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I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) ist Vater einer im Juni 1983 geborenen Tochter, die
seit Juni 2003 in einem eigenen Haushalt lebte und für die er
aufgrund von Bescheiden aus dem Jahr 2004 Kindergeld bezog. Die
Tochter war arbeitslos und bezog ALG II. Sie war auch als
Bewerberin um eine berufliche Ausbildungsstelle gemeldet und hatte
sich zudem selbst um einen Ausbildungsplatz bemüht. Am
11.6.2005 gebar die Tochter des Klägers eine Tochter. Seit dem
23.4.2005 - dem Tag des Beginns ihrer Mutterschutzfrist - war sie
mit dem Vermerk „Mutterschutz/Elternzeit“ wegen
„Mangelnde Verfügbarkeit/Mitwirkung“ nicht mehr
als Bewerberin um einen Ausbildungsplatz registriert.
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Die Beklagte und Revisionsbeklagte
(Familienkasse) hob die Festsetzung des Kindergeldes für Mai
2005 bis Mai 2006 sowie von September 2007 bis März 2008 auf.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als
unbegründet ab. Es führte aus, die Tochter sei nicht nach
§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c des Einkommensteuergesetzes
(EStG) zu berücksichtigen, weil sie nicht als Bewerberin
für eine berufliche Ausbildungsstelle gemeldet gewesen sei.
Der Umstand, dass sie sich von Mai 2005 bis August 2005 im
Mutterschutz befunden habe, führe nicht dazu, dass sie in
diesem Zeitraum weiterhin als Ausbildungssuchende anzusehen sei.
Die Familienkasse habe die Festsetzung des Kindergeldes
gemäß § 70 Abs. 2 EStG zu Recht aufgehoben; ihr
Rückforderungsanspruch sei auch nicht verwirkt.
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Zur Begründung seiner Revision
trägt der Kläger vor, eine Rückforderung von
Kindergeld für die Mutterschutzzeit scheide aus. Gleiches
müsse aufgrund des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes auch
für die anschließende Elternzeit gelten, da die Tochter
wegen der Erziehung ihres Kindes nicht in der Lage gewesen sei,
sich um eine Ausbildungsstelle zu bemühen. Die
Rückforderung sei auch aus Vertrauensschutzgründen
ausgeschlossen.
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Der Kläger beantragt, das FG-Urteil,
den Aufhebungsbescheid und die Einspruchsentscheidung
aufzuheben.
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Die Familienkasse beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Familienkasse ... der Bundesagentur
für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss
des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom
18.4.2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des
Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur
für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 1 der Anlage 2) im
Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der
Agentur für Arbeit ... - Familienkasse - eingetreten (s. dazu
Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3.3.2011 V B 17/10,
BFH/NV 2011, 1105 = SIS 11 18 86, unter II.A.).
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III. Die Revision ist hinsichtlich der Monate
Mai bis August 2005 begründet (1.); im Übrigen, d.h.
hinsichtlich der Monate September 2005 bis Mai 2006 sowie September
2007 bis März 2008, wird sie als unbegründet
zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ), da der Kläger insoweit keinen Anspruch auf Kindergeld
hat (2.) und die Rückforderung auch nicht ausgeschlossen war
(3.).
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1. Die Tochter des Klägers ist für
den Zeitraum Mai bis August 2005 weiterhin nach § 32 Abs. 4
Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG als Kind zu berücksichtigen, weil
die Unterbrechung der Suche nach einem Ausbildungsplatz
während der Mutterschutzfrist ebenso unschädlich ist wie
die Unterbrechung einer Ausbildung während der
Schutzfrist.
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a) Die Familienkasse hat die Tochter aufgrund
des Bescheids vom 6.2.2004 bis einschließlich April 2005 als
Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz berücksichtigt und
daher Kindergeld gewährt. Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der Berücksichtigung - ab Juli 2004
gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG -
bestehen nicht. Denn die Tochter des Klägers hat sich selbst
ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht (vgl. Senatsurteil
vom 22.9.2011 III R 30/08, BFHE 235, 327, BStBl II 2012, 411 = SIS 11 37 56) und war zudem bei der Agentur für Arbeit als
Bewerberin um eine berufliche Ausbildungsstelle registriert.
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b) Die Tochter ist auch während der Zeit
ihres Mutterschutzes nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c
EStG zu berücksichtigen, der sechs Wochen vor der erwarteten
Entbindung begann (§ 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz der
erwerbstätigen Mutter - MuSchG - ) und mit dem der Niederkunft
am 11.6.2005 folgenden achtwöchigen Beschäftigungsverbot
(§ 6 Abs. 1 MuSchG) im August 2005 endete, obwohl sie
währenddessen von der Agentur mit Hinweis auf den Mutterschutz
„abgemeldet“ worden war.
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aa) Der BFH hat bereits entschieden, dass ein
Kind während der Unterbrechung seiner Ausbildung aufgrund der
Schutzfristen nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Satz 1
MuSchG grundsätzlich weiter zu berücksichtigen ist
(BFH-Urteile vom 15.7.2003 VIII R 47/02, BFHE 203, 106, BStBl II
2003, 848 = SIS 03 45 49; vom 24.9.2009 III R 79/06, BFH/NV 2010,
614 = SIS 10 08 49); dies entspricht auch der Ansicht der
Verwaltung (Dienstanweisung zur Durchführung des
Familienausgleichs nach dem X. Abschnitt des
Einkommensteuergesetzes - DA-FamEStG - 63.3.2.7 Abs. 3, BStBl I
2002, 393; DA-FamEStG 63.3.2.8 Abs. 3 Satz 1, BStBl I 2012, 774).
Denn das Kind hat in diesem Zeitraum den Willen, sich der
Ausbildung zu unterziehen, ist aber aus objektiven Gründen
wegen des Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG
vorübergehend daran gehindert, weil ihm die Durchführung
der Ausbildungsmaßnahmen nicht möglich oder nicht
zumutbar ist.
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bb) Die Unterbrechung der Suche nach einem
Ausbildungsplatz während der Mutterschutzfristen ist im
Hinblick auf die Berücksichtigung als Kind nicht anders zu
behandeln als die mutterschutzbedingte Unterbrechung der
Ausbildung.
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(1) Die Gleichstellung von Kindern, die einen
Ausbildungsplatz suchen, mit denen, die bereits einen
Ausbildungsplatz gefunden haben, setzt voraus, dass der Beginn oder
die Fortsetzung der Ausbildung nicht an anderen Umständen als
dem Mangel eines Ausbildungsplatzes scheitern (Senatsurteil vom
7.4.2011 III R 24/08, BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210 = SIS 11 18 26). Das einen Ausbildungsplatz suchende Kind muss diesen daher im
Fall einer erfolgreichen Suche auch antreten können. Wenn dies
- z.B. aus ausländerrechtlichen Gründen (Senatsurteil in
BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210 = SIS 11 18 26) - ausgeschlossen
ist, scheidet eine Berücksichtigung aus. Ein derartiger
Hinderungsgrund besteht bei jungen Müttern indessen nicht. Sie
könnten eine angebotene Ausbildung antreten und - nach Ablauf
der Mutterschutzfrist - auch durchführen.
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(2) Die Beschäftigungsverbote nach dem
MuSchG hindern Frauen nicht aus rechtlichen Gründen an der
Ausbildungsplatzsuche, diese ist aber in vielen Fällen
praktisch unmöglich und regelmäßig auch nicht
zumutbar. Denn eine erfolgversprechende Suche nach einem
Ausbildungsplatz erfordert nicht lediglich das Verfassen von
Bewerbungsschreiben, wozu eine Frau meist auch kurz vor oder nach
der Entbindung imstande sein wird, sondern regelmäßig
auch Vorstellungsgespräche, die Teilnahme an Auswahltests,
Assessment-Centern oder Betriebsbesichtigungen und gelegentlich
sogar „Probearbeit“. Diese Tätigkeiten
können physisch und psychisch ebenso anstrengend sein wie eine
- durch das MuSchG untersagte - „normale
Arbeit“. Da das Kindergeldrecht als
„Massenrecht“ der Typisierung bedarf, kann es
auch nicht darauf ankommen, ob die Suche nach einem
Ausbildungsplatz im Einzelfall - z.B. bei ausschließlich
schriftlichen Bewerbungsverfahren - trotz der besonderen
Schutzbedürftigkeit werdender und junger Mütter auch
während der Mutterschutzfrist möglich und zumutbar
wäre.
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(3) Angesichts der zeitlich beschränkten,
regelmäßig lediglich etwa vierzehnwöchigen
Mutterschutzfristen braucht der Senat nicht zu entscheiden, von
welcher Zeitdauer an bei kranken Kindern die Unterbrechung der
Suche nach einem Ausbildungsplatz oder die Unterbrechung der
Ausbildung eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1
Nr. 2 Buchst. a oder Buchst. c EStG ausschließen
würde.
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cc) Der weiteren Berücksichtigung
während der Mutterschutzfrist steht nicht entgegen, dass die
Suche nach einem Ausbildungsplatz nach ihrem Ende nicht umgehend
wieder aufgenommen wird. Denn ein Kind wird durch den Beginn der
Mutterschutzfrist an der Fortsetzung der Suche nach einem
Ausbildungsplatz objektiv gehindert, während der Entschluss,
die Bemühungen um einen Ausbildungsplatz zwecks Pflege und
Erziehung des Kindes nicht fortzusetzen, erst nach deren Ende
wirksam wird.
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c) Da die übrigen Voraussetzungen der
Berücksichtigung der Tochter nicht streitig sind, ist der
Klage stattzugeben, soweit sie sich gegen die Aufhebung der
Festsetzung für die Monate Mai bis August 2005 richtet (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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2. Für die übrigen Monate, d.h.
für September 2005 bis Mai 2006 und September 2007 bis
März 2008, kann die Tochter nicht als Kind berücksichtigt
werden. Denn ein Kind, das seine Ausbildung während der
Elternzeit unterbricht, ist nicht zu berücksichtigen
(Senatsurteil in BFH/NV 2010, 614 = SIS 10 08 49). Für ein
Kind, das die Suche nach einem Ausbildungsplatz während der
Elternzeit unterbricht, gilt nichts anderes: In beiden Fällen
ist das Kind - anders als bei einer Erkrankung oder während
des Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG - nicht aus
objektiven Gründen an der Ausbildung oder der Suche nach einem
Ausbildungsplatz gehindert, sondern weil es diese aufgrund eines
eigenen Entschlusses zugunsten der Förderung des
Eltern-Kind-Verhältnisses während dieser Zeit nicht
fortsetzt.
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3. Die Rückforderung des Kindergeldes ist
nicht aus Vertrauensschutzgründen ausgeschlossen.
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Die Rückforderung von Kindergeld richtet
sich nur nach der Abgabenordnung (AO); der Gesetzgeber war nicht
verpflichtet, eine Vertrauensschutzregelung - wie z.B. § 45
Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - in das System
steuerlicher Änderungs- und Aufhebungsvorschriften aufzunehmen
(Senatsbeschluss vom 30.11.2009 III B 187/08, BFH/NV 2010, 645 =
SIS 10 08 72). Der Grundsatz von Treu und Glauben steht der
Rückforderung von überzahltem Kindergeld selbst dann
nicht entgegen, wenn die Behörde trotz Kenntnis von
Umständen, die zum Wegfall des Kindergeldanspruchs
führen, zunächst weiterhin Leistungen erbringt (z.B.
BFH-Urteil vom 14.10.2003 VIII R 56/01, BFHE 203, 472, BStBl II
2004, 123 = SIS 03 52 11); auch das Zeitmoment ist insoweit
bedeutungslos (Senatsbeschluss vom 23.5.2011 III B 177/10, BFH/NV
2011, 1507 = SIS 11 26 13). Erforderlich sind vielmehr besondere
Umstände, die die Geltendmachung des
Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung
erscheinen lassen und dazu führen, dass sich der
Rückzahlungsschuldner nach dem gesamten Verhalten der
Familienkasse darauf verlassen durfte und verlassen hat, dass er
nicht mehr in Anspruch genommen werden solle (Senatsbeschluss vom
8.12.2011 III B 72/11, BFH/NV 2012, 379 = SIS 12 03 52). Derartige
Umstände hat das FG nicht festgestellt; es hat auch zutreffend
entschieden, dass die Familienkasse sich die vom Kläger
behaupteten diesbezüglichen Äußerungen der bei der
Agentur für Arbeit tätigen Frau Z nicht zurechnen lassen
muss.
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4. Der Senat weist darauf hin, dass - soweit
der Kläger unterlegen ist - ein Billigkeitserlass nach §
227 AO gerechtfertigt sein kann, wenn das Kindergeld bei der
Berechnung der Höhe von Sozialhilfeleistungen als Einkommen
angesetzt wurde und eine nachträgliche Korrektur dieser
Leistungen nicht möglich ist (vgl. Senatsurteil vom 22.9.2011
III R 78/08, BFH/NV 2012, 204 = SIS 12 00 32).
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