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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt ein
Lufttransportunternehmen zur Personenbeförderung.
Fluggäste konnten nach den Vertragsbedingungen der
Klägerin Flüge zu allgemeinen Konditionen mit
Rücktritts- und Umbuchungsmöglichkeit oder zu preislich
ermäßigten Sonderkonditionen ohne Rücktritts- und
ohne Umbuchungsmöglichkeit sowie ohne Erstattung des
Flugpreises buchen. Bei Buchung eines Fluges zu diesen
Sonderkonditionen behielt die Flugreservierung bis 30 Minuten vor
dem Abflug ihre Gültigkeit. Trat der Fluggast den Flug bis zu
diesem Zeitpunkt nicht an, konnte die Klägerin den Sitzplatz
anderweitig an einen ggf. vor Ort wartenden Fluggast
vergeben.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) ging im Anschluss an eine zur Umsatzsteuer 1996
bis 2000 durchgeführte Außenprüfung davon aus, dass
auch bei den nicht in Anspruch genommenen Flügen ein
Leistungsaustausch vorliege. Die von der Klägerin bis dahin
als nicht steuerbarer Schadensersatz angesehenen Einnahmen
(sog. unflown revenue) behandelte
das FA als Entgelt für steuerpflichtige Leistungen und
erließ entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide
für die Streitjahre 1996 bis 2004. Einspruch und Klage hatten
keinen Erfolg.
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Nach dem Urteil des Finanzgerichts (FG)
erbrachte die Klägerin auch im Fall der nicht in Anspruch
genommenen Flüge zu den von ihr angebotenen Sonderkonditionen
dadurch eine Leistung, dass sie für den gebuchten Flug einen
Sitzplatz bereitgestellt habe. Der Leistungsinhalt sei durch die
Sonderkonditionen derart modifiziert worden, dass der Kunde, dem
wegen des ermäßigten Preises kein Rücktrittsrecht
zugestanden habe, die Zahlung letztlich dafür geleistet habe,
dass ihm die Möglichkeit eingeräumt worden sei, am
durchgeführten Flug teilzunehmen. Zwischen Inlands- und
Auslandsflügen sei nicht zu differenzieren, da in beiden
Fällen eine nach § 3a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes
(UStG) am Unternehmensort der Klägerin steuerbare und
steuerpflichtige Bereitstellungsleistung vorliege. Einen
Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin lehnte das FG
ab.
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Das Urteil des FG ist in EFG 2009, 2053 =
SIS 09 35 85 veröffentlicht.
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Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts. Der
Reservierungsbestätigung komme ebenso wie der
Leistungsbereitschaft entgegen der Auffassung des FG keine
eigenständige Bedeutung zu. Das FG habe gegen seine
Aufklärungspflicht verstoßen, da es die Grundsätze
zur einheitlichen Leistung unzutreffend angewendet habe. Zumindest
handele es sich um bloße Nebenleistungen. Gegenstand der
Vereinbarung sei die Beförderung zu einem bestimmten Zeitpunkt
zu einem bestimmten Ort gewesen; diese Leistung habe sie nicht
erbracht. Die spätere Nichtinanspruchnahme des Fluges sei
für die Frage, was Gegenstand des vereinbarten
Leistungsinhalts sei, nicht von Bedeutung. Die Zahlung sei für
den Fall, dass der Kunde den Flug nicht in Anspruch nehme, ein im
Voraus vereinbarter pauschaler Schadensersatz, der nicht der
Umsatzsteuer unterliege. Der Sachverhalt unterscheide sich entgegen
der Auffassung des FG nicht von dem Fall, in dem der Gerichtshof
der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom 18.7.2007
C-277/05, Société thermale
d’Eugénie-les-Bains (Slg. 2007, I-6415, BFH/NV
Beilage 2007, 424 = SIS 07 28 58) ein Angeld als Schadensersatz
beurteilt habe. Für die Vergleichbarkeit mit einem Angeld
spreche, dass es sich um wirtschaftlich identische Vorgänge
handele. Auf die nationalrechtlichen Besonderheiten der
zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen komme es umsatzsteuerrechtlich
nicht an.
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Ein gesonderter Steuerausweis liege nicht
vor. Unabhängig davon sei jedenfalls zwischen dem
„unflown revenue“ bei
Inlands- und Auslandsflügen zu differenzieren. Im Übrigen
komme eine Steuerpflicht von Anzahlungen nur bis zum Zeitpunkt der
vorgesehenen Leistungserbringung in Betracht. Die Zahlungen der
Kunden seien aber z.B. bei kurzfristigen Buchungen teilweise erst
im Anschluss an den nicht angetretenen Flug erfolgt. Das FG
hätte dies aufklären müssen. Das Unionsrecht
enthalte für Anzahlungen nur einen Steueranspruch, nicht aber
auch einen Steuertatbestand, so dass insoweit nur eine
Fälligkeitsregelung vorliege. Ein Ersatztatbestand für
die Entstehung der Steuer sei nicht geschaffen worden. Auf die
Berichtigung nach § 17 UStG komme es nicht an. § 17 Abs.
2 UStG sei darüber hinaus restriktiv auszulegen. Ein Umsatz,
der nie vorgelegen habe, könne bei tatsächlicher
Nichtausführung des Leistungsaustausches weder
rückgängig gemacht noch berichtigt werden. Auch die
geänderte Rechtsprechung, die für die Berichtigung nach
Entgeltentrichtung auf eine Entgeltrückzahlung abstelle,
könne nach § 176 der Abgabenordnung (AO) nicht zu ihren
Lasten berücksichtigt werden. Sie könne auch mit
zivilrechtlich nichtigen Ansprüchen aufrechnen. Die
verfallenen Flugtickets seien nicht nochmals verkauft worden. In
Frankreich werde der bei Nichtantritt einer Eisenbahnfahrt von der
Eisenbahngesellschaft einbehaltene Geldbetrag als nicht steuerbarer
pauschaler Schadensersatz behandelt. Sie habe keine
Reservierungsleistung, sondern eine einheitliche Transportleistung
erbracht.
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Der Senat hat in der mündlichen
Verhandlung Beweis über die Frage erhoben, ob der
Prozessbevollmächtigte am 24.3.2011 gegen den
Gerichtsbescheid, den der Senat im Streitfall gemäß
§§ 90a Abs. 1, 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
erlassen hat, fristgerecht mündliche Verhandlung beantragt
hat.
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Die Klägerin beantragt, das Urteil des
FG aufzuheben und die Änderung der angefochtenen
Bescheide.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Das FG habe zutreffend einen
Leistungsaustausch bei den Billigflügen zu Sonderkonditionen
auch hinsichtlich der nicht in Anspruch genommenen Flüge
bejaht. Aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers sei zu
berücksichtigen, dass Fluggesellschaften in der Regel bei
Stornierungen den Flugpreis einbehalten. Es liege auch kein Angeld
vor. Ein Leistungsaustausch liege vor, wie sich auch daraus ergebe,
dass die Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug in Anspruch
genommen hätten.
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II. Die zulässige Revision der
Klägerin ist aus anderen als den geltend gemachten
Gründen begründet. Das Urteil des FG war aufzuheben und
die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2
FGO).
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A) Der Senat entscheidet über die
zulässige Revision der Klägerin durch Urteil aufgrund
mündlicher Verhandlung gemäß §§ 90a Abs.
4, 121 Satz 1 FGO. Zwar ist im Streitfall bereits ein
Gerichtsbescheid gemäß §§ 90a Abs. 1, 121 Satz
1 FGO ergangen. Dieser gilt jedoch gemäß §§
90a Abs. 3, 121 Satz 1 FGO als nicht ergangen. Aufgrund der vor dem
Senat durchgeführten Beweiserhebung steht zur Überzeugung
des Senats fest, dass der Prozessbevollmächtigte der
Klägerin gegen den Gerichtsbescheid rechtzeitig den Antrag auf
mündliche Verhandlung gestellt hat. Hierfür spricht
insbesondere, dass der Prozessbevollmächtigte der
Klägerin am vorletzten Tag vor dem Fristablauf zwei
Schriftstücke in den Nachtbriefkasten des Bundesfinanzhofs
(BFH) eingeworfen hat, von denen eines den Antrag auf
mündliche Verhandlung enthielt. Über den Antrag auf
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher mangels
Fristversäumnis nicht zu entscheiden.
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B) Die Revision der Klägerin ist aus
anderen als den geltend gemachten Gründen begründet und
führt zur Zurückverweisung an das FG. Die Klägerin
hat steuerpflichtige Leistungsentgelte für Inlandsflüge
vereinnahmt, die mangels Rückzahlung der Besteuerung
unterliegen. Ob der Auffassung der Klägerin zu folgen
wäre, sie, die Klägerin, habe gegenüber den nicht
erschienenen Fluggästen keine Leistungen erbracht, war daher
nicht zu entscheiden. Hinsichtlich der Auslandsflüge sind
demgegenüber im zweiten Rechtsgang noch weitere Feststellungen
zu treffen.
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1. Bei den Inlandsflügen hat die
Klägerin die von ihr vereinnahmten Leistungsentgelte auch
insoweit zu versteuern, als Fluggäste die von ihnen gebuchten
Flüge nicht angetreten haben.
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a) Vereinnahmt der Unternehmer ein Entgelt,
bevor er die Leistung ausgeführt hat, entsteht die Steuer
gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG
1993/1999 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem er das
Entgelt vereinnahmt. Diese Vorschrift beruht unionsrechtlich auf
Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom
17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie
77/388/EWG). Werden Anzahlungen geleistet, bevor die Lieferung von
Gegenständen oder die Dienstleistung bewirkt ist, so entsteht
der Steueranspruch nach dieser Bestimmung zum Zeitpunkt der
Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag. Bei der
Anzahlung i.S. von Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie
77/388/EWG handelt es sich um den „Wert der
Gegenleistung“ i.S. des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a
der Richtlinie 77/388/EWG und damit um das
„Entgelt“ i.S. von § 10 Abs. 1 der
Richtlinie 77/388/EWG. Anzahlung und Entgelt entsprechen sich
somit, so dass zwischen dem nationalem und dem Unionsrecht kein
Unterschied besteht.
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b) Die Besteuerung des Entgelts vor
Leistungserbringung setzt voraus, dass „alle
maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands, d.h. der
künftigen Lieferung oder der künftigen Dienstleistung,
bereits bekannt sind, ... insbesondere die Gegenstände oder
die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt
sind“ (EuGH-Urteil vom 21.2.2006 C-419/02, Bupa, Slg.
2006, I-1685 = SIS 06 14 59 Rdnr. 48 zu Art. 10 Abs. 2 Satz 2 der
Richtlinie 77/388/EWG). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall
vor, denn die Klägerin hat in den Streitjahren Entgelte
für konkret bezeichnete Flugreisen vereinnahmt.
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c) Entgegen ihrer Auffassung hat die
Klägerin die Entgelte vor der Leistungserbringung vereinnahmt.
Unerheblich ist deshalb, ob sie das für das ausgegebene
Flugticket vereinbarte Entgelt in Einzelfällen erst nach
Durchführung des Fluges erhalten hat.
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Wäre mit der Klägerin davon
auszugehen, sie habe gegenüber den nicht erschienenen
Fluggästen keine Leistungen erbracht, unterlagen die
vereinnahmten Entgelte in den Streitjahren jedenfalls als Anzahlung
der Umsatzsteuer. Auch wenn ein Entgelt ohne Leistungserbringung
vereinnahmt wird, erfolgt die Vereinnahmung notwendigerweise vor
der Ausführung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG)
oder vor der Bewirkung (Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie
77/388/EWG) der - unterbliebenen - Leistung. Eine zeitliche Grenze,
bis zu der die Vereinnahmung des Entgelts zu erfolgen hat, um eine
Steuerpflicht zu begründen, besteht nicht. Zwar ist die
Regelung über „Anzahlungen“ eng auszulegen
(EuGH-Urteil Bupa in Slg. 2006, I-1685 Rdnr. 45). Dies erfordert
jedoch keine den Gesetzeswortlaut einschränkende
Auslegung.
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2. Der sich aus der Vereinnahmung der
Vorauszahlungen ergebende Steueranspruch ist nicht entfallen. Die
Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 17 Abs. 2
Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 UStG liegen nicht vor.
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a) Ändert sich die Bemessungsgrundlage
für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der
diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1
UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Diese
Vorschrift gilt gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG
sinngemäß, wenn für eine vereinbarte Lieferung oder
sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder
sonstige Leistung aber nicht ausgeführt wird.
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b) Eine Berichtigung nach § 17 UStG setzt
für den Fall, dass der Leistungsempfänger das Entgelt
bereits ganz oder teilweise entrichtet hat, voraus, dass das
vereinnahmte Entgelt zurückbezahlt wird.
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aa) Vereinbaren der leistende Unternehmer und
der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise
Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts, mindert sich
die Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nur,
soweit das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und
zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr
erfolgt (BFH-Urteil vom 18.9.2008 V R 56/06, BFHE 222, 162, BStBl
II 2009, 250 = SIS 08 44 49, Leitsatz).
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bb) Dies gilt auch, soweit gemäß
§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG die sinngemäße Anwendung des
§ 17 Abs. 1 UStG angeordnet ist. Vereinnahmt der leistende
Unternehmer ein Entgelt, ohne die hierfür geschuldete Leistung
zu erbringen, berechtigt daher erst die Rückgewähr des
Entgelts zur Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs.
2 Nr. 2 UStG (BFH-Urteil vom 2.9.2010 V R 34/09, BFH/NV 2011, 383 =
SIS 10 40 53, Leitsatz).
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c) Selbst wenn danach - entgegen dem FG-Urteil
- zugunsten der Klägerin davon auszugehen wäre, dass sie
gegenüber den nicht erschienenen Fluggästen keine
Leistung erbracht hat, ist sie im Streitfall aufgrund der
Entgeltvereinnahmung Steuerschuldner nach § 17 Abs. 2 Nr. 2
UStG bis zur Rückzahlung des Entgelts.
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aa) Im Streitfall hat die Klägerin die
von ihr vereinnahmten Entgelte für die von ihr zu erbringenden
Leistungen nicht an die Fluggäste zurückgezahlt. Eine
derartige Rückzahlung war nach den
Beförderungsbedingungen der Klägerin sogar
ausdrücklich ausgeschlossen.
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bb) Im Hinblick auf diese
Beförderungsbedingungen scheidet auch die Annahme einer
Rückzahlung durch Aufrechnung mit einem - wie die
Klägerin meint - pauschal vereinbarten Schadensersatzanspruch
gegen den Kunden wegen Nichtinanspruchnahme der angebotenen
Leistung aus. Nach den vom FG in Bezug genommenen
Vertragsbedingungen „verlieren die Fluggäste ihre
Flugberechtigung und haben keinerlei Anspruch auf
Rückvergütung oder kostenlose Umbuchung“.
Danach bestehen für die Vereinbarung eines
Schadensersatzanspruchs zugunsten der Klägerin keine
Anhaltspunkte. Ob die Vereinbarung eines pauschalierten
Schadensersatzanspruchs in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
zivilrechtlich wirksam gewesen wäre (vgl. z.B. § 11 Nr. 5
des in den Streitjahren geltenden Gesetzes zur Regelung allgemeiner
Geschäftsbedingungen; Urteil des Bundesgerichtshofs vom
25.10.1984 VII ZR 11/84, NJW 1985, 633) und ob im Hinblick auf die
unionsrechtliche Harmonisierung überhaupt die zivilrechtliche
Wirksamkeit maßgebend sein kann, war daher nicht zu
entscheiden.
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d) Entgegen der Auffassung der Klägerin
verstößt die Besteuerung der vereinnahmten Entgelte bis
zu ihrer Rückzahlung nicht gegen die Systematik der Richtlinie
77/388/EWG, die in Art. 10 Abs. 1 zwischen Steuertatbestand und
Steueranspruch unterscheidet und in Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der
Richtlinie 77/388/EWG für sog.
„Anzahlungen“ nur eine Regelung zur Entstehung
des Steueranspruchs, nicht aber auch zur Entstehung des
Steuertatbestands enthält.
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Die Unterscheidung zwischen Steueranspruch und
Steuertatbestand beruht darauf, dass die Leistungserbringung, nicht
aber die Entgeltentrichtung der Besteuerung unterliegt (vgl.
EuGH-Urteil Bupa in Slg. 2006, 1685 Rdnr. 50). Deshalb ist - wie
die Klägerin unter Hinweis auf die Systematik insoweit zu
Recht ausführt - die Besteuerung rückgängig zu
machen, wenn das Entgelt zwar vereinnahmt, die Leistung aber nicht
erbracht wird.
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Die Rückgängigmachung erfolgt aber
nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG.
Diese Vorschrift beruht auf Art. 11 Teil C Abs. 1 der Richtlinie
77/388/EWG. Danach wird im „Falle der Annullierung, der
Rückgängigmachung, der Auflösung, der
vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des
Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes ... die
Besteuerungsgrundlage unter von den Mitgliedstaaten festgelegten
Bedingungen entsprechend vermindert“. Im Hinblick auf die
den Mitgliedstaaten danach eingeräumte Befugnis zur Festlegung
von Bedingungen ist - wie die Rechtsprechung des EuGH belegt -
(EuGH-Urteil vom 29.5.2001 C-86/99, Freemans, Slg. 2001, I-4167 =
SIS 01 08 78) es unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die
Rückgängigmachung der Besteuerung von der
Rückgewähr des Entgelts abhängt (BFH-Urteil in BFHE
222, 162, BStBl II 2009, 250 = SIS 08 44 49). Für die von der
Klägerin vertretene „restriktive“ Auslegung
des § 17 Abs. 2 UStG besteht keine Veranlassung. Ebenso kommt
es im Hinblick auf die den Mitgliedstaaten eingeräumten
Befugnisse nicht darauf an, wie „in Frankreich“
der „Nichtantritt einer Eisenbahnfahrt von der
Eisenbahngesellschaft“ behandelt wird.
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e) Dass die Voraussetzungen für eine
Berichtigung nach § 17 UStG nicht vorliegen, rechtfertigt
entgegen der Ansicht der Klägerin nicht das Entstehen eines
Rückforderungsanspruchs nach §§ 812 ff. des
Bürgerlichen Gesetzbuchs, da diese Vorschriften aufgrund der
abschließenden Spezialregelung durch das UStG im Streitfall
nicht anwendbar sind.
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f) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin
schließlich auf Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 Satz
1 Nr. 3 AO. Danach ist bei der Aufhebung oder Änderung eines
Steuerbescheides nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen zu
berücksichtigen, dass sich die Rechtsprechung eines obersten
Gerichts des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen
Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist.
Die Rechtsprechungsänderung muss für den Erlass des
Änderungsbescheides kausal gewesen sein. Insoweit wird
widerlegbar vermutet, dass bei einer Übereinstimmung des
Erstbescheides mit der seinerzeit geltenden
höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zweifel auch von deren
Anwendung auszugehen ist (BFH-Urteil vom 10.6.2008 VIII R 79/05,
BFHE 222, 320, BStBl II 2008, 863 = SIS 08 33 19, unter II.3.c aa).
Im Streitfall beruhten demgegenüber weder die
ursprüngliche Nichtbesteuerung der für nicht in Anspruch
genommene Flüge vereinnahmten Entgelte bis zur
Außenprüfung noch die aufgrund der
Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide auf der
früheren, zwischenzeitlich aufgegebenen Senatsrechtsprechung
zu § 17 UStG, weil das FA bei der Steuerfestsetzung vom
Vorliegen einer Leistung der Klägerin an die nicht
erschienenen Fluggäste ausgegangen ist.
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3. Die Klägerin kann sich für die
beanspruchte Nichtbesteuerung der von ihr vereinnahmten
Vorauszahlungen nicht auf die Rechtsprechung des EuGH zum sog.
„Angeld“ berufen.
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Das sog. Angeld wird im Rahmen von
Verträgen geleistet, die der Mehrwertsteuer unterliegende
Beherbergungsdienstleistungen zum Gegenstand haben. In Fällen,
in denen der Gast von der ihm eröffneten Möglichkeit des
Rücktritts Gebrauch macht und der Hotelbetreiber das Angeld
einbehält, ist nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil
Société thermale d’Eugénie-les-Bains in
Slg. 2007, I-6415, BFH/NV Beilage 2007, 424) das Angeld eine
pauschalierte Entschädigung zum Ausgleich des infolge des
Vertragsrücktritts des Gastes entstandenen Schadens. Es ist
mangels eines direkten Bezugs zu einer entgeltlichen Dienstleistung
kein Entgelt für diese.
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Der Schadensersatzcharakter hat das
„Angeld“ danach aufgrund des Vorliegens der
Vereinbarung einer besonderen Zahlung
(„Angeld“), die nicht in unmittelbarem
Zusammenhang mit einer Leistung steht, und erfasst daher nicht den
Fall, dass der Unternehmer das Entgelt für die vereinbarte
Leistung vereinnahmt und dieses Entgelt bei Nichtinanspruchnahme
der Leistung in vollem Umfang behält. Dem steht auch nicht
entgegen, dass das Angeld für den Fall der tatsächlichen
Inanspruchnahme der Leistung auf das Entgelt für diese
Leistung angerechnet wird. Denn diese Anrechnung beruht nicht auf
der bloßen Zahlung des Angelds, sondern auf der im Rahmen des
späteren Leistungsaustausches erfolgenden Verrechnung von
Angeld und Leistungsentgelt. Unerheblich ist auch, ob eine von den
Verhältnissen des Streitfalls abweichende Vertragsgestaltung
zu einer teilweisen Nichtbesteuerung der von Kunden geleisteten
Zahlung geführt hätte. Denn der Besteuerung ist der
jeweils verwirklichte Umsatz zugrunde zu legen.
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4. Obwohl das FG die Steuerpflicht
hinsichtlich der Inlandsflüge somit im Ergebnis zu Recht
bejaht hat, ist die Sache gleichwohl nicht spruchreif. Der Senat
kann nach den vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden,
ob entsprechend dem FG-Urteil auch eine Steuerpflicht hinsichtlich
der Auslandsflüge besteht.
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a) Entgegen dem Urteil des FG hat die
Klägerin unabhängig von der vereinbarten
Beförderungsleistung bei Flugteilnahme keine gesonderte
Reservierungsleistung erbracht, die nach § 3a Abs. 1 UStG an
ihrem Unternehmensort zu besteuern ist. Die bloße
Bereitschaft zur Leistungserbringung ist entgegen der
Rechtsauffassung des FG nicht wegen der später unterbliebenen
Inanspruchnahme des Fluges eine eigenständige Leistung. Denn
die vom FG als steuerbare Leistung beurteilte
„Leistungsbereitschaft“ ergibt sich bereits aus
dem gegenseitigen Beförderungsvertrag zwischen der
Klägerin und dem Fluggast, der die Verpflichtung und
Bereitschaft zur Beförderung durch die Klägerin
beinhaltet (vgl. EuGH-Urteil Société thermale
d’Eugénie-les-Bains in Slg. 2007, I-6415, BFH/NV
Beilage 2007, 424 Leitsatz 2). Etwas anderes lässt sich
entgegen der Auffassung des FG auch nicht daraus ableiten, dass
wegen der Sonderkonditionen ein ermäßigter Flugpreis
vereinbart ist, denn das ändert nichts daran, dass
Vertragsinhalt die vereinbarte Beförderung ist und sich die
„Leistungsbereitschaft“ unmittelbar aus dem
Beförderungsvertrag ergibt.
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b) Anhand der vom FG getroffenen
Feststellungen kann der Senat nicht entscheiden, ob im Streitfall
zugunsten der Klägerin ein Besteuerungsverzicht auf der
Grundlage von § 26 Abs. 3 UStG besteht. Feststellungen hierzu
sind nachzuholen. Insoweit wird auch zu berücksichtigen sein,
dass es auf den Besteuerungsverzicht nicht ankommt, wenn die
Klägerin für die Auslandsflüge Rechnungen mit
Steuerausweis erteilt haben sollte.
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aa) Nach § 26 Abs. 3 UStG kann das
„Bundesministerium der Finanzen unbeschadet der
Vorschriften der §§ 163 und 227 der Abgabenordnung
anordnen, dass die Steuer für grenzüberschreitende
Beförderungen von Personen im Luftverkehr niedriger
festgesetzt oder ganz oder zum Teil erlassen wird, soweit der
Unternehmer keine Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Steuer
(§ 14 Abs. 1) erteilt hat“. Nach Abschn. 281 Nr. 1
der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) „kann die Umsatzsteuer
für grenzüberschreitende Beförderungen im
Luftverkehr niedriger festgesetzt oder erlassen
werden“.
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bb) Liegt für die von der Klägerin
erbrachten grenzüberschreitenden Beförderungsleistungen
ein Besteuerungsverzicht auf der Grundlage von § 26 Abs. 3
UStG vor, erstreckt sich dieser auch auf die Steuer, die aufgrund
der Entgeltvereinnahmung vor Leistungserbringung entsteht (ebenso
zur Anwendung von Steuerbefreiungen auf Anzahlungen Abschn. 181
Abs. 4 UStR 1996/2000/ 2004).
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5. Die Verfahrensrügen waren aufgrund der
sich aus der Entgeltvereinnahmung ergebenden Steuerpflicht nicht
entscheidungserheblich (§ 126 Abs. 4 FGO), so dass über
sie nicht zu entscheiden war.
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