Gebäudeteil, Gewinnerzielungsabsicht bei Vermietung: 1. Die Einkünfteerzielungsabsicht ist bei § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht grundstücksbezogen, sondern für jede einzelne vermietete Immobilie gesondert zu prüfen, wenn sich die Vermietungstätigkeit nicht auf das gesamte Grundstück bezieht, sondern auf darauf befindliche Gebäude oder Gebäudeteile. - 2. Ist die Vermietung eines Gebäudes oder Gebäudeteils auf Dauer angelegt, so ist auch dann grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, wenn der Mieter oder Pächter das Objekt nicht zu Wohnzwecken nutzt. - Urt.; BFH 1.4.2009, IX R 39/08; SIS 09 20 90
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren (1996, 1998
und 1999) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Die
Klägerin hatte im Jahr 1986 ein Grundstück erworben, das
mit einem Wohnhaus, einem Stall und Nebengebäude sowie einem
Stadel (Scheune) bebaut war. In den Streitjahren nutzte die
Klägerin das Grundstück, indem sie den Stall und einen
Nebenraum zum Einstellen von Pferden und einer Kutsche (Pferde
durften im Garten auslaufen) zu einer Jahrespacht von 800 DM und
den Stadel zum Unterstellen eines Wohnmobils zu einer Jahrespacht
von 600 DM verpachtete.
In ihren Einkommensteuererklärungen
für die Streitjahre stellte sie den Einnahmen (1.400 DM) die
Aufwendungen auf das gesamte Grundstück (Absetzungen für
Abnutzung in Höhe von 2.240 DM, Schuldzinsen,
Erschließungsbeiträge von 45.011 DM im Jahr 1998,
Grundsteuer von jeweils 100 DM) als Werbungskosten bei den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gegenüber. Der
Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) erkannte
(bis auf die Erschließungskosten, deren Abzug er in vollem
Umfang ablehnte) zunächst Werbungskosten für das
jeweilige Streitjahr nur insoweit an, als die Klägerin ihr
Grundstück vermietete (also etwa zur Hälfte). Im
Einspruchsverfahren verböserte das FA und lehnte es mangels
Einkünfteerzielungsabsicht ab, (negative) Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.
Die Klage war erfolgreich. Das
Finanzgericht (FG) berücksichtigte die gesamten Aufwendungen.
In seinem in EFG 2009, 252 = SIS 08 29 83 veröffentlichten
Urteil führte es aus, die Klägerin habe mit
Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt. Diese sei wegen ihrer
gesetzlichen Typisierung nicht zu prüfen, weil kein
Ausnahmefall vorliege. Die Klägerin habe das Grundstück
dauerhaft vermietet, zwar nur Stall und Stadel, doch habe der
Pächter des Stalls Teile des Wohngebäudes nutzen
dürfen (Küche direkt am Stall), so dass von einer auf
Dauer ausgerichteten Vermietung des Grundstücks ausgegangen
werden könne. Die Kosten der Erschließungsmaßnahme
seien als Werbungskosten absetzbar. Es handele sich nicht um eine
erstmalige Erschließung. Das Grundstück sei durch eine
Straßenführung vorher bereits erschlossen
gewesen.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA,
die es auf die Verletzung von § 21 i.V.m. § 2 Abs. 1 und
2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) stützt. Im Streitfall
liege eine Ausnahme vor, die es rechtfertige, die
Einkünfteerzielungsabsicht zu prüfen. Einerseits sei nur
ein Teil des Grundstücks vermietet, während der andere
Teil dauerhaft leer stehe. Andererseits handele es sich nicht um
eine Vermietung zu Wohnzwecken. Bei dem Verhältnis der
Einnahmen von 1.400 DM zu den Ausgaben in Höhe von jeweils
mindestens 2.540 DM könne sich kein Überschuss
ergeben.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Das
angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat
die Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin unzutreffend
auf das ganze Grundstück bezogen.
1. Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung erzielt (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG), wer sein
Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil in der Absicht
vermietet, daraus auf Dauer ein positives Ergebnis zu
erreichen.
a) Den objektiven Tatbestand verwirklicht, wer
unbewegliches Vermögen vermietet. Neben einem
Rechtsverhältnis (vgl. § 24 Nr. 2 EStG, hier: Miet- oder
Pachtvertrag) verlangt das Gesetz ein bestimmtes Objekt (z.B.
Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil), auf das sich
die Vermietungstätigkeit des Steuerpflichtigen beziehen muss.
Die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbare
Tätigkeit ist stets objektbezogen. Maßgebend ist die auf
eine bestimmte Immobilie ausgerichtete Tätigkeit des
Steuerpflichtigen (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
26.11.2008 IX R 67/07, BStBl II 2009, 370 = SIS 09 09 56, und vom
17.8.2005 IX R 23/03, BFHE 211, 143, BStBl II 2006, 248 = SIS 05 47 54, m.w.N. auf die Rechtsprechung zu anderen
Überschusseinkunftsarten). Vermietet er mehrere Objekte, also
z.B. - wie hier - zwei Gebäude und Gebäudeteile, so ist
jede Tätigkeit grundsätzlich je für sich zu
beurteilen. Dies gilt auch dann, wenn sich die Objekte auf einem
Grundstück befinden.
b) Wie der objektive Tatbestand ist auch die
Einkünfteerzielungsabsicht objektbezogen. Sie ist nur dann in
Bezug auf das gesamte Grundstück zu prüfen, wenn sich
auch die Vermietungstätigkeit auf das gesamte Grundstück
richtet (vgl. zur Abgrenzung BFH-Urteil vom 19.12.2007 IX R 50/07,
BFH/NV 2008, 1111 = SIS 08 24 56, m.w.N.). Wird aber nur ein auf
einem Grundstück gelegenes Gebäude oder ein
Gebäudeteil vermietet oder verpachtet, bezieht sich die
Einkünfteerzielungsabsicht nur auf dieses Objekt.
Ist die Vermietungstätigkeit auf Dauer
angelegt, so ist grundsätzlich und typisierend davon
auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen
Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über
längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse
ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom
10.5.2007 IX R 7/07, BFHE 218, 160, BStBl II 2007, 873 = SIS 07 32 99, m.w.N.). Dies gilt nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 EStG grundsätzlich für alle dort genannten
Vermietungstätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um die
Verpachtung unbebauten Grundbesitzes (BFH-Urteil vom 28.11.2007 IX
R 9/06, BFHE 220, 63, BStBl II 2008, 515 = SIS 08 12 33). Nicht
entscheidend ist, in welcher Art und Weise der Mieter oder
Pächter das Objekt nutzt. Deshalb ist die
Einkünfteerzielungsabsicht des Vermieters auch dann zu
typisieren, wenn der Mieter die Immobilien zu anderen als
Wohnzwecken verwendet.
2. Nach diesen Grundsätzen ist das
angefochtene Urteil aufzuheben. Denn das FG hat die
Einkünfteerzielungsabsicht auf das gesamte Grundstück
bezogen, obwohl nur bestimmte Teile davon an verschiedene Personen
vermietet worden sind. So vermietete die Klägerin den Stall
einschließlich einiger offenbar im Wohnhaus befindlicher
Nebenräume an X zur Einstellung von Pferden, die auch im
Garten auslaufen durften. Den Stadel vermietete sie an Y zur
Unterstellung eines Wohnmobils. Den Rest des Grundstücks, also
z.B. das Wohnhaus, abgesehen von den Nebenräumen, hatte sie
nicht vermietet. Deshalb bezieht sich die Vermietungstätigkeit
der Klägerin nur auf Stall und Stadel. Nur insoweit konnte das
FG wegen der auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit
ungeprüft von der Einkünfteerzielungsabsicht der
Klägerin ausgehen. Allerdings sind auch nur solche
Aufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen, die
(gegebenenfalls anteilsmäßig) auf diese
Vermietungsobjekte entfallen.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat
von seinem Standpunkt folgerichtig nicht geprüft, ob die
Klägerin, wie sie behauptet, auch in Bezug auf den nicht
vermieteten Grundstücksteil Vermietungsabsicht hatte. Darauf
entfallende Aufwendungen können als vorab entstandene
Werbungskosten abziehbar sein, wenn die Klägerin sich
endgültig entschlossen hat, daraus durch Vermieten
Einkünfte zu erzielen (vgl. BFH-Urteil vom 28.10.2008 IX R
1/07, BFHE 223, 186 = SIS 08 42 95). Bei dieser Prüfung kommt
es entgegen der Auffassung des FG nicht unbedingt darauf an, ob die
im Wohnhaus befindlichen Räumlichkeiten eine oder mehrere
abgeschlossene Wohnung/Wohnungen bilden (vgl. BFH-Urteil vom
27.10.2005 IX R 3/05, BFH/NV 2006, 525 = SIS 06 11 66, zugleich zu
Besonderheiten historischer Bausubstanz), wohl aber darauf, ob das
Gebäude z.B. aus baulichen Gründen ungeeignet war,
vermietet zu werden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 19.12.2007 IX R
30/07, BFH/NV 2008, 1300 = SIS 08 28 02). Die Klägerin trifft
im Zweifel die objektive Beweislast (Feststellungslast) für
das Vorliegen ihrer Einkünfteerzielungsabsicht (vgl. die
ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 30.11.2005 IX
B 172/04, BFH/NV 2006, 720 = SIS 06 15 00).
Das FG wird in einer weiteren Verhandlung und
Entscheidung den Sachverhalt nach den oben dargestellten
Maßstäben neu zu prüfen haben. Im Hinblick auf die
Erschließungskosten ist nach den Feststellungen des FG (vgl.
zur Maßgeblichkeit der Sachverhaltsfeststellung durch das FG
BFH-Beschluss vom 13.6.2008 IX B 22/08, BFH/NV 2008, 1524 = SIS 08 32 16) von einer nachträglichen Erschließung auszugehen,
so dass es die damit zusammenhängenden Aufwendungen zutreffend
als Werbungskosten beurteilt hat (vgl. hierzu eingehend
Spiegelberger/Spindler/Wälzholz, Die Immobilie im Zivil- und
Steuerrecht, 2008, S. 699 ff., m.w.N. aus der Rechtsprechung), die
es gegebenenfalls - wenn sich nach erneuter Verhandlung
herausstellt, dass sich die Vermietungstätigkeit nicht auf das
gesamte Grundstück bezieht - auf die Vermietungsobjekte
aufzuteilen hat.