6
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Der Kläger stellte seinen
Jahresabschluss für das Streitjahr 2005 am 26.4.2007 auf.
Darin berücksichtigte er keine
Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis
2001.
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7
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Demgegenüber erfasste das FA in den
angefochtenen Bescheiden über Einkommensteuer sowie die
Festsetzung und Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für
2005 die genannten Erstattungsansprüche einschließlich
des Gesamtbetrags der Erstattungszinsen gewinnerhöhend.
Hierfür berief es sich auf das Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 5.7.2006 (BStBl I 2006,
418 = SIS 06 29 90). Gegenläufig erhöhte es die
Gewerbesteuer-Rückstellung.
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8
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Der Einspruch blieb im hier
interessierenden Punkt ohne Erfolg. Das FA führte aus, der
Kläger habe spätestens mit der vorbehaltlosen
Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II vom 30.9.2005 von
der Anerkennung seiner Erstattungsansprüche durch das FA
ausgehen können. Spätestens ab diesem Zeitpunkt
hätten die Ansprüche auch Eingang in die Bewertung des
Betriebs durch einen potenziellen Erwerber gefunden.
Demgegenüber sei der Erlass geänderter Steuerbescheide
für die Aktivierung von Steuererstattungsansprüchen nicht
zwingend erforderlich, weil keine formale, sondern eine
wirtschaftliche Betrachtung geboten sei.
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9
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt
(EFG 2010, 1521 = SIS 10 27 86). Bestrittene Forderungen seien erst
zu aktivieren, wenn sie rechtskräftig zuerkannt seien oder der
Schuldner sein Bestreiten aufgegeben habe. Diese Grundsätze
seien nicht nur auf zivilrechtliche Ansprüche, sondern auch
auf Steuererstattungsansprüche anwendbar. Solange eine
entgegenstehende Steuerfestsetzung noch nicht geändert sei
oder das FA dem Steuerpflichtigen auf andere Weise zu erkennen
gebe, dass es den Steuererstattungsanspruch akzeptieren werde,
komme eine Aktivierung nicht in Betracht. Vorliegend habe das FA
allein aufgrund der Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl
II noch keine geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen erlassen.
Vielmehr habe es sich mit dem - bis dahin bestrittenen -
Änderungsantrag des Klägers erst auseinandergesetzt,
nachdem dieser am 16.2.2006 das Einspruchsverfahren aufgegriffen
habe. Sodann habe das FA sich die Höhe der Ansprüche im
Einzelnen nachweisen lassen und teilweise im Wege einer
Umsatzsteuer-Sonderprüfung geprüft. Es komme auch nicht
darauf an, dass die Änderungsbescheide noch vor der
Aufstellung des Jahresabschlusses für 2005 ergangen seien.
Denn der Umstand, dass das FA sein Bestreiten aufgegeben habe,
stelle eine wertbegründende Tatsache dar, die nur
berücksichtigt werden dürfe, wenn sie bereits am
Bilanzstichtag gegeben sei.
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10
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Mit seiner Revision rügt das FA eine
Verletzung des § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs
(HGB).
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11
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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Das FG hat rechtsfehlerhaft eine Aktivierung
der Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche und Erstattungszinsen
abgelehnt. Allerdings darf der Teil der Erstattungszinsen, der auf
Zeiträume nach dem 31.12.2005 entfällt, nicht bereits zu
diesem Stichtag aktiviert werden. Zur Ermittlung der Höhe
dieses Teilbetrags geht die Sache an das FG zurück.
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1. Die Aktivierung von Forderungen richtet
sich bei buchführenden Gewerbetreibenden nach den
handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger
Buchführung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Gemäß
§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB sind Gewinne nur zu
berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert
sind.
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Nach dem (imparitätischen)
Realisationsprinzip, das einen Grundsatz ordnungsmäßiger
Buchführung i.S. des § 5 Abs. 1 EStG darstellt, darf ein
Gewinn grundsätzlich erst ausgewiesen werden, wenn er durch
Umsatz (Veräußerung oder sonstigen Leistungsaustausch)
verwirklicht ist; Vermögensmehrungen dürfen nur erfasst
werden, wenn sie disponibel sind. Gewinnrealisierung tritt dann
ein, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten
Erfüllungshandlungen in der Weise erbracht hat, dass ihm die
Forderung auf die Gegenleistung (z.B. die Zahlung) - von den mit
jeder Forderung verbundenen Risiken abgesehen - so gut wie sicher
ist (BFH-Urteil vom 23.3.2011 X R 42/08, BFHE 233, 398, DStR 2011,
1603 = SIS 11 25 89, mit weiteren Nachweisen).
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Dementsprechend sind Forderungen (§ 266
Abs. 2 B.II. HGB), insbesondere Geldforderungen aus Lieferungen und
Leistungen, zu aktivieren, sobald sie (unabhängig von der
rechtlichen Entstehung) wirtschaftlich in der Vergangenheit
verursacht und am Bilanzstichtag hinreichend sicher sind
(BFH-Urteile vom 12.5.1993 XI R 1/93, BFHE 171, 448, BStBl II 1993,
786 = SIS 93 19 17; vom 3.8.2005 I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II
2006, 20 = SIS 05 45 92; vom 14.3.2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535,
BStBl II 2006, 650 = SIS 06 31 23; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30.
Aufl., § 5 Rz 270 „Forderungen“).
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18
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Für die Bilanzierung kommt es nicht
entscheidend darauf an, ob ein Anspruch bereits im zivil- oder
öffentlich-rechtlichen Sinne entstanden ist. Maßgebend
ist bei einem erst in der Entstehung begriffenen Anspruch vielmehr,
ob sich die Anwartschaft genügend konkretisiert hat und im
Falle einer Betriebsveräußerung von den Vertragsparteien
bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt würde
(BFH-Urteil vom 28.9.1967 IV 291/65, BFHE 90, 69, BStBl III 1967,
763 = SIS 67 04 74, betr. Anspruch auf Auszahlung einer formell
noch nicht entstandenen Umsatzsteuer-Vergütung). In dieser
Entscheidung hat der BFH weiter ausgeführt, für die
Aktivierung eines Steuererstattungsanspruchs genüge es, wenn
der Anspruch, dessen Realisierung sich kein Kaufmann
vernünftigerweise entgehen lasse, erhoben werden
könne.
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So muss beispielsweise ein auf der
Geltendmachung von Vorsteuer beruhender
Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch bereits dann aktiviert werden,
wenn zunächst nur eine nicht ordnungsgemäße
Rechnung vorhanden ist, sofern - wie im Regelfall - nicht damit zu
rechnen ist, dass der Rechnungsaussteller sich einer Berichtigung
dieser Rechnung widersetzen werde (BFH-Urteil in BFHE 171, 448,
BStBl II 1993, 786 = SIS 93 19 17, unter II.2.). Denn die
Notwendigkeit, die Rechnung berichtigen zu lassen, ist im Vergleich
zum Tatbestandsmerkmal der „Ausführung der
Leistung“ von untergeordneter Bedeutung und
beeinträchtigt die Sicherheit der Forderung nicht in einem
Maße, das in Anwendung des Realisationsprinzips eine
Bilanzierung verbieten könnte.
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20
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Zivilrechtliche Ansprüche können
selbst dann zu aktivieren sein, wenn sie formal noch unter dem
Vorbehalt der Freiwilligkeit stehen, sofern der Kaufmann nach den
Umständen des Einzelfalls bereits am Bilanzstichtag bei
normalem Geschäftsablauf fest mit der Zahlung rechnen kann
(BFH-Urteil vom 9.2.1978 IV R 201/74, BFHE 124, 520, BStBl II 1978,
370 = SIS 78 02 06).
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2. Nach diesen Grundsätzen hatte der
Kläger die streitgegenständlichen
Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis
2001 zum 31.12.2005 zu aktivieren.
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22
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Bereits zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch
realisiert. Denn der Realisierung der genannten
Erstattungsansprüche standen im maßgebenden Zeitpunkt
weder materiell-rechtliche (dazu unten a) noch verfahrensrechtliche
Hindernisse (unten b) entgegen. Aufgrund der verwaltungsinternen
Weisungslage war das für die Besteuerung des Klägers
zuständige FA zur Anwendung der Rechtsprechung des EuGH und
BFH verpflichtet (unten c). Dass die Änderung der
Steuerbescheide am Bilanzstichtag noch ausstand (unten d) und der
Kläger seine Anträge noch nicht beziffert hatte (unten
e), schließt bei dieser Sachlage eine Aktivierung der
Steuererstattungsansprüche nicht aus.
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a) Materiell-rechtlich stand seit Ergehen des
EuGH-Urteils in Slg. 2005, I-1131, spätestens aber seit
Veröffentlichung des BFH-Urteils in BFHE 210, 164, BStBl II
2005, 617 = SIS 05 33 28 fest, dass der Kläger sich für
die Steuerfreiheit seiner Umsätze aus dem Betrieb von
Geldspielautomaten unmittelbar auf die Richtlinie 77/388/EWG
berufen konnte. Hieraus ergab sich zugleich die
materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit der gegen den Kläger
ergangenen Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1996 bis
2001.
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b) Ebenso wenig bestanden verfahrensrechtliche
Hindernisse für eine Änderung der Festsetzungen. Diese
standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und waren daher
nicht in materielle Bestandskraft erwachsen. Die
Änderungsanträge des Klägers vom 15.11.2001 bzw.
27.11.2003 hatten jeweils zweifelsfrei die Festsetzungsfrist
gewahrt. Der nach Ablehnung der Änderungsanträge
eingelegte Einspruch war in offensichtlich zulässiger Weise
erhoben worden.
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c) Mit der Veröffentlichung des
BFH-Urteils in BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617 = SIS 05 33 28 in
der am 30.9.2005 herausgegebenen Ausgabe des BStBl II war das FA
verwaltungsintern verpflichtet, diese Rechtsprechung zugunsten des
Klägers anzuwenden. Die Veröffentlichung von
BFH-Entscheidungen im BStBl II beruht in jedem Einzelfall auf einer
Entscheidung der für das jeweilige steuerrechtliche Sachgebiet
zuständigen Vertreter der obersten Finanzbehörden des
Bundes und der Länder. In der vorbehaltlosen
Veröffentlichung einer BFH-Entscheidung im BStBl II liegt
zugleich die Anweisung der obersten Finanzbehörden des Bundes
und der Länder an die nachgeordneten Dienststellen der
Finanzverwaltung, die in der jeweiligen Entscheidung enthaltenen
Rechtsgrundsätze auf gleichgelagerte Sachverhalte allgemein -
über den entschiedenen Einzelfall hinaus - anzuwenden (vgl.
auch Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 9.3.2004,
DStR 2004, 1047 = SIS 04 26 87).
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26
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Damit stand aufgrund dieser noch im Jahr 2005
ergangenen Anweisung fest, dass das FA die
Erstattungsansprüche des Klägers dem Grunde nach nicht
mehr bestreiten würde.
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27
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Soweit das FG formuliert hat, das FA habe sich
erst nach dem Schreiben des Klägers vom 16.2.2006 mit dem
„bis dahin bestrittenen“ Änderungsbegehren
auseinandergesetzt, liegt darin keine den Senat i.S. des § 118
Abs. 2 FGO bindende Tatsachenfeststellung des Inhalts, dass das FA
die Ansprüche des Klägers noch konkret bestritten
hätte. Denn aus den vom FG getroffenen Feststellungen zu dem
Schriftverkehr zwischen dem Kläger und dem FA geht lediglich
hervor, dass das FA letztmalig am 9.2.2004 - vor Ergehen der
einschlägigen Entscheidungen des EuGH bzw. BFH - negativ zu
dem Änderungsbegehren des Klägers Stellung genommen und
sodann am 10.3.2004 das Einspruchsverfahren im Hinblick auf das
anhängige Vorabentscheidungsverfahren zum Ruhen gebracht hat.
Damit hat das FA aber gerade zum Ausdruck gebracht, dass es der zu
erwartenden Entscheidung des EuGH - vorbehaltlich anderslautender
Weisungen seiner vorgesetzten Behörden - maßgebende
Bedeutung für das konkrete Besteuerungsverfahren des
Klägers beimisst. Dass das FA dem Änderungsbegehren des
Klägers während des Ruhens des Einspruchsverfahrens,
insbesondere nach Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl
II, noch konkret entgegengetreten wäre, hat das FG nicht
festgestellt. Allein der Umstand, dass das FA die
Steuerfestsetzungen - so das FG - nicht „ohne
Weiteres“, sondern erst nach einer Bezifferung der zuvor
offenbar zahlenmäßig nicht konkretisierten
Änderungsanträge durch den Kläger geändert hat,
steht einem Bestreiten des Anspruchs nicht gleich.
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28
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Soweit das BMF-Schreiben vom 5.6.2006 (BStBl I
2006, 418 = SIS 06 29 90) für den Zeitpunkt der Aktivierung
von Steuererstattungsansprüchen, die sich aus der
angeführten Entscheidung des EuGH ergeben, abweichend von den
hier dargestellten Grundsätzen nicht erst auf die
Veröffentlichung der BFH-Nachfolgeentscheidung im BStBl II
abstellt, sondern bereits auf die - von der deutschen
Finanzverwaltung zunächst unkommentiert gelassene -
Bekanntgabe der EuGH-Entscheidung, kann dahinstehen, ob der Senat
dem folgen könnte. Für die Entscheidung des Streitfalls
ist dies indes ohne Bedeutung, da beide Zeitpunkte im
Wirtschaftsjahr (= Kalenderjahr) 2005 liegen.
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29
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d) Bei einer solchermaßen eindeutig
für den Kläger und die problemlose Realisierbarkeit
seiner Steuererstattungsansprüche sprechenden
materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Lage
(einschließlich verwaltungsinterner Weisungen) steht allein
die noch ausstehende Umsetzung dieser Rechts- und Weisungslage in
geänderte Umsatzsteuerbescheide einer Aktivierung
entsprechender Forderungen nicht entgegen.
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30
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aa) Wie bereits dargestellt, bestimmt sich die
Aktivierung von Vermögensgegenständen in der
Handelsbilanz - und damit der Ansatz von Wirtschaftsgütern in
der Steuerbilanz - in erster Linie nach wirtschaftlichen
Gesichtspunkten (BFH-Urteil in BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650 =
SIS 06 31 23, unter II.2.). Die wesentlichen wirtschaftlichen
Ursachen für die Realisierung des Anspruchs waren im
Streitfall mit der objektiven Klärung der materiell- und
verfahrensrechtlichen Rechtslage sowie der Anweisung an die
Finanzbehörden, die zugunsten der Betreiber von
Geldspielgeräten ergangene Rechtsprechung allgemein
anzuwenden, bereits im Jahr 2005 gesetzt. In einer solchen
Situation stellt sich der Erlass der Steuerbescheide - ähnlich
wie die Berichtigung einer zunächst aus formalen Gründen
nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung (vgl. BFH-Urteil
in BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786 = SIS 93 19 17) - nur noch als
wirtschaftlich unwesentlicher, formalrechtlicher Akt dar. Auch ein
Betriebserwerber hätte zum 31.12.2005 die gegen das FA
gerichteten Steuererstattungsansprüche des Klägers im
Rahmen der Bemessung des Unternehmenskaufpreises vergütet.
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31
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Von der hier vertretenen Auffassung geht im
Ergebnis auch das BFH-Urteil vom 17.1.2007 XI R 8/04 (nicht
veröffentlicht, juris = SIS 07 19 95) aus. Dem lag der
Sachverhalt zugrunde, dass das dort zuständige FA in einem
Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung des
Gewinns für das dortige Streitjahr einen Mehrgewinn aus einem
Gewerbesteuer-Erstattungsanspruch für dasselbe Jahr angesetzt
hatte, der sich erst aus einem - nach dem Bilanzstichtag ergangenen
- Änderungsbescheid ergab. Der XI. Senat des BFH hat insoweit
zur Begründung lediglich ausgeführt, der - für den
Steuerpflichtigen günstige - geänderte
Gewerbesteuermessbescheid sei nicht angefochten worden, so dass der
darauf beruhende Erstattungsanspruch bei der Gewinnermittlung zu
berücksichtigen sei.
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bb) Gegenteiliges folgt nicht aus der vom
Kläger und dem FG herangezogenen Rechtsprechung des II. Senats
des BFH zur - früheren - Rechtslage bei der Einheitsbewertung
des Betriebsvermögens sowie im Recht der Vermögensteuer
und Erbschaftsteuer.
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33
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(1) Nach dem BFH-Urteil vom 15.10.1997 II R
56/94 (BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796 = SIS 98 02 30) waren
Steuererstattungsansprüche, die auf höchstrichterlicher
Rechtsprechung beruhten, bei der Feststellung von Einheitswerten
des Betriebsvermögens für Stichtage vor dem 1.1.1993 -
als noch keine Bindung an die Steuerbilanz bestand - nicht
anzusetzen.
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34
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Diese Rechtsprechung beruht indes auf den
Besonderheiten des Bewertungsrechts (strenges Stichtagsprinzip),
das insoweit von der stärker wirtschaftlich geprägten
Betrachtungsweise des Bilanzsteuerrechts abweicht. Dies zeigt sich
auch daran, dass Ansprüche auf Erstattung von
Körperschaftsteuer, die auf einer erst nach dem
Bewertungsstichtag beschlossenen Gewinnausschüttung beruhten,
zwar nicht in einer Vermögensaufstellung für Stichtage
vor dem 1.1.1993 (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.1998 II R 60/96, BFHE
187, 113, BStBl II 1999, 162 = SIS 99 06 35, unter II.2.), wohl
aber in Anwendung der ab dem 1.1.1993 geltenden
bewertungsrechtlichen Rechtslage - die mit der
bilanzsteuerrechtlichen Lage übereinstimmte (vgl. § 109
Abs. 1 des Bewertungsgesetzes in der ab dem 1.1.1993 geltenden
Fassung) - anzusetzen waren (BFH-Urteil in BFHE 187, 113, BStBl II
1999, 162 = SIS 99 06 35, unter II.1.).
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35
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Im Übrigen betraf das Urteil in BFHE 184,
111, BStBl II 1997, 796 = SIS 98 02 30 einen Bewertungsstichtag,
der noch vor der Veröffentlichung der - die Durchsetzbarkeit
des Steuererstattungsanspruchs gegenüber der Finanzverwaltung
wirtschaftlich begründenden - BFH-Entscheidung im
entsprechenden Musterverfahren lag.
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(2) Eine vergleichbare Zeitfolge lag auch dem
- zum Erbschaftsteuerrecht für Stichtage ab dem 1.1.1993
ergangenen - BFH-Urteil vom 15.3.2000 II R 15/98 (BFHE 191, 403,
BStBl II 2000, 588 = SIS 00 08 59) zugrunde. Zudem hatte dort das
für den Einzelfall zuständige FA - ebenfalls hinsichtlich
der Umsatzsteuer auf Umsätze mit Geldspielautomaten - noch
nach dem Ergehen einer für den dortigen Steuerpflichtigen
günstigen Entscheidung des EuGH die Änderung ergangener
Umsatzsteuerbescheide ausdrücklich abgelehnt, und dies darauf
gestützt, dass ein früheres BMF-Schreiben noch fortgelte
und bisher nicht an die EuGH-Rechtsprechung angepasst worden sei.
Erst nach Ergehen eines neuen BMF-Schreibens half das dortige FA
dem Änderungsbegehren ab.
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37
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Hinsichtlich der Erbschaftsteuer hat der II.
Senat des BFH zudem zwischenzeitlich entschieden, dass die
Notwendigkeit einer aus Sicht des Bewertungsstichtags noch
vorzunehmenden Änderung von Steuerbescheiden dem Ansatz
entsprechender Steuererstattungsansprüche beim
steuerpflichtigen Erwerb nicht entgegensteht (BFH-Urteil vom
16.1.2008 II R 30/06, BFHE 220, 518, BStBl II 2008, 626 = SIS 08 14 75, unter II.A.1.b). Dies ist seit 2009 auch ausdrücklich in
§ 10 Abs. 1 Satz 3 des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes festgeschrieben.
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38
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(3) Das BFH-Urteil vom 2.12.2003 II R 5/03
(BFHE 203, 512, BStBl II 2004, 203 = SIS 04 03 96) befasste sich
für Zwecke der Vermögensteuer mit einem
Steuererstattungsanspruch im Privatvermögen. Auch dort galt
aber das strenge Stichtagsprinzip, das - wie unter (1) dargestellt
- im Bilanzsteuerrecht aufgrund des Vorrangs wirtschaftlicher
Gesichtspunkte nicht anwendbar ist.
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39
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e) Auch der Umstand, dass der Kläger
seine - vor dem Bilanzstichtag gestellten -
Änderungsanträge am Stichtag noch nicht beziffert hatte,
und das FA daher noch keine Prüfung der Höhe des
Anspruchs hatte vornehmen können, hindert eine Aktivierung
nicht.
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40
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aa) Der Zeitpunkt, zu dem der Inhaber eines -
dem Grunde nach bestehenden - Anspruchs diesen
zahlenmäßig beziffert, steht grundsätzlich im
Belieben des Anspruchstellers. Besteht ein solcher Anspruch
objektiv und liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der
Anspruchsinhaber auf Dauer von dessen Durchsetzung absehen werde,
kann die Gewinnrealisierung nicht dadurch hinausgeschoben werden,
dass ein bereits dem Grunde nach geltend gemachter und vom
Anspruchsgegner nicht - bzw. nicht mehr - bestrittener Anspruch der
Höhe nach zunächst noch nicht konkretisiert wird.
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Hierzu hat der BFH bereits ausgeführt,
für die Aktivierung eines Steuererstattungsanspruchs
genüge es, wenn der Anspruch, dessen Realisierung sich kein
Kaufmann vernünftigerweise entgehen lasse, erhoben werden
könne (Urteil in BFHE 90, 69, BStBl III 1967, 763 = SIS 67 04 74). Die Realisierung eines gegen das FA gerichteten Anspruchs, der
materiell- und verfahrensrechtlich sowie nach der geltenden
Weisungslage unzweifelhaft besteht und dessen Umsetzung in konkrete
Steuerbescheide nur noch von einer Bezifferung durch den
Steuerpflichtigen abhängig ist, wird sich kein Kaufmann
entgehen lassen.
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Im Übrigen setzt eine Gewinnrealisierung
nach ständiger Rechtsprechung nicht voraus, dass bereits am
Bilanzstichtag über den Anspruch - zahlenmäßig -
abgerechnet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14.4.2011 X B
104/10, BFH/NV 2011, 1343 = SIS 11 23 39, mit zahlreichen weiteren
Nachweisen).
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43
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bb) Wenn aber die noch ausstehende
zahlenmäßige Konkretisierung des Erstattungsanspruchs
durch den Kläger einer Aktivierung nicht entgegensteht, dann
gilt dies auch für die Überprüfung dieser
zahlenmäßigen Konkretisierung durch das FA. Dabei kommt
es nicht darauf an, ob das FA seine
Überprüfungshandlungen an Amtsstelle oder im Wege einer
Umsatzsteuer-Sonderprüfung vornimmt. Aus den Feststellungen
des FG ergibt sich nicht, dass die Umsatzsteuer-Sonderprüfung
- die sich ohnehin allein auf das Jahr 1998 bezogen und nicht zu
Beanstandungen geführt hat - zum Ziel gehabt haben
könnte, über die Prüfung der Zahlenangaben des
Klägers hinaus Anhaltspunkte für ein Bestreiten der
Erstattungsansprüche dem Grunde nach zu ermitteln.
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44
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3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das
FA hat sämtliche Erstattungszinsen, die in den - erst nach dem
Bilanzstichtag ergangenen - Umsatzsteuer- und Zinsbescheiden
festgesetzt worden sind, bereits zum Bilanzstichtag aktiviert.
Ansprüche auf Erstattungszinsen, die wirtschaftlich auf die
Zeit nach dem 31.12.2005 entfallen, dürfen aber nicht schon zu
diesem Zeitpunkt aktiviert werden. Das FG wird im zweiten
Rechtsgang Feststellungen zur Höhe der bis zum Bilanzstichtag
entstandenen Erstattungszinsen nachholen.
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45
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4. Die dargestellten Grundsätze gelten
gemäß § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes auch
für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und den sich
daran anschließenden Zerlegungsbescheid.
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