Ausschüttungsbedingte Wertminderungen, ESt-Regelung bei GewSt zu berücksichtigen, kein Verstoß gegen DBA-USA oder EU-Recht: 1. § 50 c Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gemäß § 7 GewStG 1991 zu berücksichtigen. - 2. § 50 c Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 verstößt weder gegenüber Drittstaaten gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 73 b EGV (= Art. 56 EG) noch gegenüber den USA gegen Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989. - Urt.; BFH 22.2.2006, I R 120/04; SIS 06 27 09
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), im Streitjahr 1995 eine AG
mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr zum 30. Juni, war
zunächst mit 0,02 v.H. an der K-GmbH beteiligt. Mit Vertrag
vom 16.3.1995 und mit Wirkung zum 1.3.1995 erwarb sie die
restlichen 99,98 v.H. der Anteile im Rahmen einer
Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage von ihrer in den USA
ansässigen Gesellschafterin, der K-Inc. Als Gegenleistung
erhielt die K-Inc. 375.000 Stück neu geschaffene Inhaberaktien
an der Klägerin zum Ausgabekurs von 155 DM je Aktie
(Gesamtwert 58,125 Mio. DM). Am 14.6.1995 beschloss die K-GmbH die
Ausschüttung einer Vorabdividende für das Wirtschaftsjahr
1994/95 in Höhe von 4,2 Mio. DM. Der Betrag wurde am 16.6.1995
ausbezahlt und ist im Betriebsergebnis 1994/1995 der Klägerin
mit dem um die anrechenbare Körperschaftsteuer von 1,8 Mio. DM
erhöhten Bruttobetrag von 6 Mio. DM enthalten. In diesem
Jahresabschluss nahm die Klägerin eine
ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung auf die Beteiligung
an der K-GmbH in Höhe von 6 Mio. DM vor.
Abweichend von ihrer
Körperschaftsteuererklärung 1995 rechnete die
Klägerin bei der Ermittlung ihres Gewerbeertrages nach §
7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1991) die Teilwertabschreibung
dem Gewinn nicht gemäß § 50c Abs. 1 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG 1990) i.V.m. § 8 Abs. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1991) hinzu.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) folgte dem nicht und stellte den
vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.1995 entsprechend
niedriger fest.
Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne
Erfolg.
Die Klägerin stützt ihre Revision
auf Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt sinngemäß, das
Urteil des Finanzgerichts (FG) Nürnberg vom 5.10.2004 I
365/2001 = SIS 05 33 40 aufzuheben und den festgestellten
vortragsfähigen Gewerbeverlust um 6 Mio. DM zu
erhöhen.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Nach § 50c Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 (im
Streitfall i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1991) kann ein zur
Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigter
Steuerpflichtiger, der einen Anteil an einer in dem Zeitpunkt des
Erwerbs oder in dem Zeitpunkt der Gewinnminderung unbeschränkt
steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft von einem
nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner erwirbt, (u.a.)
Gewinnminderungen, die durch den Ansatz des niedrigeren Teilwerts
im Jahr des Erwerbs oder in einem der folgenden neun Jahre
entstehen, bei der Gewinnermittlung nicht berücksichtigen,
soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts nur auf
Gewinnausschüttungen zurückgeführt werden kann und
die Gewinnminderungen insgesamt den Unterschiedsbetrag zwischen den
Anschaffungskosten und dem Nennbetrag des Anteils (sog.
Sperrbetrag, vgl. § 50c Abs. 4 EStG 1990) nicht
übersteigen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im
Streitfall erfüllt. Darüber besteht unter den Beteiligten
kein Streit. Die Klägerin hat die Teilwertabschreibung, die
sie aufgrund der Vorabausschüttung auf ihre Beteiligung an der
K-GmbH vorgenommen hat (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1990),
folglich bei ihrer Gewinnermittlung für das Streitjahr nicht
berücksichtigt.
2. Entgegen der Auffassung der Klägerin
ist für die Ermittlung des Gewerbeertrages gleichermaßen
zu verfahren. Nach § 7 GewStG 1991 ist Gewerbeertrag der nach
den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des
Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem
Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die in den §§
8 und 9 GewStG 1991 bezeichneten Beträge. Da § 50c Abs. 1
Satz 1 EStG 1990 die Gewinnermittlung der Klägerin
beeinflusst, wirkt sich dies demnach auf die Gewerbesteuer aus.
Zwar ist der Klägerin einzuräumen,
dass der (begrenzten) Nichtberücksichtigung der
Teilwertabschreibung in erster Linie die Zielsetzung zugrunde
liegt, die „Abgeltung“ des
Körperschaftsteuerguthabens bezogen auf einen
nichtanrechnungsberechtigten Anteilsveräußerer über
den Kaufpreis zu neutralisieren und dadurch aus Sicht des
Anrechnungsverfahrens missbräuchlichen Gestaltungen
entgegenzuwirken (vgl. BTDrucks 8/3648, S. 2; BTDrucks 8/4157). Da
der Veräußerungsgewinn der inländischen Besteuerung
regelmäßig entzogen ist, wird, um dieses Regelungsziel
durchzusetzen, in gewisser Weise systemwidrig verfahren (vgl.
Lambrecht in Kirchhof, EStG, 5. Aufl., § 50c Rn. 7, m.w.N.)
und nicht an die Besteuerung des nichtanrechnungsberechtigten
Anteilsveräußerers, sondern an die Gewinnermittlung des
anrechnungsberechtigten Steuerpflichtigen angeknüpft, indem
der ausschüttungs- oder abführungsbedingte Ansatz des
niedrigeren Teilwerts bei diesem unberücksichtigt bleibt. Die
Belastung der Erträge mit Körperschaftsteuer während
der Besitzzeit des Nichtanrechnungsberechtigten wird dadurch bei
dem (anrechnungsberechtigten) Anteilserwerber definitiv; die
Einmalbesteuerung im Inland wird sichergestellt. Gewerbesteuerliche
Folgewirkungen und Belastungserhöhungen standen hierbei nicht
im Vordergrund und waren wohl auch nicht beabsichtigt. Es mag auch
darüber gestritten werden, ob die Ausstrahlung der
Rechtswirkungen des § 50c EStG 1990 auf die Gewerbesteuer in
Anbetracht des gewerbesteuerlichen Objektsteuercharakters sachlich
zwingend geboten war.
Beiden Aspekten ist angesichts der eindeutigen
gesetzgeberischen Entscheidung jedoch keine Bedeutung beizumessen.
Entgegen der Revision erzwingen sie jedenfalls kein dem Wortlaut
und der Gesetzessystematik entgegenstehendes verfassungskonformes
Regelungsverständnis. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, die
Gewinnkorrektur auf die Ermittlung des Gewerbeertrages
durchschlagen zu lassen. Es ist auch unbeachtlich, ob die
betreffenden Beträge dadurch doppelt mit Gewerbesteuer
belastet werden, falls - wie im Streitfall - infolge des erst im
Laufe des Streitjahres durchgeführten Anteilserwerbs die
Voraussetzungen der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2a
GewStG 1991 nicht erfüllt sind. Weder das Vorliegen einer
solchen Doppelbesteuerung noch deren Fehlen sind zwingende
Anwendungsvoraussetzungen der Kürzungsvorschrift (vgl. z.B.
Senatsurteil vom 15.9.2004 I R 16/04, BFHE 208, 277, BStBl II 2005,
297 = SIS 05 11 93, m.w.N.).
3. Gemeinschafts- oder abkommensrechtliche
Bedenken stehen der Anwendung des § 50c Abs. 1 Satz 1 EStG
1990 nicht entgegen.
a) Allerdings gewährleistet Art. 73b des
Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft -
EGV - (jetzt Art. 56 nach der Zählung des Vertrages von
Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die
Europäische Union, der Verträge zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaften - EG -, sowie einiger damit
zusammenhängender Rechtsakte, Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften - ABlEG - 1997 Nr. C-340/1) die Freiheit des
Kapitalverkehrs auch im Verhältnis zu Drittstaaten (wie im
Streitfall den Vereinigten Staaten). Auch ist nicht
auszuschließen, dass die Versagung der Teilwertabschreibung
einen mittelbaren Eingriff in den Schutzbereich dieser Vorschrift
darstellt (vgl. z.B. Krebs/ Bödefeld, BB 2004, 407; Cordewener
in von Groll, Verluste im Steuerrecht, Veröffentlichungen der
Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft, Band 28 [2005], S. 254,
315; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 24. Aufl., § 50c Rz. 2).
Denn der Steuerpflichtige wird dem Regelungswortlaut nach
steuerlich unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob er Anteile an
einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft von
einem anrechnungsberechtigten oder aber einem
nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner erwirbt. Nach der sog.
Stand-still-Klausel des Art. 57 Abs. 1 EG berührt Art. 56 EG
jedoch nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen des
Kapitalverkehrs mit dritten Ländern, die am 31.12.1993
aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher
Rechtsvorschriften für den Kapitalverkehr mit dritten
Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen
einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung,
der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von
Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestehen.
Bei § 50c EStG 1990 handelt es sich um
eine Vorschrift, welche am 31.12.1993 im Kernbereich der auch im
Streitfall maßgeblichen Fassung bereits bestand. Sie wurde in
das Einkommensteuergesetz ursprünglich durch das Gesetz zur
Änderung des Einkommensteuergesetzes, des
Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 20.8.1980
eingefügt (BGBl I 1980, 1545). Ihre nach dem 31.12.1993
erfolgte und erstmals für den Veranlagungszeitraum 1994
anzuwendende Änderung durch das Gesetz zur Verbesserung der
steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts
Deutschland im Europäischen Binnenmarkt (StandOG) vom
13.9.1993 (BGBl I 1993, 1569, BStBl I 1993, 774) präzisierte
zwar den Zeitpunkt der unbeschränkten Steuerpflicht der
betreffenden Kapitalgesellschaft, deren Anteile erworben werden,
und schaffte überdies einen weiteren - im Streitfall nicht
einschlägigen - Besteuerungstatbestand, änderte die
tatbestandlichen Regelungsvoraussetzungen und –folgen jedoch
nicht. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen blieben vielmehr
unverändert. Das vom FG Baden-Württemberg in seinem
Vorabentscheidungsersuchen vom 14.10.2004 3 K 62/99 (EFG 2005, 309
= SIS 05 10 17, Az. des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften - EuGH - Rs. C-492/04 „Lasertec“)
an den EuGH herangetragene Problem der Reichweite der
Stillstandsklausel des Art. 73c Abs. 1 EGV (Art. 57 Abs. 1 EG) -
dort bezogen auf § 8a KStG 1991 - stellt sich im Streitfall
deswegen nicht.
Im Übrigen ist die vorliegend in Rede
stehende Alleinbeteiligung der Klägerin an der K-GmbH als
Direktinvestition i.S. von Art. 57 Abs. 1 EG anzusehen. Die
Freiheit des Kapitalverkehrs wird sonach in Einklang hiermit durch
§ 50c Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 eingeschränkt; der
prinzipielle Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts tritt
zurück.
b) Gleichermaßen scheidet eine
abkommensrechtliche Diskriminierung der Klägerin als
Tochtergesellschaft einer US-amerikanischen Muttergesellschaft nach
Maßgabe des Art. 24 Abs. 4 des Abkommens zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika
zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der
Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und
vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29.8.1989 -
DBA-USA 1989 - (BGBl II 1991, 355) aus (vgl. dazu im Hinblick auf
die Fernwirkung eines Gemeinschaftsrechtsverstoßes
Senatsurteil vom 29.1.2003 I R 6/99, BFHE 201, 463, BStBl II 2004,
1043 = SIS 03 25 03). Danach dürfen Unternehmen eines
Vertragsstaats, deren Kapital ganz oder teilweise unmittelbar oder
mittelbar einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person
oder mehreren solchen Personen gehört oder ihrer Kontrolle
unterliegt, keiner Besteuerung oder damit zusammenhängenden
Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender ist
als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden
Verpflichtungen, denen andere ähnliche Unternehmen jenes
Vertragsstaats unterworfen sind oder unterworfen werden
können. Eine diskriminierende Unterscheidung ist also nur
insoweit verboten, als sie darauf beruht, dass im anderen
Vertragsstaat ansässige Personen an dem Unternehmen beteiligt
sind oder es kontrollieren. Eine derartige Situation ist unter den
Gegebenheiten des § 50c Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 indes nicht zu
beurteilen. Die Klägerin wird infolge dieser Regelung keiner
höheren Steuerbelastung unterworfen, weil sie die
Tochtergesellschaft einer US-amerikanischen Gesellschaft, der
K-Inc., ist, sondern weil sie Kapitalanteile von dieser als einem
nicht i.S. von § 51 KStG 1991 i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 3
EStG 1990 anrechnungsberechtigten Anteilseigner erworben hat. Diese
Konstellation wird von dem Diskriminierungsschutz des Art. 24 Abs.
4 DBA-USA 1989 jedoch nicht erfasst. Es ist deswegen im Ergebnis
auch einerlei, ob § 50c Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 gegen die
Niederlassungsfreiheit des Art. 52 i.V.m. Art. 58 EGV (jetzt Art.
43 i.V.m. Art. 48 EG) verstößt; ein derartiger
Verstoß könnte mangels Tatbestandsmäßigkeit
nicht über Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989 auf inländische
Tochtergesellschaften US-amerikanischer Gesellschaften
durchschlagen (anders wohl Krebs/Bödefeld, BB 2004, 407, 410
f.).