Aufwärtsverschmelzung, Sperrbetrag, EU-Recht: 1. Wird eine Tochterkapitalgesellschaft, die Inhaberin von sperrbetragsbehafteten Anteilen einer anderen Kapitalgesellschaft ist, im Zuge einer sog. Aufwärtsverschmelzung auf ihre "Mutter"-Personengesellschaft verschmolzen, ist bei der Ermittlung des Verschmelzungsgewinns der Personengesellschaft (§ 4 Abs. 4, 5 UmwStG 1995) ein sog. Sperrbetrag nach § 50 c Abs. 7 EStG 1990 (i.d.F. des StandOG)/EStG 1997 zu berücksichtigen (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 25.3.1998, BStBl 1998 I S. 268 = SIS 98 09 38, Tz. 04.25). - 2. Die Berücksichtigung des sog. Sperrbetrages im Zuge einer derartigen Aufwärtsverschmelzung berührt vorwiegend die Ausübung der Niederlassungsfreiheit i.S. des Art. 52 EGV. Sollte der Sperrbetrag zugleich zu Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs führen, wären derartige Auswirkungen die unvermeidliche Folge der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. Sie rechtfertigten keine Prüfung im Hinblick auf Art. 73 b EGV (Anschluss an EuGH-Beschluss vom 10.5.2007 Rs. C-492/04 "Lasertec", IStR 2007, 439 = SIS 07 19 38). - Urt.; BFH 7.11.2007, I R 41/05; SIS 08 12 00
I. Die Beteiligten streiten über den
Ansatz eines sogenannten Sperrbetrages gemäß § 50c
Abs. 1 und 4 des Einkommensteuergesetzes 1990/1997 (EStG 1990/1997)
bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses gemäß
§ 4 Abs. 4 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 (UmwStG 1995) im
Rahmen einer im Jahre 1995 vollzogenen Verschmelzung. Streitjahre
sind die Jahre 1995 bis 1997.
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) wurde am 20.11.1995 als
Offene Handelsgesellschaft unter der Firma „XY-Ltd. &
Co.“ mit Sitz im Inland errichtet. Mit Kauf- und
Abtretungsvertrag vom 19.12.1995 erwarb sie von einer
niederländischen Kapitalgesellschaft, der X-B.V. (Amsterdam),
alle Geschäftsanteile an einer inländischen GmbH, der
ehemaligen YZ-GmbH („Tochtergesellschaft“). Die
Tochtergesellschaft war zu diesem Zeitpunkt alleinige
Gesellschafterin einer weiteren inländischen GmbH, der
ehemaligen X-Bank GmbH („Enkelgesellschaft“). Diese
Anteile hatte die Tochtergesellschaft von einer nach damaliger
Rechtslage nicht zur Anrechnung von Körperschaftsteuer
berechtigten schweizerischen Kapitalgesellschaft, der Y-AG
(Zürich), am 31.12.1993 erworben. Dieser Erwerb führte
bei den Anteilen an der Enkelgesellschaft zu einem Sperrbetrag i.S.
des § 50c Abs. 1 und 4 EStG 1990/1997 in Höhe von
44.126.427 DM.
Mit Verschmelzungsverträgen vom
29.8.1996 wurden zunächst die Enkelgesellschaft auf die
Tochtergesellschaft und anschließend die Tochtergesellschaft
auf die Klägerin verschmolzen (Gesamtrechtsnachfolge im Wege
der Verschmelzung durch Aufnahme). Steuerrechtlicher
Umwandlungsstichtag war in beiden Fällen der 31.12.1995. Die
Eintragung der Verschmelzungen im Handelsregister erfolgte in
1997.
Vor dem Abschluss der
Verschmelzungsverträge hatte die Tochtergesellschaft mit
Antrag vom 24.1.1995 bei dem für sie zuständigen FA F die
Erteilung einer verbindlichen Auskunft hinsichtlich der
steuerlichen Auswirkungen der geplanten gesellschaftlichen
Reorganisationsmaßnahmen, insbesondere der Auswirkungen der
Verschmelzung auf den Sperrbetrag, beantragt. Nach weiteren
Sachverhaltsermittlungen teilte das FA F mit Schreiben vom
21.8.1996 mit, dass die formellen Voraussetzungen für die
Erteilung einer verbindlichen Auskunft (Schreiben des
Bundesministers der Finanzen vom 24.6.1987, BStBl I 1987, 474 = SIS 87 14 46) nicht erfüllt seien; die künftige steuerliche
Behandlung des Sachverhalts sei rechtlich nicht zweifelhaft, da die
im Antrag aufgeworfenen Rechtsfragen durch den Gesetzeswortlaut
eindeutig im Sinne der von der Tochtergesellschaft vertretenen
Rechtsauffassung beantwortet würden.
Im Rahmen der die Klägerin
betreffenden gesonderten und einheitlichen Feststellung der
Einkünfte wurde das Übernahmeergebnis aus der
Verschmelzung (§ 4 Abs. 4 UmwStG 1995, für die
Gewerbesteuer i.V.m. § 7 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -
) im ersten der drei Streitjahre (in 1995) erfasst. Abweichend von
der Feststellungserklärung (Verlust in Höhe von 206.312
DM) ermittelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -
FA - ) unter Ansatz eines Sperrbetrages gemäß § 50c
Abs. 1 und 4 EStG 1990/1997 von 44.126.427 DM Einkünfte aus
Gewerbebetrieb in Höhe von 15.870.545 DM. In der Folge
(Korrektur der Aufstockung der Buchwerte in Höhe von
28.049.570 DM) entfiel die Absetzung für Abnutzung aus den
Ergänzungsbilanzen für 1996 (1.858.792 DM) und 1997
(1.811.449 DM). Später kam es zu einer Änderung der
Feststellung, die zu Einkünften aus Gewerbebetrieb für
1995 in Höhe von 16.806.024 DM (und einer Korrektur der
Aufstockung der Buchwerte um 27.114.091 DM mit Folgewirkungen auf
1996 und 1997) führte.
Die Klage wurde vom Hessischen
Finanzgericht (FG) durch Urteil vom 2.3.2005 4 K 3876/01 (vgl. SIS 07 02 10) abgewiesen (abgedruckt in EFG 2006, 1206).
Mit der Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt sinngemäß, das
FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Bescheide in der Weise
abzuändern, dass in 1995 eine Hinzurechnung eines
Sperrbetrages i.S. des § 50c EStG 1990/1997 in Höhe von
44.126.427 DM unterbleibt und ergänzungsbilanzielle Verluste
aus der Auflösung des zum 31.12.1995 ohne
Sperrbetragshinzurechnung bestehenden Mehrvermögens von
27.114.091 DM für 1996 in Höhe von 1.858.752 DM und
für 1997 in Höhe von 1.811.449 DM abgezogen werden,
hilfsweise, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften
(EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob die
Kapitalverkehrsfreiheit dahingehend auszulegen ist, dass die
Erhöhung eines Übernahmegewinns europarechtswidrig ist,
die als Folge des Ansatzes eines Sperrbetrages entsteht.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Das dem Verfahren beigetretene
Bundesministerium der Finanzen - BMF - hat keinen Antrag
gestellt.
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Bei der Berechnung des
Übernahmeergebnisses der Klägerin war ein Sperrbetrag
(§ 50c Abs. 1 und 4 EStG 1990/1997) zu
berücksichtigen.
1. Nach § 50c Abs. 1 Satz 1 EStG
1990/1997 kann ein zur Anrechnung von Körperschaftsteuer
berechtigter Steuerpflichtiger, der einen Anteil an einer in dem
Zeitpunkt des Erwerbs oder in dem Zeitpunkt der Gewinnminderung
unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft von einem
nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner (u.a.) erwirbt,
Gewinnminderungen, die (u.a.) durch den Ansatz des niedrigeren
Teilwerts im Jahr des Erwerbs oder in einem der folgenden neun
Jahre entstehen, bei der Gewinnermittlung nicht
berücksichtigen, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts
nur auf Gewinnausschüttungen (u.a.) zurückgeführt
werden kann und die Gewinnminderungen insgesamt den
Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten und dem
Nennbetrag des Anteils (sogenannter Sperrbetrag, vgl. § 50c
Abs. 4 EStG 1990/1997) nicht übersteigen. Dieser (begrenzten)
Nichtberücksichtigung einer Gewinnminderung liegt in erster
Linie die Zielsetzung zugrunde, in Fällen der
Veräußerung einer Beteiligung durch einen
nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner (vgl. § 51 des
Körperschaftsteuergesetzes 1991 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nrn. 1
bis 3, § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1990/1997) die
„Abgeltung“ des Körperschaftsteuerguthabens
über den Kaufpreis zu sanktionieren und dadurch aus Sicht des
Anrechnungsverfahrens missbräuchlichen Gestaltungen
entgegenzuwirken (vgl. BTDrucks 8/3648, S. 22 ff.; BTDrucks 8/4157,
S. 5 f.). Da der Veräußerungsgewinn der
inländischen Besteuerung regelmäßig entzogen ist,
wird, um dieses Regelungsziel durchzusetzen, in gewisser Weise
systemwidrig verfahren und nicht an die Besteuerung des
nichtanrechnungsberechtigten Anteilsveräußerers, sondern
an die Gewinnermittlung des anrechnungsberechtigten
Steuerpflichtigen angeknüpft, indem der ausschüttungs-
oder abführungsbedingte Ansatz des niedrigeren Teilwerts bei
diesem unberücksichtigt bleibt. Die Belastung der Erträge
mit Körperschaftsteuer während der Besitzzeit des
Nichtanrechnungsberechtigten wird dadurch bei dem
(anrechnungsberechtigten) Anteilserwerber definitiv; die
Einmalbesteuerung im Inland wird sichergestellt (Senatsurteile vom
17.5.2000 I R 19/98, BFHE 192, 282, BStBl II 2000, 619 = SIS 00 10 84; vom 22.2.2006 I R 120/04, BFHE 213, 25, BStBl II 2007, 321 =
SIS 06 27 09). Um die Rechtsfolge der Nichtabziehbarkeit einer
gewinnausschüttungsbedingten Gewinnminderung sicherzustellen,
wird der Sperrbetrag bei der Veranlagung des Steuerpflichtigen (des
Erwerbers) formlos berechnet, den erworbenen Anteilen zugeordnet
und für die Dauer der Sperrzeit fortgeschrieben.
2. Die Voraussetzungen für die Bildung
eines Sperrbetrages waren im Streitfall im Augenblick des Erwerbs
der Anteile der Enkelgesellschaft durch die Tochtergesellschaft von
der nicht anrechnungsberechtigten schweizerischen Gesellschaft
erfüllt. Darüber besteht unter den Beteiligten kein
Streit. Der Sperrbetrag, der den Anteilen der Enkelgesellschaft
anhaftete, ist bei der ohne Ausgabe neuer Anteile vollzogenen
Verschmelzung der Enkelgesellschaft auf die Tochtergesellschaft
nicht gemäß § 13 Abs. 4 UmwStG 1995 (i.d.F. vor dem
Inkrafttreten des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 -
StEntlG 1999/2000/2002 - vom 24.3.1999, BGBl I 1999, 402, BStBl I
1999, 304 - UmwStG 1995 a.F. - ) auf die Anteile der
Tochtergesellschaft „verlagert“ worden.
a) Im Dritten Teil des
Umwandlungssteuergesetzes 1995 zur Verschmelzung oder
Vermögensübertragung (Vollübertragung) auf eine
andere Körperschaft bestimmt § 13 Abs. 4 UmwStG 1995 a.F.
zur Besteuerung der Gesellschafter der übertragenden
Körperschaft, dass in den Fällen der Abs. 1 und 3
(Buchwertverknüpfung bei zu einem Betriebsvermögen
gehörenden Anteilen bzw. bei sogenannten einbringungsgeborenen
Anteilen) die Rechtsfolge des § 50c EStG 1990/1997
„auch auf die Anteile anzuwenden (ist), die an die Stelle
der Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft
treten“. Der Gesetzgeber geht dabei, wie der Wortlaut des
§ 13 Abs. 1, 3 UmwStG 1995 a.F. zeigt, davon aus, dass die
Gesellschafter der übertragenden Körperschaft für
ihre Anteile an der übertragenden Körperschaft Anteile an
der übernehmenden Körperschaft erhalten. So spricht Abs.
1 Satz 1 von der Veräußerung der Anteile an der
übertragenden Kapitalgesellschaft und der Anschaffung der
„an ihre Stelle tretenden Anteile“; Abs. 3 Satz
2 bezieht sich auf „die erworbenen Anteile“, die
„an die Stelle der hingegebenen Anteile“ treten.
Indem Abs. 4 auf Abs. 1, 3 verweist, wird diese
gegenständliche Betrachtung auch für Abs. 4
nachvollzogen. § 13 Abs. 4 UmwStG 1995 a.F. hat damit nach
seinem Wortlaut zum Gegenstand, dass für die Besteuerung der
Gesellschafter der übertragenden Körperschaft in dem
Fall, dass an die Stelle der (alten) Anteile der übertragenden
Kapitalgesellschaft (neue) Anteile der übernehmenden
Kapitalgesellschaft treten, der bestehende Sperrbetrag auf die
neuen Anteile übergeht. Der Wortlaut ist insoweit eindeutig;
er lässt das vom FA vorgeschlagene „inhaltliche
Verständnis des Anteilsbegriffs“ nicht zu.
Auf dieser Grundlage ist § 13 Abs. 4
UmwStG 1995 a.F. nicht anwendbar, wenn bei einer Verschmelzung -
wie hier bei einer Aufwärtsverschmelzung auf eine
Muttergesellschaft - keine neuen Anteile ausgegeben werden; ein
§ 50c EStG-Sperrbetrag würde dann entfallen. Dieses
Regelungsverständnis wird vom FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom
19.1.2005 1 K 2976/01, EFG 2005, 1707 = SIS 05 33 65) sowie von der
weit überwiegenden Auffassung im Schrifttum geteilt (vgl. z.B.
Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 4 UmwStG Rz 352
ff., § 13 UmwStG Rz 190, 197; ders. in Crezelius u.a. [Hrsg.],
Freundesgabe für F.J. Haas, 1996, S. 421, 435 f.; van Lishaut
in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, UmwStG, 2007, § 4 Rz
101; Klingberg in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 13 UmwStG
Rz 26; Schmitt in Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4.
Aufl., § 13 UmwStG Rz 53; Bärwaldt in Haritz/Benkert,
UmwStG, 2. Aufl., § 13 Rz 39, 42; Sagasser in
Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, 3. Aufl., Kap. L Rz 48;
Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 13 UmwStG Rz 2a;
Jakobs in Lademann, EStG, § 13 UmwStG Rz 34; Engl in
Hommelhoff u.a. [Hrsg.], Festschrift für W. Müller, 2001,
S. 279, 289 f.; Schiessl/Hübner, BB 2006, 1533; Rödder,
DStR 1998, 1205; ders., FR 1999, 1, 13 f.; Weber, GmbHR 1996, 334,
339; Zimmermann/Rech, GmbHR 1997, 721, 724; Herzig/Förster, DB
1998, 438, 446; Schulz, DStR 1998, Beilage zu Heft 17, 15; Prinz,
FR 1998, 1105, 1118 f.; Hörger/Mentel/Schulz, DStR 1999, 565;
a.A. - neben der Verwaltungspraxis, vgl. BMF-Schreiben vom
25.3.1998, BStBl I 1998, 268 = SIS 98 09 38, Tz. 04.25 -
Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die
Körperschaftsteuer, § 13 UmwStG nF Rz 31 f. und §
50c EStG Rz 120a; ders., DB 1998, 1029, 1033; s.a. Wochinger, FR
1999, 1, 14).
b) Die Vorinstanz hat allerdings eine
rechtsanaloge Anwendung des § 13 Abs. 4 UmwStG 1995 a.F. in
Betracht gezogen und sich damit gegen die auch insoweit einhellige
Auffassung im Schrifttum gestellt (z.B. Widmann in Widmann/Mayer,
a.a.O., § 13 UmwStG Rz 200; Klingberg in Blümich, a.a.O.,
§ 13 UmwStG Rz 26; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz,
a.a.O., § 13 UmwStG Rz 47, 53; Bärwaldt in
Haritz/Benkert, a.a.O., § 13 Rz 42; Patt in
Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 13 UmwStG Rz R 2;
Sagasser in Sagasser/Bula/Brünger, a.a.O., Kap. L Rz 48; Engl
in Hommelhoff, a.a.O., S. 289 f.; Hörger/Mentel/Schulz, DStR
1999, 565, 569 und 571; Schiessl/Hübner, BB 2006, 1533, 1535
f.; s. auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil in EFG 2005, 1707 = SIS 05 33 65; IdW-Steuerfachausschuss, Die Wirtschaftsprüfung 1999,
26, 34; Oberfinanzdirektion - OFD - Frankfurt, Verfügung vom
5.4.2004, Steuererlasse in Karteiform - StEK -,
Umwandlungssteuergesetz 1995 § 14 Nr. 2 = SIS 04 27 56). Im
Streitfall muss darüber nicht entschieden werden.
3. Denn eine Berücksichtigung des
Sperrbetrages bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses der
Klägerin (§ 4 Abs. 5 UmwStG 1995 a.F.) folgt jedenfalls
aus § 50c Abs. 7 EStG 1990/1997.
a) § 50c Abs. 7 EStG 1990 (i.d.F. des
Standortsicherungsgesetzes - StandOG - vom 13.9.1993, BGBl I 1993,
1569, BStBl I 1993, 774)/1997 unterwirft ausschüttungsbedingte
Gewinnminderungen aus Anteilen an einer Tochtergesellschaft, die
ihrerseits Erwerberin i.S. des § 50c EStG 1990/1997 ist, den
Rechtsfolgen dieser Vorschrift. Damit sollte insbesondere eine
Fallgestaltung getroffen werden, bei der zwischen dem
nichtanrechnungsberechtigten Anteilsveräußerer und dem
anrechnungsberechtigten Erwerber eine anrechnungsberechtigte Person
zwischengeschaltet wurde, die - vom Erwerber durch Einlagen
ausgestattet - die Beteiligung erwarb und dann die von ihr im
Erwerbspreis der Anteile mitbezahlten Dividenden an den Erwerber
weiter ausschüttete (BTDrucks 12/5016, S. 89 f.). Neben den
Gewinnminderungen durch den (ausschüttungsbedingten) Ansatz
des niedrigeren Teilwerts hinaus ist vom sachlichen
Anwendungsbereich der Vorschrift eine Gewinnminderung bei der
Muttergesellschaft erfasst, die bei Auflösung oder
Herabsetzung des Nennkapitals der Tochtergesellschaft entsteht,
soweit sie darauf zurückzuführen ist, dass
„Gewinnausschüttungen im Sinne des Absatzes 1
weitergeleitet worden sind“.
b) Zu dieser zuletzt angeführten Variante
der Regelung wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass die
Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft
der Auflösung der Tochtergesellschaft gleichgestellt werden
könne (s. van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut,
a.a.O., § 4 Rz 101; ders., Umwandlungssteuerrecht, 2. Aufl.,
S. 44; wohl auch Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O.,
§ 50c EStG Rz 120a; Weber, GmbHR 1996, 334, 339; OFD Frankfurt
in StEK Umwandlungssteuergesetz 1995 § 14 Nr. 2). Dieser
Ansicht wird entgegengehalten, dass die dem Grundtatbestand des
§ 50c EStG 1990/1997 zugrunde liegende Anknüpfung an eine
Ausschüttung (s. § 50c Abs. 1 Satz 1 EStG 1990/1997) -
die auch aus dem Wortlaut des § 50c Abs. 7 Satz 1 EStG 1990
i.d.F. des StandOG/1997 durch die Bezugnahme auf eine Weiterleitung
einer Ausschüttung abzuleiten ist - im Falle der Verschmelzung
fehle (Widmann in Freundesgabe F.J. Haas, a.a.O., S. 421, 432 ff.,
insbes. 435; Zimmermann/Rech, GmbHR 1997, 721, 724; Bärwaldt
in Haritz/Benkert, a.a.O., § 13 UmwStG Rz 40; Prinz, FR 1998,
1105, 1119; Rödder, DStR 1998, 1205, 1208;
Herzig/Förster, DB 1998, 438, 446 f.;
Hörger/Mentel/Schulz, DStR 1999, 565, 569).
c) Der Senat folgt der erstgenannten
Auffassung. Mit dem Wortsinn der Regelung als Auslegungsgrenze
lässt es sich noch vereinbaren, die Weiterleitung der
Eigenkapitalteile im Zuge der Verschmelzung als
„Weiterleitung von Gewinnausschüttungen“ zu
erfassen. Denn die Gewinnausschüttungen sind Bestandteil des
auf die Muttergesellschaft übertragenen Vermögens. Mit
diesem wirtschaftlichen Verständnis einer
„Weiterausschüttung“ wird dem Zweck des
§ 50c EStG 1990/1997 Rechnung getragen, die Einmalbesteuerung
der Dividende zu sichern, was wiederum auch aus § 4 Abs. 5
UmwStG 1995 abzuleiten ist (s. insbes. van Lishaut in
Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, a.a.O., § 4 Rz 101; s.
insoweit auch Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 4 UmwStG Rz
260 ff.).
4. Die Höhe des Sperrbetrags bei der
Tochtergesellschaft gemäß § 50c Abs. 1 und 4 EStG
1990/1997 ist unter den Beteiligten nicht streitig. Die Vorinstanz
hat dazu entschieden, dass jedenfalls der vom FA
berücksichtigte Betrag bei der Ermittlung des
Übernahmeergebnisses der Klägerin anzusetzen ist. Wenn es
nun - davon abweichend - um einen bei der Klägerin
originär entstandenen Sperrbetrag i.S. des § 50c Abs. 7
EStG 1990 i.d.F. des StandOG/1997 geht, der gemäß §
4 Abs. 5 UmwStG 1995 zu berücksichtigen ist, beeinflusst dies
die Höhe der Hinzurechnung jedoch nicht. Denn für die
Höhe des Sperrbetrags ist auf die Wertverhältnisse bei
der Enkelgesellschaft abzustellen. Dies ergibt sich aus dem Zweck
der Regelung, die zur Umgehung des § 50c Abs. 1 EStG 1990/1997
entwickelten Gestaltungen zu behindern (Widmann, DStZ 1998, 368,
370; a.A. Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., §
50c EStG Rz 133).
5. Das Rechtsinstitut von „Treu und
Glauben“ steht dem Ansatz des Sperrbetrags nicht
entgegen. Das FG hat ohne Rechtsfehler entschieden, dass das FA
durch die Auskunft des FA F nicht nach Maßgabe des Schreibens
des Bundesministers der Finanzen in BStBl I 1987, 474 = SIS 87 14 46 gebunden war. Denn das FA F hatte ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass eine verbindliche Auskunft nicht erteilt werden
sollte. Auch wenn die Weigerung, eine verbindliche Auskunft zu
erteilen, rechtsfehlerhaft gewesen sein sollte, hätte der
Adressat die rechtlichen Möglichkeiten ergreifen müssen,
eine verbindliche Auskunft zu erhalten. Die eigene
Überzeugung, einen Anspruch auf Erteilung einer verbindlichen
Auskunft mit einem bestimmten Inhalt zu haben, reicht als Grundlage
für einen Vertrauensschutz nicht aus.
6. Der Ansatz des Sperrbetrages begegnet
keinen gemeinschafts- oder abkommensrechtlichen Bedenken.
a) Allerdings gewährleistet Art. 73b des
Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft -
EGV - (jetzt Art. 56 nach der Zählung des Vertrages von
Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die
Europäische Union, der Verträge zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaften - EG -, sowie einiger damit
zusammenhängender Rechtsakte, Amstblatt der Europäischen
Gemeinschaften - ABlEG - 1997 Nr. C-340, 1) die Freiheit des
Kapitalverkehrs auch im Verhältnis zu Drittstaaten
außerhalb der Europäischen Union (wie im Streitfall der
Schweiz als dem Sitzstaat der anteilsveräußernden,
nichtanrechnungsberechtigten Kapitalgesellschaft). Auch ist nicht
auszuschließen, dass die Versagung der Teilwertabschreibung
einen mittelbaren Eingriff in den Schutzbereich dieser Vorschrift
darstellt (vgl. Senatsurteil in BFHE 213, 25, BStBl II 2007, 321 =
SIS 06 27 09; Krebs/ Bödefeld, BB 2004, 407; Cordewener in von
Groll, Verluste im Steuerrecht, Veröffentlichungen der
Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft, Band 28 [2005], S. 254,
315; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 26. Aufl, § 50c Rz 2).
Denn der Steuerpflichtige wird dem Regelungswortlaut nach
steuerlich unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob er Anteile an
einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft von
einem anrechnungsberechtigten oder von einem
nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner erwirbt. Gleichwohl ist
der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit nicht eröffnet,
weil die Klägerin aufgrund der Beteiligungsverhältnisse
sowohl unmittelbar gegenüber der Tochtergesellschaft als auch
mittelbar gegenüber der Enkelgesellschaft einen beherrschenden
Einfluss ausgeübt hat.
Nationale Vorschriften über den Besitz
von Beteiligungen, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss
auf die Entscheidungen der Beteiligungsgesellschaft auszuüben
und deren Tätigkeiten zu bestimmen, fallen nach der
zwischenzeitlich gefestigten Rechtsprechung des EuGH vorwiegend in
den sachlichen Geltungsbereich der Vertragsbestimmungen über
die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 52 EGV (jetzt Art.
43 EG). Das Ziel dieser Bestimmungen besteht darin, die
Niederlassungsfreiheit zugunsten der Angehörigen der
Mitgliedstaaten zu gewährleisten, nicht aber der
Angehörigen aus Drittstaaten. Sollte der Sperrbetrag zugleich
zu Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs führen,
wären derartige Auswirkungen die unvermeidliche Folge der
Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und rechtfertigten
keine Prüfung im Hinblick auf Art. 73b EGV (vgl. in diesem
Sinne EuGH-Beschluss vom 10.5.2007 Rs. C-492/04
„Lasertec“, IStR 2007, 439 = SIS 07 19 38 Tz. 18
ff.; vom 24.5.2007 Rs. C-157/05 „Holböck“,
IStR 2007, 441 = SIS 07 23 26 Tz. 22, dort jeweils m.w.N. zur
Rechtsprechung). Der hier in Rede stehende § 50c Abs. 7 EStG
1990 i.d.F. des StandOG/1997 gilt seinen Regelungsvoraussetzungen
und -wirkungen nach zwar prinzipiell unabhängig von der
Beteiligungshöhe und somit nicht nur für
Direktinvestitionen, sondern auch für Streubesitzanteile an
einer Kapitalgesellschaft. Das betrifft jedoch nicht die hier
konkret zu beurteilende Konstellation der sog.
Aufwärtsverschmelzung, in welcher § 50c Abs. 7 EStG 1990
i.d.F. des StandOG/1997 erst in Zusammenhang mit § 4 Abs. 5
UmwStG 1995 zur Anwendung gelangt. Das dadurch beabsichtigte
Gestaltungsziel setzt letztlich eine Beherrschungslage voraus.
Darin unterscheidet sich der Sachverhalt beispielsweise von jenem,
über den der Senat in seinem Urteil vom 9.8.2006 I R 95/05
(BFHE 214, 504, BStBl II 2007, 279 = SIS 06 44 43) zu befinden
hatte und bei dem deswegen die in Drittstaaten ausstrahlende
Kapitalverkehrsfreiheit nicht von der Niederlassungsfreiheit
verdrängt wurde (entgegen BMF-Schreiben vom 21.3.2007, BStBl I
2007, 302 = SIS 07 10 79).
Der erneuten Anrufung des EuGH bedarf es nicht
(vgl. EuGH-Urteil vom 6.10.1982 Rs. 283/81
„C.I.L.F.I.T.“, EuGHE 1982, 3415). Die
aufgezeigte Gemeinschaftsrechtslage ist jedenfalls für den
hier zu beurteilenden Sachverhalt zwischenzeitlich eindeutig. Sie
entspricht den Aussagen des Urteils des EuGH in IStR 2007, 439 =
SIS 07 19 38 und war damit bereits Gegenstand einer Auslegung durch
diesen.
b) Dem Ansatz des Sperrbetrages bei der
Besteuerung der Klägerin steht das abkommensrechtliche Verbot
einer Diskriminierung nach Maßgabe des Art. 25 des Abkommens
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen
Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem
Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom
11.8.1971 - DBA-Schweiz - (BGBl II 1972, 1021, BStBl I 1972, 519)
nicht entgegen. Danach dürfen Unternehmen eines
Vertragsstaats, deren Kapital ganz oder teilweise unmittelbar oder
mittelbar einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person
oder mehreren solchen Personen gehört oder ihrer Kontrolle
unterliegt, keiner Besteuerung oder damit zusammenhängenden
Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender ist
als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden
Verpflichtungen, denen andere ähnliche Unternehmen jenes
Vertragsstaats unterworfen sind oder unterworfen werden
können. Eine diskriminierende Unterscheidung ist also nur
insoweit verboten, als sie darauf beruht, dass im anderen
Vertragsstaat ansässige Personen an dem Unternehmen beteiligt
sind oder es kontrollieren. Eine derartige Situation ist unter den
Gegebenheiten des § 50c Abs. 1 Satz 1 EStG 1990/1997 indes
nicht zu beurteilen. Die Klägerin wird infolge dieser Regelung
keiner höheren Steuerbelastung unterworfen, weil die auf sie
verschmolzene Tochtergesellschaft Anteile an einer
inländischen Kapitalgesellschaft von einer schweizerischen
Gesellschaft erworben hat, sondern weil diese Kapitalanteile von
einem nicht i.S. von § 51 KStG 1991 i.V.m. § 36 Abs. 2
Nr. 3 EStG 1990/1997 anrechnungsberechtigten Anteilseigner erworben
hat (s. insoweit auch Senatsurteil in BFHE 213, 25, BStBl II 2007,
321 = SIS 06 27 09).