Auf die Revision des Klägers wird das
Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 07.10.2020 - 1 K
1272/18 = SIS 20 18 88
aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht
Rheinland-Pfalz zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Verfahrens übertragen.
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I. Streitig ist, mit welchem Anteil das
Gehalt des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) in
der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) zu versteuern
ist.
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Der verheiratete, im Inland wohnhafte
Kläger war in den Jahren 2015 und 2016 (Streitjahre) als
Linienbusfahrer bei der Firma X mit Sitz im Großherzogtum
Luxemburg (Luxemburg) beschäftigt. Hieraus erzielte der mit
seiner Ehefrau zusammenveranlagte Kläger Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit
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Im Streitjahr 2015 betrug der
Bruttoarbeitslohn … EUR. Darin waren enthalten
Zuschläge für Nacht-, Feiertags- oder Sonntagsarbeit in
Höhe von … EUR. In der Einkommensteuererklärung
für 2015 erklärte der Kläger in der Anlage N (nach
Abzug der Zuschläge) einen steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn
von … EUR und einen steuerfreien, aber dem
Progressionsvorbehalt unterliegenden Arbeitslohn aus Luxemburg in
Höhe von … EUR. Zudem erklärte er Werbungskosten
in Höhe von … EUR, wovon er … EUR dem
inländischen Arbeitslohn und … EUR den
Progressionseinkünften zuordnete. Der Kläger gab an,
insgesamt 109.343 Minuten gearbeitet zu haben, wovon 26.315 Minuten
(entspricht 24,07 %) auf seine Tätigkeit in Deutschland
entfallen seien. Zum Nachweis legte er tägliche
Dienstpläne vor.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) nahm hingegen anhand der eingereichten
Unterlagen eine taggenaue Zuordnung wie folgt vor:
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33 Arbeitstage
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ausschließlich Luxemburg
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2 Arbeitstage
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ausschließlich Deutschland
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198 Arbeitstage
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sowohl Deutschland als auch
Luxemburg
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Unter Berufung auf § 7 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 der vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) erlassenen
Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum
Luxemburg vom 09.07.2012 - KonsVerLUXV - (BGBl I 2012, 1484, BStBl
I 2012, 693 = SIS 12 19 73) wies das FA die Arbeitstage, an denen
der Kläger sowohl in Deutschland als auch in Luxemburg
tätig war, beiden Staaten jeweils zu 50 % zu. Danach ergab
sich für das Streitjahr 2015 folgende Verteilung: 56,65 % (132
Arbeitstage) Luxemburg und 43,35 % (101 Arbeitstage) Deutschland.
Im Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 20.03.2017 wurde der
im Inland zu versteuernde Arbeitslohn mit … EUR und die
darauf entfallenden Werbungskosten mit … EUR angesetzt; dem
Progressionsvorbehalt wurden Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit in Höhe von … EUR
(… EUR abzüglich Werbungskosten in Höhe von
… EUR) unterworfen.
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Im Streitjahr 2016 betrug der
Bruttoarbeitslohn … EUR. Darin waren enthalten
Zuschläge für Nacht-, Feiertags- oder Sonntagsarbeit in
Höhe von … EUR. In der Einkommensteuererklärung
für 2016 erklärte der Kläger in der Anlage N (nach
Abzug der Zuschläge) einen steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn
von … EUR (46,23 %) und einen steuerfreien, aber dem
Progressionsvorbehalt unterliegenden Arbeitslohn aus Luxemburg in
Höhe von … EUR (53,77 %). Zudem erklärte er
Werbungskosten in Höhe von … EUR, wovon er … EUR
dem inländischen Arbeitslohn und … EUR den
Progressionseinkünften zuordnete. Anhand monatlicher
Arbeitsauflistungen wurde vom Steuerberater eine taggenaue
Zuordnung wie folgt vorgenommen:
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19 Arbeitstage
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ausschließlich Luxemburg
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233 Arbeitstage
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sowohl Deutschland als auch
Luxemburg
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Die Veranlagung erfolgte
erklärungsgemäß mit Einkommensteuerbescheid
für 2016 vom 11.12.2017. Kurz zuvor hatte aber der Kläger
eine geänderte Einkommensteuererklärung übermittelt,
in der er einen steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn von …
EUR (hierzu Werbungskosten in Höhe von … EUR) und einen
steuerfreien, dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Arbeitslohn
aus Luxemburg in Höhe von … EUR (hierzu Werbungskosten
in Höhe von … EUR) erklärte. Der Kläger gab
an, insgesamt 120.960 Minuten gearbeitet zu haben, wovon 19.951
Minuten (entspricht 16,49 %) auf seine Tätigkeit in
Deutschland und 101.009 Minuten auf seine Tätigkeit in
Luxemburg entfallen seien. Zum Nachweis legte er monatliche
Arbeitsauflistungen vor, in denen die Zahl der Arbeitstage und die
nach der jeweils gefahrenen Buslinie planmäßig in
Deutschland gefahrenen Minuten angegeben waren.
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Nachdem es bereits mit
Einspruchsentscheidung vom 24.05.2017 den Einspruch für 2015
zurückgewiesen hatte, lehnte das FA am 15.12.2017 die
Änderung des Einkommensteuerbescheids 2016 ab und wies den
Einspruch gegen den Steuerbescheid mit Einspruchsentscheidung vom
26.02.2018 als unbegründet zurück.
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Der dagegen gerichteten Klage gab das
Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz mit in EFG 2021, 88 =
SIS 20 18 88 veröffentlichtem
Urteil nur zu einem kleinen - einen anderen Streitpunkt
betreffenden - Teil statt. In Bezug auf die vom FA vorgenommene
Zuordnung der Besteuerungsrechte für den Arbeitslohn hat das
FG die Klage als unbegründet abgewiesen.
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Dagegen richtet sich die Revision des
Klägers, mit der er die Verletzung materiellen Rechts geltend
macht. Das FA hat die seinerseits zunächst eingelegte Revision
mit Schriftsatz vom 15.06.2023 zurückgenommen.
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Der Kläger beantragt, das Urteil des
FG Rheinland-Pfalz vom 07.10.2020 - 1 K 1272/18 aufzuheben, soweit
es die Klage abgewiesen hat, und 1.) die Einspruchsentscheidung des
FA vom 24.05.2017 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2015
vom 20.03.2017 dahingehend zu ändern, dass die Aufteilung des
Gehaltsanteils, der auf Deutschland entfällt, entsprechend der
Einkommensteuererklärung vorgenommen wird, sowie 2.) den
Ablehnungsbescheid des FA vom 15.12.2017 und die dazu ergangene
Einspruchsentscheidung vom 26.02.2018 aufzuheben und den
Einkommensteuerbescheid 2016 vom 11.12.2017 dahingehend zu
ändern, dass die Aufteilung des Gehaltsanteils, der auf
Deutschland entfällt, entsprechend der
Einkommensteuererklärung vorgenommen wird.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Das BMF ist dem Verfahren beigetreten; es
hat keinen Antrag gestellt.
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II. Die Revision ist begründet, sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Dieses ist unzutreffend davon
ausgegangen, dass der Arbeitslohn, den der Kläger in den
Streitjahren für Tage bezogen hat, an denen er teilweise in
Deutschland und teilweise in Luxemburg gearbeitet hat, im Wege
einer Schätzung jeweils hälftig auf Deutschland und
Luxemburg aufzuteilen sei.
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1. Der Kläger war aufgrund seines
inländischen Wohnsitzes in den Streitjahren unbeschränkt
steuerpflichtig und unterlag daher mit allen Einkünften der
Einkommensteuer (§ 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der
in den Streitjahren geltenden Fassung - EStG - ). Auf die von ihm
erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§
19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) findet Art. 14 Abs. 1 des Abkommens
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum
Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und Verhinderung der
Steuerhinterziehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und
vom Vermögen vom 23.04.2012 (BGBl II 2012, 1403, BStBl I 2015,
8) - DBA-Luxemburg 2012 - Anwendung. Danach können
vorbehaltlich der Art. 15 bis 19 des Abkommens Gehälter,
Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem
Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit
bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die
Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit
dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen
Vergütungen im anderen Staat besteuert werden. In dem
letztgenannten Fall wird die Doppelbesteuerung bei in Deutschland
ansässigen Personen durch Freistellung der Löhne von der
Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer vermieden (Art. 22 Abs. 1
DBA-Luxemburg 2012).
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2. Bei der Bestimmung des
Tätigkeitsstaats im Sinne des Art. 14 Abs. 1 DBA-Luxemburg
2012 - der Art. 15 Abs. 1 des Musterabkommens der Organisation for
Economic Cooperation and Development (OECD) nachgebildet ist -
kommt es nach dem eindeutigen Abkommenswortlaut allein auf den Ort
der Ausübung der nichtselbständigen Tätigkeit an
(Tätigkeitsortprinzip, vgl. zuletzt Senatsurteil vom
16.01.2019 - I R 66/17, BFH/NV 2019, 1067 = SIS 19 12 02;
Senatsbeschluss vom 01.06.2022 - I R 45/18, BFHE 277, 274, BStBl II
2022, 646 = SIS 22 14 66). Für die Beurteilung der Frage, an
welchem Ort die nichtselbständige Tätigkeit ausgeübt
wird, ist auf den Arbeitsort abzustellen. Dieser befindet sich
dort, wo der Arbeitnehmer sich zur Ausübung seiner
Tätigkeit tatsächlich aufhält; ausschlaggebend
hierfür ist seine physische Anwesenheit im
Tätigkeitsstaat (vgl. Senatsurteile vom 25.11.2014 - I R
27/13, BFHE 248, 153, BStBl II 2015, 448 = SIS 15 05 88, m.w.N.;
vom 16.01.2019 - I R 66/17, BFH/NV 2019, 1067 = SIS 19 12 02).
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Für grenzüberschreitend tätige
Berufskraftfahrer, deren Arbeitsort dort ist, wo sie sich mit den
ihnen anvertrauten Fahrzeugen jeweils physisch aufhalten, folgt
hieraus, dass das Arbeitsentgelt aufzuteilen ist (vgl.
Senatsurteile vom
29.01.1986 - I R 22/85, BFHE 146, 132, BStBl II 1986, 479 = SIS 86 11 58; vom 31.03.2004 - I R 88/03, BFHE 206, 64, BStBl II 2004,
936 = SIS 04 27 47; Senatsbeschluss vom 22.01.2002 - I B 79/01,
BFH/NV 2002, 902 = SIS 02 69 10); das gilt auch für den Fall,
dass der Kraftfahrer an einem Arbeitstag nur stundenweise in einem
Staat tätig geworden ist (Senatsurteil vom 29.01.1986 - I R
22/85, BFHE 146, 132, BStBl II 1986, 479 = SIS 86 11 58;
Senatsbeschluss vom 01.06.2022 - I R 45/18, BFHE 277, 274, BStBl II
2022, 646 = SIS 22 14 66; vgl. auch Senatsurteil vom 25.11.2014 - I
R 27/13, BFHE 248, 153, BStBl II 2015, 448 = SIS 15 05 88).
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3. Das FG hat - ohne dass insoweit Streit
zwischen den Beteiligten besteht - die Handhabung des FA
bestätigt, wonach die Tage, an denen der Kläger
ausschließlich in Luxemburg tätig war, von der
Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer (2015: 33
Arbeitstage; 2016: 19 Arbeitstage) ausgenommen und die Tage, an
denen der Kläger ausschließlich in Deutschland
tätig war (2015: 2 Arbeitstage), dem deutschen
Besteuerungsrecht unterworfen waren. Die zwischen den Beteiligten
streitigen Arbeitstage, an denen der Kläger sowohl in
Deutschland als auch Luxemburg tätig war
(grenzüberschreitende Linienfahrten), hat es im Ergebnis im
Schätzungswege hälftig geteilt (2015: 198 Arbeitstage;
2016: 233 Arbeitstage). Diese Handhabung hält einer
revisionsgerichtlichen Überprüfung indessen nicht
stand.
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a) Es ist zwar zutreffend, dass die
erforderliche Aufteilung des Arbeitslohns nach dem physischen
Aufenthalt dann im Wege der Schätzung nach § 162 der
Abgabenordnung vorgenommen werden kann, wenn keine geeigneten
Nachweise zum jeweiligen Grenzübertritt vorgelegt werden (vgl.
Senatsbeschluss vom 01.06.2022 - I R 45/18, BFHE 277, 274, BStBl II
2022, 646 = SIS 22 14 66).
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b) Das FG hat die vom Kläger vorgelegten
Unterlagen aber zu Unrecht als ungeeignete Schätzungsgrundlage
angesehen. Der Kläger hat für 2015 tägliche
Dienstpläne (samt daraus für jede Fahrt abgeleiteter
Ermittlung der auf dem jeweiligen Staatsgebiet ausgeübten
Arbeitszeit) und für 2016 monatliche Arbeitsauflistungen, in
denen die Zahl der Arbeitstage und die - nach der jeweils
gefahrenen Buslinie - planmäßig in Deutschland
gefahrenen Minuten angegeben waren, vorgelegt. Das FG hat diese
Unterlagen als zum Nachweis der im jeweiligen Vertragsstaat
ausgeübten Arbeitszeit prinzipiell ungeeignet verworfen und
konkrete Ermittlungen und Nachweise der tatsächlichen
Fahrtzeiten für jede einzelne Fahrt gefordert. Zu den
vorgelegten Dienstplänen hat es insbesondere ausgeführt,
es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass sich die
Verkehrslage je nach Tageszeit und Unfallgeschehen täglich
anders darstelle. Abgesehen davon, dass sich tageweise
Veränderungen der Verkehrsverhältnisse auf beiden Seiten
der Grenze ereignen können und sich wahrscheinlich über
die Zeit hin ausgleichen, ist es jedenfalls nicht nachvollziehbar,
weshalb die vom FG vorgenommene hälftige Aufteilung der
Arbeitszeiten näher an der Realität liegen sollte, als
die vom Kläger vorgenommene Ermittlung der nach
Dienstplänen beziehungsweise nach der jeweils gefahrenen
Buslinie planmäßig in Deutschland gefahrenen Minuten. Es
ist insoweit unzutreffend, dass die vorgelegten Unterlagen als
Schätzungsgrundlage ungeeignet sind. Vielmehr ist es Aufgabe
des FG, die vorgelegten Unterlagen - jedenfalls stichprobenweise -
auf ihre Plausibilität zu prüfen und gegebenenfalls auf
ihrer Grundlage eine Schätzung vorzunehmen.
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4. An diesem Ergebnis ändern weder §
7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KonsVerLUXV noch die diesem zugrunde liegende
Konsultationsvereinbarung zwischen den Finanzverwaltungen der
beiden Vertragsstaaten etwas.
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a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
KonsVerLUXV wird Arbeitsentgelt, das auf Arbeitstage entfällt,
an denen der Berufskraftfahrer, der Lokomotivführer oder das
Begleitpersonal seine Tätigkeit teilweise in dem Vertragsstaat
ausgeübt hat, in dem der Arbeitgeber des Berufskraftfahrers,
des Lokomotivführers oder des Begleitpersonals seinen Wohnsitz
hat, und teilweise in seinem Ansässigkeitsstaat,
unabhängig von der jeweiligen Verweildauer zu gleichen Teilen
auf den Ansässigkeitsstaat des Berufskraftfahrers, des
Lokomotivführers oder des Begleitpersonals und auf den
Wohnsitzstaat des Arbeitgebers aufgeteilt.
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Die Regelung ist jedoch bereits aufgrund des
eigenen Geltungsanspruchs der Verordnung nicht auf das im
Streitfall maßgebliche DBA-Luxemburg 2012 anwendbar. Nach
§ 1 KonsVerLUXV gilt als Abkommen im Sinne der Verordnung
vielmehr (nur) das zuletzt durch Protokoll vom 11.12.2009 (BGBl II
2010, 1151, BStBl I 2011, 838) geänderte Abkommen zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg
zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige
Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und
vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom
23.08.1958 (BGBl II 1959, 1270, BStBl I 1959, 1023) - DBA-Luxemburg
1958/2009 - . Eine Erstreckung auf das DBA-Luxemburg 2012
enthält die Verordnung nicht. Soweit das BMF dazu
ausgeführt hat, dass sich der Inhalt des Abkommens, bezogen
auf den für den Streitfall relevanten Teil, nicht
geändert habe und die Verhandlungsführer deshalb von
einer Fortgeltung des
§ 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KonsVerLUXV ausgegangen seien,
ändert das nichts daran, dass es an einer Erstreckung der
KonsVerLUXV auf das DBA-Luxemburg 2012 durch den Verordnungsgeber
fehlt. Die in der KonsVerLUXV wiedergegebene Verwaltungspraxis ist
auch nicht - was nahegelegen hätte - in das neue Abkommen
selbst aufgenommen oder in einer Protokollerklärung dazu
festgehalten worden. Überdies würde § 7 Abs. 2 Satz
1 Nr. 1 KonsVerLUXV im Falle seiner Anwendbarkeit gegen
höherrangiges Recht - nämlich gegen Art. 14 Abs. 1
DBA-Luxemburg 2012 - verstoßen, wie sich aus den
nachfolgenden Ausführungen ergibt.
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b) Die von § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
KonsVerLUXV übernommene, zwischen den Finanzverwaltungen der
beiden Vertragsstaaten geschlossene Konsultationsvereinbarung vom
07.09.2011 (Verständigungsvereinbarung zum Abkommen vom
23.08.1958 in der Fassung des Ergänzungsprotokolls vom
15.06.1973 und des Änderungsprotokolls vom 11.12.2009 zwischen
dem Großherzogtum Luxemburg und der Bundesrepublik
Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen betreffend die
Besteuerung der Löhne von Berufskraftfahrern,
Lokomotivführern und Begleitpersonal, die in einem der beiden
Vertragsstaaten ansässig und für ein in dem anderen
Vertragsstaat ansässiges Unternehmen tätig sind, BStBl I
2011, 850) taugt ebenfalls nicht als Rechtsgrundlage für eine
vom jeweiligen Ort der Arbeitsausübung unabhängige,
pauschale hälftige Aufteilung der Besteuerungsrechte.
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Zwar bestimmt Nr. 10 der
Konsultationsvereinbarung, dass die Vereinbarung dann, wenn das
Abkommen vom 23.08.1958 durch ein neues Abkommen ersetzt wird,
entsprechend auf das neue Abkommen anzuwenden ist. Jedoch
verstößt der Inhalt der Konsultationsvereinbarung gegen
den Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 DBA-Luxemburg 2012 und kann daher
für die Auslegung der Abkommensvorschrift nicht
maßgeblich sein.
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aa) Zur Beseitigung von Schwierigkeiten bei
der Abgrenzung des Besteuerungsrechts nach dem Ausübungsort
der nichtselbständigen Tätigkeit von Berufskraftfahrern,
die in einem der Vertragsstaaten ansässig sind und ihre
nichtselbständige Tätigkeit für einen in dem anderen
Vertragsstaat ansässigen Arbeitgeber ausüben, hatten die
Vertragsstaaten zunächst eine auf Art. 26 Abs. 3 DBA-Luxemburg
1958 basierende und mit BMF-Schreiben vom 10.05.2005 (BStBl I 2005,
696 = SIS 05 26 72) veröffentlichte Konsultationsvereinbarung
getroffen. Diese wurde später durch die
Konsultationsvereinbarung vom 07.09.2011 ersetzt. Die
Konsultationsvereinbarung erfasst nunmehr auch Lokomotivführer
und Begleitpersonal. Nach deren Nr. 4 Buchst. a wird der
Arbeitslohn, der auf Arbeitstage entfällt, an denen der
Berufskraftfahrer, der Lokomotivführer oder das
Begleitpersonal seine Tätigkeit teilweise in dem Vertragsstaat
ausgeübt hat, in dem der Arbeitgeber des Berufskraftfahrers,
des Lokomotivführers oder des Begleitpersonals seinen Wohnsitz
hat, und teilweise in dem Vertragsstaat, in dem der
Berufskraftfahrer, der Lokomotivführer oder das
Begleitpersonal seinen Wohnsitz hat, unabhängig von der
jeweiligen Verweildauer des Berufskraftfahrers, des
Lokomotivführers oder des Begleitpersonals in den einzelnen
Staaten, zu gleichen Teilen auf die entsprechenden Staaten
aufgeteilt.
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bb) Nach der ständigen
Senatsrechtsprechung (u.a. Urteile vom 02.09.2009 - I R 111/08, BFHE 226, 276,
BStBl II 2010, 387 = SIS 09 33 01; vom 10.06.2015 - I R 79/13, BFHE
250, 110, BStBl II 2016, 326 = SIS 15 21 48; vom 30.05.2018 - I R 62/16,
BFHE 262, 54 = SIS 18 17 17) ist es zwar nicht ausgeschlossen, die
Abkommenspraxis der Vertragsstaaten, wie sie in einer
Konsultationsvereinbarung zum Ausdruck kommt, bei der
Abkommensauslegung zu berücksichtigen. In Einklang damit
stehen die Grundsätze zur Auslegung von Verträgen nach
Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der
Verträge vom 23.05.1969 - WÜRV - (BGBl II 1985, 927), in
innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des
Zustimmungsgesetzes vom 03.08.1985 (BGBl II 1985, 926) am
20.08.1987 (BGBl II 1987, 757). Ein Vertrag ist danach nach Treu
und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen,
seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung im
Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Außer dem bei
der Auslegung zu berücksichtigenden und in Art. 31 Abs. 2
WÜRV näher beschriebenen systematischen
„Zusammenhang“ sind nach Art. 31 Abs. 3
WÜRV in gleicher Weise zu berücksichtigen: a) jede
spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien
über die Auslegung des Vertrags oder die Anwendung seiner
Bestimmungen sowie b) jede spätere Übung bei der
Anwendung des Vertrags, aus der die Übereinstimmung der
Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht.
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28
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So gesehen können ein
übereinstimmendes Abkommensverständnis und eine
gemeinsame „Übung“ der beteiligten
Finanzverwaltungen für eine Abkommensauslegung bedeutsam sein,
das aber immer nur insofern, als sie nicht dem Wortlaut des
Abkommens zuwiderlaufen (vgl. Senatsurteile vom 27.08.2008 - I R
64/07, BFHE 222, 553, BStBl II 2009, 97 = SIS 08 40 97; vom
02.09.2009 - I R 111/08, BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387 = SIS 09 33 01). Der Abkommenswortlaut stellt in abschließender Weise
die Grenzmarke für das richtige Abkommensverständnis dar
(Senatsurteile in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387 = SIS 09 33 01;
vom 10.06.2015 - I R 79/13, BFHE 250, 110, BStBl II 2016, 326 = SIS 15 21 48). Wird das in der Konsultationsvereinbarung gefundene
Abkommensverständnis durch den Wortlaut nicht gedeckt, dann
kann die Vereinbarung die Abkommensauslegung durch die Gerichte
nicht beeinflussen oder die Gerichte gar binden (Senatsurteile in
BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387 = SIS 09 33 01; in BFHE 250, 110,
BStBl II 2016, 326 = SIS 15 21 48; vom 30.05.2018 - I R 62/16, BFHE
262, 54 = SIS 18 17 17). Diese Handhabung allein entspricht dem
Gesetzesvorbehalt und dem Prinzip der Gewaltenteilung (vgl. auch
Senatsurteil vom 11.07.2018 - I R 44/16, BFHE 262, 354, BStBl II
2023, 430 = SIS 18 19 17 zu den Grenzen der Wirkung des
OECD-Musterkommentars auf die Abkommensauslegung).
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cc) Die von den Verwaltungen intendierte
pauschal hälftige Aufteilung der Besteuerungsrechte bewegt
sich nicht innerhalb des Wortlauts des Art. 14 Abs. 1 Satz 1
DBA-Luxemburg 2012. Danach können Gehälter, Löhne
und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat
ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur
in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im
anderen Vertragsstaat
„ausgeübt“.
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Bei den in der Konsultationsvereinbarung
genannten Berufsgruppen kommt es bei der Arbeitsausübung -
anders als bei anderen Berufsgruppen - zwar regelmäßig
täglich zur gegebenenfalls sogar mehrfachen
Überschreitung der Landesgrenzen, weshalb eine einfache und
eine Doppel- beziehungsweise Nichtbesteuerung vermeidende
Handhabung zweckmäßig erscheint. Indessen aber ordnet
die Konsultationsvereinbarung die hälftige Aufteilung - nach
Auffassung des BMF im Sinne einer unwiderleglichen Vermutung -
„unabhängig von der jeweiligen
Verweildauer“ an. Es ist offensichtlich, dass
dieser Inhalt mit dem durch Art. 14 Abs. 1 DBA-Luxemburg 2012
ausdrücklich angeordneten Tätigkeitsortprinzip
unvereinbar ist und den Abkommenswortlaut überschreitet.
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5. Da das FG von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, ist sein Urteil aufzuheben.
Die Sache ist nicht spruchreif, da der Senat als Revisionsgericht
die vom Kläger eingereichten Unterlagen zur Ermittlung des
zeitlichen Umfangs der im jeweiligen Vertragsstaat ausgeübten
Arbeit nicht selbst überprüfen kann. Es ist insoweit
Aufgabe des FG, dieser Aufgabe im zweiten Rechtsgang nachzukommen
und gegebenenfalls auf Basis der überprüften Unterlagen
eine realitätsgerechte Schätzung vorzunehmen.
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6. Die Übertragung der Kostenentscheidung
beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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