Steuererstattungsansprüche des Erblassers, ErbSt: 1. Private Steuererstattungsansprüche des Erblassers unterfallen mit dem beim Eintritt des Erbfalls materiell-rechtlich zutreffenden Wert der Erbschaftsteuer, ohne dass es auf deren Durchsetzbarkeit zu diesem Zeitpunkt ankommt. Werden die Ansprüche erst später fällig, entsteht die Erbschaftsteuer insoweit erst mit Eintritt der Fälligkeit. - 2. Erwirbt der Erbe mit dem Nachlass einen aufschiebend bedingten, betagten oder befristeten Anspruch, verschiebt § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Halbsatz 2 ErbStG nicht den Erwerbszeitpunkt, sondern lediglich den Zeitpunkt der Steuerentstehung. - Urt.; BFH 16.1.2008, II R 30/06; SIS 08 14 75
I. Die Klägerin, Revisionsbeklagte und
Anschlussrevisionsklägerin (Klägerin) ist Alleinerbin
ihres am 29.11.1994 verstorbenen Ehemannes (E). E war bis zu seinem
Tod als Gesellschafter-Geschäftsführer an einer GmbH zu
50 % beteiligt gewesen und hatte 1990 von der GmbH eine
Versorgungszusage erhalten. Der Klägerin stand nach dieser
Vereinbarung eine lebenslängliche Witwenrente in Höhe von
60 % der dem E zugesagten Altersrente von monatlich 7.650 DM zu.
Für die Kalenderjahre 1989 bis 1991 wurden die Klägerin
und E 1993 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt und die sich
daraus ergebenden Erstattungen und Nachzahlungen noch vor dem Tod
des Erblassers geleistet.
Nach dem Tode des E wurden die
Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1989 bis 1991
(teilweise mehrfach) geändert und für 1992 bis 1994
Zusammenveranlagungsbescheide erlassen und diese ebenfalls
teilweise wieder geändert. Aus diesen Bescheiden ergaben sich
folgende, auf den Erblasser entfallende
Steuererstattungsansprüche und Nachzahlungen:
Beträge jeweils in DM
ESt-Bescheide vom
|
1989
|
1990
|
1991
|
1992
|
1993
|
1994
|
Januar 1995
|
|
|
|
+59.268,00
|
+82.689,50
|
|
April 1996
|
+12.809,00
|
+23.324,00
|
|
+55.375,00
|
+122.376,00
|
|
Juni 1996
|
|
|
|
+2.196,50
|
+3.205,00
|
|
Juni/Juli 1996
|
|
|
|
|
|
+83.816,00
|
August 2000
|
+682,00
|
+451,00
|
+411,50
|
./.
18.110,00
|
./.
29.902,00
|
./. 52.590,00
|
Der Beklagte, Revisionskläger und
Anschlussrevisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) setzte durch
(Änderungs-)Bescheid vom 27.12.2000 gegen die Klägerin
Erbschaftsteuer in Höhe von 60.885 DM fest. Hierbei rechnete
es die sich aus den ergangenen Einkommensteuerbescheiden für
die Kalenderjahre 1989 bis 1994 ergebenden
Steuererstattungsansprüche dem Erwerb von Todes wegen hinzu
und berücksichtigte die Nachzahlungsbeträge als
Nachlassverbindlichkeiten. Wegen der Hinterbliebenenbezüge
hatte das FA bereits am 28.2.2000 dem Antrag der Klägerin
entsprechend, die Steuer gemäß § 23 des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) jährlich
nach dem Jahreswert zu entrichten, einen Ergänzungsbescheid
erlassen.
Mit der nach erfolglosem
Einspruchsverfahren erhobenen Klage begehrte die Klägerin die
Änderung des Erbschaftsteuerbescheids vom 27.12.2000 sowie die
Aufhebung des Ergänzungsbescheids vom 28.2.2000. Die
Steuererstattungsansprüche gehörten nicht zum
steuerpflichtigen Erwerb. Allein die materiell-rechtliche
Entstehung des Anspruchs aus dem Steuerrechtsverhältnis reiche
nicht aus. Vielmehr sei entscheidend, ob die Erstattungsforderung
durchgesetzt werden könne. Hierzu müsse ein
entsprechender Steuerbescheid vorliegen. Die Besteuerung der
Witwenrente sei verfassungswidrig; sie verstoße gegen Art. 3
und 6 des Grundgesetzes (GG). Der Versorgungsfreibetrag von 250.000
DM sei angesichts der Behandlung der übrigen Betriebsrenten,
die nicht einmal steuerbar seien, in verfassungswidriger Weise zu
niedrig.
Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) hat mit seinem in EFG 2006, 1076 = SIS 06 27 48
und 1080 veröffentlichten Urteil den Erbschaftsteuerbescheid
vom 27.12.2000 abgeändert sowie die Klage gegen den
Ergänzungsbescheid abgewiesen und dabei hinsichtlich der
Steuererstattungsansprüche die Auffassung vertreten, dass
diese nur insoweit zum steuerpflichtigen Erwerb zählten, wie
diese im Zeitpunkt des Todes des Erblassers entstanden und
durchsetzbar gewesen seien. Entstanden und durchsetzbar seien nur
die sich aus den erstmaligen Einkommensteuerveranlagungen für
1992 (59.268 DM) und 1993 (82.689,50 DM) vom Januar 1995 sowie
für 1994 (83.816 DM) vom Juni/Juli 1996 ergebenden
Erstattungsansprüche, weil diesen keine anderslautenden
Bescheide entgegengestanden hätten.
Mit der Revision rügt das FA
fehlerhafte Anwendung des § 10 Abs. 1 und Abs. 5 Nr. 1 ErbStG.
Steuererstattungsansprüche seien bereits dann dem Erwerb
hinzuzurechnen, wenn sie am maßgeblichen Stichtag lediglich
entstanden seien.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
des FA zurückzuweisen.
Die Klägerin hat sich der Revision des
FA angeschlossen. Sie wendet sich hiermit weiterhin gegen die
Besteuerung der Witwenrente.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das Urteil des FG, soweit es die Klage
abgewiesen hat, den Ergänzungsbescheid vom 6.3.2000 sowie die
Einspruchsentscheidung vom 26.7.2001 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Anschlussrevision der
Klägerin zurückzuweisen.
II. A) Revision des FA
Die Revision des FA ist begründet. Das FG
hat zu Unrecht die Berücksichtigung der
Steuererstattungsansprüche davon abhängig gemacht, ob sie
beim Tod des E bereits durchsetzbar waren oder nicht. Daher war die
Vorentscheidung aufzuheben, soweit sie den Erbschaftsteuerbescheid
vom 27.12.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung betrifft, und
insoweit in der Sache zu entscheiden (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr.
1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
1. Private Steuererstattungsansprüche,
die noch in der Person des Erblassers entstanden sind, gehören
beim Erben zum steuerpflichtigen Erwerb i.S. des § 10 Abs. 1
ErbStG.
a) Noch in der Person des Erblassers
entstanden sind Erstattungsansprüche, wenn und soweit beim Tod
des Erblassers nach materieller Rechtslage bereits eine
Überzahlung vorgelegen hat.
Einkommensteuererstattungsansprüche, die sich aufgrund der
Abrechnung nach § 36 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ) ergeben, entstehen mit Ablauf
des jeweiligen Veranlagungszeitraums (Urteile des Bundesfinanzhofs
- BFH - vom 26.4.1994 VII R 109/93, BFH/NV 1994, 839 = SIS 94 21 70, unter 1., und vom 6.2.1996 VII R 116/94, BFHE 179, 547, BStBl
II 1996, 557 = SIS 96 10 28, unter 2.a) Demnach fallen
sämtliche Einkommensteuererstattungsansprüche aus
Veranlagungszeiträumen, die beim Tod des Erblassers bereits
abgelaufen waren, in den nach § 10 Abs. 1 ErbStG
steuerpflichtigen Erwerb, sofern und soweit sich bei Ablauf dieser
Zeiträume nach materieller Rechtslage eine Überzahlung
ergibt. Hinzu kommen noch diejenigen
Einkommensteuererstattungsansprüche, die zwar beim Tod des
Erblassers bereits abgelaufene Veranlagungszeiträume
betreffen, aber erst nach deren Ablauf in der Zeit bis zum Tod des
Erblassers dadurch entstanden sind, dass die Steuer fehlerhaft zu
hoch festgesetzt und noch vom Erblasser (nach-)bezahlt worden ist.
Dagegen entstehen Einkommensteuererstattungsansprüche, die das
Todesjahr des Erblassers betreffen, jedenfalls bei einer
Zusammenveranlagung mit dem überlebenden Ehegatten (dazu
BFH-Urteil vom 13.11.1979 VIII R 193/77, BFHE 129, 262, BStBl II
1980, 188 = SIS 80 01 05) erst mit Ablauf des Todesjahres. Sie
fallen damit nicht mehr in den steuerpflichtigen Erwerb nach §
10 Abs. 1 ErbStG.
b) Nicht erforderlich ist, dass die
Einkommensteuererstattungsansprüche beim Tod des Erblassers
auch durchsetzbar waren. Ein bereits vor dem Tod des Erblassers
ergangener Jahressteuerbescheid, in dem eine zu hohe
Einkommensteuer festgesetzt worden ist, hindert die
Zugehörigkeit des Erstattungsanspruchs zum steuerpflichtigen
Erwerb i.S. des § 10 Abs. 1 ErbStG nicht. Das ergibt sich aus
§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG. Diese Regelung
schließt es für die Erbschaftsteuer aus, die
Zugehörigkeit der Einkommensteuererstattungsansprüche zum
steuerpflichtigen Erwerb ebenso von dem zusätzlichen
Erfordernis der Durchsetzbarkeit abhängig zu machen, wie dies
für den Ansatz derartiger Ansprüche bei der
Einheitsbewertung des Betriebsvermögens und bei der
Vermögensteuer geschehen ist (BFH-Urteile vom 15.10.1997 II R
56/94, BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796 = SIS 98 02 30, sowie vom
2.12.2003 II R 5/03, BFHE 203, 512, BStBl II 2004, 203 = SIS 04 03 96). § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Halbsatz 2 ErbStG bestimmt
u.a., dass die Erbschaftsteuer für zu einem Erwerb
gehörende aufschiebend bedingte, betagte oder befristete
Ansprüche mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder
des Ereignisses entsteht. Die Erbschaftsteuer für den
(unbedingten) Erwerb von Steuererstattungsansprüchen entsteht
daher mit der Fälligkeit dieser Ansprüche. Die
Fälligkeit, mit der die Steuererstattungsansprüche erst
durchsetzbar werden, setzt aber die Entstehung dieser
Ansprüche voraus. Folglich kann deren Durchsetzbarkeit keine
Voraussetzung für ihre Entstehung sein. Da der Vorentscheidung
eine andere Rechtsauffassung zugrunde liegt, war sie
aufzuheben.
2. Die Sache ist spruchreif.
a) Die vom FA angesetzten
Einkommensteuererstattungsansprüche bezüglich der
Veranlagungszeiträume 1989 bis 1993 sind sämtlich bereits
vor dem Tod des E entstanden und damit dem Erwerb hinzuzurechnen.
Die Veranlagungszeiträume sind vor dem Tod des E abgelaufen.
Die Überzahlungen, die zu den Steuererstattungen geführt
haben, wurden vor Ablauf der jeweiligen Veranlagungszeiträume
geleistet. Der Einkommensteuererstattungsanspruch 1994, der das
Todesjahr betrifft, ist wegen der Zusammenveranlagung mit der
Klägerin als überlebender Ehegattin (dazu BFH-Urteil in
BFHE 129, 262, BStBl II 1980, 188 = SIS 80 01 05) erst mit Ablauf
des Todesjahres entstanden. Er fällt damit nicht mehr in den
Nachlass des E. Die Summe der für die
Veranlagungszeiträume 1989 bis 1993 entstandenen
Erstattungsansprüche beträgt 362.787,50 DM.
b) Die in der obenstehenden Tabelle
aufgeführten Steuerschulden der Jahre 1992 bis 1994
gehören ebenfalls nicht mehr in den Nachlass. Sie sind erst
dadurch entstanden, dass das FA nach dem Tod des E zu hohe
Erstattungen geleistet hat. Vielmehr sind die Erstattungen der
Jahre 1992 und 1993 um diese Nachzahlungsbeträge (18.110 DM +
29.902 DM = 48.012 DM) zu kürzen; der Nachzahlungsbetrag 1994
ist bereits deshalb nicht zu berücksichtigen, weil auch der
Erstattungsbetrag 1994 nicht mehr in den Nachlass fiel.
Danach sind dem steuerpflichtigen Erwerb der
Klägerin Steuererstattungsansprüche in Höhe von
314.775,50 DM (362.787,50 DM abzügl. 48.012 DM)
hinzuzurechnen.
c) Die verbliebenen
Einkommensteuererstattungsansprüche zählten solange zu
den betagten Ansprüchen i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst.
a ErbStG, wie nicht die Abrechnungen zu den jeweiligen Bescheiden
nach § 36 Abs. 4 EStG auszuzahlende Überschüsse
ergaben. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG betrifft allerdings
nicht alle Ansprüche, die zivilrechtlich als betagt anzusehen
sind. Aus der bewertungsrechtlichen Behandlung noch nicht
fälliger Forderungen (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12
Abs. 3 des Bewertungsgesetzes - BewG - ) folgt, dass die
Erbschaftsteuer für solche Ansprüche, die zu einem
bestimmten (feststehenden) Zeitpunkt fällig werden, dem
Regelfall des § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG entsprechend bereits im
Zeitpunkt des Todes des Erblassers entsteht und dass diese
Ansprüche ggf. mit ihrem abgezinsten Wert anzusetzen sind.
Anders sind jedoch diejenigen betagten Ansprüche zu behandeln,
bei denen der Zeitpunkt des Eintritts des zur Fälligkeit
führenden Ereignisses unbestimmt ist. Hier versagt § 12
Abs. 3 BewG, weil es an einem bestimmten Zeitpunkt für den
Eintritt der Fälligkeit fehlt und somit die Berechnungs- oder
Schätzungsgrundlagen für eine Abzinsung oder den Ansatz
eines niedrigeren Werts als des Nennwerts (§ 12 Abs. 1 BewG)
fehlen. In diesen Fällen entsteht die Erbschaftsteuer
gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG - wie bei
einer aufschiebend bedingten oder befristeten Forderung - erst mit
dem Eintritt des Ereignisses, welches zur Fälligkeit der
Ansprüche führt (so BFH-Urteil vom 27.8.2003 II R 58/01,
BFHE 203, 279, BStBl II 2003, 921 = SIS 03 49 16).
Einkommensteuererstattungsansprüche gehören zu der
zweiten Fallgruppe. Die Fälligkeit der materiell-rechtlich
entstandenen Ansprüche hängt vom erstmaligen Ergehen, der
Aufhebung, Änderung oder Berichtigung eines Bescheids sowie
der damit verbundenen Abrechnung ab, die die Überzahlung
ausweist (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 839 = SIS 94 21 70, unter 2.).
Ob und wann ein derartiger Bescheid ergeht, ist zunächst
ungewiss.
Für den Streitfall folgt daraus, dass die
Einkommensteuererstattungsansprüche 1989 bis 1993 in der um
die Nachzahlungen für 1992 und 1993 geminderten Höhe beim
Tod des E bereits bestanden und zum Erwerb der Klägerin nach
§ 10 Abs. 1 ErbStG gehört haben, aber die darauf jeweils
entfallende Erbschaftsteuer anders als für den übrigen
Erwerb nicht schon mit dem Tod des E, sondern erst zu den
jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten entstanden ist.
d) Obwohl dadurch die Erbschaftsteuer zu
unterschiedlichen Zeitpunkten entstanden ist, hat das FA in dem
angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid die Steuer für den
gesamten Erwerb der Klägerin unaufgeschlüsselt in einem
Betrag festgesetzt. Dies führt jedoch auch unter dem
Gesichtspunkt des § 14 Abs. 1 ErbStG nicht zur Unbestimmtheit
des Bescheids (§ 119 Abs. 1, § 157 Abs. 1 Satz 2 der
Abgabenordnung - AO - ). Unterschiedliche
Steuerentstehungszeitpunkte sind nämlich nicht
zwangsläufig mit unterschiedlichen Erwerbszeitpunkten
verbunden. Im Urteil vom 2.3.2006 II R 57/04 (BFH/NV 2006, 1480 =
SIS 06 30 62, unter II. 3. a) findet sich zwar die Aussage,
verschiedene Steuerentstehungszeitpunkte bedeuteten
selbständige Erwerbsvorgänge, für die
grundsätzlich jeweils gesondert Erbschaftsteuer unter
Berücksichtigung des § 14 ErbStG festzusetzen sei; an der
Aussage kann jedoch in dieser Allgemeinheit nicht festgehalten
werden.
aa) § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG
regelt den Zeitpunkt der Steuerentstehung für zwei
Fallgruppen. Die erste Gruppe betrifft die Fälle eines
aufschiebend bedingten, betagten oder befristeten Erwerbs. Für
diese Fallgruppe ist die Aussage zutreffend. Wird etwa ein Miterbe
zusätzlich mit einem aufschiebend bedingten Vermächtnis
(§ 2177 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - ) oder eine
Person mit mehreren Vermächtnissen bedacht, die an
unterschiedliche erst nach dem Tod des Erblassers erfüllbare
aufschiebende Bedingungen geknüpft sind, liegen mehrere
Erwerbsvorgänge vor (einen vergleichbaren Sachverhalt betraf
das BFH-Urteil vom 28.3.2007 II R 25/05, BFH/NV 2007, 1421, 1423 =
SIS 07 16 95).
bb) Die zweite Gruppe, zu der auch der
Streitfall gehört, betrifft die Fälle des (unbedingten)
Erwerbs aufschiebend bedingter, betagter oder befristeter
Ansprüche. Für diese Fallgruppe ist die Aussage vom
selbständigen Erwerbsvorgang nicht zutreffend. Solche
Ansprüche sind zwar zunächst gemäß § 12
Abs. 1 ErbStG i.V.m. den §§ 4 und 8 BewG nicht zu
berücksichtigen; sie sind aber gleichwohl mit dem
Übergang etwa auf einen Erben bereits erworben. Dies hat
insbesondere Bedeutung für § 14 Abs. 1 ErbStG. Es liegt
nur ein Vorerwerb i.S. des § 14 Abs. 1 ErbStG vor, wenn sich
in dem (unbedingten usw.) Erwerb aufschiebend bedingte, betagte
oder befristete Ansprüche befinden. Infolgedessen können
auch nicht mehrere Zehn-Jahres-Zeiträume i.S. des § 14
Abs. 1 ErbStG betroffen sein.
cc) § 14 Abs. 1 ErbStG erfordert daher im
Streitfall für sich allein keine Aufschlüsselung der
festgesetzten Steuer. Da zudem sämtliche
Erstattungsansprüche schon vor Ergehen des angefochtenen
Bescheids fällig geworden waren, bestand auch unter dem
Gesichtspunkt der Festsetzungsverjährung keine Notwendigkeit,
die Steuer nach den unterschiedlichen Steuerentstehungszeitpunkten
aufzuschlüsseln.
Danach ergibt sich folgende
Steuerberechnung:
Reinnachlass ohne Erstattungen/Schulden
|
|
(s. Anlage zum Bescheid vom 17.12.1999, Bl. 64
FA)
|
4.151.483,00
|
+ Steuererstattungsansprüche
|
314.775,50
|
Reinnachlass
|
4.466.258,50
|
./. Freibeträge (s. Anlage zum Bescheid
vom 27.12.2000, Bl. 107 FA)
|
3.141.320,00
|
Steuerpflichtiger Erwerb
|
1.324.938,50
|
Steuersatz 11 %
|
|
./. Versorgungsrente (Besteuerung des
Jahreswerts unverändert mit 11 %)
|
802.130,00
|
Noch zu versteuern
|
522.808,50
|
Steuer 11 % von 522 800
|
57.508,00
|
|
(29.403,82 EUR)
|
B) Anschlussrevision der Klägerin
Die zulässige Anschlussrevision ist
unbegründet. Das FG hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die
Besteuerung der Hinterbliebenenversorgung gemäß § 3
Abs. 1 Nr. 4 ErbStG rechtmäßig ist und gegen die
Höhe des Versorgungsfreibetrages (§ 17 Abs. 1 ErbStG)
keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Es bleibt daher bei
der oben zu II. A) vorgenommenen Steuerberechnung. Dieser
Streitpunkt betrifft lediglich den Ergänzungsbescheid. Er wird
durch die Herabsetzung der Steuer nach Maßgabe des Abschnitts
II. A) nicht berührt.
1. Die vertraglich vereinbarten
Versorgungsbezüge der Klägerin als Erbin des E
gehören zu den in § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG genannten
Zuwendungen aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter auf den
Todesfall. Die Rechtsprechung, wonach solche Zuwendungen dann nicht
der Erbschaftsteuer unterliegen, wenn es sich um den Erwerb einer
Rente durch die Witwe eines Arbeitnehmers oder einer Person
handelt, die einem Arbeitnehmer gleichzustellen ist (vgl.
BFH-Urteil vom 13.12.1989 II R 23/85, BFHE 159, 228, BStBl II 1990,
322 = SIS 90 07 10, unter 2., und die dort angeführten
Nachweise; zur Verfassungsmäßigkeit der Rechtsprechung
siehe Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom
5.5.1994 2 BvR 397/90, BStBl II 1994, 547 = SIS 94 19 05), kommt im
Streitfall nicht zur Anwendung. E war nicht im Sinne dieser
Rechtsprechung Arbeitnehmer oder einem Arbeitnehmer
gleichzustellen. Er war kraft seiner Beteiligung an der GmbH
vielmehr herrschender Gesellschafter-Geschäftsführer, da
er zusammen mit einem oder mehreren der anderen
Gesellschafter-Geschäftsführer über die Mehrheit
verfügte und keiner von diesen allein eine
Mehrheitsbeteiligung innehatte (BFH-Urteil in BFHE 159, 228, BStBl
II 1990, 322 = SIS 90 07 10, m.w.N., sowie BFH-Beschluss vom
24.5.2005 II B 40/04, BFH/NV 2005, 1571 = SIS 05 37 20).
2. Ob die Höhe des Versorgungsfreibetrags
gemäß § 17 Abs. 1 ErbStG verfassungsrechtlichen
Bedenken begegnet, kann im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG
(Beschluss vom 22.6.1995 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165, BStBl II
1995, 671 = SIS 95 17 09) offen bleiben. Das BVerfG hat angeordnet,
dass das bisherige Erbschaftsteuerrecht weiterhin auf alle bis zum
31.12.1995 verwirklichten Tatbestände anzuwenden ist
(BFH-Beschluss vom 5.5.1999 II B 31/98, BFH/NV 1999, 1463 = SIS 99 52 52). Diese Anordnung erstreckt sich auch auf die Anwendung von
§ 17 ErbStG im Streitfall.