VuV, Einkünfteerzielungsabsicht bei Fremdfinanzierung: Im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung ist die Einkünfteerzielungsabsicht bei einer langfristigen Vermietung ausnahmsweise zu prüfen, wenn der Steuerpflichtige die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten des Vermietungsobjekts sowie anfallende Schuldzinsen fremdfinanziert und somit Zinsen auflaufen lässt, ohne dass durch ein Finanzierungskonzept von vornherein deren Kompensation durch spätere positive Ergebnisse vorgesehen ist (Abgrenzung zu BFH-Urteil vom 19.4.2005 IX R 15/04, BFHE 210 S. 24, BStBl 2005 II S. 754 = SIS 05 39 39). - Urt.; BFH 10.5.2007, IX R 7/07; SIS 07 32 99
I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob die Kläger und Revisionskläger (Kläger) ein
bebautes Grundstück mit Einkünfteerzielungsabsicht
vermietet haben.
Die Kläger hatten ein von ihnen
für ca. 20.000 DM erworbenes Grundstück im Jahre 1981
bebaut. Die Herstellungskosten des Gebäudes in Höhe von
105.308 DM finanzierten sie in vollem Umfange fremd.
Über die zur Finanzierung verwandten
Mittel war keine schriftliche Darlehensvereinbarung getroffen
worden. Das Konto bei dem Kreditinstitut wurde wie ein
Darlehenskonto mit variablen Zins- und
Sondertilgungsmöglichkeiten geführt. Seit dem Jahr 1981
wurden Zinsen und Tilgung jeweils jährlich faktisch in ein
neues Darlehen umgewandelt und dem jeweiligen Valutastand des
Vorjahres zugerechnet.
Die Einnahmen aus der Vermietung des
Grundstücks betrugen in den Jahren 1985 bis 2002 70.676 EUR
und die für diesen Zeitraum als Werbungskosten geltend
gemachten Zinsen 332.309,33 EUR. Diese Zinsen resultieren aus der
ursprünglichen Fremdfinanzierung der Anschaffungs- und
Herstellungskosten (Schuldenstand Ende 2002: 336.190,63 EUR).
Für das Streitjahr 2002 erklärten die Kläger
Einnahmen in Höhe von 4.019 EUR und Zinsen in Höhe von
29.555 EUR.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) berücksichtigte die Schuldzinsen nicht. Der
dagegen gerichtete Einspruch hatte insoweit Erfolg, als die
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hinsichtlich des
Grundstücks unter Hinweis auf fehlende
Einkünfteerzielungsabsicht mit 0 EUR angesetzt wurden. Im
Übrigen wurde der Einspruch zurückgewiesen.
Im Klageverfahren haben die Kläger
Unterlagen vorgelegt, wonach der Schuldenstand im Jahre 2005 um
140.000 EUR auf 269.049 EUR verringert wurde, indem für die
Schuldentilgung Erlöse aus Lebensversicherungen verwendet
wurden. Der Kläger erklärte zudem, er habe die Absicht,
im Zeitraum des Jahres 2010 beruflich kürzer zu treten und
Lebensversicherungen, deren Ablaufleistung er mit insgesamt
über 380.000 EUR beziffere, dann zur Tilgung bestehender
Negativsalden zu verwenden. Gleiches gelte für den Erlös
aus dem Verkauf seines Praxisanteils.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als
unbegründet zurückgewiesen (vgl. SIS 07 18 68). Zwar
erfüllten die erklärten Einnahmen sowie die angegebenen
Werbungskosten für sich betrachtet die Voraussetzungen des
steuerlichen Einnahme- und Werbungskostenbegriffs. Es fehle den
Klägern jedoch an der Einkünfteerzielungsabsicht. Das
fehlende Finanzierungskonzept der Kläger, das zu einem krassen
Missverhältnis zwischen Einnahmen und Zinsaufwendungen
führe und eine spätere Kompensation der zunächst zu
verbuchenden Verluste nicht erwarten lasse, stelle einen besonderen
Umstand dar, der nach der Rechtsprechung eine Ausnahme von dem
Grundsatz rechtfertige, wonach bei einer auf Dauer angelegten
Vermietungstätigkeit typisierend von
Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen sei.
Mit ihrer Revision rügen die
Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 21 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ). Bei einem
Prognosezeitraum von bis zu 70 Jahren würde sich ein
Totalüberschuss ergeben, wenn die streitgegenständliche
Immobilie unentgeltlich auf Rechtsnachfolger übergehe. Im
Übrigen sei durch die gewählte Finanzierung bis zur
Berufstätigkeitsgrenze des Klägers von 65 Jahren eine
vollständige Tilgung zu erreichen. Das Finanzierungskonzept
der Kläger sei möglichenfalls atypisch, rechtfertige aber
nicht die Verneinung der Einkünfteerzielungsabsicht.
Die Kläger beantragen
sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und unter
Änderung des Einkommensteuerbescheides 2002 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer auf 13.870 EUR
festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Zu Recht hat das FG den geltend
gemachten Werbungskostenüberschuss mangels
Einkünfteerzielungsabsicht nicht bei den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung zum Abzug zugelassen.
1. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten
Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon
auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen
Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über
längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse
ergeben. Jedoch gelten Ausnahmen von diesem Grundsatz, wenn
besondere Umstände gegen das Vorliegen der
Einkünfteerzielungsabsicht sprechen (ständige
Rechtsprechung, z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
19.4.2005 IX R 15/04, BFHE 210, 24, BStBl II 2005, 754 = SIS 05 39 39, m.w.N. insbesondere zu Ausnahmefällen).
2. Der Senat hat mit Urteil in BFHE 210, 24,
BStBl II 2005, 754 = SIS 05 39 39 entschieden, dass allein ein
krasses Missverhältnis zwischen den Mieteinnahmen und den
Schuldzinsen kein besonderer Umstand ist, der zur
Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht durch
eine Prognose führt, wenn die wegen der Refinanzierung von
Zinsen zunächst hohen Schuldzinsen nach dem gewählten
Finanzierungskonzept zum Ende der Laufzeit der Darlehen durch
positive Ergebnisse kompensiert werden. Bei derartigen, im
entschiedenen Fall gewählten Kreditbedingungen sei ein solches
Missverhältnis (zunächst) konzepttypisch.
Anders verhält es sich dagegen, wenn bei
der Finanzierung eines Vermietungsobjektes von vornherein keine
solche Kompensation eingeplant ist. In diesem Falle bildet ein
krasses Missverhältnis zwischen Mieteinnahmen und Schuldzinsen
einen gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechenden
besonderen Umstand; denn bei einer solchen Fallgestaltung ist
entgegen dem Regelfall gerade nicht davon auszugehen, dass die
Vermietung letztlich zu positiven Einkünften führt.
3. Bei Anwendung dieser Maßstäbe
hat das FG zutreffend die Einkünfteerzielungsabsicht der
Kläger durch eine Prognose überprüft. Aus seinen mit
Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit den Senat
bindenden Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) ergibt sich,
dass diese im Zusammenhang mit dem Erwerb des Vermietungsobjektes
kein Konzept hatten, das zu einer zeitlich absehbaren Kompensation
der aufgelaufenen Werbungskostenüberschüsse hätte
führen können. Den Hinweis der Kläger auf die
behaupteten Vermögenswerte und insbesondere die vorhandenen
Lebensversicherungen hat das FG zu Recht als nicht schlüssig
angesehen. Denn zwischen diesen und den streitbefangenen Darlehen
bestand kein konzeptioneller Zusammenhang. Es stand im Belieben der
Kläger, ob überhaupt und gegebenenfalls wann sie
Tilgungen vornehmen und hierzu die Lebensversicherungen einsetzen
würden. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von dem dem
Urteil in BFHE 210, 24, BStBl II 2005, 754 = SIS 05 39 39, zugrunde
liegenden Sachverhalt.
4. Im Rahmen der danach vorzunehmenden
Überschussprognose ist festzustellen, ob in einem Zeitraum von
30 Jahren aus der Vermietungstätigkeit ein
Totalüberschuss erzielt werden kann (BFH-Urteil vom 17.9.2002
IX R 16/02, BFH/NV 2003, 156 = SIS 03 08 13, m.w.N.). Bezogen auf
diesen Zeitraum ergibt sich im Streitfall nach den den Senat
bindendenden Feststellungen des FG kein Totalüberschuss. Dies
gilt auch unter Berücksichtigung einer etwaigen
unentgeltlichen Rechtsnachfolge hinsichtlich des streitbefangenen
Objekts (vgl. BFH-Urteil vom 6.11.2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151,
BStBl II 2002, 726 = SIS 02 03 94, m.w.N.).