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Kindergeld für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer

Kindergeld für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer: Trotz der zu § 1 Abs. 6 BErzGG ergangenen Vorlagebeschlüsse des BSG vom 3.12.2009, B 10 EG 5/08 R, B 10 EG 6/08 R und B 10 EG 7/08 R ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass der Kindergeldanspruch nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer, die im Besitz bestimmter Aufenthaltstitel sind, nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EStG n.F. von der Integration in den deutschen Arbeitsmarkt abhängt (Festhalten am Senatsurteil vom 22.11.2007, III R 54/02, BFHE 220 S. 45, BStBl 2009 II S. 913 = SIS 08 08 53). - Urt.; BFH 28.4.2010, III R 1/08; SIS 10 18 84

Kapitel:
Privatbereich > Kinder
Fundstellen
  1. BFH 28.04.2010, III R 1/08
    BStBl 2010 II S. 980
    LEXinform 0588830

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 25.10.2010
    R.G. in BFH/PR 9/2010 S. 333
    J.S. in HFR 9/2010 S. 948
    W.G. in FR 19/2010 S. 912
Normen
[BErzGG] § 1 Abs. 6, § 8 Abs. 1
[SozSichAbk YUG] Art. 28 Abs. 1
[AufenthG] § 2 Abs. 3 Satz 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 25 Abs. 5, § 28
[FGO] § 74
[SGB X] § 104
[GG] Art. 3 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1
[EStG] § 52 Abs. 61 a Satz 2, § 62 Abs. 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 09.11.2007, SIS 08 22 37, Kindergeld, Ausländer, Duldung, Aufenthaltsbefugnis, Aufenthalt
Zitiert in... / geändert durch...
  • BVerfG 28.6.2022, SIS 22 12 94, Kindergeld, Anspruch, Aufenthaltsstatus, Ausland, Gleichberechtigung, Verfassungsmäßigkeit: Beschränkung ...
  • BFH 11.5.2022, SIS 22 17 92, Kindergeld vor Abschluss des Asylverfahrens: 1. Die Regelungen des § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2014 i.V.m. Art...
  • FG Nürnberg 24.3.2022, SIS 22 06 43, Kindergeldberechtigung eines im zivilen Gefolge der US-Streitkräfte nach dem NATO-Truppenstatut im Inland...
  • BFH 28.11.2017, SIS 17 25 83, Kindergeld für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer: Der Senat hält daran fest, dass § 62 Abs. 2 Nr....
  • BFH 5.2.2015, SIS 15 14 06, Kindergeldberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer, Maßgeblichkeit des tatsächlichen "Besi...
  • FG Köln 7.5.2014, SIS 15 01 96, Kindergeldanspruch für ein deutsches Kind einer Nigerianerin mit deutschen Vater: Für ein Kind, dessen ni...
  • Niedersächsisches FG 21.8.2013, SIS 14 11 63, Vorlagebeschluss zum Ausschluss von Ausländern vom Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 2 EStG: 1. Das ...
  • Niedersächsisches FG 21.8.2013, SIS 14 11 64, Vorlagebeschluss zum Ausschluss von Ausländern vom Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 2 EStG: 1. Das ...
  • Niedersächsisches FG 19.8.2013, SIS 14 11 60, Vorlagebeschluss zum Ausschluss von Ausländern vom Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 2 EStG: 1. Das ...
  • Niedersächsisches FG 19.8.2013, SIS 14 11 61, Vorlagebeschluss zum Ausschluss von Ausländern vom Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 2 EStG: 1. Das ...
  • Niedersächsisches FG 19.8.2013, SIS 14 11 62, Vorlagebeschluss zum Ausschluss von Ausländern vom Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 2 EStG: 1. Das ...
  • Niedersächsisches FG 19.8.2013, SIS 14 11 65, Vorlagebeschluss zum Ausschluss von Ausländern vom Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 2 EStG: 1. Das ...
  • BFH 8.8.2013, SIS 13 29 97, Kindergeld für Ausländer, die dem NATO-Truppenstatut unterliegen: Verliert ein nicht freizügigkeitsberech...
  • Niedersächsisches FG 10.7.2013, SIS 14 17 13, Ausschluss von Kindergeld für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer verfassungsgemäß: 1. Zu den Vorau...
  • FG Münster 22.2.2013, SIS 13 13 20, Kindergeldanspruch, Aufenthaltstitel: Für den Kindergeldanspruch eines nicht freizügigkeitsberechtigten A...
  • BFH 9.11.2012, SIS 13 04 19, Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache, Kindergeldberechtigung von Ausländern: 1. Die Rechtsfrage, ob...
  • BFH 29.6.2011, SIS 11 33 32, Wiederaufnahme eines zum Ruhen gebrachten Verfahrens: Die Entscheidung, das Ruhen des Verfahrens für been...
  • BFH 6.5.2011, SIS 11 23 46, Kindergeldberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer, keine Anwendung der sozialverfahrensre...
  • BFH 7.4.2011, SIS 11 19 07, Kindergeld für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer: Die Neuregelung der Kindergeldberechtigung von ...
  • BFH 8.3.2011, SIS 11 12 56, Keine Kindergeldberechtigung geduldeter Ausländer: 1. Es bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahre...
  • BFH 27.1.2011, SIS 11 16 51, Kindergeld für Ausländer ohne Erwerbsberechtigung: Besitzt ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer...
  • BFH 19.1.2011, SIS 11 06 78, Kein Kindergeld für Ausländer aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Qualifikationsri...
  • BFH 21.10.2010, SIS 11 00 72, Kindergeld für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer: Die Neuregelung der Kindergeldberechtigung von ...
  • BFH 4.10.2010, SIS 10 39 64, Grundsätzliche Bedeutung der Kindergeldberechtigung von Ausländern: 1. Zur Darlegung der grundsätzlichen ...
  • BFH 26.8.2010, SIS 10 35 40, Anspruch auf Kindergeld bei einer Aufenthaltserlaubnis nach § 34 Abs. 3 AufenthG: Ein Ausländer mit einer...
  • BFH 11.8.2010, SIS 10 35 73, Beschränkung der Kindergeldberechtigung von Ausländern: Trotz der Vorlagebeschlüsse des BSG nach Art. 100...
  • BFH 17.6.2010, SIS 10 35 60, Beschränkung der Kindergeldberechtigung von Ausländern: 1. Der Gesetzgeber handelte im Rahmen des ihm zus...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

 

1

I. Die aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) reiste im November 2000 im Alter von 18 Jahren in die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) ein, um zu ihrem 16 Jahre alten Verlobten A zu ziehen. Zunächst war sie ausländerrechtlich geduldet. In der Folgezeit brachte sie zwei Kinder zur Welt. Nachdem der mazedonische Einwanderer E, der im Besitz einer Niederlassungserlaubnis war, die Vaterschaft für ein drittes, im Juni 2005 geborenes Kind anerkannt hatte, erhielt dieses die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Unterhalt der Klägerin und ihrer Kinder war durch Sozialleistungen der Stadt D sichergestellt. Die Ausländerbehörde erteilte der Klägerin im Dezember 2005 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Die Klägerin beantragte noch im gleichen Monat Kindergeld für ihre drei Kinder. Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) lehnte den Antrag ab. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.

 

 

2

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch Urteil vom 9.11.2007 18 K 1580/06 Kg (EFG 2008, 388 = SIS 08 22 37) ab. Es führte im Wesentlichen aus, die Beschränkung der Kindergeldberechtigung von Ausländern nach § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss - AuslAnsprG - vom 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2915, BStBl I 2007, 62) führe im Streitfall nicht zu einem verfassungswidrigen Ergebnis, da der Lebensunterhalt der Klägerin und ihrer Kinder durch Sozialleistungen gesichert gewesen sei.

 

 

3

Zur Begründung der Revision trägt die Klägerin vor, es verstoße gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), wenn Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG keinen Anspruch auf Kindergeld hätten, wohl aber solche mit einer Erlaubnis nach § 28 Abs. 1 AufenthG. Gleichheitswidrig sei auch, dass das Kindergeld für Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit vom Aufenthaltstitel der Mutter abhänge. Als Mutter eines deutschen Kindes habe sie, die Klägerin, Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG gehabt. Sie sei als Angehörige des Volkes der Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien geflohen, weil sie dort diskriminiert worden sei. Nur wegen einer Ausweisungsverfügung habe sie lediglich eine Erlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erhalten. Dies sei auf die fehlerhafte Beratung durch die Ausländerbehörde zurückzuführen, die ihr Begehren nicht als Asylantrag aufgefasst und deshalb eine Duldung ausgesprochen habe. Die Art der Aufenthaltserlaubnis sei kein geeignetes Kriterium für die Kindergeldberechtigung.

 

 

4

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil, den Ablehnungsbescheid vom 28.12.2005 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 13.3.2006 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für drei Kinder ab Dezember 2005 zu gewähren.

 

 

5

Die Familienkasse beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

 

 

6

II. Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Kindergeld.

 

 

7

1. Die Neuregelung der Kindergeldberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer in § 62 Abs. 2 EStG n.F. ist mit Wirkung vom 1.1.2006 in Kraft getreten und erfasst gemäß § 52 Abs. 61a Satz 2 EStG alle Sachverhalte, bei denen das Kindergeld noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist. Die Gesetzesänderung war eine Reaktion auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6.7.2004 1 BvL 4/97 (BVerfGE 111, 160, BFH/NV 2005, Beilage 2, 114 = SIS 05 07 29), in dem dieses § 1 Abs. 3 des Bundeskindergeldgesetzes i.d.F. des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21.12.1993 (BGBl I 1993, 2353) als insoweit unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG ansah, als die Gewährung von Kindergeld allein von der Art der ausländerrechtlichen Aufenthaltsgenehmigung nach dem Ausländergesetz 1990 abhing. Das Gesetz stellt in § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG n.F. nunmehr auf die Integration nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer in den deutschen Arbeitsmarkt ab. Damit ist der Gesetzgeber den Vorgaben des BVerfG nachgekommen, das beanstandet hatte, dass die frühere Regelung nur ausländische Eltern benachteiligte, die legal in der Bundesrepublik lebten und bereits in den Arbeitsmarkt integriert waren (s. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 111, 160, BFH/NV 2005, Beilage 2, 114 = SIS 05 07 29, unter B.III.4.).

 

 

8

2. Der Senat hat mit Urteilen vom 15.3.2007 III R 93/03 (BFHE 217, 443, BStBl II 2009, 905 = SIS 07 15 05) sowie vom 22.11.2007 III R 54/02 (BFHE 220, 45, BStBl II 2009, 913 = SIS 08 08 53) entschieden, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Kindergeldberechtigung in § 62 Abs. 2 EStG n.F. im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums handelte, als er die Kindergeldberechtigung von Ausländern vom Besitz bestimmter Aufenthaltstitel nach dem AufenthG abhängig machte und bei einzelnen Titeln, die einen schwächeren aufenthaltsrechtlichen Status vermitteln, darüber hinaus von einem mindestens dreijährigen rechtmäßigen, gestatteten oder geduldeten Aufenthalt im Bundesgebiet sowie von einer berechtigten Erwerbstätigkeit, vom Bezug laufender Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) oder von der Inanspruchnahme von Elternzeit (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c, Nr. 3 EStG n.F.). An den Grundsätzen dieser Urteile hält der Senat fest.

 

 

9

3. Die Vorlagebeschlüsse des Bundessozialgerichts (BSG) nach Art. 100 Abs. 1 GG vom 3.12.2009 B 10 EG 5/08 R, B 10 EG 6/08 R sowie B 10 EG 7/08 R (juris), die zur wortgleichen Regelung der Berechtigung von Ausländern zur Inanspruchnahme von Erziehungsgeld nach § 1 Abs. 6 des Gesetzes zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit (BErzGG) i.d.F. des AuslAnsprG ergangen sind, begründen keine Zweifel an der Verfassungskonformität des § 62 Abs. 2 EStG n.F.

 

 

10

a) Das BSG hat verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich des Ausschlusses der Anspruchsberechtigung von Ausländern sowohl in Fällen, in denen die aktuelle Einbindung in den Arbeitsmarkt während der für das Erziehungsgeld in Betracht kommenden Bezugszeit wegfällt oder schon vorher weggefallen ist, als auch dann, wenn nur der Ehepartner des Ausländers nach Maßgabe der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen aktuell in den Arbeitsmarkt integriert ist. Darüber hinaus ist nach Meinung des BSG die „Voraussetzung des aktuellen Bezugs des Ausländers zum Arbeitsmarkt auch nicht als verfassungsrechtlich zulässige Typisierung gerechtfertigt“. Der Gesetzgeber habe nicht typischerweise all jene Ausländer erfasst, denen trotz eines ursprünglich nur als vorübergehend vorgesehenen Aufenthalts eine „günstige“ Daueraufenthaltsprognose gestellt werden könne. Der „aktuelle Bezug zum Arbeitsmarkt“ sei zwar ein möglicher, jedoch „ein zu eng begrenzter Faktor“.

 

 

11

b) Die vom BSG vorgebrachten Bedenken gegen § 1 Abs. 6 BErzGG kommen im steuerrechtlichen Kindergeld nicht zum Tragen, da das Kindergeld, anders als das Erziehungsgeld (s. § 8 Abs. 1 Satz 1 BErzGG), als Einkommen auf Sozialleistungen angerechnet wird. Die Anrechnung des Kindergeldes ist verfassungsgemäß (vgl. BVerfG-Beschluss vom 11.3.2010 1 BvR 3163/09, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2010, 800, zu Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - ). Nicht in den Arbeitsmarkt integrierte Ausländer, die nach § 62 Abs. 2 EStG n.F. keinen Anspruch auf Kindergeld haben, erhalten typischerweise Sozialleistungen, deren Höhe sich u.a. nach der Anzahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder richtet. Solchen Ausländern entsteht durch die Beschränkung der Kindergeldberechtigung in § 62 Abs. 2 EStG n.F. typischerweise kein finanzieller Nachteil, der zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG führen könnte. Ausländern, die Anspruch auf Kindergeld haben und die darüber hinaus Sozialleistungen beziehen, wird das Kindergeld entweder als Einkommen des anspruchsberechtigten Elternteils oder als Einkommen des minderjährigen Kindes (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II, § 82 Abs. 1 Satz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch) auf die Sozialleistungen angerechnet oder auf Antrag nach § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch an den Sozialleistungsträger erstattet oder nach § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG an ihn abgezweigt. Eine Ausweitung der Kindergeldberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer, die ihren Unterhalt mit Sozialleistungen bestreiten, brächte für diese somit in der Regel keine finanziellen Vorteile. Selbst wenn das BVerfG auf die Vorlagebeschlüsse des BSG hin § 1 Abs. 6 BErzGG als verfassungswidrig ansehen und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung für die Vergangenheit gezwungen sein sollte, hätte dieser keinen Anlass, die Voraussetzungen für die Kindergeldberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer nach § 62 Abs. 2 EStG zu ändern. Es besteht somit auch kein Grund, das vorliegende Verfahren entsprechend § 74 FGO auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG über die Vorlagebeschlüsse des BSG abzuwarten.

 

 

12

4. Auch der vom BVerfG im Beschluss in BVerfGE 111, 160, BFH/NV 2005, Beilage 2, 114 = SIS 05 07 29 angeführte Gesichtspunkt, dass der Wegfall von Kindergeld und die Inanspruchnahme (ergänzender) Sozialhilfe die Chancen von Ausländern verringern könnte, ihren Aufenthaltsstatus zu verbessern, begründet keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 62 Abs. 2 EStG n.F. Nach dem ab 2005 geltenden Aufenthaltsrecht setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Dabei ist auch zu prüfen, ob ein Ausländer nach Erteilung eines bestimmten Titels Kindergeld erhält (s. § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Der bisherige Bezug von Sozialhilfe ist somit kein Grund, die Erteilung eines Aufenthaltstitels abzulehnen, wenn ein Ausländer mit Hilfe des Kindergeldes sowie seines Erwerbseinkommens den Unterhalt für seine Familie bestreiten kann. Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) entspricht diese Vorgehensweise bei der Prüfung der Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG der Praxis der Ausländerbehörden.

 

 

13

5. Die Klägerin hatte im streitigen Zeitraum lediglich eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Dieser Aufenthaltstitel berechtigt nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c i.V.m. Nr. 3 Buchst. a und b EStG n.F. nur dann zum Bezug von Kindergeld, wenn sich der Ausländer seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und darüber hinaus im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt. Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin nicht. Der Umstand, dass sie nach ihrem Vortrag Kindergeld hätte beanspruchen können, wenn die Ausländerbehörde sie anders beraten hätte, muss hierbei außer Betracht bleiben, da es für den Bezug von Kindergeld allein auf den tatsächlichen „Besitz“ aufenthaltsrechtlicher Titel ankommt und nicht darauf, ob ein Ausländer einen Anspruch auf einen Titel hat, der zum Bezug von Kindergeld berechtigt (s. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 18.12.1998 VI B 221/98, BFHE 187, 562, BStBl II 1999, 140 = SIS 99 06 55, und vom 18.2.2009 III B 132/08, BFH/NV 2009, 922 = SIS 09 15 63).

 

 

14

6. Schließlich kann die Klägerin auch aus dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968 (BGBl II 1969, 1438) i.d.F. des Änderungsabkommens vom 30.9.1974 (BGBl II 1975, 390) keinen Anspruch auf Kindergeld herleiten. Nach Art. 28 Abs. 1 dieses Abkommens können Personen Kindergeld beanspruchen, die in der Bundesrepublik beschäftigt sind und den in der Bundesrepublik geltenden Rechtsvorschriften unterliegen oder nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses Geldleistungen aus der Krankenversicherung wegen vorübergehender Arbeitsunfähigkeit oder Leistungen der Arbeitslosenversicherung beziehen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Beschäftigte Personen im Sinne dieses Abkommens sind nur Arbeitnehmer (Senatsurteil in BFHE 217, 443, BStBl II 2009, 905 = SIS 07 15 05), nicht aber Personen, die - wie die Klägerin - ihren Unterhalt mit Sozialleistungen bestreiten.

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Selbst wenn das BVerfG die Erziehungsgeldregelung für Ausländer für verfassungswidrig erklären und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung für die Vergangenheit gezwungen sein sollte, hätte dieser keinen Anlass, die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld nach dem EStG zu ändern.

 

Auch aus dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem ehemaligen Jugoslawien ergibt sich kein Kindergeldanspruch. Beschäftigte i.S. des Abkommens sind nur Arbeitnehmer, nicht aber Personen, die – wie die Klägerin – ihren Unterhalt mit Sozialleistungen bestreiten.