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I. Streitig ist, ob die gegenüber dem
Kläger und Revisionskläger (Kläger) als
Insolvenzverwalter für den Zeitraum vom 1. Januar bis 17.
Dezember des Streitjahres 2006 festgesetzte Umsatzsteuer eine
Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 der
Insolvenzordnung (InsO) ist.
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Der Kläger ist Insolvenzverwalter
über das Vermögen des Insolvenzschuldners C. Das
Insolvenzverfahren wurde im Jahr 2000 eröffnet.
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C nahm am 4.1.2006 in den zur
Insolvenzmasse gehörenden Büroräumen auf dem
Grundstück B-Straße in V eine neue gewerbliche
Tätigkeit auf. Gegenstand des Einzelunternehmens war die
Tätigkeit als Bauträger.
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Der Kläger hatte C in einem Telefonat
etwa zehn Tage nach Aufnahme der Tätigkeit untersagt, in den
zur Insolvenzmasse gehörenden Räumen tätig zu
werden. C hatte dem Kläger zugesagt, sein Gewerbe in anderen
Räumen auszuführen. Durch Zusendung einer
Gewerbeummeldung täuschte er dem Kläger vor, unter einer
anderen Anschrift tätig zu sein. Tatsächlich übte C
seine Tätigkeit jedenfalls bis zum 17.12.2006 unverändert
in den zur Insolvenzmasse gehörenden Räumen in der
B-Straße aus.
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Obwohl C auf dem Grundstück auch
wohnte und sich in der Vergangenheit nicht kooperativ verhalten
hatte, besichtigte der Kläger die Räume in der
B-Straße nicht, um sich zu vergewissern, ob C diese
tatsächlich geräumt hatte. Am 18.12.2006 gab der
Kläger das Grundstück (B-Straße) vorbehaltlos aus
dem Insolvenzbeschlag frei.
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Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung
setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - )
gegenüber dem Kläger Umsatzsteuer für das Streitjahr
fest. Das FA ging davon aus, dass die Umsatzsteuer für den
Zeitraum vom 1. Januar bis einschließlich 17. Dezember des
Streitjahres (2006) eine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55
Abs. 1 InsO sei, da C seine Tätigkeit in den zur
Insolvenzmasse gehörenden Räumen ausgeübt habe. Der
Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus
den in EFG 2011, 357 = SIS 10 41 58 mitgeteilten Gründen
ab.
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Das FG begründete sein Urteil im
Wesentlichen damit, dass es sich bei der Umsatzsteuer für den
streitigen Zeitraum um eine Masseverbindlichkeit gemäß
§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO handele, weil die Umsatzsteuer zwar
nicht durch Handlungen des Insolvenzverwalters, aber „in
anderer Weise“ durch die Verwaltung, Verwertung und
Verteilung der Insolvenzmasse (§ 55 Abs. 1 Nr. 1, 2.
Alternative InsO) entstanden sei. Zwar sei die Tätigkeit des C
als Bauträger im Wesentlichen durch den Einsatz der
persönlichen Arbeitskraft geprägt gewesen; er habe aber
auch die Büroräume im Grundstück B-Straße
genutzt, die bis zur Freigabe am 18.12.2006 zur Insolvenzmasse und
nicht zu dem gemäß § 36 InsO i.V.m. § 811 Nr.
5 der Zivilprozessordnung insolvenzfreien Vermögen
gehörten.
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Der Kläger könne sich nicht
darauf berufen, die Aufnahme der Tätigkeit sei ohne seine
Kenntnis und gegen seinen ausdrücklichen Willen erfolgt. Er
habe sich mit dessen Zusage zufriedengegeben, die Tätigkeit in
anderen Räumen weiter auszuüben, obwohl ihm die
mangelhafte Kooperationsbereitschaft des C bekannt gewesen sei.
Dieses pflichtwidrige Unterlassen des Klägers und seine
Garantenstellung für die Gegenstände der Insolvenzmasse
rechtfertigten es, die Umsatzsteuer auf die Leistungen des C als
Masseverbindlichkeit zu behandeln.
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Mit der Revision macht der Kläger die
Verletzung materiellen Rechts (§ 55 Abs. 1 InsO)
geltend.
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Zwar treffe es zu, dass die Räume im
Grundstück B-Straße bis zur Freigabe zur Insolvenzmasse
gehört hätten. Sie seien aber von C eigenmächtig und
missbräuchlich zur Leistungserbringung verwendet worden, was
nicht zur Begründung einer Masseverbindlichkeit
gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO führen
könne. Dies ergebe sich aus der Entscheidung des
Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18.5.2010 X R 11/09 (BFH/NV 2010, 2114 =
SIS 10 32 64). Die Auffassung des FG führe zu dem
widersinnigen Ergebnis, dass eigenmächtiges Handeln des
Insolvenzschuldners unter Veruntreuung von Massegegenständen
die Verteilungsmasse zu Lasten aller Gläubiger schmälern
und zusätzlich die Insolvenzmasse mit Umsatzsteuer belasten
würde. Eine Verschuldenshaftung der Insolvenzmasse aufgrund
eines Unterlassens des Insolvenzverwalters sei sachlich und
rechtlich im Streitfall unzutreffend. Er, der Kläger, sei
seinen Pflichten zur Überwachung und Erhaltung der
Insolvenzmasse nachgekommen und habe alles ihm Mögliche
unternommen, um die Nutzung des Grundstücks B-Straße
durch den Schuldner zu unterbinden.
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Der Kläger beantragt
sinngemäß, die Vorentscheidung, den Umsatzsteuerbescheid
2006 vom 4.5.2007 und die Einspruchsentscheidung vom 22.8.2007
aufzuheben und die Heranziehung des Prozessbevollmächtigten
des Klägers im Einspruchsverfahren für notwendig zu
erklären.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Zur Begründung führt das FA aus,
der X. Senat des BFH habe im Urteil in BFH/NV 2010, 2114 = SIS 10 32 64 nur die Einkommensteuer im Fall der eigenmächtigen
Nutzung von Massegegenständen behandelt und die Auffassung
vertreten, die Entscheidungsgrundsätze seien nicht auf die
Umsatzsteuer übertragbar. Im Streitfall seien die
Grundsätze des BFH-Urteils vom 7.4.2005 V R 5/04 (BFHE 210,
156, BStBl II 2005, 848 = SIS 05 31 00) anzuwenden, nach denen
bereits die Nutzung von Gegenständen der Insolvenzmasse die
Umsatzsteuer zur Masseverbindlichkeit werden lasse.
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II. Die Revision ist begründet, sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klagestattgabe
(§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Entgegen der Auffassung des FG ist die Umsatzsteuer aus dem
Neuerwerb keine Masseverbindlichkeit, die i.S. des § 55 Abs. 1
Nr. 1 InsO „in anderer Weise begründet worden
ist“, wenn der Insolvenzschuldner bei der Ausübung
einer selbständigen Tätigkeit zwar einen Massegegenstand
benutzt, die ausgeführten Umsätze aber im Wesentlichen
auf der persönlichen Tätigkeit des Insolvenzschuldners
beruhen.
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1. Durch einen an den Insolvenzverwalter
gerichteten Steuerbescheid dürfen nur Steuerforderungen
festgesetzt werden, die Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55
InsO sind (BFH-Urteil vom 9.12.2010 V R 22/10, BFHE 232, 301,
BFH/NV 2011, 952 = SIS 11 11 55). Masseverbindlichkeiten i.S. des
§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind die Verbindlichkeiten, die durch
Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die
Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse
begründet werden. Die durch die entgeltliche selbständige
Tätigkeit des C entstandene Umsatzsteuer ist keine
Masseverbindlichkeit, weil sie weder durch eine Handlung des
Klägers noch „in anderer Weise“ durch die
Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Insolvenzmasse
begründet worden ist.
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a) Bei einer unternehmerischen Tätigkeit
des Schuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die
Umsatzsteuer auf die erbrachten Leistungen nicht schon deshalb eine
Masseverbindlichkeit, weil die Entgelte aus dieser Tätigkeit
in die Insolvenzmasse fallen.
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Nach § 35 InsO in der im streitigen
Zeitraum geltenden Fassung (nunmehr: § 35 Abs. 1 InsO) erfasst
das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner
zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er
während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Der
Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu entschieden, dass die Einnahmen,
die ein selbständig tätiger Schuldner nach der
Insolvenzeröffnung erzielt, in vollem Umfang ohne einen Abzug
für beruflich bedingte Ausgaben zur Insolvenzmasse
gehören (BGH-Beschluss vom 20.3.2003 IX ZB 388/02, NJW 2003,
2167). Aus diesem Beschluss lässt sich ableiten, dass die
berufsbedingten Ausgaben des unternehmerisch tätigen
Schuldners keine Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1
Nr. 1 InsO sind (BFH-Urteil vom 17.3.2010 XI R 2/08, BFHE 229, 394,
BFH/NV 2010, 1568 = SIS 10 19 23, unter II.2.a). Entscheidend ist,
ob die Steuerschulden aus einer insolvenzfreien Tätigkeit des
Schuldners herrühren (BFH-Urteil in BFHE 210, 156, BStBl II
2005, 848 = SIS 05 31 00, unter II.3.).
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b) Die im Streitfall festgesetzte Umsatzsteuer
ist auch keine Verbindlichkeit, die durch Handlungen des
Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung oder
Verwertung der Insolvenzmasse i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO
begründet worden ist. Die Verwaltung und Verwertung der
Insolvenzmasse sind in den §§ 148 ff. InsO geregelt.
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aa) Die bloße Duldung der Tätigkeit
des Insolvenzschuldners erfüllte nach der im Streitjahr (2006)
geltenden Rechtslage nicht das Tatbestandsmerkmal des Verwaltens
der Insolvenzmasse i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz
InsO, weil die Arbeitskraft des Schuldners nicht zur Insolvenzmasse
gehört (z.B. BGH-Beschluss vom 18.12.2008 IX ZB 249/07, ZInsO
2009, 299) und der Insolvenzverwalter keine Möglichkeit hat,
die Tätigkeit des Insolvenzschuldners zu unterbinden oder zu
beeinflussen (BFH-Urteile vom 24.2.2011 VI R 21/10, BFHE 232, 318,
BStBl II 2011, 520 = SIS 11 13 35, unter II.a; in BFH/NV 2010, 2114
= SIS 10 32 64, unter II.3.c; vom 21.7.2009 VII R 49/08, BFHE 226,
97, BStBl II 2010, 13 = SIS 09 33 10, unter II.1.b bb). Ob und ggf.
inwieweit sich diese Beurteilung nach Einführung des § 35
Abs. 2 InsO durch das Insolvenzvereinfachungsgesetz vom 13.4.2007
(BGBl I 2007, 509) zum 1.7.2007 geändert haben könnte,
braucht der Senat im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Diese
Regelung, die den Insolvenzverwalter im Fall der Fortführung
oder Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch den
Schuldner zur Erklärung verpflichtet, ob Vermögen aus der
Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche
aus der Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden
können, war im Streitjahr (2006) noch nicht in Kraft
getreten.
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bb) Es liegt auch keine Verwertung der
Insolvenzmasse deswegen vor, weil der Kläger die Nutzung der
zur Masse gehörenden Räume im Haus B-Straße zwar
verboten, die Einhaltung des Verbots aber nicht überwacht hat.
Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger unter den im
Streitfall vorliegenden Umständen verpflichtet war, die
Nutzung der Räume wirksam zu unterbinden, denn jedenfalls
dann, wenn die vom Schuldner im Rahmen seiner unternehmerischen
Tätigkeit erbrachten sonstigen Leistungen im Wesentlichen auf
dem Einsatz seiner persönlichen Arbeitskraft beruhen und nicht
auf der Nutzung von Massegegenständen, handelt es sich bei
seinen Umsätzen nicht um eine „Verwertung“
von Massegegenständen i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
Die auf diese Umsätze entfallende Umsatzsteuer ist unter
diesen Voraussetzungen keine Masseverbindlichkeit (BFH-Urteil in
BFHE 229, 394, BFH/NV 2010, 1568 = SIS 10 19 23, unter II.2.d aa).
Dem steht das Senatsurteil in BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848 =
SIS 05 31 00 nicht entgegen. Die Entscheidung betraf den Fall der
Verwendung pfändungsfreien Vermögens. Ihr lässt sich
nicht der Umkehrschluss entnehmen, in allen anderen Fällen
handele es sich um Masseverbindlichkeiten (ebenso BFH-Urteil in
BFHE 229, 394, BFH/NV 2010, 1568 = SIS 10 19 23).
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cc) Das FG ist von anderen Grundsätzen
ausgegangen. Das Urteil war daher aufzuheben. Der Senat kann in der
Sache selbst entscheiden, denn nach den für den Senat
bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) beruhten
die streitigen Umsätze des C im Wesentlichen auf seinem
Arbeitseinsatz und die Benutzung der zur Insolvenzmasse
gehörenden Büroräume war von untergeordneter
Bedeutung. Danach ist im Streitfall die Umsatzsteuer auf die von C
im Rahmen seiner Bauträgertätigkeit erbrachten Leistungen
keine Masseverbindlichkeit.
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2. Die Voraussetzungen einer notwendigen
Beiladung des C im Revisionsverfahren gemäß §§
123 Abs. 2, 60 Abs. 3 Satz 1 FGO liegen nicht vor. Ist streitig, ob
eine Steuerverbindlichkeit eine Masseverbindlichkeit i.S. des
§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist, sind die Interessen von
Insolvenzverwalter und -schuldner nicht - wie gemäß
§ 60 Abs. 3 FGO erforderlich - „nach den
Steuergesetzen“, sondern durch die Auslegung des
Insolvenzrechts berührt. Das schließt eine notwendige
Beiladung des Insolvenzschuldners aus (BFH-Beschluss vom 12.5.2009
VIII B 27/09, BFH/NV 2009, 1449 = SIS 09 26 78).
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