Lohnsteuererstattungsanspruch bei abkommenswidriger Lohnsteuereinbehaltung: 1. Ein Arbeitnehmer kann die Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers - soweit sie ihn betrifft - aus eigenem Recht anfechten. Nach dem Eintritt der formellen Bestandskraft der Lohnsteuer-Anmeldung kann der Arbeitnehmer eine Änderung der Anmeldung (§ 164 Abs. 2 AO) begehren. - 2. Wird eine Zahlung des Arbeitgebers zu Unrecht dem Lohnsteuerabzug unterworfen, weil die Besteuerung der Zahlung abkommensrechtlich dem Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers zugewiesen ist, hat der Arbeitnehmer einen Erstattungsanspruch in analoger Anwendung des § 50 d Abs. 1 Satz 2 EStG 2002, der gegen das Betriebsstätten-Finanzamt des Arbeitgebers zu richten ist (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung). - 3. Eine Erfindervergütung für eine sog. Diensterfindung (§ 9 ArbnErfG) ist grundsätzlich steuerpflichtiger Arbeitslohn (§ 19 EStG 2002) und unterfällt der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG 2002. Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis im Augenblick der Zahlung nicht mehr besteht. - 4. Da eine Vergütung gemäß § 9 ArbnErfG regelmäßig nicht als konkrete Gegenleistung für eine Arbeitsleistung anzusehen ist, handelt es sich nicht um ein zusätzliches Entgelt "für" eine (frühere) Tätigkeit i.S. des Art. 15 Abs. 1 OECD-MustAbk, so dass eine Besteuerung nur im Ansässigkeitsstaat des (früheren) Arbeitnehmers erfolgt. (Hinweis aus BStBl 2012 II S. 493 auf BMF-Schreiben vom 25.6.2012, IV B 5 - S 1301 - USA/0-04 = SIS 12 16 62) - Urt.; BFH 21.10.2009, I R 70/08; SIS 09 39 21
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) begehrt die Änderung von Lohnsteuer-Anmeldungen
bzw. die Erstattung von Lohnsteuerbeträgen, die auf
Vergütungen für Diensterfindungen entfallen, die nach der
Auflösung des Arbeitsverhältnisses von seinem
früheren Arbeitgeber gezahlt wurden.
Der Kläger war vor Beginn der
Streitjahre (2004 und 2005) als Arbeitnehmer des Beigeladenen
tätig. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte
er in den Streitjahren weder Wohnsitz noch gewöhnlichen
Aufenthalt im Inland.
Während seiner Anstellung hatte der
Kläger im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses mehrere
Erfindungen (sog. Diensterfindungen) gemacht. Der Beigeladene hatte
von seinem Recht als Arbeitgeber, diese Erfindungen
unbeschränkt in Anspruch zu nehmen (§ 4 des Gesetzes
über Arbeitnehmererfindungen - ArbnErfG - vom 25.7.1957, BGBl
I 1957, 756), Gebrauch gemacht. Dafür erhielt der Kläger
eine Vergütung (§ 9 ArbnErfG). Die Zahlungen, die von dem
Beigeladenen dem Lohnsteuerabzug unterworfen wurden, waren
Gegenstand der gegenüber dem Beklagten und
Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) abgegebenen
Lohnsteuer-Anmeldungen. Für die streitbefangenen
Anmeldungszeiträume 2004 und 2005 - mit Ausnahme der
Anmeldungen Oktober und Dezember 2005 - hat eine
Lohnsteueraußenprüfung stattgefunden, die mit einem
Nachforderungsbescheid vom 28.2.2006 geendet hat; dieser Bescheid,
mit dem zugleich Vorbehalte der Nachprüfung entfielen, wurde
nach einem Einspruch des Beigeladenen in der Form eines dem
Einspruchsbegehren abhelfenden Bescheids vom 7.7.2006
bestandskräftig.
Am 13.3.2006 beantragte der Kläger,
die in den Jahren 2004 und 2005 auf seine Vergütungen
entfallende Lohnsteuer zu erstatten. Hilfsweise stellte er den
Antrag, die Lohnsteuer-Anmeldungen des Beigeladenen insoweit zu
ändern. Das FA lehnte diese Anträge ab. Im Übrigen
hatte der Kläger, nachdem ihm der gegen den Beigeladenen
ergangene Nachforderungsbescheid bekannt geworden war, gegen diesen
Bescheid Einspruch eingelegt; diesen Einspruch wies das FA durch
Einspruchsentscheidung vom 4.7.2008 zurück. Die Klage gegen
die Ablehnung des am 13.3.2006 erhobenen Begehrens mit dem Ziel,
das FA zu einer Korrektur der Lohnsteuer-Anmeldungen zu
verpflichten bzw. die Lohnsteuer an ihn zu erstatten, war mit dem
Verpflichtungsbegehren erfolgreich (Niedersächsisches
Finanzgericht - FG -, Urteil vom 10.7.2008 11 K 335/06, EFG 2008,
1970 = SIS 09 00 96).
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen, hilfsweise, über die im
finanzgerichtlichen Verfahren gestellten Hilfsanträge
(Erstattung von ... EUR; hilfsweise: Änderung der monatlichen
Lohnsteuerfestsetzungen in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
4.7.2008 durch Reduzierung der angemeldeten Beträge um
Lohnsteuer ... EUR zzgl. Solidaritätszuschlag ... EUR [April,
Juli, Dezember 2004] bzw. um Lohnsteuer ... EUR zzgl.
Solidaritätszuschlag ... EUR [Februar, März, Juli, August
2005]) zu entscheiden.
II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat im
Ergebnis zu Recht entschieden, dass das FA verpflichtet ist, die
Lohnsteuer-Anmeldungen des Beigeladenen zu ändern
(Anmeldungszeiträume Oktober und Dezember 2005); im
Übrigen ist das FA verpflichtet, dem Kläger die bei der
Zahlung der Vergütungen einbehaltene Lohnsteuer zu erstatten
(Anmeldungszeiträume April, Juli und Dezember 2004 sowie
Februar, März, Juli und August 2005).
1. Das FG hat die Zulässigkeit der Klage
zu Recht bejaht.
a) Ein Arbeitnehmer kann die
Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers - soweit sie ihn betrifft -
aus eigenem Recht anfechten (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH
- vom 20.7.2005 VI R 165/01, BFHE 209, 571, BStBl II 2005, 890 =
SIS 05 37 93; Senatsurteil vom 12.10.1995 I R 39/95, BFHE 179, 91,
BStBl II 1996, 87 = SIS 96 03 44). Dieses Anfechtungsrecht ist
wegen der unterschiedlichen Bedeutung von Lohnsteuer-Anmeldung und
Lohnsteuer-Bescheinigung davon unberührt, dass der
Arbeitnehmer nach der Übermittlung der
Lohnsteuer-Bescheinigung eine Änderung dieser Bescheinigung
nicht mehr verlangen kann (§ 41c Abs. 3 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes - EStG 2002 - ; s. dazu BFH-Urteil vom
13.12.2007 VI R 57/04, BFHE 220, 124, BStBl II 2008, 434 = SIS 08 14 84).
Wenn aber ein Anfechtungsrecht gegen die
Lohnsteuer-Anmeldung besteht, ist damit zugleich die
Möglichkeit eingeräumt, nach dem Eintritt formeller
Bestandskraft gegenüber dem FA eine Änderung der
Lohnsteuer-Anmeldung zu begehren. Die Lohnsteuer- Anmeldung (§
41a Abs. 1 EStG 2002) steht einer Steuerfestsetzung unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 Satz 1 der
Abgabenordnung - AO - ). Insoweit konnte der Kläger eine
Korrektur der - seine Vergütungen betreffenden - Lohnsteuer-
Anmeldungen auf der Grundlage des § 164 Abs. 2 AO verlangen,
soweit ein Vorbehalt der Nachprüfung im Zeitpunkt der
Antragstellung noch bestand. Die Weigerung des FA, eine
Änderung durchzuführen, konnte er auch im Finanzrechtsweg
gerichtlich überprüfen lassen.
b) Ein Vorbehalt der Nachprüfung war
für einen Teil der hier streitigen Anmeldungszeiträume
(April, Juli und Dezember 2004 sowie Februar, März, Juli und
August 2005) durch den Erlass des Nachforderungsbescheids, mit dem
zugleich der gesetzliche Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben
wurde, entfallen. Dass dieser Nachforderungsbescheid dem
Kläger gegenüber nicht bekannt gegeben wurde, ändert
an seiner Rechtswirksamkeit durch ordnungsgemäße
Bekanntgabe an den Arbeitgeber (den Beigeladenen als Adressat des
Bescheids) nichts. Ebenso wenig wird die Wirksamkeit der Aufhebung
des Vorbehalts der Nachprüfung durch das von dem Beigeladenen
geführte Einspruchsverfahren berührt.
c) Für die von dem Nachforderungsbescheid
nicht betroffenen Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume Oktober und
Dezember 2005 hat der Kläger beim FA rechtswirksam einen
Antrag auf Änderung gemäß § 164 Abs. 2 AO
gestellt.
2. Das FA war verpflichtet, dem
Änderungsbegehren des Klägers zu den
Lohnsteuer-Anmeldungszeiträumen Oktober und Dezember 2005
nachzukommen. Im Übrigen (Anmeldungszeiträume April, Juli
und Dezember 2004 sowie Februar, März, Juli und August 2005)
steht dem Kläger ein Erstattungsanspruch auf der Grundlage des
§ 50d Abs. 1 Satz 2 EStG 2002 (analog) zu. Denn der
Beigeladene hatte die Zahlungen an den Kläger zu Unrecht dem
Lohnsteuerabzug unterworfen.
a) Die streitigen Zahlungen unterfallen als
„andere Bezüge und Vorteile aus früheren
Dienstleistungen“ den Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 und Satz 2 EStG 2002.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH
für den Bereich des § 19 Abs. 1 EStG 2002 werden Vorteile
„für eine Beschäftigung“ gewährt,
wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des
Arbeitnehmers veranlasst sind (z.B. BFH-Urteile vom 26.6.2003 VI R
112/98, BFHE 203, 53, BStBl II 2003, 886 = SIS 03 44 97; vom
10.5.2006 IX R 82/98, BFHE 213, 487, BStBl II 2006, 669 = SIS 06 30 11; vom 26.7.2006 VI R 49/02, BFHE 214, 373, BStBl II 2006, 917 =
SIS 06 37 89). Das ist der Fall, wenn der Vorteil nur mit
Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird
(BFH-Urteil vom 10.6.1983 VI R 176/80, BFHE 138, 456, BStBl II
1983, 642 = SIS 83 17 38) und wenn die Einnahme als Ertrag der
nichtselbständigen Arbeit anzusehen ist, d.h. wenn sich die
Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung
für das Zurverfügungstellen der individuellen
Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.
bb) Der Kläger hat nach den
Feststellungen des FG in den Anwendungsbereich des ArbnErfG
fallende Erfindungen bzw. technische Verbesserungsvorschläge
erarbeitet, die nach Maßgabe des § 6 ArbnErfG von seinem
Arbeitgeber unbeschränkt in Anspruch genommen worden sind.
Insoweit räumt § 9 Abs. 1 ArbnErfG „dem
Arbeitnehmer“ einen Anspruch auf angemessene
Vergütung ein; bei der Bemessung sind insbesondere die
wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung, die Aufgaben
und die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb sowie der Anteil des
Betriebs an dem Zustandekommen der Diensterfindung maßgebend
(§ 9 Abs. 2 ArbnErfG). Mit der Vergütung nach § 9
ArbnErfG werden zwar nicht die vom Arbeitnehmererfinder im Hinblick
auf die Erfindung geleisteten Arbeiten und Dienste honoriert,
sondern es wird die dem Arbeitgeber kraft Gesetzes zugewachsene
wirtschaftliche Monopolstellung abgegolten (BFH-Urteil vom
26.1.2005 VI R 43/00, BFH/NV 2005, 888 = SIS 05 22 14, m.w.N.). Die
Vergütungen können jedoch aus dem Zusammenhang mit dem
Arbeitsverhältnis nicht herausgelöst werden, was nicht
zuletzt die Parteibezeichnung des Schuldverhältnisses in
§ 9 Abs. 1 ArbnErfG und die gerichtliche Zuständigkeit
der Arbeitsgerichte für festgestellte Leistungsansprüche
(§ 39 Abs. 2 ArbnErfG) deutlich machen. Dass über Art und
Höhe der Vergütung eine besondere Vereinbarung zwischen
Arbeitnehmer und Arbeitgeber getroffen wird (§ 12 Abs. 1
ArbnErfG), überlagert die durch das Dienstverhältnis
begründete Veranlassung der Vergütung nicht. Dies gilt
auch für den Umstand, dass der zeitliche Umfang der
Vergütungspflicht an die Nutzung der Erfindung im Betrieb
anschließt und nicht an den Bestand des
Arbeitsverhältnisses. § 26 ArbnErfG sieht im Übrigen
ausdrücklich vor, dass die Rechte und Pflichten aus diesem
Gesetz durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht
berührt werden.
Die Vergütungen sind auch nicht als im
Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses geleistete
Vergütungen für die permanente Gewährung der
Nutzungs- und Verwertungsrechte an der Erfindung anzusehen. Diese
Rechte waren nämlich nach § 7 Abs. 1 ArbnErfG bereits mit
der unbeschränkten Inanspruchnahme der Diensterfindung auf den
Arbeitgeber übergegangen, so dass für eine
zusätzliche entgeltliche Nutzungsgestattung durch den
Kläger weder Anlass noch Möglichkeit bestand. Dass unter
bestimmten Voraussetzungen gemäß § 16 Abs. 1
ArbnErfG die Nutzungsrechte an einer Diensterfindung an den
Arbeitnehmererfinder zurück zu übertragen sind,
ändert nichts an dem nach § 7 Abs. 1 ArbnErfG vollzogenen
Rechtsübergang. Im Übrigen richtete sich die Höhe
der Vergütung auch nicht nach der Dauer der jeweils
gewährten Nutzungsüberlassung (s. auch BFH-Urteil in
BFH/NV 2005, 888 = SIS 05 22 14).
cc) Wenn damit eine Erfindervergütung
für Diensterfindungen als steuerpflichtiger Arbeitslohn
anzusehen ist (BFH-Urteil vom 26.6.1970 VI R 193/67, BFHE 100, 25,
BStBl II 1970, 824 = SIS 70 04 54; BFH-Beschluss vom 26.5.1994 IV B
33/93, BFH/NV 1995, 102; BFH-Urteile vom 23.4.2003 IX R 57/99,
BFH/NV 2003, 1311 = SIS 03 41 76; in BFH/NV 2005, 888 = SIS 05 22 14; Breinersdorfer in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, §
19 Rz A 39; Thürmer in Blümich, EStG/ KStG/GewStG, §
19 EStG Rz 280 „Arbeitnehmererfindungen“;
Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer,
„Diensterfindung“ Rz 6 f.; Küttner,
Personalbuch 2008, „Arbeitnehmererfindung“ Rz
29), wird diese Einkünftezuordnung durch den Umstand, dass das
Arbeitsverhältnis in den streitbefangenen
Voranmeldungszeiträumen 2004 und 2005 nicht mehr bestand,
nicht gehindert. Der Rechtsgrund der Zahlung (uneingeschränkte
Inanspruchnahme der Diensterfindung durch den Arbeitgeber) bleibt
ebenso wie der Anspruch des Klägers von der Auflösung des
Arbeitsverhältnisses unberührt.
b) Der Kläger ist mit diesen Zahlungen in
den streitigen Zeiträumen beschränkt steuerpflichtig i.S.
des § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG
2002. Die Zahlungen an eine i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst.
a EStG 2002 beschränkt steuerpflichtige Person unterliegen
grundsätzlich dem Lohnsteuerabzug. Über den Umfang des
Einbehalts besteht (der Höhe nach) zwischen den Beteiligten
kein Streit.
c) Ein Lohnsteuerabzug war im Streitfall aber
ausgeschlossen. Denn auch wenn dem Beigeladenen eine Bescheinigung
gemäß § 39d Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 39b Abs. 6
EStG 2002 bei der Auszahlung der Vergütung nicht vorlag, ist
der Lohnsteuerabzug von der doppelbesteuerungsrechtlichen
Qualifizierung der Vergütung abhängig (z.B. Senatsurteil
vom 10.5.1989 I R 50/85, BFHE 157, 142, BStBl II 1989, 755 = SIS 89 17 59). Die Frage, welchem Vertragsstaat nach dem Abkommen zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von
Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung
der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen
und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29.8.1989 -
DBA-USA 1989 - (BGBl II 1991, 355) die Besteuerung zugesprochen
wird, ist im Ergebnis im Sinne des Klägers zu entscheiden.
aa) Die doppelbesteuerungsrechtliche
Qualifizierung von Arbeitnehmererfindervergütungen ist
streitig. So wird zum einen vertreten, dass wegen der engen
Verknüpfung der Vergütungen mit der
nichtselbständigen Tätigkeit Art. 15 des Musterabkommens
der Organisation for Economic Cooperation and
Development (OECD-MustAbk) anzuwenden ist (Kempermann in
Flick/ Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen
Deutschland-Schweiz, Art. 15 Rz 14; Hartz/Meeßen/Wolf,
a.a.O., „Diensterfindung“ Rz 8; wohl auch von
Pannwitz in Haase, Außensteuergesetz,
Doppelbesteuerungsabkommen, MA Art. 12 Rz 15). Demgegenüber
befürworten andere eine Zuordnung zu Art. 12 OECD-MustAbk
(Pöllath/Lohbeck in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 12 Rz
10; wohl auch Grützner in Gosch/Kroppen/ Grotherr,
DBA-Kommentar, Art. 12 OECD-MA Rz 17). Darüber hinaus ist
streitig, ob ein etwaiger Zusammenhang mit der
nichtselbständigen Tätigkeit auch nach der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses bestehen bleibt (so
Hartz/Meeßen/Wolf, a.a.O.,
„Diensterfindung“ Rz 8; a.A. - für eine
Anwendung von Art. 12 OECD-MustAbk - Wassermeyer in
Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 12 MA Rz 13b;
Pöllath/Lohbeck in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 12 Rz 10; von
Pannwitz in Haase, a.a.O., MA Art. 12 Rz 15, und Grützner in
Gosch/Kroppen/ Grotherr, a.a.O., Art. 12 OECD-MA Rz 17; wieder
anders - für eine Qualifizierung als Ruhegehaltsbezüge
i.S. des Art. 18 OECD-MustAbk - Kempermann in
Flick/Wassermeyer/Kempermann, a.a.O., Art. 12 Rz 4).
bb) Die doppelbesteuerungsrechtliche
Qualifizierung von Arbeitnehmererfindervergütungen kann im
Streitfall offenbleiben. Denn das Besteuerungsrecht liegt in allen
Entscheidungsvarianten im Ansässigkeitsstaat des Klägers
(USA), nicht aber in Deutschland.
aaa) Art. 12 Abs. 1 DBA-USA 1989 sieht vor,
dass Lizenzgebühren, die eine in einem Vertragsstaat
ansässige Person als Nutzungsberechtigter bezieht, nur in
diesem Staat (d.h. dem Ansässigkeitsstaat) besteuert werden
können.
bbb) Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-USA 1989 sieht
eine Besteuerung von Vergütungen aus unselbständiger
Arbeit im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers vor,
„es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat
ausgeübt“. Auf diesen Vorbehalt nimmt Art. 15 Abs. 1
Satz 2 DBA-USA 1989 Bezug, indem dort die Besteuerung für
„die dafür bezogenen Vergütungen“ dem
Tätigkeitsstaat zugewiesen wird.
Wie der Senat zu Abfindungszahlungen an einen
aus seinem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmer
wiederholt entschieden hat, handelt es sich bei diesen Zahlungen
unbeschadet dessen, dass sie nach dem insoweit maßgebenden
innerstaatlichen Recht (vgl. Art. 3 Abs. 2 OECD-MustAbk)
Arbeitslohn (§ 19 EStG 2002) sind, nicht um ein
zusätzliches Entgelt für eine frühere Tätigkeit
i.S. des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 OECD-MustAbk. Denn sie werden nicht
für eine konkrete im Inland oder Ausland ausgeübte
Tätigkeit gezahlt, sondern gerade für den Verlust des
Arbeitsplatzes. Ein bloßer Anlasszusammenhang zwischen
Zahlung und Tätigkeit genügt nach dem Abkommenswortlaut
(„dafür“) indes nicht (zuletzt
Senatsurteile vom 2.9.2009 I R 111/08, DStR 2009, 2235 = SIS 09 33 01, und I R 90/08, IStR 2009, 817 = SIS 09 33 03, m.w.N.). Da auch
die an den Kläger gezahlte Erfindervergütung lediglich
einen Anlasszusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit
aufweist, aber nicht als konkrete Gegenleistung zu einer
früheren Arbeitsleistung anzusehen ist (s. zu II.2.a), kommt
doppelbesteuerungsrechtlich eine Besteuerung nur durch den
Ansässigkeitsstaat in Betracht.
d) Wenn damit ein Lohnsteuerabzug
ausgeschlossen war, ist dem Verpflichtungsbegehren des Klägers
- soweit die Lohnsteuer-Anmeldungen noch unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung standen - vom FG zu Recht entsprochen worden; im
Übrigen besteht auf der Grundlage der im Klageverfahren wegen
des Erfolgs des Hauptantrags unbeschieden gebliebenen
Hilfsanträge des Klägers, über die im
Revisionsverfahren entschieden werden kann (Gräber/ Ruban,
Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 123 Rz 2), ein
Erstattungsanspruch gemäß § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG
2002 (analog).
Denn der Senat hat insoweit wiederholt
entschieden, dass die Vorschriften über den Abzug und die
Bemessung der Kapitalertragsteuer hinter die Regelung über den
Umfang der beschränkten Steuerpflicht zurücktreten.
Deshalb ist eine Kapitalertragsteuer, die über die
Steuerpflicht von Einkünften nach Maßgabe des § 49
EStG 2002 hinausgeht, ohne materiell-rechtlichen Grund erhoben und
in entsprechender Anwendung von § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG 2002
zu erstatten (vgl. z.B. Senatsurteil vom 19.12.1984 I R 31/82, BFHE
143, 416 = SIS 85 14 05). Es entspricht zudem ständiger
höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass von steuerbefreiten
Einnahmen keine Steuer abgezogen werden darf (Senatsurteil vom
27.7.1989 I R 28/87, BFHE 155, 479, BStBl II 1989, 449 = SIS 89 15 44). Da diese Maßgaben auch im Bereich des Lohnsteuerabzugs
Geltung beanspruchen können, führen sie zu der vom
Kläger begehrten Erstattung, da Deutschland abkommensrechtlich
ein Besteuerungsrecht für die an den Kläger gezahlten
Erfindervergütungen nicht zusteht.