1
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I. Es handelt sich um jenes Klageverfahren,
das dem Vorabentscheidungsersuchen des Senats an den Gerichtshof
der Europäischen Gemeinschaften (ab 1.12.2009 Gerichtshof der
Europäischen Union) - EuGH - vom 27.5.2009 I R 30/08 (BFHE
226, 357 = SIS 09 30 54) sowie dem anschließenden Urteil des
EuGH vom 21.7.2011 C-397/09 „Scheuten Solar Technology“
(IStR 2011, 590 = SIS 11 26 57) zugrunde lag:
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren
alleinige Anteilseignerin seit dem 8.8.2003 die S-B.V. mit Sitz in
den Niederlanden ist. Die S-B.V. gewährte der Klägerin
mit elf weitgehend gleichlautenden Verträgen, die in der Zeit
zwischen dem 27.8.2003 und dem 1.12.2004 abgeschlossen wurden,
Darlehen über insgesamt 5.180.000 EUR zu einem Zinssatz von 5
%. Die Rückzahlung sollte auf Abruf der S-B.V. erfolgen. Die
Klägerin zahlte im Streitjahr 2004 Zinsen in Höhe von
154.584 EUR an die S-B.V. 3
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3
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) rechnete im Gewerbesteuermessbescheid für
das Streitjahr unter Berufung auf § 8 Nr. 1 des
Gewerbesteuergesetzes (GewStG 2002) die Hälfte dieses
Zinsbetrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzu. Die deswegen
erhobene Klage hatte keinen Erfolg; das Finanzgericht (FG)
Münster hat sie mit Urteil vom 22.2.2008 9 K 5143/06 G
(abgedruckt in EFG 2008, 968 = SIS 08 22 34) als unbegründet
abgewiesen.
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Mit der Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Während des
Revisionsverfahrens ist der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid
durch Bescheid des FA vom 20.11.2009 in zwischen den Beteiligten
nicht streitigen Punkten geändert worden.
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Der erkennende Senat hat dem EuGH mit
Beschluss in BFHE 226, 357 = SIS 09 30 54 die folgenden
Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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1. Steht Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie
2003/49/EG des Rates vom 3.6.2003 über eine gemeinsame
Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und
Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener
Mitgliedstaaten (Amtsblatt der Europäischen Union - ABlEU -
2003, Nr. L 157, 49) - EU-Zins- und Lizenzrichtlinie (ZLR) - einer
Regelung entgegen, wonach die von einem Unternehmen eines
Mitgliedstaates an ein verbundenes Unternehmen eines anderen
Mitgliedstaates gezahlten Darlehenszinsen bei dem erstgenannten
Unternehmen der Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer
hinzugerechnet werden?
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2. Falls die erste Frage bejaht wird: Ist
Art. 1 Abs. 10 ZLR dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten
auch dann freisteht, die Richtlinie nicht anzuwenden, wenn die in
Art. 3 Buchst. b ZLR genannten Voraussetzungen für das
Vorliegen eines verbundenen Unternehmens zum Zeitpunkt der
Zinszahlung noch nicht während eines ununterbrochenen
Zeitraums von mindestens zwei Jahren erfüllt waren?
Können sich die Mitgliedstaaten in diesem Fall gegenüber
dem zahlenden Unternehmen unmittelbar auf Art. 1 Abs. 10 ZLR
berufen?
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Durch sein Urteil in IStR 2011, 590 = SIS 11 26 57 hat der EuGH entschieden, Art. 1 Abs. 1 ZLR sei dahin
auszulegen, dass er einer Bestimmung des nationalen Steuerrechts
nicht entgegensteht, wonach die Darlehenszinsen, die ein
Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat an ein in einem anderen
Mitgliedstaat belegenes verbundenes Unternehmen zahlt, der
Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer hinzugerechnet
werden, der das erstgenannte Unternehmen unterliegt.
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In dem daraufhin fortgeführten
Revisionsverfahren beantragt die Klägerin, das FG-Urteil
aufzuheben und den Bescheid des FA vom 20.11.2009 dahingehend zu
ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag unter
Berücksichtigung eines Gewerbeertrags vor Verlustabzug in
Höhe von 3.187 EUR und eines verbleibenden Verlustvortrags in
Höhe von 5.313 EUR auf 0 EUR festgesetzt wird.
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Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
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II. Das FG-Urteil ist aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. An die Stelle des
ursprünglich angefochtenen Gewerbesteuermessbescheids ist
während des Revisionsverfahrens der Änderungsbescheid vom
20.11.2009 getreten. Der Änderungsbescheid ist
gemäß § 68 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Revisionsverfahrens
geworden. Soweit einem FG-Urteil ein nicht mehr existierender
Bescheid zugrunde liegt, kann es keinen Bestand haben (vgl. z.B.
Senatsurteil vom 3.8.2005 I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006,
20 = SIS 05 45 92, m.w.N.). Dennoch bedarf es keiner
Zurückverweisung der Sache an das FG gemäß §
127 FGO. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen
bilden unverändert die Grundlage für die Entscheidung des
erkennenden Senats (vgl. Senatsurteil in BFHE 210, 398, BStBl II
2006, 20 = SIS 05 45 92). Diese kann in der Sache selbst ergehen
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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Die sonach gegen den Änderungsbescheid
vom 20.11.2009 gerichtete Klage ist als unbegründet
abzuweisen. Das FA hat die Zinszahlungen an die S-B.V. zu Recht zur
Hälfte dem Gewinn der Klägerin hinzugerechnet.
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1. Gemäß § 8 Nr. 1 GewStG 2002
wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der bei seiner
Ermittlung abgezogenen Entgelte für Schulden hinzugerechnet,
die (u.a.) der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des
Betriebskapitals dienen. Eine Schuld dient nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich der
nicht nur vorübergehenden Verstärkung des
Betriebskapitals, wenn ihr Gegenwert das Betriebskapital
länger als ein Jahr verstärkt (z.B. Senatsurteil vom
31.5.2005 I R 73/03, BFHE 211, 43, BStBl II 2006, 134 = SIS 06 03 81; BFH-Urteil vom 16.12.2009 IV R 48/07, BFHE 228, 408, BStBl II
2010, 799 = SIS 10 02 53).
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2. Nach den den Senat gemäß §
118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG hat die S-B.V. der
Klägerin im Zeitraum vom 27.8.2003 bis zum 1.12.2004 Darlehen
über insgesamt 5.180.000 EUR zu einem Zinssatz von 5 %
gewährt, deren Rückzahlung auf Abruf der S-B.V. erfolgen
sollte. Die tatsächliche Laufzeit der Darlehen hat nach dem
übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten mehr als zwölf
Monate betragen. Dass es sich folglich um Darlehen handelt, die
nach den zuvor geschilderten Maßgaben der nicht nur
vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienten
und die deshalb den Tatbestand des § 8 Nr. 1 GewStG 2002
erfüllen, wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel
gezogen.
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3. Die Hinzurechnung gemäß § 8
Nr. 1 GewStG 2002 verstößt nicht gegen Art. 1 Abs. 1
ZLR. Das ergibt sich aus der für den Senat verbindlichen
Auslegung dieser Vorschrift durch das EuGH-Urteil in IStR 2011, 590
= SIS 11 26 57 und wird nach Ergehen dieses EuGH-Urteils von der
Klägerin nicht in Abrede gestellt.
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4. Entgegen der Auffassung der Klägerin
verletzt die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 GewStG
2002 nicht das unionsrechtliche Primärrecht in Gestalt der
Niederlassungsfreiheit (Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des
Vertrags von Nizza zur Änderung des Vertrags über die
Europäische Union, der Verträge zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit
zusammenhängender Rechtsakte, Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften 2002, Nr. C 325, 1, jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags
über die Europäische Union und des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft, ABlEU 2007, Nr. C
306, 1).
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a) Die Klägerin verweist in diesem
Zusammenhang darauf, dass es nicht zu einer Hinzurechnung gekommen
wäre, wenn sie (als Organgesellschaft) mit der S-B.V. (als
Organträgerin) gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG
2002 i.V.m. § 14, § 17, § 18 des
Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.d.F. des Gesetzes zum Abbau
von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen vom 16.5.2003
(BGBl I 2003, 660, BStBl I 2003, 321) - KStG 2002 - eine sog.
gewerbesteuerrechtliche Organschaft hätte bilden können.
Denn im Organschaftsfall unterbleibe gemäß Abschn. 41
Abs. 1 Sätze 5 und 6 der Gewerbesteuer-Richtlinien 1998
(GewStR 1998) die Hinzurechnung von Zinsen aus
Gesellschafterdarlehen zum Gewerbeertrag der Organgesellschaft.
Dass die Bildung einer ertragsteuerlichen Organschaft zwischen der
Klägerin und der in den Niederlanden ansässigen S-B.V.
selbst dann nicht steuerlich anerkannt worden wäre, wenn die
Gesellschaften einen Gewinnabführungsvertrag nach
Maßgabe von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 17 KStG
2002 abgeschlossen hätten, verletze nach den Grundsätzen
des EuGH-Urteils vom 13.12.2005 C-446/03 „Marks &
Spencer“ (Slg. 2005, I-10837 = SIS 06 02 17) die
unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit mit der Folge, dass der
nach nationalem Recht auf inländische Organschaftskreise
beschränkte Wegfall der Hinzurechnung auch im Streitfall
gewährt werden müsse (vgl. auch Englisch, IStR 2010, 215,
217 a.E.; Rehm/Nagler, GmbHR 2011, 937, 938 f.).
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b) Der Senat pflichtet dem nicht bei. Zwar
trifft es zu, dass nach Abschn. 41 Abs. 1 Sätze 5 und 6 GewStR
1998 bei Bestehen einer gewerbesteuerlichen Organschaft eine
Hinzurechnung von Zinsen aus vom Organträger gewährten
Darlehen zum Gewinn der Organgesellschaft unterbleibt, um auf der
Ebene des Organträgers eine doppelte steuerliche Belastung zu
verhindern (vgl. auch Senatsurteile vom 23.10.1974 I R 182/72, BFHE
113, 467, BStBl II 1975, 46 = SIS 75 00 29; vom 2.2.1994 I R 10/93,
BFHE 173, 426, BStBl II 1994, 768 = SIS 94 14 33). Des Weiteren ist
richtig, dass eine ertragsteuerliche Organschaft mit einer
Körperschaft als Organträger nur gebildet werden kann,
wenn diese entweder ihren Sitz im Inland hat (§ 14 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 Satz 1 KStG 2002) oder dort eine im Handelsregister
eingetragene Zweigniederlassung unterhält (§ 18 Satz 1
KStG 2002) und dass aufgrund dieses Inlandsbezugs eine solche
Organschaft zwischen der Klägerin und der S-B.V. nach
innerstaatlichem Recht steuerlich nicht anerkannt worden wäre.
Gleichwohl liegt in der gegenüber der Klägerin
vorzunehmenden Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG 2002 weder
eine unionsrechtswidrige Diskriminierung im Vergleich zu einer
Kapitalgesellschaft mit im Inland ansässiger
Muttergesellschaft noch eine unionsrechtswidrige Beschränkung
der Niederlassungsfreiheit.
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aa) In seinem Urteil zur Verlustverrechnung
bei der niederländischen Gruppenbesteuerung vom 25.2.2010
C-337/08 „X-Holding“ (Slg. 2010, I-1215 = SIS 10 06 43) hat der EuGH unter dem Aspekt der Wahrung der Aufteilung der
Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten eine Regelung
eines Mitgliedstaats als gerechtfertigt angesehen, nach der
Muttergesellschaften steuerliche Einheiten nur mit
gebietsansässigen, nicht aber mit gebietsfremden
Tochtergesellschaften bilden können. Auch wenn dieses
EuGH-Urteil mit der Verlustverrechnung nur einen einzelnen Aspekt
der laufenden Ergebniskonsolidierung zwischen Konzernunternehmen
betrifft, ist daraus nach Dafürhalten des Senats auch
abzuleiten, dass andere Aspekte der Ergebniskonsolidierung
ebenfalls von der Rechtfertigung umfasst sind (vgl. Senatsurteil
vom 13.10.2010 I R 79/09, BFHE 231, 529 = SIS 11 01 48 - zum
Ausschluss der Berücksichtigung von Gewinnminderungen
gemäß § 8b Abs. 3 KStG 2002 - ; anderer Ansicht
Englisch, IStR 2010, 215, 217). Die Klägerin dürfte
deshalb gehindert sein, sich den Hinzurechnungsverzicht zur
Vermeidung einer steuerlichen Doppelbelastung als einzelnes Element
des Konsolidierungsprozesses herauszugreifen und dessen
Nichtanwendung außerhalb eines Organkreises als Verstoß
gegen die Niederlassungsfreiheit zu kritisieren.
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bb) Jedenfalls aber kann sich die
Klägerin deshalb nicht auf einen etwaigen Verstoß des
nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 2002 i.V.m. § 14, §
17, § 18 KStG 2002 für die Bildung einer
ertragsteuerlichen Organschaft erforderlichen Inlandsbezugs gegen
die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit berufen, weil es
außer an dem Inlandsbezug noch an einer weiteren
Voraussetzung der Organschaft fehlt, nämlich dem Abschluss und
der Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags i.S. des
§ 291 Abs. 1 des Aktiengesetzes - AktG - (§ 14 Abs. 1
Satz 1 Nr. 3, § 18 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002) und der
Vereinbarung einer Verlustausgleichspflicht durch die
Muttergesellschaft entsprechend § 302 AktG (§ 17 Satz 2
Nr. 2 KStG 2002).
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aaa) Ein Gewinnabführungsvertrag mit
einer deutschen Tochter-GmbH kann zivilrechtlich auch mit einem
ausländischen Unternehmen als beherrschendem Gesellschafter
abgeschlossen werden; denn die Zulässigkeit des Abschlusses
von Unternehmensverträgen richtet sich kollisionsrechtlich
nach dem Konzernrecht der abhängigen Gesellschaft (vgl.
MünchKommGmbH/Liebscher, § 13 Anh. Rz 1096;
MünchKommBGB/Kindler, 5. Aufl., IntGesR, Rz 756 ff.;
Frotscher, IStR 2011, 697, 701). Nach dem Vorbringen der
Klägerin hätten dem Abschluss eines
Gewinnabführungsvertrags auch keine Vorschriften des
niederländischen Rechts entgegengestanden.
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bbb) Soweit die Klägerin den Abschluss
eines Gewinnabführungsvertrags für nicht zumutbar
hält, weil die Bildung einer Organschaft wegen des
erforderlichen Inlandsbezugs von den Finanzbehörden ohnehin
steuerlich nicht anerkannt worden wäre und in diesem
Zusammenhang auf das EuGH-Urteil vom 8.3.2001 C-397/98, C-410/98
„Metallgesellschaft“ (Slg. 2001, I-1727 = SIS 01 06 62) verweist, ist eine Vergleichbarkeit mit der hier zu
beurteilenden Situation nicht gegeben.
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Der EuGH hat in dem genannten Urteil eine
britische nationale Regelung als Verstoß gegen die
Niederlassungsfreiheit angesehen, nach der Tochtergesellschaften
von in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen
Muttergesellschaften verpflichtet werden, bei Ausschüttung von
Dividenden Vorauszahlungen auf Körperschaftsteuern zu
entrichten, während die gebietsansässigen
Tochtergesellschaften gebietsansässiger Muttergesellschaften
dieser Verpflichtung durch Optierung für eine Besteuerung des
Gruppeneinkommens („group income election“)
entgehen konnten (Tz. 35 ff.). Des Weiteren hat der EuGH in dem
Urteil entschieden, dass der gebietsansässigen
Tochtergesellschaft und ihrer gebietsfremden Muttergesellschaft ein
Anspruch auf Erstattung oder Entschädigung für die
finanzielle Einbuße, die sie wegen der
Körperschaftsteuer-Vorauszahlung der Tochtergesellschaft
erlitten haben, nicht allein deshalb verwehrt werden darf, weil
diese Gesellschaften bei den Steuerbehörden die Anwendung der
group income election nicht beantragt und somit die ihnen zur
Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten nicht
ausgeschöpft haben (Tz. 98 ff.). Denn die Ausübung der
Rechte, die den Einzelnen aus den unmittelbar anwendbaren
Vorschriften des Gemeinschaftsrechts erwachsen, würde
unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert,
wenn ihre auf den Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht
gestützten Erstattungs- oder Schadensersatzklagen bereits
deswegen abgewiesen oder die erhobenen Ansprüche gekürzt
werden müssten, weil die Betroffenen es unterlassen hatten,
einen ihnen nach nationalem Recht nicht zustehenden Steuervorteil
zu beantragen, um mittels Rechtsbehelfen unter Berufung auf den
Vorrang und die unmittelbare Wirkung des Gemeinschaftsrechts gegen
die Ablehnung durch die Steuerbehörden vorzugehen (Tz.
106).
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Bei der für die Organschaft
erforderlichen Vereinbarung und Durchführung einer mindestens
fünf Jahre andauernden Ergebnisabführung nach
Maßgabe der §§ 14 ff. KStG 2002 handelt es sich
indes nicht - wie bei dem Antrag auf Anwendung der britischen group
income election (dazu EuGH-Urteil in Slg. 2001, I-1727, Tz. 21 ff.)
- um eine formelle steuerverfahrensrechtliche Willenserklärung
gegenüber der Finanzverwaltung. Vielmehr sind damit
einschneidende Eingriffe in die gesellschaftsrechtliche
Organisation der beteiligten Unternehmen verbunden, die sich
über den Bereich des Steuerrechts hinaus auswirken. Die
steuerliche Anerkennung einer Organschaft erfordert die exakte
Befolgung aller formellen und materiellen Voraussetzungen
während der gesamten Laufzeit des
Gewinnabführungsvertrags (vgl. etwa Senatsurteile vom
12.1.2011 I R 3/10, BFHE 232, 426, BStBl II 2011, 727 = SIS 11 11 51; vom 3.3.2010 I R 68/09, BFH/NV 2010, 1132 = SIS 10 15 61).
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Vor diesem Hintergrund erscheint es für
den Senat ausgeschlossen, dass Unternehmen eines
grenzüberschreitenden Verbunds unter Berufung auf die
unionsrechtlichen Grundfreiheiten nachträglich einzelne
für sie vorteilhafte Elemente der Organschaftsbesteuerung
für sich in Anspruch nehmen können, ohne dass sie im
relevanten Zeitraum zumindest den Willen bekundet haben, eine
Organschaft bilden zu wollen, und ohne dass sie zumindest versucht
haben, die für die steuerliche Anerkennung der Organschaft im
Inlandsfall erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen (vgl.
Senatsurteil in BFHE 231, 529 = SIS 11 01 48). Die Klägerin
wird letztlich nicht anders besteuert als eine abhängige
Kapitalgesellschaft mit im Inland ansässiger
Muttergesellschaft, mit der eine Ergebnisabführung nicht
vereinbart worden ist, weshalb es an einer Ungleichbehandlung
fehlt. Das erscheint dem Senat in einer Weise offenkundig und
zweifelsfrei, dass es einer erneuten Anrufung des EuGH im
Streitfall nicht bedarf (EuGH-Urteil vom 6.10.1982 283/81
„C.I.L.F.I.T.“, EuGHE 1982, 3415).
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5. Die Hinzurechnung gemäß § 8
Nr. 1 GewStG 2002 verstößt ebenfalls nicht gegen die
Diskriminierungsverbote des Art. 24 des Abkommens zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande
zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern
vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger
Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete
vom 16.6.1959 (BGBl II 1960, 1781, BStBl I 1960, 381) -
DBA-Niederlande - .
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a) Auch insoweit knüpft die Klägerin
für ihre gegenteilige Sichtweise an den geschilderten
Inlandsbezug der ertragsteuerlichen Organschaft an, den sie
für diskriminierend hält. Sie beruft sich insoweit auf
das Senatsurteil vom 9.2.2011 I R 54, 55/10 (BFHE 232, 476 = SIS 11 11 52) zum Diskriminierungsverbot des Art. XX Abs. 4 des Abkommens
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten
Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung
der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der
Steuerverkürzung vom 26.11.1964 (BGBl II 1966, 359, BStBl I
1966, 730) i.d.F. des Revisionsprotokolls vom 23.3.1970 (BGBl II
1971, 46, BStBl I 1971, 140) - DBA-Großbritannien 1964/1970 -
. In diesem Urteil hat es der Senat als Verstoß gegen Art. XX
Abs. 4 und Abs. 5 DBA-Großbritannien 1964/1970 angesehen,
dass nach Maßgabe der Rechtslage des Jahres 1999 eine
Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland im
Rahmen einer gewerbesteuerlichen Organschaft nicht
Organgesellschaft eines in Großbritannien ansässigen
gewerblichen Unternehmens als Organträger sein konnte.
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b) Die von der Klägerin aufgrund des
erforderlichen Inlandsbezugs des Organträgers gerügte
Ungleichbehandlung von Unternehmensgruppen mit im Ausland
ansässigen Muttergesellschaften wird jedoch von den in Art. 24
DBA-Niederlande geregelten Diskriminierungsverboten nicht
erfasst.
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aa) Gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1
DBA-Niederlande dürfen Staatsangehörigen eines der
Vertragsstaaten in dem anderen Staate nicht andere oder höhere
Steuern auferlegt werden als den Staatsangehörigen dieses
anderen Staates unter gleichen Verhältnissen. Der
Klägerin ist zwar insoweit Recht zu geben, als
„Staatsangehörige“ i.S. dieser Vorschrift
auch juristische Personen sein können, die nach dem in dem
einen oder anderen Vertragsstaate geltenden Recht errichtet sind
(Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 DBA-Niederlande). Die Vorschrift
greift aber hier nicht, weil es im Streitfall nicht um die
Besteuerung der niederländischen S-B.V., sondern um die der
Klägerin - mithin einer inländischen Person - geht. Die
S-B.V. mag davon als Muttergesellschaft indirekt wirtschaftlich
betroffen sein; ihr werden aber keine Steuern auferlegt.
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bb) Nach Art. 24 Abs. 2 DBA-Niederlande sollen
von einer Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten
betriebene Unternehmen grundsätzlich hinsichtlich ihrer
Betriebsstätten in dem anderen Vertragsstaate keinen Steuern
unterworfen werden, die anders, höher oder belastender sind
als die Steuern, denen Unternehmen unterworfen sind, die von einer
Person mit Wohnsitz in dem anderen Vertragsstaate betrieben werden.
Die Regelung entspricht Art. 24 Abs. 3 Satz 1 des Musterabkommens
der Organisation for Economic Cooperation and Development -
OECD-Musterabkommen (OECD-MustAbk) - . Wie diese ist sie jedoch nur
auf Betriebsstätten in dem anderen Staat, nicht aber auf den
hier vorliegenden Fall der selbständigen Tochtergesellschaft
anwendbar (Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, MA Art. 24 Rz 42;
Hageböke in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, Art. 24
OECD-MA Rz 63).
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cc) Ein Diskriminierungsverbot wie Art. 24
Abs. 5 OECD-MustAbk (und Art. XX Abs. 4 DBA-Großbritannien
1964/1970), welches an eine unterschiedliche steuerliche Behandlung
von Unternehmen aufgrund der Ansässigkeit des jeweiligen
Anteilseigners anknüpft, existiert im DBA-Niederlande
nicht.
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c) Im Übrigen liegt aus den oben zu
II.4.b bb ausgeführten Gründen mangels Vereinbarung eines
Gewinnabführungsvertrags zwischen Klägerin und S-B.V. der
Sache nach eine Diskriminierung nicht vor.
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33
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d) Schließlich muss ein Verzicht auf die
hälftige Hinzurechnung der in Rede stehenden Zinsen nach
Maßgabe der Regelung in Abschn. 41 Abs. 1 Sätze 5 und 6
GewStR 1998 unter den Gegebenheiten des Streitfalls auch deswegen
ausscheiden, weil die Gefahr einer doppelten Berücksichtigung
der Zinsen, wie nach jener Regelung vorausgesetzt (vgl. dazu
Senatsurteil in BFHE 113, 467, BStBl II 1975, 46 = SIS 75 00 29),
hier nicht besteht. Denn die Muttergesellschaft der Klägerin
ist in den Niederlanden ansässig und nach dorthin sind die
Zinsen abgeflossen. Insofern ist der Sachverhalt des Streitfalls
nicht mit jenem Sachverhalt vergleichbar, über welchen der
Senat in seinem Urteil in BFHE 232, 476 = SIS 11 11 52 zu
entscheiden hatte: Dort wurden Zinsen an eine in Deutschland
ansässige, als Zwischenholding fungierende GmbH gezahlt. Diese
GmbH war vermögensverwaltend und schied deswegen als taugliche
Organträgerin aus; Abschn. 41 Abs. 1 Sätze 5 und 6 GewStR
1998 konnte lediglich deswegen zum Zuge kommen, weil der Senat ein
gewerbesteuerrechtliches Organschaftsverhältnis aus
Gründen des abkommensrechtlichen Diskriminierungsverbots zu
der ausländischen Obergesellschaft als möglich erachtete
(unzutreffend insoweit wohl Lüdicke, IStR 2012, 79).
Gleichwohl wurden die Zinsen aber bei der Zwischenholding-GmbH im
Gewerbeertrag erfasst (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG 2002),
wohingegen die Muttergesellschaft der hiesigen Klägerin in
Deutschland nicht der Gewerbesteuer unterfällt (vgl. § 2
Abs. 1 Satz 1 GewStG 2002) und die Zinsen bei ihr mithin nicht
steuerpflichtig sind.
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