändert das nichts an der Bewertung der
Reformzwecke als sachliche Gründe für eine Durchbrechung
des objektiven Nettoprinzips. Die Rechtfertigung setzt nicht
voraus, dass die verschiedenen vorgesehenen Kompensationswirkungen
innerhalb der Gesamtreform in jedem Einzelfall vollständig zur
Geltung kommen und somit sämtliche Steuerpflichtigen nach der
Reform nicht schlechter dastehen als vorher. Der Gesetzgeber ist
bei der Ordnung von Massenerscheinungen vielmehr grundsätzlich
befugt, generalisierende, typisierende und pauschalierende
Regelungen zu treffen, ohne allein schon wegen der damit
unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz zu verstoßen (z.B. BVerfG-Beschluss vom
8.10.1991 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348 = SIS 91 24 36). Ohnehin
geht es im vorliegenden Verfahren nicht um die
Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer als solche,
sondern lediglich um die fehlende Abzugsmöglichkeit der
Gewerbesteuer als Betriebsausgabe bei der Ermittlung der
Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer.
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Darüber hinaus hat der Gesetzgeber das
Abzugsverbot mit den beschriebenen steuersystematischen
Erwägungen begründet; auch diese sind - unabhängig
von einer steuerpolitischen Bewertung - als sachlicher Grund
geeignet, die Einschränkung des objektiven Nettoprinzips zu
rechtfertigen. Sie bieten insbesondere eine (von der Revision
vermisste) Begründung dafür, warum der Gesetzgeber
ausgerechnet den Ausschluss des Gewerbesteuerabzugs als Instrument
zur Verbreiterung der steuerlichen Bemessungsgrundlage
ausgewählt hat.
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dd) Die von der Revision geltend gemachten
Zweifel an der folgerichtigen Ausgestaltung des Abzugsverbots sind
unbegründet.
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Sie beruft sich zum einen auf eine
Ungleichbehandlung zwischen einerseits
„pachtintensiven“ Betrieben wie jenem der
Klägerin, die aufgrund der Hinzurechnungsbestimmungen für
Pachtentgelte nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG 2002 n.F.
verhältnismäßig mehr Gewerbesteuer zahlen und
andererseits Betrieben mit geringerem gewerbesteuerlichem
Hinzurechnungspotential. Insoweit ist jedoch im Rahmen des
Abzugsverbots bei der Körperschaftsteuer eine
Ungleichbehandlung der jeweiligen Betriebsformen bezüglich der
Höhe der Gewerbesteuer hinzunehmen, wenn die
Ungleichbehandlung schon bei der Bemessung der Gewerbesteuer selbst
nicht zu einem Verstoß gegen Art. 3 GG führt. Und dass
der Senat - anders als das FG in seinem den
Gewerbesteuermessbescheid der Klägerin für das Streitjahr
betreffenden Normenkontrollersuchen an das BVerfG vom 29.2.2012 1 K
138/10 (EFG 2012, 960 = SIS 12 08 75) - keine ernstlichen Zweifel
daran hat, dass die Gewerbesteuer auch in Ansehung der durch das
Unternehmensteuerreformgesetz 2008 veränderten
Hinzurechnungstatbestände für Mieten und Pachten nicht
verfassungswidrig ist, hat er in seinem Beschluss in BFHE 238, 452,
BStBl II 2013, 30 = SIS 12 30 56 ausgeführt, auf den insoweit
verwiesen wird.
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Zum anderen hält die Revision eine
Ungleichbehandlung von pachtintensiven Körperschaften im
Vergleich zu pachtintensiven Personenunternehmen für gegeben,
weil bei Körperschaften die aus der Anwendung des § 4
Abs. 5b EStG 2002 n.F. resultierende Belastung nicht durch eine
Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer - wie sie
§ 35 EStG 2002 n.F. vorsieht - kompensiert werde. Die
erweiterten Anrechnungsmöglichkeiten für
Personenunternehmen nach § 35 EStG 2002 n.F. lassen sich
jedoch damit rechtfertigen, dass diese von der Herabsetzung der
Körperschaftsteuer auf 15 v.H. durch das
Unternehmensteuerreformgesetz 2008 nicht profitieren. Ob die
Behauptung der Klägerin zutrifft, pachtintensive
Körperschaften stünden nunmehr im Hinblick auf die
Berücksichtigung der Gewerbesteuern im Ergebnis schlechter da
als pachtintensive Personenunternehmen, kann offen bleiben. Denn
Körperschaften einerseits und Personenunternehmen
(natürliche Personen und Mitunternehmerschaften) andererseits
unterliegen grundlegend verschiedenen Besteuerungskonzepten. Der
Gesetzgeber ist aufgrund des verfassungsrechtlichen
Gleichheitssatzes nicht zu einer rechtsformneutralen Ausgestaltung
der Besteuerungsvorschriften verpflichtet (vgl. BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 116, 164 = SIS 06 33 60; Senatsurteil vom 6.10.2009 I R
39/09, BFH/NV 2010, 470 = SIS 10 06 12; Senatsbeschluss vom
15.2.2012 I B 97/11, BFHE 236, 458, BStBl II 2012, 697 = SIS 12 07 31).
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d) Soweit die Revision sich wegen der
Höhe ihrer Gesamtsteuerbelastung auch auf eine Verletzung des
sog. subjektiven Nettoprinzips beruft, welches die Sicherstellung
des Existenzminimums erfordere, greift dieses für
Kapitalgesellschaften nicht. Das subjektive Nettoprinzip besagt,
dass nur der Teil des Erwerbseinkommens, der für den
Steuerpflichtigen disponibel ist, der Einkommensteuer unterliegen
darf, weshalb die unvermeidbaren Aufwendungen für die eigene
Existenzsicherung und der Unterhalt der Familienangehörigen
von der Besteuerung freigestellt sein müssen (z.B.
BVerfG-Beschluss vom 29.5.1990 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL
4/86, BVerfGE 82, 60 = SIS 90 14 01; Hey in Tipke/Lang,
Steuerrecht, 21. Aufl., § 8 Rz 71 ff., m.w.N.). Dieser Gedanke
ist indes auf die Berücksichtigung unvermeidbarer
Privataufwendungen zugeschnitten und lässt sich auf
Kapitalgesellschaften, die über keine außerbetriebliche
Sphäre verfügen (dazu z.B. Senatsurteil vom 22.8.2007 I R
32/06, BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 961 = SIS 07 36 22, m.w.N.),
nicht übertragen.
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2. Der Senat hält auch keinen
Verstoß des § 4 Abs. 5b EStG 2002 n.F. gegen die
verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentumsgarantie aus Art.
14 GG für gegeben. Der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG
dürfte allerdings betroffen sein, weil die Gewährleistung
des Art. 14 Abs. 1 GG den Grundrechtsträger auch dann
schützt, wenn Steuerpflichten - wie im
Körperschaftsteuerrecht - an den Hinzuerwerb von Eigentum
anknüpfen (BVerfG-Beschluss vom 18.1.2006 2 BvR 2194/99,
BVerfGE 115, 97 = SIS 06 16 42). Jedoch liegt in der Regelung des
§ 4 Abs. 5b EStG 2002 n.F. aus den vorgenannten Gründen
jedenfalls eine verfassungsrechtlich zulässige Bestimmung der
Schranken jenes Eigentumsrechts i.S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 2
GG.
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Soweit sich die Revision mit Blick auf die von
ihr mit 79,8 v.H. des zu versteuernden Einkommens bezifferte
Gesamt-Steuerquote für das Streitjahr auf eine Verletzung des
Verhältnismäßigkeitsprinzips beruft
(„Übermaßbesteuerung“), wäre
hierfür - wie die Revision selbst betont - in erster Linie die
Gewerbesteuer selbst, nicht aber die hier nur
verfahrensgegenständliche Körperschaftsteuer
verantwortlich. Die Gesamtsteuerbelastung würde sich durch den
angestrebten Abzug der Gewerbesteuer von der Bemessungsgrundlage
der Körperschaftsteuer nicht wesentlich ändern. Im
Übrigen muss die Möglichkeit, dass es in
Sonderkonstellationen zu Übermaßbesteuerungen kommen
kann, nicht zwingend zur Verfassungswidrigkeit der betreffenden
Steuergesetze führen; denkbar wäre auch, dem im Wege
eines Billigkeitserweises zu begegnen (vgl. zur Gewerbesteuer
Senatsbeschluss in BFHE 238, 452, BStBl II 2013, 30 = SIS 12 30 56).
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