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I. Die Beteiligten streiten über die
Frage, ob die Änderung des Einkommensteuerbescheids 2001 trotz
Ablaufs der regulären Festsetzungsverjährungsfrist noch
zulässig war.
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Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) wurden vom Beklagten und Revisionskläger
(Finanzamt - FA - ) für das Streitjahr zusammen zur
Einkommensteuer veranlagt. Sie betreiben eine Arztpraxis in Form
einer GbR, an der sie hälftig beteiligt sind. Die einheitliche
und gesonderte Feststellung des Gewinns wird ebenfalls durch das FA
durchgeführt.
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Ihre gemeinsame
Einkommensteuererklärung 2001 sowie die Erklärung zur
einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus
selbständiger Arbeit für 2001 reichten die Kläger
jeweils im Oktober 2002 beim FA ein. Die unter Mithilfe eines
Steuerberaters gefertigten Steuererklärungen wurden von den
Klägern am 25.9.2002 unterschrieben und tragen den
Eingangsstempel des FA jeweils vom 8.10.2002.
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In der Gewinnfeststellungserklärung
2001 gaben die Kläger den Gewinn der Arztpraxis mit 446.249 DM
an, den sie jeweils hälftig aufteilten. In der
Einkommensteuererklärung verwiesen die Kläger in der
Anlage GSE auf die gesonderte Feststellung durch Angabe der
dortigen Steuernummer; die Einkünfte des Klägers
bezifferten sie mit 223.124 DM, die der Klägerin indes nur mit
112.125 DM. Der Einkommensteuerbescheid 2001 wurde am 9.10.2002
unter Übernahme der erklärten Beträge vom Bearbeiter
gezeichnet und erging am 23.10.2002 mit dem Ansatz der zu niedrigen
Einkünfte der Klägerin. Auf der Steuererklärung
findet sich der handschriftliche Hinweis „bislang ohne
Mitteilung, jedoch glaubhaft“.
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Der Bescheid über die einheitliche und
gesonderte Feststellung der Einkünfte aus selbständiger
Arbeit aus der Gemeinschaftspraxis der Kläger erging am
22.10.2002, bei mutmaßlicher Zeichnung am 10.10.2002 (dieses
Datum tragen die Mitteilungen). Die an die Veranlagungsstelle
versandten Mitteilungen weisen sowohl für den Kläger als
auch für die Klägerin zutreffend Einkünfte von je
223.124 DM bzw. 223.125 DM aus. Die Mitteilungen tragen den nicht
datierten Bearbeitungsvermerk „ohne steuerliche
Auswirkung“, „bereits angesetzt“ sowie das
Namenszeichen des auswertenden Bearbeiters. Ein
Änderungsbescheid für die Einkommensteuerfestsetzung 2001
erging daraufhin zunächst nicht. Erst aufgrund einer anderen
Mitteilung vom 6.5.2003 über Beteiligungseinkünfte des
Klägers in Höhe von nur 134 DM änderte das FA den
Einkommensteuerbescheid für die Kläger vom 23.10.2002
durch Bescheid vom 26.5.2003. Dieser berücksichtigte indes nur
die Mitteilung vom 6.5.2003 über die
Beteiligungseinkünfte des Klägers in Höhe von 134
DM.
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Nachdem bei einer internen Prüfung des
Falls der zu niedrige Ansatz bei der Klägerin festgestellt
worden war, informierte die Betriebsprüfungsstelle Anfang 2007
die zur Einkommensteuerveranlagung bestimmte Arbeitseinheit. Mit
der Begründung, die Festsetzungsfrist betrage wegen zumindest
leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, erließ
das FA unter dem 4.4.2007 einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid
für das Streitjahr, in dem die Einkünfte der
Klägerin aus selbständiger Arbeit nunmehr mit 223.124 DM
angesetzt wurden. Den dagegen erhobenen Einspruch wies das FA als
unbegründet zurück.
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Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen
erhobenen Klage mit seinem in EFG 2011, 2123 = SIS 11 35 09
veröffentlichten Urteil mit der Begründung statt, die
Festsetzungsfrist sei vor Erlass des Änderungsbescheids
bereits abgelaufen gewesen. Sie sei nicht nach § 169 Abs. 2
Satz 2 AO verlängert worden. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO setze
voraus, dass eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige
Steuerverkürzung vorliege und dadurch der hinterzogene bzw.
verkürzte Betrag vom FA bislang nicht habe geltend gemacht
werden können. Daran fehle es, wenn das FA aufgrund einer
anderweitigen Erklärung des Steuerpflichtigen vor Beginn der
regulären Festsetzungsfrist die Steuer in zutreffender
Höhe hätte festsetzen können und müssen. Mit
der gesonderten Feststellung sei für den Ansatz der
Einkünfte der Klägerin allein der Feststellungsbescheid
maßgebend geworden, der die Beteiligungseinkünfte
zutreffend festgestellt habe. Die Auswertung der gesonderten
Feststellung habe allein dem FA oblegen.
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Dagegen richtet sich die Revision des FA.
Das FA rügt die Verletzung des § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
AO, § 169 Abs. 2 Satz 2 AO, § 370 Abs. 1 und Abs. 4 AO
und § 378 Abs. 1 AO.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG
München vom 10.6.2011 8 K 1016/08 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
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Die Kläger beantragen, die Revision
des FA als unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision des FA ist begründet;
das angefochtene Urteil wird nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgehoben und die Klage
abgewiesen. Das Urteil der Vorinstanz verletzt § 169 Abs. 2
Satz 2 AO.
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Die Entscheidung des FG, die Festsetzungsfrist
sei vor Erlass des Änderungsbescheids vom 4.4.2007 bereits
abgelaufen gewesen, sodass das FA den Einkommensteuerbescheid 2001
nicht mehr nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO habe ändern
dürfen, hält der revisionsrechtlichen
Überprüfung nicht stand.
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Gemäß § 170 Abs. 1 AO beginnt
die Festsetzungsfrist grundsätzlich mit Ablauf des
Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt
entstandene Steuer unbedingt geworden ist. Abweichend von dieser
Regelung beginnt die Festsetzungsfrist nach Abs. 2 der Norm, wenn
eine Steuererklärung einzureichen ist, mit Ablauf des
Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung eingereicht wird,
spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das
auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es
sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Abs. 1 später
beginnt.
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Im Streitfall ist die
Einkommensteuererklärung der Kläger betreffend den
Veranlagungszeitraum 2001 am 8.10.2002 beim FA eingegangen. Die
Festsetzungsfrist beginnt daher mit Ablauf des Kalenderjahrs 2002.
Entgegen der Auffassung des FG beträgt die Festsetzungsfrist
im Streitfall aber gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO
fünf Jahre, da eine leichtfertige Steuerverkürzung
gegeben ist. Diese Fünfjahresfrist war im Zeitpunkt des
Erlasses des Änderungsbescheids vom 4.4.2007 noch nicht
verstrichen.
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a) Unstreitig haben die Kläger in ihrer
Einkommensteuererklärung vom Oktober 2002 ihre Einkünfte
aus selbständiger Arbeit aus ihrer Arztpraxis fehlerhaft
angegeben. Zwar haben sie die Einkünfte des Klägers
zutreffend benannt, diejenigen der Klägerin indes nur in
hälftiger Höhe mit 112.125 DM. Das FA hat diese
Beträge bei der Veranlagung übernommen, der
Einkommensteuerbescheid 2001 für die Kläger vom
23.10.2002 enthielt daher zu niedrige Einkünfte der
Klägerin und demgemäß entsprach die festgesetzte
Steuer nicht den tatsächlich erzielten Einkünften der
Kläger, die sie in ihrer Gewinnfeststellungserklärung
2001 (zutreffend) mit insgesamt 446.249 DM beziffert hatten. Die
fehlerhaften Angaben in der Einkommensteuererklärung waren
damit ursächlich für die zu niedrig festgesetzten, d.h.
verkürzten Steuern. Auf die Frage, ob diese fehlerhafte Angabe
der Einkünfte der Klägerin auf einem
„Verrutschen“ auf der Tastatur beruht, wie die
Kläger behauptet haben, kommt es insoweit nicht an.
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Die Kläger, die an der von ihnen
betriebenen ärztlichen Gemeinschaftspraxis hälftig
beteiligt waren, hätten diesen Fehler bei Unterzeichnung ihrer
Einkommensteuererklärung, spätestens aber nach Erhalt des
Einkommensteuerbescheids 2001 vom 23.10.2002 bemerken und
korrigieren müssen. Denn gemäß § 150 Abs. 2 AO
sind die Angaben in den Steuererklärungen
wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen
und - wenn der Vordruck dies vorsieht - schriftlich zu versichern.
Auch wenn die an den Steuerpflichtigen gestellten
Kontrollanforderungen nicht überspannt werden dürfen,
muss doch der Steuerpflichtige die ihm nach seinen
persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare
Sorgfalt walten lassen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
3.12.2009 VI R 58/07, BFHE 227, 365, BStBl II 2010, 531 = SIS 10 04 93; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung,
§ 150 AO Rz 13, m.w.N.). Im Streitfall waren die Kläger
zwar steuerrechtlich nicht vorgebildet. Als Akademiker, die seit
mehreren Jahren eine ärztliche Gemeinschaftspraxis betreiben,
musste sich ihnen aber die Frage aufdrängen, weshalb der in
der Einkommensteuererklärung der Kläger ausgewiesene
Gewinnanteil der Klägerin von ihrem Gewinnanteil, der in der
Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von
Grundlagen für die Einkommensbesteuerung und die
Eigenheimzulage angegeben war, erheblich abwich. Das gilt umso
mehr, als sie auch in den Vorjahren jeweils hälftig am Gewinn
aus der Arztpraxis partizipiert haben und zudem steuerlich beraten
waren. Wenn sie diese gravierende Abweichung hingenommen und die
Steuererklärung gleichwohl unterzeichnet und in den Verkehr
gegeben haben, ohne sich bei ihrem steuerlichen Berater oder beim
FA nach dem Grund der Abweichung zu erkundigen, haben sie die ihnen
obliegende Sorgfalt in erheblichem Umfang verletzt und eine
leichtfertige Steuerverkürzung i.S. des § 378 AO
begangen. Aufgrund der fehlerhaften Zahlen ist es zu einer
Verkürzung von Steuern gekommen, denn im
Einkommensteuerbescheid 2001 für die Kläger sind zu
niedrige Einkünfte der Klägerin aus selbständiger
Arbeit zugrunde gelegt. Die festgesetzte Einkommensteuer ist daher
zu niedrig ausgefallen.
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Auf die im Schrifttum teilweise umstrittene
Frage, ob der steuerliche Berater der Kläger, welcher diesen
Fehler - wie er in der Revisionserwiderung selbst einräumt -
vor Ablauf der Festsetzungsfrist bemerkt hat, das FA
gemäß § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO auf diesen
Fehler hätte hinweisen und diesen richtigstellen müssen,
oder ob diese Norm lediglich für den Steuerpflichtigen gilt,
nicht aber für dessen steuerlichen Berater (vgl. dazu
Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 153 AO Rz 4,
m.w.N.), kommt es daher nicht an.
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Zutreffend geht das FA deshalb davon aus, dass
sich die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz
2 AO auf fünf Jahre verlängert hat.
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b) Die Annahme einer leichtfertigen
Steuerverkürzung durch Unterlassen scheidet entgegen der
Auffassung der Kläger nicht deshalb aus, weil Steuerpflichtige
nicht verpflichtet sind, Fehler des FA richtigzustellen. Zwar hat
der BFH bereits mit Senatsurteil vom 4.12.2012 VIII R 50/10 (BFHE
239, 495 = SIS 13 08 47) entschieden, dass ein Steuerpflichtiger
mit der Abgabe einer vollständigen und
ordnungsgemäßen Steuererklärung seine
Erklärungspflichten erfüllt. Weicht die aufgrund der
zutreffend erklärten Tatsachen durchgeführte Veranlagung
des Steuerpflichtigen zu dessen Gunsten vom geltenden Recht ab,
ergeben sich aus dem Verfahrensrecht keine weiteren
Erklärungspflichten; demgemäß kann dann auch keine
Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung durch
Unterlassen gegeben sein.
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Im Streitfall weist die
Einkommensteuererklärung der Kläger indes nicht die
„richtigen“ Einkünfte der Klägerin
aus, sondern nur die Hälfte der von der Klägerin
erzielten Einkünfte. Für den Veranlagungszeitraum 2001
liegt damit keine ordnungsgemäße und vollständige
Einkommensteuererklärung der Kläger vor. Eine
Berichtigungs- oder Erklärungspflicht nach § 153 AO war
damit gegeben (vgl. Senatsurteil in BFHE 239, 495 = SIS 13 08 47).
Die in diesem Zusammenhang von den Klägern in Bezug genommenen
Kommentierungen zu § 153 AO (Pahlke/Koenig/Cöster,
Abgabenordnung, 2. Aufl., § 153 Rz 16 bzw. Seer in
Tipke/Kruse, a.a.O., § 153 AO Rz 10) tragen die
Schlussfolgerungen der Kläger nicht.
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c) Eine abweichende Beurteilung folgt nicht
daraus, dass das FA es unterlassen hat, aufgrund der zutreffenden
Gewinnfeststellungserklärung 2001 für die Kläger
nach Erlass des Feststellungsbescheids 2001, der für den
Einkommensteuerbescheid 2001 einen Grundlagenbescheid i.S. des
§ 171 Abs. 10 AO darstellt und dem gemäß § 182
Abs. 1 Satz 1 AO Bindungswirkung zukommt, den
Einkommensteuerbescheid entsprechend zu ändern (§ 175
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO).
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Zwar haben die beim FA für die
Einkommensteuerveranlagung der Kläger zuständigen
Bediensteten rechtsfehlerhaft gehandelt, indem sie davon
ausgegangen sind, die gesondert und einheitlich festgestellten
Gewinnanteile der Kläger seien für die
Einkommensbesteuerung 2001 nicht mehr relevant, weil „ohne
steuerliche Auswirkung, bereits angesetzt“. Den Angaben
in der Einkommensteuererklärung kann aber nicht lediglich
deklaratorischer Charakter beigemessen werden. Die fehlerhafte
Nichtauswertung einer Feststellungsmitteilung durch das FA
unterbricht den Kausalverlauf zwischen unrichtigen Angaben in einer
Einkommensteuererklärung und der eingetretenen
Steuerverkürzung durch Bekanntgabe des
Einkommensteuerbescheids nicht.
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aa) Dass die Angaben in der
Einkommensteuererklärung 2001 der Kläger nicht lediglich
deklaratorischen Charakter haben, zeigt sich bereits daran, dass
das FA auf Grundlage dieser Angaben die Einkommensteuerveranlagung
der Kläger durchgeführt hat. Auch wenn die daraufhin
erfolgte Steuerfestsetzung aufgrund von Feststellungen in
Grundlagenbescheiden später einmalig oder mehrfach korrigiert
wird, müssen die Steuerpflichtigen die im
Einkommensteuerbescheid festgesetzte Steuer zunächst
entrichten, soweit nicht der Einkommensteuerbescheid als solcher
angefochten wird. Werden Grundlagenbescheide rechtsfehlerhaft nicht
ausgewertet, verbleibt es bei der im Einkommensteuerbescheid
festgesetzten Steuer. Die Angaben in der
Einkommensteuererklärung haben damit nicht nur
deklaratorischen Charakter. Das zeigt sich auch daran, dass die
Finanzverwaltung gemäß § 155 Abs. 2 AO einen
Steuerbescheid bereits dann erteilen kann, wenn ein
Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde. Das dieser Regelung
zu Grunde liegende Motiv des Gesetzgebers, ein Abwarten des
Grundlagenbescheids könne „Verzögerungen im
Steuereingang und damit vorübergehende
Einnahmeausfälle“ verursachen (BTDrucks 8/3648, S.
35), macht deutlich, dass Folgebescheide, die bereits vor
Grundlagenbescheiden ergehen, konkrete steuerliche Wirkung haben
sollten. Auch der Gesetzgeber ist damit nicht von einem bloß
deklaratorischen Charakter der Angaben in der
Einkommensteuererklärung ausgegangen.
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bb) Daraus folgt zugleich, dass die
rechtsfehlerhaft unterbliebene Auswertung des Grundlagenbescheids
den auf das Handeln der Kläger zurückzuführenden
Kausalverlauf nicht im Sinne einer überholenden
Kausalität unterbrechen kann. Eine überholende
Kausalität, die den einmal gesetzten Ursachenzusammenhang
unterbricht, ist nur anzunehmen, wenn durch ein späteres
Ereignis eine neue Ursachenreihe eröffnet wird und die alte
nicht fortwirkt (vgl. Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und
Nebengesetze, 60. Aufl., Vor § 13 Rz 38, m.w.N.). Mit der
Nichtauswertung des Grundlagenbescheids hat der Veranlagungsbeamte
indes keine neue und von den Angaben der Kläger
unabhängige Ursache gesetzt, sondern deren falsche Angaben,
die bereits zu einer Steuerverkürzung geführt haben,
unberührt gelassen (vgl. in diesem Sinne auch BFH-Urteil vom
5.6.2007 VII R 65/05, BFHE 217, 233, BStBl II 2008, 273 = SIS 07 31 56).
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d) Soweit die Vorinstanz in diesem
Zusammenhang davon ausgeht, eine Verlängerung der
Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO
komme nur in Betracht, wenn dem Fiskus ein Steuerbetrag
vorenthalten worden sei, zu dessen Rückgewinnung er auf eine
verlängerte Festsetzungsfrist angewiesen sei und daran fehle
es, wenn das FA aufgrund einer anderweitigen Erklärung des
Steuerpflichtigen die Steuer rechtzeitig in zutreffender Höhe
hätte festsetzen können und müssen, hält diese
Auffassung der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht
stand. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 26.2.2008 VIII R 1/07
(BFHE 220, 229, BStBl II 2008, 659 = SIS 08 25 83) klargestellt,
dass die Regelung des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO es dem
Gläubiger ermöglichen soll, die ihm vorenthaltenen
Steuerbeträge auch noch nach Ablauf von vier Jahren
zurückzufordern. Damit wird unter anderem der Zweck verfolgt,
der Verwaltung ausreichend Zeit zur Berichtigung falscher Bescheide
zur Verfügung zu stellen, um den mit einer Steuerhinterziehung
oder leichtfertigen Steuerverkürzung einhergehenden objektiven
Erschwernissen bei der Sachverhaltsaufklärung angemessen
Rechnung zu tragen. Die Regelung ist damit auf eine
verfahrensrechtliche Schlechterstellung des Steuerhinterziehers
bzw. Steuerverkürzers im Vergleich zum steuerehrlichen
Bürger angelegt (Senatsurteil in BFHE 220, 229, BStBl II 2008,
659 = SIS 08 25 83). Wenn die Vorinstanz diese Entscheidung dahin
interpretiert, der Fiskus sei zur Rückgewinnung des ihm
vorenthaltenen Steuerbetrags auf eine verlängerte
Festsetzungsfrist nicht angewiesen, wenn er vor Ablauf der
regulären Festsetzungsfrist die Steuer in zutreffender
Höhe hätte festsetzen können, so liegt darin eine
Überinterpretation dieses Urteils. Zum einen gibt der Wortlaut
der Regelung für eine derartige einschränkende Auslegung
nichts her. Das gilt auch für das vorstehend zitierte
Senatsurteil in BFHE 220, 229, BStBl II 2008, 659 = SIS 08 25 83.
In dem vom Senat entschiedenen Fall ging es letztlich darum, ob
Sinn und Zweck des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO darin bestehen kann,
einen Steuerhinterzieher in die Lage zu versetzen, einen
Erstattungsanspruch über die reguläre Festsetzungsfrist
hinaus zu realisieren. Hier geht es indes nicht um
Erstattungsansprüche von Steuerpflichtigen, sondern um
Nachforderungen des Fiskus. Zum anderen hat der Senat entschieden,
dass dem Fiskus vorenthaltene Beträge im Interesse der
Besteuerungsgleichheit nachgefordert werden können. Dass
insoweit eine Kenntnis des Fiskus von den
„richtigen“ Besteuerungsgrundlagen
schädlich sein soll, kann dem Senatsurteil nicht entnommen
werden.
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