Grundstücksübertragung durch Gesellschafter auf Kapitalgesellschaft: Überträgt ein Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses ein Grundstück auf eine Kapitalgesellschaft, handelt es sich um einen gesellschaftsrechtlichen Vorgang und nicht um eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, die zur Grunderwerbsteuerfreiheit nach § 3 Nr. 2 GrEStG führt. - Urt.; BFH 17.10.2007, II R 63/05; SIS 08 07 19
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine als gemeinnützig
anerkannte GmbH, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 9.10.1995 durch
einen ebenfalls als gemeinnützig anerkannten e.V., ein
Diakoniewerk, als Alleingesellschafter gegründet. Der e.V.
verfolgt u.a. die Aufgabe, notleidenden und bedrängten
Menschen medizinische Hilfe zu bieten. Zweck der Klägerin ist
nach dem Gesellschaftsvertrag u.a. die Unterhaltung eines
Krankenhauses.
Der e.V. bestellte durch notariell
beurkundeten Vertrag vom 20.12.1996 der Klägerin an einem ihm
gehörenden, mit einem Krankenhaus bebauten Grundstück ein
Erbbaurecht; ein Erbbauzins ist nicht zu entrichten. Der Beklagte
und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) beurteilte dies als
grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang und bemaß die Steuer
nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 3 des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in der im Jahr 1996 geltenden
Fassung.
Einspruch und Klage, mit denen die
Klägerin geltend machte, die Bestellung des Erbbaurechts sei
als Schenkung unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) anzusehen und daher nach § 3
Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, hatten
keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur
Begründung seines in EFG 2006, 757 veröffentlichten
Urteils aus, der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sei
nicht erfüllt, weil die durch die Bestellung des Erbbaurechts
bei dem e.V. eingetretene Vermögensminderung durch eine
entsprechende Erhöhung des Werts seines Geschäftsanteils
an der Klägerin ausgeglichen worden sei und es sich zudem um
einen gesellschaftsrechtlichen Vorgang gehandelt habe.
Mit der Revision bekräftigt die
Klägerin ihre Auffassung, die Voraussetzungen für die
Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG seien
erfüllt. Die bei ihrem Alleingesellschafter durch die
Bestellung des Erbbaurechts eingetretene Vermögensminderung
sei nicht durch eine entsprechende Erhöhung des Werts seines
Geschäftsanteils ausgeglichen worden. Einer solchen
Erhöhung stünden ihre Gemeinnützigkeit und die
deshalb fehlende Gewinnerzielungsabsicht entgegen. Der e.V. habe
mit der Bestellung des Erbbaurechts keine eigenwirtschaftlichen
Zwecke verfolgt, sondern die Förderung der Allgemeinheit
angestrebt. Dieses Ziel und nicht die gesellschaftsrechtliche
Verflechtung sei der Grund für die Bestellung des Erbbaurechts
gewesen. Zuwendungen zwischen gemeinnützigen Einrichtungen
seien auch ohne Bestehen gesellschaftsrechtlicher Verflechtungen
oder Abhängigkeiten in der Praxis üblich.
Gemeinnützigkeitsrechtlich gebundene Einrichtungen kämen
mit Zuwendungen i.S. des § 58 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO)
ihrer Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung nach.
Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und den angefochtenen
Grunderwerbsteuerbescheid aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zutreffend angenommen,
dass die Bestellung des Erbbaurechts nach § 1 Abs. 1 Nr. 1
i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer
unterliegt und nicht gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG
von der Grunderwerbsteuer befreit ist. Es handelt sich dabei nicht
um eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG.
1. Als Schenkungen unter Lebenden (§ 1
Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) gelten nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
freigebige Zuwendungen unter Lebenden, soweit der Bedachte durch
sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Diese
Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
a) Der Bundesfinanzhof (BFH) geht in
ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine Zuwendung, die
in rechtlichem Zusammenhang mit einem Gemeinschaftszweck steht,
nicht als unentgeltlich anzusehen ist (BFH-Urteile vom 12.7.1979 II
R 26/78, BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631 = SIS 79 03 19, unter 1.
a; vom 1.7.1992 II R 70/88, BFHE 168, 380, BStBl II 1992, 921 = SIS 92 18 13, unter II.2.; vom 24.8.2005 II R 28/02, BFH/NV 2006, 63 =
SIS 06 02 65, unter II.1. b, aa, und vom 15.3.2007 II R 5/04, BStBl
II 2007, 472 = SIS 07 13 13, unter II.6.). Als Gemeinschaftszweck
ist insbesondere auch der gesellschaftsvertraglich bestimmte Zweck
einer Kapitalgesellschaft zu verstehen, zu dessen Erreichung sich
die Gesellschafter zusammengeschlossen haben.
Übertragen die Gesellschafter im Rahmen
des Gesellschaftsverhältnisses Vermögen auf die
Kapitalgesellschaft, dient dies dem Gesellschaftszweck (Leistung
societatis causa; vgl. BFH-Urteil vom 17.4.1996 II R 16/93, BFHE
180, 464, BStBl II 1996, 454 = SIS 96 17 07). Eine solche
Vermögensübertragung ist daher als
gesellschaftsrechtlicher Vorgang und nicht als Schenkung oder
freigebige Zuwendung an die Gesellschaft zu beurteilen (Gebel in
Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 7 Rz 182; Moench in
Moench/Kien-Hümbert/Weinmann, Erbschaft- und Schenkungsteuer,
§ 7 Rz 176; Meincke, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl., § 7 ErbStG Rz 72
bis 74a; Schuck in Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck,
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 2.
Aufl., § 7 ErbStG Rz 180). Es ist dabei nicht entscheidend, ob
der Gesellschaftszweck auf Gewinnerzielung gerichtet ist oder ob
die Kapitalgesellschaft gemeinnützige Ziele verfolgt.
Nicht maßgebend ist auch, ob der
Vermögensübertragung auf die Kapitalgesellschaft eine
entsprechende Erhöhung des Werts des Gesellschaftsanteils des
übertragenden Gesellschafters gegenübersteht, wie es in
dem Fall zutraf, der dem Urteil des Reichsfinanzhofs vom 21.1.1943
IIIe 38/41 (RStBl 1943, 589) zugrunde lag. Auch wenn dies nicht der
Fall ist, kann daraus nicht auf das Vorliegen einer freigebigen
Zuwendung des Gesellschafters an die Gesellschaft geschlossen
werden; denn auch dann fehlt es wegen der Förderung des
Gesellschaftszwecks an der Unentgeltlichkeit der
Vermögensübertragung.
Aus der von der Klägerin angeführten
Vorschrift des § 58 Nr. 2 AO ergibt sich für
gemeinnützige Kapitalgesellschaften nichts anderes. Nach
dieser Vorschrift wird die Steuervergünstigung nicht dadurch
ausgeschlossen, dass eine Körperschaft ihre Mittel teilweise
einer anderen, ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaft
oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zur
Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken zuwendet. Mit der
Abgrenzung des Begriffs „freigebige Zuwendung“
i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG befasst sich die Vorschrift
nicht.
b) Diese Grundsätze gelten auch, wenn
sich nicht mehrere Gesellschafter zu einer Kapitalgesellschaft
zusammengeschlossen haben und daher keine
„Gemeinschaft“ vorliegt, sondern die
Gesellschaft nur einen Gesellschafter hat. Überträgt
dieser Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses
Vermögen auf die Gesellschaft, handelt es sich ebenfalls um
einen gesellschaftsrechtlichen Vorgang und nicht um eine freigebige
Zuwendung.
c) Die Bestellung des Erbbaurechts durch den
e.V. ist danach als gesellschaftsrechtlicher Vorgang und nicht als
freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu
beurteilen. Sie diente dem gesellschaftsvertraglich bestimmten
Zweck der Klägerin, ein Krankenhaus zu unterhalten.
2. Das FG hat ebenfalls zu Recht angenommen,
dass die Steuer nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 3
GrEStG in der im Jahr 1996 geltenden Fassung zu bemessen war. Eine
Gegenleistung für die Bestellung des Erbbaurechts war nicht
vorhanden. Der Betrieb des Krankenhauses stellt keine Gegenleistung
dar, sondern eine eigene, den Patienten gegenüber
wahrzunehmende Aufgabe der Klägerin (BFH-Urteil vom 17.5.2006
II R 46/04, BFHE 213, 246, BStBl II 2006, 720 = SIS 06 34 83).