Betriebsaufspaltung, Erstreckung der GewSt-Befreiung von Betriebskapitalgesellschaft auf Besitzunternehmen: Die Befreiung der Betriebskapitalgesellschaft von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG erstreckt sich bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit des Besitzpersonenunternehmens (Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung; vgl. dazu insbesondere BFH-Urteile vom 13.10.1983 I R 187/79, BFHE 139 S. 406, BStBl 1984 II S. 115 = SIS 84 01 26; vom 12.11.1985 VIII R 282/82, BFH/NV 1986, 362; vom 19.3.2002 VIII R 57/99, BFHE 198 S. 137, BStBl 2002 II S. 662 = SIS 02 08 59). - Urt.; BFH 29.3.2006, X R 59/00; SIS 06 25 14
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist die Alleinerbin ihres im Jahre 1992
verstorbenen Ehemannes Dr. X. Dieser hatte zum 1.1.1989
psychiatrische Wohn- und Pflegeheime erworben. Der Grundbesitz
umfasst ... Häuser mit insgesamt ... Betten sowie ein
Gebäude für Arbeitstherapie und ein
Bürogebäude.
Mit Vertrag vom 15.3.1989 verpachtete Dr. X
diesen Grundbesitz nebst Inventar an die von ihm als alleinigem
Gesellschafter gegründete C-GmbH. Die C-GmbH betreibt seither
auf dem gepachteten Grundbesitz ein psychiatrisches Wohn- und
Pflegeheim. Sie erfüllt die Voraussetzungen der
Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c des
Gewerbesteuergesetzes (GewStG).
Seit dem Tod ihres Ehemannes führt die
Klägerin das Pachtverhältnis fort und hält
sämtliche Anteile an der C-GmbH.
Im Anschluss an eine
Außenprüfung vertrat der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Auffassung, die
Klägerin sei mit ihrem Verpachtungsbetrieb nicht deshalb von
der Gewerbesteuer befreit, weil die C-GmbH (Betriebsgesellschaft)
die Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt habe. Er
erließ deshalb gegenüber der Klägerin die
angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre
1990 bis 1996.
Mit der nach erfolglosen Einsprüchen
erhobenen Klage begehrte die Klägerin, die
Gewerbesteuermessbeträge auf null DM festzusetzen.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage
stattgegeben (vgl. EFG 2001, 86 = SIS 01 71 89).
Mit seiner Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts (§ 3 Nr. 20 GewStG). Es
beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist als
unbegründet zurückzuweisen. Zutreffend hat das FG
entschieden, dass die gewerbliche Betätigung der Klägerin
und - zuvor - ihres Ehemannes in den streitigen
Erhebungszeiträumen gemäß § 3 Nr. 20 Buchst. c
GewStG von der Gewerbesteuer befreit war.
1. Zu Recht hat das FG in Übereinstimmung
mit den Beteiligten angenommen, dass zwischen dem bis zu dessen Tod
vom Ehemann der Klägerin und anschließend von ihr selbst
betriebenen Verpachtungsunternehmen und der C-GmbH in den
streitigen Erhebungszeiträumen eine (unechte)
Betriebsaufspaltung bestand. Dies hat zur Folge, dass die hier in
Rede stehende Verpachtungstätigkeit der Klägerin und -
zuvor - ihres Ehemannes als gewerblich zu qualifizieren war.
In Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs (BFH) folgt der erkennende Senat der
Vorentscheidung im Ergebnis darin, dass diese
Verpachtungstätigkeit nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG
gewerbesteuerfrei war.
2. Nach § 3 Nr. 20 GewStG sind unter den
dort näher bezeichneten Voraussetzungen von der Gewerbesteuer
befreit Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime
sowie - seit dem Erhebungszeitraum 1994 - auch Einrichtungen zur
vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und
Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und
pflegebedürftiger Personen.
a) Diese Voraussetzungen haben bei der mit dem
Verpachtungsunternehmen der Klägerin bzw. ihres verstorbenen
Ehemannes personell und sachlich verflochtenen C-GmbH nach der
zutreffenden Auffassung des FG vorgelegen. Die C-GmbH betrieb auf
den vom Besitzunternehmen gepachteten Grundstücken seit 1989
ein psychiatrisches Wohn- und Pflegeheim mit einem Wohnheim.
b) Die Gewerbesteuerbefreiung nach § 3
Nr. 20 Buchst. c GewStG kommt nach Auffassung des erkennenden
Senats nicht nur dem Betriebsunternehmen, sondern auch dem
Besitzunternehmen zugute (ebenso auch Söffing, Die
Betriebsaufspaltung, 3. Aufl., S. 271 ff.; derselbe, BB 1998, 2289;
Seer, BB 2002, 1833; Seer/Söffing, DB 2003, 2457; Güroff
in Glanegger/Güroff, GewStG, 5. Aufl., § 3 Rz. 2; L.
Schmidt, FR 1984, 128; Wehrheim, BB 2001, 913; Bitz, GmbHR 2002,
597; Gosch, Die steuerliche Betriebsprüfung - StBp - 2002,
216; Petersen, Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System, S.
72 ff.; anderer Auffassung Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz,
§ 3 Anm. 1; Blümich/von Twickel, § 3 GewStG Rz.
13).
c) Allerdings hat die bisherige Rechtsprechung
des BFH in den Fällen der Betriebsaufspaltung eine Erstreckung
der Befreiungstatbestände des § 3 Nr. 20 GewStG und
vergleichbarer gewerbesteuerrechtlicher Regelungen auf
Besitzunternehmen abgelehnt.
Im Urteil vom 13.10.1983 I R 187/79 (BFHE 139,
406, BStBl II 1984, 115 = SIS 84 01 26) hat der I. Senat des BFH
entschieden, dass einem Besitzunternehmen, welches ein Sanatorium
an die Betriebsgesellschaft verpachtet hatte, die
Gewerbesteuerbefreiung nach § 11 der
Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) 1968 nicht
zustehe. Der I. Senat begründete diese Ansicht mit der
Erwägung, dass ein Besitzunternehmen trotz seiner sachlichen
und personellen Verflechtung mit der als Krankenanstalt
tätigen Betriebskapitalgesellschaft ein selbständiger,
gewerbesteuerlich für sich zu qualifizierender
Verpachtungsbetrieb sei (vgl. Beschluss des Großen Senats des
BFH vom 8.11.1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 = SIS 72 00 39), der nicht dadurch zur Krankenanstalt werde, dass er mit
einer solchen sachlich und personell verflochten sei. Eine
Krankenanstalt betreibe im Streitfall - der eine echte
Betriebsaufspaltung betraf - nur die Betriebs-GmbH.
Dem hat sich der VIII. Senat des BFH in seinem
Urteil vom 12.11.1985 VIII R 282/82 (BFH/NV 1986, 362) für
eine nach § 3 Nr. 13 GewStG befreite Internatsschule mit
derselben Begründung angeschlossen.
Damit im Einklang steht auch der ein
Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren betreffende Beschluss des IV.
Senats vom 30.9.1991 IV B 21/91 (BFH/NV 1992, 333). Im dortigen
Sachverhalt hatte die Betriebs-GmbH ein nach § 3 Nr. 20 GewStG
von der Gewerbesteuer befreites Alten- und Pflegeheim betrieben. FA
und FG hatten die Erstreckung des Befreiungstatbestands auf die
Besitzgesellschaft abgelehnt. Der IV. Senat verneinte die
grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage mit dem Hinweis
darauf, durch die Rechtsprechung des BFH sei „hinreichend
geklärt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen einer
Betriebsaufspaltung das Besitzunternehmen und das
Betriebsunternehmen grundsätzlich als rechtlich
selbständige Gewerbebetriebe zu behandeln
(seien)“.
Auf dieser Linie liegt auch der Beschluss des
erkennenden Senats vom 18.12.1997 X B 133/97 (BFH/NV 1998, 743 =
SIS 98 09 45). Dort hat es der Senat im Verfahren der Aussetzung
der Vollziehung (AdV) betreffend den hier zu beurteilenden
Streitfall für nicht ernstlich zweifelhaft gehalten, dass die
Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG nur der Betriebs-GmbH,
nicht dagegen auch dem Besitzunternehmen zukomme. Besitz- und
Betriebsunternehmen seien trotz ihrer personellen und sachlichen
Verflechtung als zwei verschiedene Rechtssubjekte im Sinne des
Gewerbesteuergesetzes zu behandeln. Hieraus folge, dass zwischen
dem Steuergläubiger und dem Besitzunternehmen einerseits und
dem Betriebsunternehmen andererseits zwei voneinander
unabhängige, jeweils selbständig zu beurteilende
Steuerschuldverhältnisse i.S. der §§ 37 ff. der
Abgabenordnung (AO 1977) bestünden mit der weiteren
Konsequenz, dass beide Steuerrechtssubjekte auch hinsichtlich der
Verwirklichung abgabenrechtlicher Tatbestände (§ 38 AO
1977) grundsätzlich steuerlich getrennt zu behandeln seien.
Daraus, dass im Investitionszulagenrecht in Fällen der
Betriebsaufspaltung bisweilen auf die wirtschaftliche Einheit
abgestellt werde, könnten schon wegen der speziellen
Zwecksetzung und tatbestandsmäßigen Ausgestaltung des
Investitionszulagengesetzes (InvZulG) keine allgemeinen, in
Fällen der hier zu beurteilenden Art verwertbaren
Rückschlüsse gezogen werden.
In seinem Urteil vom 19.3.2002 VIII R 57/99
(BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662 = SIS 02 08 59) hat der VIII.
Senat des BFH an dieser Rechtsprechung festgehalten. Sie beruhe
darauf, dass auch im Falle einer Steuerbefreiung des
Betriebsunternehmens eine (echte oder unechte) Betriebsaufspaltung
vorliege, weil das Betriebsunternehmen nach Art seiner
Tätigkeit ein Gewerbe betreibe. Das führe dazu, dass die
ihrer Art nach vermögensverwaltende Tätigkeit des
Vermietens oder Verpachtens auch beim Besitzunternehmen zu einem
Gewerbebetrieb werde, wenn dieses mit dem Betriebsunternehmen
sachlich und personell verflochten sei. Die Möglichkeit,
über die personelle und sachliche Verflechtung in einem
für die Betriebsführung des Betriebsunternehmens
wesentlichen Bereich beherrschenden Einfluss auf beide Unternehmen
auszuüben, sei die Grundlage für eine in wertender
Betrachtungsweise als gewerblich zu qualifizierende Tätigkeit
des Besitzunternehmens. Diese Verflechtung habe indessen weder eine
rechtliche noch eine wirtschaftliche Einheit der beiden Unternehmen
zur Folge noch führe sie dazu, dass die Tätigkeit des
Betriebsunternehmens dem Besitzunternehmen zuzurechnen sei. Beide
Unternehmen blieben nach Zivil- und Steuerrecht selbständige
Unternehmen und unterlägen einer eigenen steuerrechtlichen
Beurteilung. Dementsprechend könnten auch die jedem der beiden
Unternehmen anhaftenden Merkmale und die von ihnen verwirklichten
steuerrechtlichen Tatbestandsmerkmale nicht ohne weiteres dem
anderen Unternehmen zugerechnet werden. Für jenen Streitfall
bedeute dies, dass die für die jeweilige Tätigkeit der
Unternehmen im Gewerbesteuergesetz getroffene Regelung zu beachten
sei. Danach sei zwar in § 3 Nr. 20 GewStG der eigentliche
Krankenhausbetrieb steuerfrei gestellt, nicht aber (auch) der
Verpachtungsbetrieb des Besitzunternehmens.
Auf die abweichende Rechtsprechung des BFH zur
Investitionszulage und dieser folgend die Regelungen der
Finanzverwaltung zu den erhöhten Absetzungen und
Sonderabschreibungen besonders förderungswürdiger
Wirtschaftsgüter im Einkommensteuerrecht (Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 10.12.1985, BStBl I
1985, 683 = SIS 86 02 47, und vom 27.3.2000, BStBl I 2000, 451 =
SIS 00 07 31) könnten sich die Kläger nicht berufen. Die
Zurechnung steuerrechtlicher Merkmale der Betriebsgesellschaft zur
Besitzgesellschaft in diesen Fällen solle gewährleisten,
dass der mit diesen steuerrechtlichen Fördermaßnahmen
erstrebte Investitionsanreiz auch dann erhalten bleibe, wenn das
Besitzunternehmen in Wirtschaftsgüter investiere, die dem
Betriebsunternehmen zur Nutzung überlassen würden. Mit
diesen Förderungsmaßnahmen seien die Steuerbefreiungen
des § 3 GewStG nicht ohne weiteres vergleichbar.
3. Die von der bisherigen Rechtsprechung gegen
eine Erstreckung des in Rede stehenden gewerbesteuerrechtlichen
Befreiungstatbestandes auf das Besitzunternehmen angeführten
Argumente vermögen aus den folgenden Gründen nicht zu
überzeugen.
a) Der Hinweis auf die zivil- und
steuerrechtliche Selbständigkeit von Besitz- und
Betriebsunternehmen ist zwar zutreffend, rechtfertigt aber für
sich genommen nicht die Versagung der Steuerbefreiung nach § 3
Nr. 20 Buchst. c GewStG.
aa) Zwar hat sich der Große Senat des
BFH in seinem grundlegenden Beschluss in BFHE 103, 440, BStBl II
1972, 63 = SIS 72 00 39 von der bis dahin in der
höchstrichterlichen Rechtsprechung herrschenden Vorstellung
vom Besitz- und Betriebsunternehmen als einem in wirtschaftlicher
Betrachtung einheitlichen Unternehmen gelöst. Dies ändert
aber nichts daran, dass trotz Vorhandenseins zweier - zivil- wie
steuerrechtlich - eigenständiger Unternehmen beide
Organisationseinheiten - per definitionem - sowohl personell als
auch sachlich miteinander verflochten sind. In diesem Sinne hebt
bereits der Große Senat in dem zitierten Beschluss als
entscheidenden, die Betriebsaufspaltung konstituierenden Umstand
hervor, dass „die hinter beiden Unternehmen stehenden
Personen einen einheitlichen geschäftlichen
Betätigungswillen haben. Denn dann unterscheidet sich die
Tätigkeit des Besitzunternehmens von der Tätigkeit eines
normalen Vermieters“. Diesen Gesichtspunkt hatte auch
schon das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom
14.1.1969 1 BvR 136/62 (BVerfGE 25, 28, 37 = SIS 69 02 50) betont:
Ein Mietverhältnis, dessen Vertragsparteien - wie in den
Fällen der Betriebsaufspaltung - wirtschaftlich identisch
seien und gleichgerichtete Interessen verfolgten, könne ohne
Verfassungsverstoß anders beurteilt werden als ein
Mietverhältnis zwischen Unternehmen, die betrieblich und
personell nicht miteinander verflochten seien. Bei der
Betriebsaufspaltung würden die eine wesentliche
Betriebsgrundlage ausmachenden Wirtschaftsgüter in die
wirtschaftliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft einbezogen
und infolge der durch den Anteilsbesitz begründeten Einfluss-
und Kontrollmöglichkeiten dem einheitlichen
geschäftlichen Betätigungswillen der hinter beiden
Unternehmen stehenden Personen unterstellt. Die Vermietung oder
Verpachtung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in der Verbindung
mit der Beherrschung der Betriebsgesellschaft stelle die Entfaltung
einer gewerblichen Tätigkeit des Besitzunternehmens dar. Seine
Inhaber nähmen mit der Vermietung oder Verpachtung an der
gewerblichen Tätigkeit der Betriebsgesellschaft teil und
trügen in gewissem Umfang das Risiko der
Betriebsgesellschaft.
bb) Auch die im Anschluss an den Beschluss des
Großen Senats in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 = SIS 72 00 39 ergangene - neuere - Rechtsprechung des BFH folgt dieser
Argumentationslinie.
b) Diese Rechtsprechung lässt sich dahin
gehend zusammenfassen, dass ungeachtet der stets betonten
(steuer-)rechtlichen Selbständigkeit von Besitz- und
Betriebsunternehmen die „genuin“
vermögensverwaltende Tätigkeit der Vermietung und
Verpachtung beim Besitzunternehmen nur deshalb als gewerbliche
qualifiziert wird, weil das Besitzunternehmen sachlich und
personell mit dem gewerblich tätigen Betriebsunternehmen
verflochten ist und das Besitzunternehmen als Folge dieser
wirtschaftlichen Verflochtenheit „über das
Betriebsunternehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
teilnimmt“ (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 16.6.1982 I R
118/80, BFHE 136, 287, BStBl II 1982, 662 = SIS 82 20 13, unter 2.,
und vom 23.9.1998 XI R 72/97, BFHE 187, 36, BStBl II 1999, 281 =
SIS 99 01 20, unter II.1.) bzw. „über das
Betriebsunternehmen auf die Ausübung einer gewerblichen
Betätigung gerichtet ist“ (vgl. z.B. BFH-Urteile vom
18.6.1980 I R 77/77, BFHE 131, 388, BStBl II 1981, 39 = SIS 81 05 22, unter 2.a, und vom 10.11.1982 I R 178/77, BFHE 137, 67, BStBl
II 1983, 136 = SIS 83 01 12, unter 1.).
c) Hieran wird deutlich, dass der gewerbliche
Charakter der „an sich“
vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens
nicht in einer isolierenden Sichtweise ausschließlich aus
Merkmalen abgeleitet werden kann, die allein dem Besitzunternehmen
anhaften. Eine Betriebsaufspaltung und damit eine Umqualifizierung
der genuin vermögensverwaltenden Tätigkeit des
Besitzunternehmens in eine gewerbliche lässt sich vielmehr nur
unter Heranziehung von Gegebenheiten begründen, die
außerhalb des Besitzunternehmens liegen.
aa) Dies betrifft zum einen solche Merkmale,
die allein das Betriebsunternehmen kennzeichnen.
So kommt eine Betriebsaufspaltung nach
herrschender und zutreffender Auffassung (vgl. z.B. BFH-Urteile in
BFHE 131, 388, BStBl II 1981, 39 = SIS 81 05 22, und vom 13.11.1997
IV R 67/96, BFHE 184, 512, BStBl II 1998, 254 = SIS 98 04 30;
Schmidt, EStG, 24. Aufl., § 15 Rz. 856; anderer Auffassung
Reiß in Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 15 Rn. 87) nur dann
in Betracht, wenn das Betriebsunternehmen einen Gewerbebetrieb (sei
es kraft originärer Tätigkeit, kraft Abfärbung
gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes
- EStG -, kraft gewerblicher Prägung gemäß §
15 Abs. 3 Nr. 2 EStG oder kraft Rechtsform gemäß §
8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - )
unterhält.
Des Weiteren ist die für eine
Betriebsaufspaltung zwingend erforderliche Voraussetzung der
sachlichen Verflechtung nur dann erfüllt, wenn die vom
Besitzunternehmen zur Nutzung überlassenen
Wirtschaftsgüter im Betriebsunternehmen wesentliche
Betriebsgrundlagen darstellen.
bb) Auch das weitere die Betriebsaufspaltung
konstituierende Erfordernis der personellen Verflechtung wird durch
Gegebenheiten begründet, die außerhalb des
Besitzunternehmens angesiedelt sind, namentlich dadurch, dass
dieselben Personen sowohl das Besitz- als auch das
Betriebsunternehmen beherrschen und damit einen einheitlichen
geschäftlichen Betätigungswillen entfalten. In dieser
„Personalunion“ und der dadurch eröffneten
Möglichkeit durch die Inhaber beider zwar rechtlich
selbständiger, aber sachlich verflochtener Unternehmen, deren
beider Vermögen und Ertragskraft zu koordinieren und in der
Weise zu instrumentalisieren, dass sie zur Verwirklichung eines
einheitlichen Zwecks - im Streitfall: dem Betrieb eines als solchen
gemäß § 3 Nr. 20 GewStG steuerbefreiten Wohn- und
Pflegeheims - eingesetzt werden, liegt die eigentliche sachliche
Rechtfertigung für die von der Rechtsprechung „in
wertender Betrachtungsweise“ (vgl. z.B. BFH-Urteil in
BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662 = SIS 02 08 59) vorgenommene und
vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich angeordnete
Umqualifizierung der - isoliert betrachtet -
vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens
in eine gewerbliche (siehe auch Woerner, BB 1985, 1609, 1612:
„Die Qualifikation des Besitzunternehmens ist letztlich
bestimmt durch den Endzweck, zu dem es von dem Unternehmer oder den
Unternehmern eingesetzt wird.“).
d) Vor diesem Hintergrund vermag die von der
bisherigen Rechtsprechung des BFH zur Ablehnung der Ausdehnung des
Gewerbesteuerbefreiungstatbestandes angeführte, im Formalen
verhaftete Begründung, Betriebs- und Besitzunternehmen seien
(steuer-)rechtlich selbständige Unternehmen und daher
hinsichtlich der Verwirklichung abgabenrechtlicher Tatbestände
grundsätzlich streng auseinander zu halten, schon deshalb
nicht zu überzeugen, weil eine solche „strikte
Trennung“ dem (ohnehin nicht unumstrittenen, vgl. z.B.
Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmensteuerrecht, 9. Aufl., S. 864
ff., m.w.N.) Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung letztlich
insgesamt den Boden entzöge (zustimmend Drüen, GmbHR
2005, 69, 80; zur Kritik an der Rechtsfigur der Betriebsaufspaltung
unter Berücksichtigung der Gesetzesänderungen des
Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 und des
Steuersenkungsgesetzes 2001/2002, vgl. z.B. Strahl,
Steuerberater-Jahrbuch - StbJb - 2001/2002, S. 137 ff.).
Wie bereits die bisherigen Ausführungen
verdeutlichen, beruht das von der Rechtsprechung im Wege der
Rechtsfortbildung geschaffene Institut der Betriebsaufspaltung
gerade auf einer Absage an eine isolierte Betrachtungsweise, welche
beide Unternehmen strikt auseinander hält und je für sich
behandelt. Diese Rechtsprechung bezieht ihre gesetzliche
Legitimation aus dem Blickwinkel der personellen und sachlichen
Verflechtung beider Unternehmen. Setzt eine Betriebsaufspaltung und
damit die Umqualifizierung einer vermietenden oder verpachtenden
Tätigkeit zur gewerblichen u.a. zwingend voraus, dass das
Betriebsunternehmen seinerseits einen Gewerbebetrieb unterhält
(vgl. oben II.3.b), so lässt sich dies nicht anders
interpretieren, als dass die gewerbliche Betätigung des
Betriebsunternehmens unbeschadet und trotz der rechtlichen
Eigenständigkeit beider Unternehmen und entgegen der These von
deren strikter Trennung die - isoliert betrachtet -
vermögensverwaltende Tätigkeit des Besitzunternehmens im
Wege der „Infektion“ oder
„Abfärbung“ in eine gewerbliche wandelt
(vgl. auch Wehrheim, BB 2001, 913).
Dann aber erscheint es vor dem Hintergrund des
verfassungsrechtlich sanktionierten Gebots der folgerichtigen
Umsetzung der einmal getroffenen Belastungsentscheidung
(BVerfG-Urteil vom 27.6.1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271 =
SIS 91 14 01; Beschluss vom 30.9.1998 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99,
88, 94 ff. = SIS 98 23 05) nur konsequent, den zur Begründung
der Betriebsaufspaltung und damit zur Umqualifizierung der an sich
vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens
in eine gewerbliche Tätigkeit bemühten Gedanken der
„wirtschaftlichen Verflochtenheit“ ebenso bei
der Beantwortung der Frage heranzuziehen, ob sich die
Gewerbesteuerbefreiung der Betätigung des Betriebsunternehmens
auch auf das Besitzunternehmen erstreckt. Gegen dieses, aus Art. 3
Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) herzuleitende Gebot der
Folgerichtigkeit verstieße es, wenn einerseits für den
die Gewerblichkeit des Besitzunternehmens konstituierenden
„Belastungsgrund“ maßgebend auf den
Gesichtspunkt der „wirtschaftlichen
Verflochtenheit“ und andererseits für den die
Gewerbesteuerbefreiung auslösenden
„Entlastungsgrund“ auf den Aspekt der
„rechtlichen Trennung“ abgestellt würde
(vgl. auch Seer, BB 2002, 1833, 1835; Söffing, BB 1998, 2289,
rechte Spalte f.; Drüen, GmbHR 2005, 69, 79 f.).
e) Diente im Streitfall die Betätigung
des Besitzunternehmens - wiewohl sie sich bei
vordergründig-formaler und isolierter Betrachtung in einer
bloßen Verpachtung an das Betriebsunternehmen erschöpfte
- letztlich - wenn auch mittelbar, über das
Betriebsunternehmen - der Erfüllung des von den beherrschenden
Inhabern (Gesellschaftern) beider Unternehmen bestimmten
gemeinsamen Zwecks, ein (gewerbesteuerfreies) Wohn- und Pflegeheim
zu betreiben, und wurden die vom Besitzunternehmen der
Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlassenen Grundstücke
und Gebäude - wie im Streitfall - als wesentliche
Betriebsgrundlagen auch tatsächlich zur Ausübung des nach
§ 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG steuerbegünstigten Betriebes
eingesetzt, so gebieten es Sinn und Zweck des genannten
Befreiungstatbestandes, diesen auch auf die im Besitzunternehmen
erzielten Erträge auszudehnen (zustimmend Drüen, GmbHR
2005, 69, 74, mit eingehender rechtsmethodischer
Begründung.
aa) Zur schlüssigen Begründung einer
dahin gehenden weiten Auslegung des § 3 Nr. 20 GewStG bedarf
es nicht der Aufgabe der seit dem Beschluss des Großen Senats
in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 = SIS 72 00 39 in der
ständigen Rechtsprechung des BFH zum Ausdruck gelangten
Vorstellung von der (zivil- ebenso wie steuer-)rechtlichen
Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen. Die
sachliche und personelle Verflechtung der beiden Betriebe vermag
nicht dazu zu führen, dass Besitz- und Betriebsunternehmen im
steuerrechtlichen Sinne als ein einziges Unternehmen zu
qualifizieren wären mit der Folge, dass der in beiden
Organisationseinheiten erzielte und z.B. additiv ermittelte
Gesamtgewinn einheitlich der Einkommen- oder
Körperschaftsteuer unterworfen würde. Genauso wenig
bedarf es dazu der Heranziehung der ebenfalls verfehlten
Sichtweise, dass das in einem Unternehmen erzielte Ergebnis (Gewinn
oder Verlust) dem anderen Unternehmen zuzurechnen sei, wie dies in
den Fällen (der körperschaftsteuer- und
gewerbesteuerrechtlichen) Organschaft geschieht.
bb) Der sozial- und wirtschaftspolitisch
motivierte Zweck dieser sachlichen Steuerbefreiung liegt darin, die
bestehenden Strukturen bei der Pflege kranker und
pflegebedürftiger Personen zu verbessern (vgl. z.B. BFH-Urteil
vom 8.9.1994 IV R 85/93, BFHE 175, 451, BStBl II 1995, 67 = SIS 95 01 16). Die Vorschrift soll zur Kostenentlastung bei den
Trägern von Krankenhäusern, Altenheimen und
ähnlichen Einrichtungen beitragen. Sie schafft damit mittelbar
auch einen Anreiz für die Vornahme von Investitionen in diesem
Bereich.
cc) Die mit § 3 Nr. 20 GewStG verfolgten
Zwecke werden in den Fällen der Betriebsaufspaltung entgegen
der Intention des Gesetzgebers nur unvollkommen erreicht, sofern
man - mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH - eine Erstreckung
der entsprechenden Befreiungstatbestände auf das
Besitzunternehmen verneint. Denn solchenfalls unterliegen der
Gewerbesteuer nicht allein nur diejenigen Erträge, welche das
Besitzunternehmen aus den vom Betriebsunternehmen entrichteten
Mieten und Pachten erzielt. Vielmehr gilt dies im Grundsatz auch
für den gesamten im Betriebsunternehmen
erwirtschafteten Gewinn und Gewerbeertrag. Dieser bleibt zwar
vorläufig - d.h. soweit und solange die Betriebs-GmbH die in
ihrem Betrieb erwirtschafteten Gewinne (Gewerbeerträge)
thesauriert - von Gewerbesteuer unbelastet, wird aber
spätestens in dem Augenblick beim Besitzunternehmen in vollem
Umfang der Gewerbesteuer unterworfen, in welchem er an das
Besitzunternehmen oder an dessen Inhaber bzw. an deren
Gesellschafter ausgeschüttet wird. Letzteres folgt aus dem
Umstand, dass die Anteile des Besitzunternehmers oder der
Besitzgesellschafter an der Betriebskapitalgesellschaft zu ihrem
notwendigen Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen
beim Besitzunternehmen gehören und die Ausschüttungen der
Betriebskapitalgesellschaft beim Besitzunternehmen mangels
Eingreifens des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs (vgl.
§ 9 Nr. 2a GewStG), dessen Anwendung die hier nicht bestehende
Gewerbesteuerpflicht auf der Ebene der ausschüttenden
Kapitalgesellschaft voraussetzt, ungeschmälert der
Gewerbesteuer unterliegen.
Sachliche Gründe für eine solche -
vor dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts
(Art. 3 Abs. 1 GG) nicht haltbare - Benachteiligung der
Betriebsaufspaltung gegenüber anderen
Unternehmensorganisationsformen bestehen nicht (vgl. auch
Drüen, GmbHR 2005, 69, 77).
f) Die vom erkennenden Senat befürwortete
Erstreckung des § 3 Nr. 20 GewStG auf das Besitzunternehmen
findet ihre Bestätigung nicht zuletzt in der ständigen
Judikatur des III. Senats des BFH zum Investitionszulagenrecht
(ebenso ausführlich Söffing, BB 1998, 2289, 2280 ff.;
derselbe, Die Betriebsaufspaltung, a.a.O., S. 271 ff.; Seer, BB
2002, 1833, 1836; Wehrheim, BB 2001, 913). In seinem grundlegenden
Urteil vom 20.5.1988 III R 86/83 (BFHE 153, 481, BStBl II 1988, 739
= SIS 88 17 12, unter 3.a) führt der III. Senat aus:
„Ließe man hier (meint: in den
Fällen der Betriebsaufspaltung) die Gewährung der Zulage
unter dem formalen Gesichtspunkt, dass Besitzunternehmen und
Betriebsunternehmen rechtlich selbständige Unternehmen sind,
nicht zu, so wäre eine Zulage in den typischen Fällen der
Betriebsaufspaltung gänzlich ausgeschlossen. Denn die
Besitzgesellschaft investiert hier zwar, aber sie nutzt die von ihr
angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter nicht selbst
im eigenen Betrieb, die Betriebsgesellschaft nutzt die
Wirtschaftsgüter zwar, sie hat selbst aber nicht investiert.
Dieses Ergebnis widerspräche der Rechtsnatur der
Betriebsaufspaltung, die weit verbreitet und von der Rechtsprechung
anerkannt ist. Ihr Sinn und Zweck besteht gerade darin, dass die
Funktionen eines normalerweise einheitlichen Betriebes bei ihr auf
zwei Rechtsträger und damit zwei Betriebe aufgeteilt
sind.“
In weiteren Entscheidungen (BFH-Beschluss vom
26.3.1993 III S 42/92, BFHE 171, 164, BStBl II 1993, 723 = SIS 93 14 26, und BFH-Urteil vom 16.9.1994 III R 45/92, BFHE 176, 98,
BStBl II 1995, 75 = SIS 95 01 31) hat der III. Senat diese Aussagen
dahin gehend konkretisiert, dass in dem - auch im Streitfall
vorliegenden - „Normalfall“ der
Betriebsaufspaltung, in welchem Besitz- und Betriebsunternehmen
betriebsvermögensmäßig miteinander verflochten sind
und die Anteile der Inhaber bzw. Gesellschafter des
Besitzunternehmens an der Betriebsgesellschaft (Sonder-)
Betriebsvermögen beim Besitzunternehmen darstellen, eine
Ausnahme von den strengen gewerblichen Bindungen des
begünstigten Wirtschaftsguts an den Betrieb des Investors
möglich sei. Denn in einem solchen Fall könne trotz der
tatsächlichen Nutzung der betreffenden Wirtschaftsgüter
im Betriebsunternehmen noch ein zulagenrechtliches Verbleiben im
Besitzunternehmen unterstellt werden; auch sei es möglich und
zulässig, „die an sich gegebene rechtliche
Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen zu
vernachlässigen und dem Prinzip der ‘wirtschaftlichen
Einheit’ der verflochtenen Unternehmen, von dem das
Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung auch geprägt ist (...),
im Investitionszulagenrecht den Vorrang einzuräumen“
(BFH-Urteil in BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75 = SIS 95 01 31,
unter II.3.c).
Diesen von der ständigen Rechtsprechung
des III. Senats des BFH entwickelten Grundsätzen (neben den
zitierten Entscheidungen vgl. die umfangreichen Nachweise der
Rechtsprechung bei Seer, BB 2002, 1833, 1836 Fn. 45) folgt auch die
Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben vom 5.5.1977, BStBl I 1977,
246 Tz. 104, und vom 10.12.1985, BStBl I 1985, 683 = SIS 86 02 47).
Entgegen der bisherigen Rechtsprechung, welche
die rechtliche Relevanz dieser zur Investitionszulage getroffenen
Aussagen im Bereich der gewerbesteuerrechtlichen
Befreiungstatbestände mit dem nicht näher
begründeten Hinweis auf die spezielle Zwecksetzung und
tatbestandsmäßige Ausgestaltung des
Investitionszulagenrechts verneint hat (BFH-Beschluss in BFH/NV
1998, 743 = SIS 98 09 45; BFH-Urteil in BFHE 198, 137, BStBl II
2002, 662 = SIS 02 08 59), hält der Senat die Heranziehung
dieser Erwägungen durchaus auch zur Beantwortung der hier zu
beurteilenden Streitfrage für tragfähig (ebenso - mit
ausführlicher und überzeugender Begründung -
Söffing, BB 1998, 2289, 2290 ff.; derselbe, Die
Betriebsaufspaltung, a.a.O., S. 272 ff.; Seer, BB 2002, 1833, 1836;
ferner auch Bitz, GmbHR 2004, 1033).
g) Wie bereits ausgeführt (oben II.3.e,
bb), dient der gesundheits- und wirtschaftspolitisch motivierte
Gewerbesteuerbefreiungstatbestand des § 3 Nr. 20 GewStG der
Kostenentlastung bei den Trägern der dort begünstigten
Einrichtungen. Diese Vorschrift ist mithin eine Sozialzwecknorm,
die - ebenso wie das Investitionszulagenrecht - zum
Wirtschaftsrecht gehört (Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd.
I, 2. Aufl., S. 77 f.; Seer, BB 2002, 1833, 1836) und die als sog.
Verschonungssubvention in ihrer Wirkung durchaus mit offenen
Subventionen vergleichbar ist (siehe auch Seer, a.a.O.). Der Zweck
solcher Steuerbefreiungen (und Steuervergünstigungen) ist
letztlich der gleiche wie bei den direkten Subventionen (z.B.
Investitionszulagen), nämlich Anreize zur Verwirklichung eines
bestimmten vom Gesetzgeber gewünschten Verhaltens des
Steuerpflichtigen zu schaffen (Söffing, BB 1998, 2289, 2291).
Für eine Gleichbehandlung des Problems der
„Merkmalsübertragung“ bei der
Investitionszulage und anderen Steuervergünstigungen und
Steuerbefreiungen spricht überdies der Umstand, dass die im
Investitionszulagenrecht verwendeten Begriffe nach ständiger
Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Urteile vom 25.1.1985 III R
130/80, BFHE 143, 192, BStBl II 1985, 309 = SIS 85 08 30, und vom
15.11.1985 III R 110/80, BFHE 145, 482, BStBl II 1986, 367 = SIS 86 07 44) nach steuerrechtlichen Grundsätzen auszulegen sind
(Söffing, BB 1998, 2289, 2291 f.).
h) Mit dieser Sichtweise steht des Weiteren
auch im Einklang, dass die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in
BStBl I 1985, 683 = SIS 86 02 47 (unter V.) die von der
Rechtsprechung des III. Senats zur Investitionszulage entwickelten
und auch in der Verwaltungspraxis angewendeten Grundsätze auch
auf andere indirekte Subventionen (Steuervergünstigungen)
ausgedehnt hat, namentlich auf die Sonderabschreibungen nach §
3 Abs. 2 des Zonenrandförderungsgesetzes (ZRFG), erhöhte
Absetzungen für Wirtschaftsgüter, die dem Umweltschutz
dienen (§ 7d Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 EStG), die
Bewertungsfreiheit für Fabrikgebäude, Lagerhäuser
und landwirtschaftliche Betriebsgebäude (§ 7e Abs. 1 Satz
1 EStG), die Sonderabschreibung zur Förderung kleiner und
mittlerer Betriebe (§ 7g Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG),
erhöhte Absetzungen für unbewegliche
Wirtschaftsgüter in einer Berliner Betriebsstätte (§
14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 des
Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) und die Bewertungsfreiheit
für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens,
die der Forschung und Entwicklung dienen (§ 82d der
Einkommensteuer-Durchführungsverordnung - EStDV - ). Im
BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 451 = SIS 00 07 31 befürwortet
die Finanzverwaltung die entsprechende Anwendung dieser
Grundsätze auch für die Gewährung von
Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz
(FördG).
i) Die Richtigkeit der hier vertretenen
Auffassung findet eine Stütze auch in dem zur
„Abfärberegelung“ des § 15 Abs. 3 Nr.
1 EStG ergangenen BFH-Urteil vom 30.8.2001 IV R 43/00 (BFHE 196,
511, BStBl II 2002, 152 = SIS 02 04 23).
Im dortigen Urteilsfall betrieben drei
Ärzte in Form einer GbR sowohl eine - für sich genommen
als freiberuflich zu qualifizierende - Gemeinschaftspraxis als auch
eine - als gewerblich einzustufende, aber nach § 3 Nr. 20
Buchst. b GewStG steuerbefreite - Augenklinik. Sei die
Klägerin (GbR) demnach teilweise gewerblich und teilweise
freiberuflich tätig gewesen - so führt der IV. Senat dort
aus -, lasse der Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG eine
andere Rechtsfolge als die der „Infizierung“ der
freiberuflichen durch die gewerblichen Einkünfte nicht zu.
Dennoch seien die Einkünfte aus der ärztlichen
Gemeinschaftspraxis ebenso nach § 3 Nr. 20 GewStG
gewerbesteuerfrei zu belassen wie die Einkünfte aus dem
Klinikbetrieb. Denn der Zweck des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
bestehe u.a. darin zu verhindern, dass infolge unzureichender
Abgrenzungsmöglichkeiten zwischen den beiden Tätigkeiten
gewerbliche Einkünfte der Gewerbesteuer entzogen würden.
„Daraus lässt sich jedoch schließen, dass sich
die ‘Abfärbung’ auch auf die Gewerbesteuerfreiheit
der Einkünfte erstreckt (...). Denn eine Gewerbesteuerpflicht,
die nicht besteht, kann auch nicht gefährdet
werden.“
Der Senat verkennt nicht, dass der dortige
Streitfall lediglich eine Ausdehnung der Gewerbesteuerbefreiung
nach § 3 Nr. 20 GewStG innerhalb ein und desselben
Unternehmens - der GbR - betraf, wohingegen es in der hier zu
beurteilenden Konstellation der Betriebsaufspaltung um eine
Erstreckung des Befreiungstatbestandes über die
Unternehmensgrenzen der Betriebsgesellschaft hinweg auf das
rechtlich selbständige Besitzunternehmen geht. Abstrahiert man
von diesem - mehr formalen und angesichts der personellen und
sachlichen Verquickung von Besitz- und Betriebsunternehmen in den
Hintergrund tretenden - Unterschied, so sprechen die vom IV. Senat
angestellten Erwägungen auch im Streitfall für eine
Anwendung des Befreiungstatbestands auch auf die Tätigkeit des
Besitzunternehmens (vgl. auch Seer, BB 2002, 1833, 1836 f.; Gosch,
StBp 2002, 216, 217, rechte Spalte; Kempermann, FR 2002, 674). Auch
bei der richterrechtlichen Schaffung des Instituts der
Betriebsaufspaltung ging es - wie dessen Entstehungsgeschichte
(vgl. etwa Seer, BB 2002, 1833, rechte Spalte f.) belegt -
wesentlich auch darum zu verhindern, dass der Gewerbesteuer durch
eine organisatorische Aufteilung des zur Verwirklichung der
gewerblichen Tätigkeit dienenden Vermögens auf zwei
eigenständige Rechtsträger ausgewichen werde.
Die nach wie vor bestehende Aktualität
dieser Erwägung wird nicht zuletzt auch daran deutlich, dass -
wie schon ausgeführt (oben II.3.c, aa) - der gewerbliche
Charakter des Betriebsunternehmens für die Betriebsaufspaltung
schlechterdings konstituierend ist: Unterhält die
Betriebsgesellschaft weder aufgrund ihrer genuinen Betätigung
noch Kraft Abfärbung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1
EStG, Kraft gewerblicher Prägung gemäß § 15
Abs. 3 Nr. 2 EStG oder Kraft Rechtsform gemäß § 8
Abs. 2 KStG einen Gewerbebetrieb, sondern etwa ein freiberufliches
oder land- und forstwirtschaftliches Unternehmen, so kommt es auch
nicht zu einer „Infektion“ und damit zu einer
Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Einkünfte des
potenziellen Besitzunternehmens in gewerbliche
Einkünfte (vgl. oben II.3.c, aa, m.w.N.). Die Notwendigkeit
für die Anwendung der Betriebsaufspaltungsgrundsätze wird
in derartigen Fällen offensichtlich deswegen nicht gesehen,
weil hier eine Umgehung der Gewerbesteuerpflicht durch eine
Aufspaltung des Betriebes von vornherein nicht in Betracht
kommt.
Die vom IV. Senat des BFH für eine
Erstreckung der Abfärbewirkung auch auf die
Gewerbesteuerfreiheit nach § 3 Nr. 20 GewStG angeführten
Argumente liefern nach Auffassung des erkennenden Senats einen
wesentlichen Gesichtspunkt für die Erstreckung des in Rede
stehenden Gewerbesteuerbefreiungstatbestands auf das
Besitzunternehmen: Wo wegen § 3 Nr. 20 GewStG eine
Gewerbesteuerpflicht gar nicht besteht, kann eine solche auch nicht
umgangen werden. Im Kern geht es bei der Betriebsaufspaltung darum,
eine Besserstellung des aufgespaltenen Unternehmens gegenüber
dem „Einheitsunternehmen“ zu verhindern. Dieser
Zweck ist obsolet, wenn das als Alternative zur Betriebsaufspaltung
gedachte Einheitsunternehmen (gemäß § 3 Nr. 20
GewStG) von der Gewerbesteuer befreit wäre (vgl. auch Bitz,
GmbHR 2002, 597; Drüen, GmbHR 2005, 69, 76 f.; Güroff in
Glanegger/Güroff, a.a.O., § 3 Rz. 2).
j) Die vom erkennenden Senat im Streitfall
befürwortete Erstreckung der Gewerbesteuerbefreiung auf das
Besitzunternehmen wird schließlich auch nicht durch das
BFH-Urteil vom 4.6.2003 I R 100/01 (BFHE 203, 171, BStBl II 2004,
244 = SIS 03 46 53) in Frage gestellt. Dort hat der I. Senat des
BFH entschieden, dass sich die Befreiung einer Organgesellschaft
von der Gewerbesteuer gemäß § 3 Nr. 20 GewStG auch
dann nicht auf eine andere, die Befreiungsvoraussetzungen
ihrerseits nicht erfüllende Organgesellschaft
(Schwestergesellschaft) desselben Organkreises erstrecke, wenn die
Tätigkeiten der Gesellschaften sich gegenseitig
ergänzten. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen einer
gesetzlichen Steuerbefreiung müssten von der jeweiligen
Organgesellschaft selbst erfüllt werden.
Die im hier vorliegenden Streitfall zu
beurteilende Konstellation der Betriebsaufspaltung ist mit dem dort
gewürdigten Fall der (gewerbesteuerrechtlichen) Organschaft
nicht vergleichbar. Gemeinsamkeiten weisen die beiden
Konstellationen zwar insoweit auf, als es hier wie dort um die
Beurteilung des Verhältnisses zweier rechtlich
selbständiger Unternehmen zueinander geht, die zudem personell
miteinander verflochten sind. Anders als bei der hier zu
beurteilenden Betriebsaufspaltung fehlte es im dort entschiedenen
Organschaftsfall bereits an einer sachlichen Verflechtung der
beiden Schwester- und Organgesellschaften im Sinne der zur
Betriebsaufspaltung entwickelten Grundsätze, wenngleich auch
die Tätigkeitsbereiche der beiden Schwesterunternehmen, von
denen das eine ein nach § 3 Nr. 20 GewStG befreites
Krankenhaus und das andere ein - jedenfalls isoliert betrachtet -
nicht gewerbesteuerfreies Thermalwasserbad zur Heil-, Vorsorge- und
Kurbehandlung betrieb, einander ergänzt haben mögen. Vor
allem kommt aber hinzu, dass der im Betriebsaufspaltungsfall
eingreifende - wie dargelegt ein sehr gewichtiges Argument für
die Ausdehnung des Befreiungstatbestands auf das Besitzunternehmen
liefernde - „Abfärbe- bzw.
Infektionsgedanke“ (vgl. oben II.3.d), wonach der
gewerbliche Charakter der an sich vermögensverwaltenden
Betätigung des Besitzunternehmens durch die Gewerblichkeit des
Betriebsunternehmens determiniert wird, im vom I. Senat zu
beurteilenden Organschaftsfall, in dem beide
Schwestergesellschaften unabhängig voneinander jeweils
gewerbliche Unternehmen betrieben, keine Rolle spielte.
Ein weiterer - nach Auffassung des erkennenden
Senats ebenfalls wesentlicher - Unterschied zwischen dem die
„klassische“ Konstellation der
Betriebsaufspaltung betreffenden Streitfall, in welchem das
Besitzunternehmen die Rechtsform eines Personenunternehmens
(Einzelunternehmen oder Personengesellschaft) besitzt und als
Betriebsunternehmen einer Kapitalgesellschaft fungiert, und dem vom
I. Senat entschiedenen Sachverhalt der Organschaft besteht darin,
dass im letztgenannten Fall die Anteile an der einen
Schwestergesellschaft nicht etwa der anderen (gleichgeordneten)
Schwestergesellschaft zuzuordnen sind, sondern vielmehr die Anteile
an beiden Gesellschaften der gemeinsamen Muttergesellschaft
(Organträgerin) gehören. Anders stellt sich die Lage
hingegen bei der Betriebsaufspaltung dar. Hier gehören die
Anteile der beide Unternehmen beherrschenden Gesellschafter zum
notwendigen Betriebs- bzw. Sonderbetriebsvermögen beim
Besitzunternehmen mit der bereits beschriebenen Folge, dass im
Falle einer Ablehnung der Erstreckung der Gewerbesteuerbefreiung
auf das Besitzunternehmen entgegen der vom Gesetzgeber mit der
Gewerbesteuerbefreiung verfolgten Intention eine Nachversteuerung
des Gewerbeertrages des Betriebsunternehmens stattfindet, soweit
und sobald der dort erwirtschaftete Gewinn (Gewerbeertrag) an den
oder die beherrschenden Gesellschafter beider Unternehmen
ausgeschüttet wird (vgl. oben II.3.e, cc).
4. Mit dieser Entscheidung weicht der Senat
von den Urteilen des I. Senats in BFHE 139, 406, BStBl II 1984, 115
= SIS 84 01 26, und des VIII. Senats in BFH/NV 1986, 362, und in
BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662 = SIS 02 08 59 sowie von dem
Beschluss des IV. Senats in BFH/NV 1992, 333 ab. Die betroffenen
Senate haben auf Anfrage mitgeteilt, dass sie der Abweichung
zustimmen (vgl. Beschlüsse des I. und des IV. Senats vom
28.1.2004 I ER -S- 3/03, und vom 26.2.2004 IV ER -S- 6/03, sowie
nunmehr auch des VIII. Senats des BFH vom 17.1.2006 VIII ER -S-
1/06).