Gütergemeinschaft als Besitzunternehmen, Gewerbesteuerbefreiung Betriebsunternehmen, Erstreckung auf Besitzunternehmen: 1. Überlassen in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten zum Gesamtgut gehörende wesentliche Betriebsgrundlagen an eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter einer der Ehegatten ist, liegen die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung vor, wenn die Gesellschaftsbeteiligung ebenfalls zum Gesamtgut gehört. - 2. Die Beteiligung an einer GmbH ist nicht dem Sondergut zuzurechnen, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag eine Übertragung von Gesellschaftsanteilen zwar nur mit Genehmigung aller Gesellschafter möglich ist, die Übertragung an einen Ehegatten aber keiner Beschränkung unterliegt. - 3. Die Gewerbesteuerbefreiung der Betriebskapitalgesellschaft nach § 3 Nr. 6 GewStG erstreckt sich auch auf das Besitzunternehmen (Anschluss an BFH-Urteil vom 29.3.2006 X R 59/00, BFHE 213 S. 50, BStBl 2006 II S. 661 = SIS 06 25 14). - Urt.; BFH 19.10.2006, IV R 22/02; SIS 06 45 94
I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Ehegatten, die von 1975 bis Oktober 1988 im
Güterstand der Gütergemeinschaft lebten. Auf einem
eigenen Grundstück errichteten sie ein Altenheim, dessen
erster Bauabschnitt Ende 1984 bezugsfertig wurde. Der zweite
Bauabschnitt war im Juni 1986 fertiggestellt. Unter dem 27.12.1984
wurde das Altenheim an eine zu gründende Verwaltungs-GmbH i.G.
(später Betriebs- und Verwaltungsgesellschaft mbH - im
Folgenden GmbH - ) verpachtet. Diese GmbH gründete der
Kläger im Februar 1985 zusammen mit einem Herrn X, der aber im
September 1985 seine Anteile an den Kläger - in diesem
Zeitpunkt bereits alleiniger Geschäftsführer - abtrat.
Die GmbH verfolgt laut 1986 geänderter Satzung
ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige
Zwecke.
Die Klägerin eröffnete am
1.7.1987 einen Lebensmitteleinzelhandel, dessen Zweck
ausschließlich in der Belieferung des Altenheims
bestand.
Am 27.4.1988 verkaufte der Kläger mit
Zustimmung der Klägerin seine GmbH-Anteile und trat sie an die
Erwerberin ab. In der notariellen Urkunde verpflichteten sich die
Kläger, innerhalb von fünf Jahren im ...-Kreis kein
Seniorenheim zu betreiben. Mit weiterer notarieller Urkunde vom
gleichen Tag veräußerten die Kläger auch die mit
dem Altenheim bebauten Grundstücke an einen anderen
Erwerber.
Nach einer Steuerfahndungsprüfung ging
der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) davon
aus, dass eine Betriebsaufspaltung zwischen der
Gütergemeinschaft und der GmbH vorgelegen habe. Er behandelte
die Einkünfte aus der Vermietung des Altenheims als
gewerbliche Einkünfte und sah in der Veräußerung
der GmbH-Anteile und der Grundstücke eine
Betriebsveräußerung bzw. Betriebsaufgabe.
Einsprüche gegen die daraufhin
ergangenen Bescheide über die gesonderte und einheitliche
Gewinnfeststellung 1987 und 1988 sowie den
Gewerbesteuermessbescheid 1987 hatten im Wesentlichen keinen
Erfolg.
Im ersten Rechtsgang wies das Finanzgericht
(FG) die Klage unter Verweis auf die Gründe der
Einspruchsentscheidung gemäß § 105 Abs. 5 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) ab. Der erkennende Senat hob das
FG-Urteil auf die Revision der Kläger durch Urteil vom
23.4.1998 IV R 30/97 (BFHE 186, 120, BStBl II 1998, 626 = SIS 98 19 93) wegen Verfahrensmängeln auf und verwies das Verfahren an
das FG zurück.
Auch im zweiten Rechtsgang wies das FG die
Klage ab (Urteilsabdruck in EFG 2002, 698 = SIS 02 70 90).
Gegenstand der Entscheidung war für das Jahr 1988 nach
mehrfacher Änderung während des Klageverfahrens der
Gewinnfeststellungsbescheid vom 16.1.2002, mit dem die
Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf insgesamt 2.190.555 DM
festgestellt wurden; hierin war ein Veräußerungsgewinn
von 2.181.268 DM enthalten.
Mit der vom FG zugelassenen Revision machen
die Kläger geltend, es liege mangels personeller Verflechtung
keine Betriebsaufspaltung vor und die Gewerbesteuerbefreiung der
Betriebsgesellschaft schlage auf das Besitzunternehmen
durch.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung
der Vorentscheidung die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide
1987 und 1988 mit der Maßgabe abzuändern, dass keine
Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt werden und ein
Veräußerungsgewinn nicht erfasst wird, sowie den
Gewerbesteuermessbescheid 1987 ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
Es vertritt weiter die Auffassung, dass
eine personelle Verflechtung aufgrund der Zugehörigkeit der
GmbH-Anteile zum Gesamtgut bestehe.
II. Die Revision ist begründet, soweit
sie den Gewerbesteuermessbescheid 1987 betrifft. Dieser Bescheid
war aufzuheben. Soweit die Revision die
Gewinnfeststellungsbescheide 1987 und 1988 betrifft, ist sie im
Ergebnis unbegründet und die Klage war abzuweisen.
1. Die Kläger erzielten in den
Streitjahren (1987 und 1988) aus der Überlassung der
Grundstücke an die GmbH gewerbliche Einkünfte. Dies ist
Folge der zwischen den Klägern und der GmbH bestehenden
Betriebsaufspaltung.
a) Die Vermietung von Wirtschaftsgütern
wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)
dann als eine über eine reine Vermögensverwaltung
hinausgehende gewerbliche Tätigkeit angesehen, wenn das
vermietende Unternehmen (Besitzunternehmen) mit dem mietenden
Unternehmen (Betriebsunternehmen) sachlich und personell
verflochten ist (Betriebsaufspaltung; vgl. Senatsurteile vom
18.3.1993 IV R 96/92, BFH/NV 1994, 15, und vom 21.1.1999 IV R
96/96, BFHE 187, 570 = SIS 99 08 14, jeweils m.w.N.).
Eine sachliche Verflechtung ist gegeben, wenn
es sich bei dem vermieteten Wirtschaftsgut für das
Betriebsunternehmen um eine wesentliche Betriebsgrundlage handelt.
Bei einem Grundstück ist das der Fall, wenn es zur Erreichung
des Betriebszwecks erforderlich ist und besonderes Gewicht für
die Betriebsführung besitzt (vgl. z.B. Senatsurteil vom
26.11.1992 IV R 15/91, BFHE 171, 490, BStBl II 1993, 876 = SIS 93 22 19). Diese Voraussetzungen sind nach den unstreitigen
tatsächlichen Feststellungen des FG erfüllt.
b) Eine personelle Verflechtung liegt vor,
wenn eine Person oder mehrere Personen zusammen als Personengruppe
sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in der Weise
beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen
einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen
durchzusetzen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom
8.11.1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 = SIS 72 00 39). In diesem Fall unterscheidet sich die Tätigkeit des
Besitzunternehmens von der Tätigkeit eines normalen
Vermieters. Ob eine personelle Verflechtung vorliegt, ist nach den
Verhältnissen des einzelnen Falles zu entscheiden. An diese
Voraussetzung sind strenge Anforderungen zu stellen (BFH-Beschluss
in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 = SIS 72 00 39).
Besitzunternehmen kann nach der Rechtsprechung des BFH auch eine
Gütergemeinschaft sein (Beschluss des Großen Senats des
BFH vom 25.6.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 = SIS 84 21 08; Senatsurteil in BFHE 171, 490, BStBl II 1993, 876 = SIS 93 22 19).
Im Streitfall liegt eine personelle
Verflechtung vor, weil an Besitz- und Betriebsunternehmen dieselben
Personen beteiligt sind, also Beteiligungsidentität besteht.
Beide Kläger waren an der GmbH beteiligt, weil die vom
Kläger erworbenen Anteile an der GmbH Gesamtgut der
Kläger i.S. des § 1416 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(BGB) waren. Nach § 1416 Abs. 1 Satz 2 BGB gehört zum
Gesamtgut auch das Vermögen, das der Mann oder die Frau
während der Gütergemeinschaft erwirbt. Ausgeschlossen
davon sind nur Gegenstände, die zum Vorbehaltsgut oder
Sondergut gehören. Sondergut sind nach der
abschließenden Regelung in § 1417 Abs. 2 BGB die
Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft
übertragen werden können.
Der Anteil an einer GmbH fällt danach
grundsätzlich in das Gesamtgut, weil er
rechtsgeschäftlich frei übertragbar ist (§ 15 Abs. 1
des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter
Haftung - GmbHG - ). Streitig ist die Frage, ob ein Anteil dann zum
Sondergut gehört, wenn er gesellschaftsvertraglich nicht ohne
Zustimmung der Mitgesellschafter übertragen werden kann. Die
Zuordnung zum Sondergut wird zum Teil abgelehnt, weil unter einem
Übertragungsverbot i.S. des § 1417 Abs. 2 BGB nur ein
solches auf Grund eines Gesetzes, nicht aber ein
rechtsgeschäftlich vereinbartes Übertragungsverbot
verstanden wird (so etwa Palandt/Brudermüller,
Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 65. Aufl. 2006, §
1417 Rz. 3; Soergel/Gaul, BGB, 12. Aufl. 1988, § 1417 Rz. 3;
Erman/Heckelmann, BGB, 11. Aufl. 2004, § 1417 Rz. 2; Scholz,
GmbHG, 9. Aufl. 2000, § 15 Rdnr. 201). Die Gegenansicht fasst
auch rechtsgeschäftliche Übertragungsverbote unter §
1417 Abs. 2 BGB (so etwa Gernhuber/Coester-Waltjen, Lehrbuch des
Familienrechts, 4. Aufl. 1994, § 38 IV 1; Staudinger/Thiele
(2000), BGB, § 1417 Rn. 9; Kanzleiter in Münchener
Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch - MünchKomm -, 4.
Aufl. 2000, § 1417 Rdnr. 3; Winter/Löbbe in Ulmer, GmbHG,
2005, § 15 Rn. 150).
Die Frage kann - wie das FG zu Recht erkannt
hat - im vorliegenden Rechtsstreit unentschieden bleiben. Denn auch
ein rechtsgeschäftliches Übertragungsverbot führt
nicht zur Zuordnung zum Sondergut, wenn sich das Verbot nicht auch
auf die Übertragung an den Ehegatten erstreckt. Zweck des
rechtsgeschäftlichen Übertragungsverbots ist, dass sich
kein Vertragspartner einen Dritten als (weiteren) Vertragspartner
aufdrängen lassen muss (Kanzleiter, MünchKomm, §
1417, Rdnr. 3). Soweit bestimmte Personen von dem
Übertragungsverbot ausdrücklich ausgenommen sind, fehlt
es jedoch an einem solchen Schutzinteresse. So verhält es sich
im Streitfall, denn das im Gesellschaftsvertrag vereinbarte
Übertragungsverbot nahm ausdrücklich Übertragungen
an Ehegatten und eheliche Abkömmlinge aus. Der Einwand der
Kläger, der Mitgesellschafter habe aber nicht auf den Schutz
gegen eine Einbeziehung in das Gesamtgut verzichtet, greift nicht
durch. Denn aus der Sicht des Mitgesellschafters ist es ohne
Bedeutung, ob der Gesellschaftsanteil zum Sondergut eines der
Ehegatten oder zum Gesamtgut gehört. Unklarheiten und
Zuordnungsfragen entstehen bei der Gütergemeinschaft im
Unterschied zu anderen Gesamthandsgemeinschaften nicht.
Für die personelle Verflechtung kommt es
entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht darauf an, ob
jeder der Ehegatten seine Mitwirkungsrechte tatsächlich
ausgeübt hat. Nach dem Ehe- und Erbvertrag der Kläger
üben beide Ehegatten die Verwaltung des Gesamtguts
gemeinschaftlich aus. Damit bestanden für beide Ehegatten die
für eine Unternehmerinitiative erforderlichen
Mitwirkungsmöglichkeiten. Inwieweit sich jeder Ehegatte im
Einzelnen an Entscheidungen über die Verwaltung des Gesamtguts
beteiligt hat, ist ohne Bedeutung. Der Senat folgt den Klägern
nicht in der Annahme, im Fall der personellen Verflechtung auf
Grund ehelichen Güterrechts müssten besondere
Anforderungen an eine tatsächliche Ausübung der
Mitwirkungsrechte gestellt werden. Die von den Ehegatten bewusst
gewählte Gütergemeinschaft hat das Entstehen der
betreffenden Mitwirkungsrechte zur Folge und ist unter diesem
Gesichtspunkt nicht anders zu beurteilen als eine
gesellschaftsrechtliche Beteiligung.
2. Das Besitzunternehmen der Kläger nimmt
aber an der Gewerbesteuerbefreiung der Betriebs-GmbH teil. Ein
Gewerbesteuermessbetrag 1987 war deshalb nicht festzusetzen. Mit
Urteil vom 29.3.2006 X R 59/00 (BFHE 213, 50, BStBl II 2006, 661 =
SIS 06 25 14) hat der BFH in Abkehr von seiner früheren
Rechtsprechung entschieden, dass sich die Befreiung der
Betriebskapitalgesellschaft von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr.
20 Buchst. c des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) bei einer
Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- und/oder
Verpachtungstätigkeit des Besitzpersonenunternehmens
erstreckt. Dieser Rechtsprechungsänderung hat der erkennende
Senat zugestimmt. Sie gilt auch im Streitfall, denn die
Steuerbefreiung für ein gemeinnütziges Altersheim
gemäß § 3 Nr. 6 GewStG kann insoweit nicht anders
beurteilt werden als die Steuerbefreiung für ein Altenheim
i.S. des § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG; dies räumt auch das
FA ein. Daraus folgt, dass das Besitzunternehmen der Kläger
nur gewerbesteuerbefreite Einkünfte erzielt.
3. Die Gewerbesteuerbefreiung ändert
indessen nichts an dem Vorliegen der Betriebsaufspaltung. Diese hat
nicht nur Bedeutung für die Umqualifizierung der
Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb, sondern auch für
die Qualifizierung des Vermögens des Besitzunternehmens als
Betriebsvermögen. Dementsprechend waren die der GmbH
überlassenen Grundstücke und die Anteile an der GmbH
Betriebsvermögen des Besitzunternehmens. Mit der
Veräußerung dieser Wirtschaftsgüter an zwei
verschiedene Erwerber im Jahr 1988 haben die Kläger demnach
einen Aufgabegewinn erzielt, der zu den Einkünften aus
Gewerbebetrieb zählt. Da er der Höhe nach nicht mehr
streitig ist, ist der Gewinnfeststellungsbescheid 1988 auch
insoweit nicht zu beanstanden.