Realisierung von KStG-Guthaben nach StEntlG, Minderungspause: 1. Eine Realisierung von Körperschaftsteuerguthaben gemäß § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. ist nur durch Gewinnausschüttungen möglich, die zeitlich nach dem Stichtag für die erstmalige Ermittlung des Guthabens nach Maßgabe des § 37 Abs. 1 KStG 1999 n.F. erfolgen (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 6.11.2003, BStBl 2003 I S. 575 = SIS 03 47 05 Tz. 31). - 2. Eine Gewinnausschüttung ist dann i.S. des § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. erfolgt, wenn sie abgeflossen ist (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 6.11.2003, BStBl 2003 I S. 575 = SIS 03 47 05 Tz. 7 und 30). - Urt.; BFH 19.12.2007, I R 52/07; SIS 08 16 53
I. Die Beteiligten streiten um den Ansatz
einer Körperschaftsteuerminderung nach § 37 Abs. 2 des
Körperschaftsteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes zur
Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (UntStFG) vom
20.12.2001 (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) - KStG 1999 n.F. -
im Veranlagungszeitraum 2002 (Streitjahr).
Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine GmbH, ist Rechtsnachfolgerin der X-GmbH. Die
X-GmbH ermittelte den Gewinn nach einem vom Kalenderjahr
abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1. April eines Jahres bis zum 31.
März des Folgejahres. Am 28.3.2001 beschloss die X-GmbH eine
Vorabausschüttung aus dem Jahresüberschuss zum 31.3.2001
in Höhe von 706.703 DM, die am 15.5.2001 fällig wurde und
abfloss. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA
- ) ermittelte aus dem Endbestand des Teilbetrags EK 40 nach
Maßgabe von § 37 Abs. 1 KStG 1999 n.F. zum 31.3.2002 ein
Körperschaftsteuerguthaben der X-GmbH in Höhe von 212.777
EUR.
Das FA war der Ansicht, die von der X-GmbH
vorgenommene Gewinnausschüttung habe weder im
Veranlagungszeitraum 2001 noch im Veranlagungszeitraum 2002 zu
einer Minderung der Körperschaftsteuer geführt. Es
handele sich um eine Gewinnausschüttung für ein noch
nicht abgelaufenes Wirtschaftsjahr, für die das
Anrechnungsverfahren nicht mehr zur Anwendung komme. Das erstmals
zum 31.3.2002 festgestellte Körperschaftsteuerguthaben
könne nach der im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens
geltenden Übergangsregelung des § 37 KStG 1999 n.F. aber
erst in den folgenden Jahren, also durch Ausschüttungen, die
nach diesem Zeitpunkt erfolgen, genutzt werden. Eine Nutzung des
noch nicht gesondert festgestellten
Körperschaftsteuerguthabens komme nicht in Betracht.
Mit ihrer Klage wendet sich die
Klägerin gegen die Bescheide über die gesonderte
Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7
KStG 1999 n.F. und über die gesonderte Feststellung der
Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28
Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG 1999 n.F. zum 31.3.2002
sowie gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2002. Das
Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (FG München, Urteil vom
28.6.2007 7 K 2045/05, EFG 2007, 1633 = SIS 07 30 62).
Mit seiner Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen
Urteils und zur Abweisung der Klage.
1. Soweit sich die Klägerin gegen den
Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände
gemäß § 36 Abs. 7 KStG 1999 n.F. wendet, ist die
Klage mangels Klagebefugnis gemäß § 40 Abs. 2 FGO
unzulässig. Die Klägerin hat insoweit keine
Rechtsverletzung geltend gemacht. Sie ist der Auffassung, aufgrund
der von der X-GmbH vorgenommenen Vorabausschüttung sei es zu
einer Körperschaftsteuerminderung gemäß § 37
Abs. 2 KStG 1999 n.F. gekommen. Eine solche kann sich jedoch unter
keinem Gesichtspunkt auf die Endbestände i.S. des § 36
Abs. 7 KStG 1999 n.F. auswirken. Selbst wenn die
Vorabausschüttung noch zu einer
Körperschaftsteuerminderung nach Maßgabe der
§§ 27 ff. KStG 1999 a.F. geführt haben sollte,
könnte sich dies ohne gleichzeitige Anfechtung des
Körperschaftsteuerbescheids 2001 nicht zu Gunsten, sondern nur
zu Lasten der Klägerin auswirken.
2. Hinsichtlich der übrigen angegriffenen
Bescheide ist die Klage unbegründet. Anders als vom FG
angenommen, ist es im Streitfall nicht zu einer Minderung der
Körperschaftsteuer gemäß § 37 Abs. 2 KStG 1999
n.F. gekommen.
a) § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. sieht
für die von der X-GmbH vorgenommene Vorabausschüttung
keine Minderung der Körperschaftsteuer vor.
aa) Zu einer Minderung der
Körperschaftsteuer nach § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. kann
es nur durch Gewinnausschüttungen kommen, die dem Stichtag
für die nach Maßgabe von § 37 Abs. 1 KStG 1999 n.F.
durchzuführende erstmalige Ermittlung des
Körperschaftsteuerguthabens zeitlich nachfolgen. Der
Gesetzeswortlaut lässt ein anderes Verständnis nicht zu.
§ 37 Abs. 2 Satz 1 KStG 1999 n.F. ordnet eine Minderung des
Körperschaftsteuerguthabens, der gemäß § 37
Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 (inzwischen § 37 Abs. 2 Satz 3 KStG
i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales
Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften - EURLUmsG
- vom 9.12.2004, BGBl I 2004, 3310, BStBl I 2004, 1158) eine
Minderung der Körperschaftsteuer in gleicher Höhe
entspricht, nur für solche Gewinnausschüttungen an, die
„in den folgenden Wirtschaftsjahren“ erfolgen.
Diese Regelung knüpft an den in § 37 Abs. 1 Satz 1 KStG
1999 n.F. benannten Zeitpunkt der erstmaligen Ermittlung des
Körperschaftsteuerguthabens an und legt ihn zugleich als den
Zeitpunkt fest, ab dem Gewinnausschüttungen frühestens zu
einer Minderung von Guthaben und Körperschaftsteuer
führen können (ebenso Bott in Ernst & Young, KStG,
§ 37 Rz 80; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, §
37 KStG Rz 12; Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die
Körperschaftsteuer, § 37 KStG nF Rz 18; Bauschatz in
Gosch, KStG, § 37 Rz 42; Binnewies in Streck, KStG, 6. Aufl.,
§ 37 Rz 5; Lornsen-Veit/Odenbach in Erle/Sauter, KStG, 2.
Aufl., § 37 Rz 48; Danelsing in Blümich, § 37 KStG
Rz 24; im Ergebnis auch Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen - BMF - vom 6.11.2003, BStBl I 2003, 575 = SIS 03 47 05
Tz. 31, sowie Oberfinanzdirektion - OFD - Koblenz, Verfügung
vom 12.6.2001, GmbHR 2001, 684 = SIS 01 09 73; offengelassen im
Senatsbeschluss vom 5.4.2005 I B 221/04, BFHE 209, 341, BStBl II
2005, 526 = SIS 05 18 72).
bb) § 37 Abs. 1 Satz 1 KStG 1999 n.F.
ordnet die erstmalige Ermittlung des
Körperschaftsteuerguthabens auf den Schluss des
Wirtschaftsjahres an, das dem in § 36 Abs. 1 KStG 1999 n.F.
genannten Wirtschaftsjahr folgt. Hiermit wird wiederum das
Wirtschaftsjahr bezeichnet, auf dessen Schluss die Endbestände
der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nach
Maßgabe von § 36 Abs. 2 bis 7 KStG 1999 n.F. zu
ermitteln und gesondert festzustellen sind. Dies sieht § 36
Abs. 1 KStG 1999 n.F. für das letzte Wirtschaftsjahr vor, das
in dem Veranlagungszeitraum endet, für das das
Körperschaftsteuergesetz i.d.F. bis zum Gesetz zur weiteren
steuerlichen Förderung von Stiftungen (StiftFöG) vom
14.7.2000 (BGBl I 2000, 1034, BStBl I 2000, 1192) - KStG 1999 a.F.
- letztmals anzuwenden ist. Welcher Veranlagungszeitraum dies ist,
bestimmt sich danach, ab wann das Körperschaftsteuergesetz
i.d.F. des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform
der Unternehmensbesteuerung (StSenkG) vom 23.10.2000 (BGBl I 2000,
1433, BStBl I 2000, 1428) erstmals anzuwenden ist. Bei einem mit
dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahr ist dies
nach § 34 Abs. 1 KStG i.d.F. des StSenkG der
Veranlagungszeitraum 2001, bei einem vom Kalenderjahr abweichenden
Wirtschaftsjahr nach § 34 Abs. 1a i.d.F. des StSenkG
(inzwischen § 34 Abs. 2 i.d.F. des UntStFG) grundsätzlich
der Veranlagungszeitraum 2002.
cc) Entscheidend dafür, ob eine
Gewinnausschüttung der erstmaligen Ermittlung des
Körperschaftsteuerguthabens zeitlich nachfolgt, ist nach
§ 37 Abs. 2 Satz 1 KStG 1999 n.F. der Zeitpunkt, in dem sie
„erfolgt“. Für die ebenfalls diesen Begriff
verwendende Regelung des § 27 Abs. 3 KStG 1999 a.F. hat der
Senat in ständiger Rechtsprechung eine Gewinnausschüttung
als erfolgt angesehen, wenn sie abgeflossen ist (vgl. z.B.
Senatsurteile vom 9.12.1987 I R 260/83, BFHE 151, 560, BStBl II
1988, 460 = SIS 88 07 20; vom 31.10.1990 I R 47/88, BFHE 162, 546,
BStBl II 1991, 255 = SIS 91 09 22; zuletzt Senatsurteil vom
7.3.2007 I R 45/06, BFH/NV 2007, 1710 = SIS 07 28 06, jeweils
m.w.N.). Diese Rechtsprechung ist in gleicher Weise für die
hier in Rede stehende Übergangsregelung des § 37 Abs. 2
KStG 1999 n.F. heranzuziehen (vgl. z.B. Frotscher in
Frotscher/Maas, a.a.O., § 37 KStG Rz 15; Dötsch in
Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 37 KStG nF Rz 36;
BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 575 = SIS 03 47 05 Tz. 7 und 30;
siehe auch schon Senatsurteil vom 28.11.2007 I R 42/07, zur
amtlichen Veröffentlichung bestimmt, unter II.1.e). Auch wenn
der Körperschaftsteuerminderung nach § 37 Abs. 2 KStG
1999 n.F. eine andere Konstruktion zugrunde liegt als den
§§ 27 ff. KStG 1999 a.F., knüpft die Vorschrift in
diesem Punkt ersichtlich an das frühere Recht an.
dd) Nach diesen Grundsätzen konnte die im
Streitfall von der X-GmbH im Wirtschaftsjahr 2000/01 am 28.3.2001
beschlossene und im Wirtschaftsjahr 2001/02 am 15.5.2001
abgeflossene Vorabausschüttung nicht zu einer Minderung der
Körperschaftsteuer nach § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F.
führen. Da die X-GmbH den Gewinn nach einem vom Kalenderjahr
abweichenden Wirtschaftsjahr ermittelte, war das
Körperschaftsteuergesetz i.d.F. des StSenkG nach § 34
Abs. 1a KStG i.d.F. des StSenkG erstmals für den
Veranlagungszeitraum 2002, das Körperschaftsteuergesetz 1999
a.F. damit letztmals für den Veranlagungszeitraum 2001
anzuwenden. Das letzte in diesem Veranlagungszeitraum endende
Wirtschaftsjahr war das Wirtschaftsjahr 2000/01, auf dessen Schluss
nach § 36 Abs. 1 KStG 1999 n.F. die Endbestände der
Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zu ermitteln und
gesondert festzustellen waren. Das Körperschaftsteuerguthaben
war nach § 37 Abs. 1 Satz 1 KStG 1999 n.F. dann erstmalig auf
den Schluss des folgenden Wirtschaftsjahres 2001/02 zu ermitteln,
also auf den 31.3.2002. Erst durch nach diesem Zeitpunkt
abfließende Gewinnausschüttungen konnte es zu einer
Minderung der Körperschaftsteuer nach § 37 Abs. 2 KStG
1999 n.F. kommen.
b) Dadurch, dass § 37 Abs. 2 KStG 1999
n.F. bei einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden
Wirtschaftsjahr erst für ab dem Wirtschaftsjahr 2002 bzw. bei
einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr
grundsätzlich erst für ab dem Wirtschaftsjahr 2002/03
erfolgende Gewinnausschüttungen zur Anwendung kommt, ergibt
sich eine einjährige „Minderungspause“
für Vorabausschüttungen, die im unmittelbar vorangehenden
Wirtschaftsjahr 2001 bzw. 2001/02 abgeflossen sind. Für diese
ist weder nach altem noch nach neuem Recht eine Minderung der
Körperschaftsteuer möglich (so ausdrücklich auch OFD
Koblenz, Verfügung in GmbHR 2001, 684 = SIS 01 09 73). Dies
kann aber nicht zu einer anderen Beurteilung führen.
aa) Betroffen hiervon sind in erster Linie
Vorabausschüttungen, die im Wirtschaftsjahr 2001 bzw. 2001/02
für dieses beschlossen worden und abgeflossen sind. Gleiches
gilt aber auch für Vorabausschüttungen, die wie im
Streitfall in einem vorangegangenen Wirtschaftsjahr ebenfalls
für dieses beschlossen worden und erst im Wirtschaftsjahr 2001
bzw. 2001/02 abgeflossen sind (sog. verspätet abgeflossene
Vorabausschüttungen).
Für diese Ausschüttungen findet
§ 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. nach dem unter II.2.a Gesagten noch
keine Anwendung. Die Regelungen des Anrechnungsverfahrens zur
Herstellung der Ausschüttungsbelastung in den §§ 27
ff. KStG 1999 a.F. sind auf sie ebenfalls nicht mehr anwendbar. In
beiden Fällen handelt es sich nicht um
Gewinnausschüttungen, die auf einem Gewinnverteilungsbeschluss
für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr i.S. des § 27 Abs. 3
Satz 1, § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG 1999 a.F. beruhen, sondern um
„andere Ausschüttungen“ i.S. des § 27
Abs. 3 Satz 2, § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG 1999 a.F. (vgl.
insbesondere für verspätet abgeflossene
Vorabausschüttungen Senatsurteil vom 17.10.1990 I R 67/89,
BFHE 164, 294, BStBl II 1991, 734 = SIS 91 17 15). Gemäß
§ 34 Abs. 10a Satz 1 Nr. 2 KStG i.d.F. des Gesetzes zur
Umrechnung und Glättung steuerlicher Euro-Beträge
(StEuglG) vom 19.12.2000 (BGBl I 2000, 1790, BStBl I 2001, 3;
inzwischen § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 KStG i.d.F. des
Fünften Gesetzes zur Änderung des
Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von
Steuergesetzen vom 23.7.2002, BGBl I 2002, 2715, BStBl I 2002, 714)
sind die §§ 27 ff. KStG 1999 a.F. letztmals auf
„andere Ausschüttungen“ anzuwenden, die in
dem Wirtschaftsjahr erfolgen, das demjenigen Wirtschaftsjahr
vorangeht, in dem das Körperschaftsteuergesetz i.d.F. des
StSenkG erstmals anzuwenden ist. Da dies gemäß § 34
Abs. 1 bzw. Abs. 1a KStG i.d.F. des StSenkG das Wirtschaftsjahr
2001 bzw. 2001/02 ist, ist letztmals für im Wirtschaftsjahr
2000 bzw. 2000/01 erfolgende „andere
Ausschüttungen“ die Ausschüttungsbelastung
herzustellen.
bb) Diese Folge ist als bewusste Entscheidung
des Gesetzgebers hinzunehmen. Insbesondere liegt keine gesetzliche
Regelungslücke vor (anders wohl Lornsen-Veit/Odenbach in
Erle/Sauter, a.a.O., § 37 Rz 17 und 49), die ggf. durch eine
analoge Anwendung des § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. für die
fraglichen Vorabausschüttungen geschlossen werden
könnte.
Eine Regelungslücke besteht nur im Falle
einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes. Hierzu ist
erforderlich, dass das Gesetz, gemessen
an seinem eigenen Ziel und Zweck, unvollständig, also
ergänzungsbedürftig ist und eine Ergänzung nicht
einer vom Gesetz gewollten Beschränkung auf bestimmte
Tatbestände widerspricht (vgl. etwa Senatsurteile vom
21.10.1999 I R 66/98, BFHE 190, 390, BStBl II 2000, 288 = SIS 00 06 23; vom 16.3.1994 I R 146/93, BFHE 175, 22, BStBl II 1994,
941 = SIS 94 20 86; Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO
Rz 348). Diese Voraussetzung liegt für die in Rede
stehenden gesetzlichen Regelungen nicht vor.
Die in § 34 Abs. 10a KStG i.d.F. des
StSenkG geregelte letztmalige Anwendung der §§ 27 ff.
KStG 1999 a.F. führt die für das Anrechnungsverfahren in
§ 27 Abs. 3 KStG 1999 a.F. getroffene Unterscheidung fort
(vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 34 KStG Rz 15).
Nach § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1999 a.F. minderten
Gewinnausschüttungen für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr
unter bestimmten Voraussetzungen die Körperschaftsteuer des
entsprechenden Veranlagungszeitraums, „andere
Ausschüttungen“ dagegen nach § 27 Abs. 3 Satz 2
KStG 1999 a.F. die Körperschaftsteuer des laufenden
Veranlagungszeitraums. Aus diesem Grund ordnet § 34 Abs. 10a
Satz 1 Nr. 1 KStG i.d.F. des StSenkG in einem nachlaufenden
Übergangsjahr die Geltung der §§ 27 ff. KStG 1999
a.F. nur noch für Gewinnausschüttungen an, die für
ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr erfolgen, nicht mehr aber für
„andere Ausschüttungen“. Zwar wäre es
durchaus möglich gewesen, bereits in diesem Übergangsjahr
für die nicht mehr nach den §§ 27 ff. KStG 1999 a.F.
zu beurteilenden Vorabausschüttungen unmittelbar die Regelung
des § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. zur Anwendung kommen zu lassen.
Dies hätte die sich für diese ergebende
„Minderungspause“ vermieden und dennoch eine
doppelte Körperschaftsteuerminderung ausgeschlossen. Eine
solche Regelung hat der Gesetzgeber aber erkennbar nicht getroffen.
Vielmehr hat er sich dafür entschieden, die §§ 27
ff. KStG 1999 a.F. in dem Übergangsjahr zunächst
vollständig auslaufen zu lassen, im Anschluss daran erstmalig
ein Körperschaftsteuerguthaben zu ermitteln und erst im
nächsten Wirtschaftsjahr sämtliche von nun an erfolgende
und auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften
entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruhende
Gewinnausschüttungen einheitlich nach § 37 Abs. 2 KStG
1999 n.F. zu beurteilen.
Dass es sich insoweit nicht um ein
gesetzgeberisches „Versehen“ handelt, zeigt die
Entstehungsgeschichte der Regelung. Im Gesetzesentwurf zum StSenkG
war die erstmalige Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens
noch parallel zur Ermittlung der Endbestände der
Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals auf den in §
36 Abs. 1 KStG 2002 bestimmten Zeitpunkt vorgesehen (vgl. BTDrucks
14/2683, S. 82; ebenso die Beschlussempfehlung des
Finanzausschusses, vgl. BTDrucks 14/3366, S. 69). Die später
verabschiedete Fassung des § 37 KStG 2002 beruht auf der
Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, die abweichend
hiervon die erstmalige Ermittlung des Guthabens um ein Jahr
zeitversetzt anordnete (vgl. BTDrucks 14/3760, S. 9). Es kann nicht
angenommen werden, dass der Gesetzgeber die mit dieser
Änderung verbundenen Konsequenzen nicht bedacht hat. Bei
dieser Regelung blieb es im Übrigen auch in der Folge, obwohl
das Problem der „Minderungspause“ in der
Literatur frühzeitig aufgeworfen und insoweit ein
„gesetzlicher Reparaturbedarf“ gesehen wurde
(vgl. etwa Dötsch/Pung, DB, Beilage 10/2000, S. 19).
Insbesondere das UntStFG, mit dem die §§ 36 ff. KStG 1999
n.F. noch einmal in einigen Punkten mit rückwirkender Geltung
geändert wurden, ließ die Vorschrift insoweit
unberührt (vgl. auch Thurmayr in Herrmann/ Heuer/Raupach,
§ 37 KStG Rz 18).
cc) Die Beschränkung des § 37 Abs. 2
KStG 1999 n.F. auf ab dem Wirtschaftsjahr 2002 bzw. 2002/03
erfolgende Gewinnausschüttungen und die daraus resultierende
„Minderungspause“ für
Vorabausschüttungen im vorangehenden Wirtschaftsjahr 2001 bzw.
2001/02 wird im Schrifttum zum Teil als
„systemwidrig“ (Binnewies in Streck, a.a.O.,
§ 37 Rz 3; krit. auch Schiffers, GmbHR 2000, 901, 904;
Bauschatz in Gosch, a.a.O., § 37 Rz 43) angesehen. Eine
„sachliche Rechtfertigung“ für sie sei
nicht ersichtlich (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., §
37 KStG Rz 17a; Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O.,
§ 37 KStG nF Rz 6; anders aber Hey in Herrmann/Heuer/Raupach,
Steuerreformkommentierung, Vor § 36 KStG Rz R 15). Soweit
diese Rügen zugleich verfassungsrechtlich relevante Bedenken
beinhalten sollten, teilt der Senat diese nicht.
Insbesondere ergibt sich aus der
„Minderungspause“ kein Verstoß gegen den
allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes
(GG). Der Gesetzgeber hatte für ihre Anordnung hinreichende
sachliche Gründe. Durch die Übergangsregelung des §
37 KStG 1999 n.F. blieb das unter dem Anrechnungsverfahren
bestehende
„Körperschaftsteuerminderungspotential“ in
modifizierter Form und für einen begrenzten Zeitraum auch nach
der Systemumstellung auf das Halbeinkünfteverfahren erhalten.
In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber die Möglichkeit zur
Realisierung des Minderungspotentials für bestimmte
Ausschüttungen kurzzeitig ausgesetzt, indem er die erstmalige
Anwendung des § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. zeitlich um ein Jahr
hinausschob. In dem Übergangsjahr wäre eine Anwendung des
§ 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. ohnehin nur hinsichtlich der nicht
mehr unter die §§ 27 ff. KStG 1999 a.F. fallenden
Vorabausschüttungen in Betracht gekommen, da es andernfalls zu
doppelten Körperschaftsteuerminderungen gekommen wäre
(siehe schon unter II.2.b bb). Durch das Hinausschieben der Geltung
von § 37 KStG 1999 n.F. vermied der Gesetzgeber, in einem
Wirtschaftsjahr parallel zwei Regelungen für die verschiedenen
Arten von Gewinnausschüttungen zur Anwendung zu bringen. Den
hiervon ausgehenden Vereinfachungseffekt für die praktische
Handhabbarkeit im Übergangszeitraum durfte er
berücksichtigen. Dies gilt umso mehr, als die
„Minderungspause“ lediglich eine
Verzögerung der Minderungsmöglichkeit zur Folge hatte,
durch die die betroffenen Unternehmen nicht in
unverhältnismäßiger Weise belastet wurden.
Auch ein Verstoß gegen die
verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentumsgarantie aus Art.
14 GG ist nicht ersichtlich. Unabhängig davon, ob das auf den
Regelungen des Anrechnungsverfahrens beruhende
„Körperschaftsteuerminderungspotential“ als
verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsposition i.S. des
Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG anzusehen ist (offenlassend auch
Senatsurteil vom 31.5.2005 I R 107/04, BFHE 210, 256, BStBl II
2005, 884 = SIS 05 41 66), läge in der Regelung des § 37
KStG 1999 n.F. aus den vorgenannten Gründen jedenfalls eine
verfassungsrechtlich zulässige Bestimmung der Schranken jenes
Eigentumsrechts i.S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Senat hat im
Übrigen auch für das viel weitergehende spätere sog.
Körperschaftsteuer-Moratorium nach § 37 Abs. 2a Nr. 1
KStG i.d.F. des Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen
und Ausnahmeregelungen (StVergAbG) vom 16.5.2003 (BGBl I 2003, 660,
BStBl I 2003, 321) keinen Verstoß gegen Art. 14 GG angenommen
(vgl. Senatsurteil vom 8.11.2006 I R 69, 70/05, BFHE 215, 491,
BStBl II 2007, 662 = SIS 07 04 31).