Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Münster vom 11.05.2017 - 10 K
2308/14 K,G,F = SIS 17 14 79 wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob ein steuerlicher Querverbund gemäß § 4 Abs. 6
Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der für
das Streitjahr (2011) geltenden Fassung (KStG) auch für den
Zeitraum vom 23.07.2011 bis zum 31.12.2011 anzuerkennen
ist.
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine kommunale
Eigengesellschaft in der Rechtsform der GmbH. Alleinige
Gesellschafterin ist die Stadt X (Stadt). Unternehmensgegenstand
ist die Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser und
Wärme. Hinzu kommt der Betrieb von Häfen, der über
zwei rechtlich selbständige Kapitalgesellschaften geführt
wird. Außerdem hält die Klägerin 99 % der Anteile
der Bädergesellschaft X mbH (X GmbH), die mehrere
öffentliche Hallen- und Freibäder betreibt. Die
übrigen Anteile der X GmbH hält die Stadt.
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Zwischen der Klägerin und der X GmbH
bestand seit 1996 ein steuerlicher Querverbund i.S. des Abschn. 5
Abs. 9 und Abs. 11a der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995
(KStR). Grundlage war zunächst eine enge wechselseitige
technisch-wirtschaftliche Verflechtung durch den Betrieb eines
Blockheizkraftwerks im Hallenbad Y sowie eine entsprechende
verbindliche Auskunft des Beklagten und Revisionsbeklagten
(Finanzamt - FA - ) vom 05.07.1995. Im Jahr 2004 wurde das
Blockheizkraftwerk durch zwei Gas-Heizkessel ersetzt. Diese
Heizkessel deckten sowohl den Wärmebedarf des Hallenbads als
auch - über ein gesondertes Nahwärmesystem - den
Wärmebedarf von drei in der Nähe gelegenen Stadtvillen.
Dass trotz dieser Änderung weiterhin eine enge technische und
wirtschaftliche Verflechtung i.S. des Abschn. 5 Abs. 9 KStR und
damit ein steuerlicher Querverbund bestand, war Gegenstand der
verbindlichen Auskunft vom 29.06.2004. Zwischen der Klägerin
als Organträgerin und der X GmbH als Organgesellschaft besteht
seit 1996 eine körperschaft-, gewerbe- und
umsatzsteuerrechtliche Organschaft.
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Am 23.07.2011 wurde das Hallenbad Y
für den Publikumsverkehr geschlossen. Auch die weiteren
Hallenbäder der X GmbH schlossen im Jahr 2011. Am 10.09.2011
eröffnete dafür das neu errichtete Z Bad. Das Hallenbad Y
wurde noch bis zum 17.08.2012 als Reservebad in
Betriebsbereitschaft gehalten. In der Zeit vom 09.07.2012 bis zum
17.08.2012 wurde es während einer vorübergehenden
Schließung des neuen Hallenbades wieder für den
Publikumsverkehr geöffnet.
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Um den steuerlichen Querverbund
beizubehalten, errichtete die X GmbH in dem neuen Hallenbad ein
Biogas-Blockheizkraftwerk. Mit der verbindlichen Auskunft vom
14.05.2012 bestätigte das FA, dass die Voraussetzungen des
steuerlichen Querverbunds ab 01.06.2012, dem Zeitpunkt der
vollständigen Anbindung des Kraftwerks, (wieder)
vorliegen.
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Dagegen erkannte das FA für den
Zeitraum vom 23.07.2011 bis zum 30.05.2012 keinen steuerlichen
Querverbund an und wies für das Jahr 2011 anteilige Verluste
der X GmbH in Höhe von ... EUR (Körperschaftsteuer) und
... EUR (Gewerbesteuer) nicht der Sparte „Energie- und
Wasserversorgung“, sondern einer gesonderten Sparte 3
zu.
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Die Einsprüche gegen die Bescheide
über Körperschaftsteuer für 2011, über die
gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27
Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12.2011, über
die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge
in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum 31.12.2011 und
über den Gewerbesteuermessbetrag für 2011 wies das FA als
unbegründet zurück. Während des Klageverfahrens
ergingen aus nicht streitigen Gründen zuletzt die
Änderungsbescheide vom 28.04.2017.
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Das Finanzgericht (FG) Münster wies
die Klage mit Urteil vom 11.05.2017 - 10 K 2308/14 K,G,F (EFG 2017,
1200 = SIS 17 14 79) hinsichtlich des Bescheids über die
gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27
Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG als unzulässig und im
Übrigen als unbegründet ab.
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Die Klägerin macht mit ihrer Revision
die Verletzung materiellen Rechts geltend und beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben, soweit die Klage als unbegründet
abgewiesen worden ist, und die Bescheide vom 28.04.2017 über
die Körperschaftsteuer 2011, über die gesonderte
Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in den
Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum 31.12.2011 und über
den Gewerbesteuermessbetrag 2011 dahin zu ändern, dass auch
der auf den Zeitraum vom 23.07.2011 bis zum 31.12.2011 entfallende
Verlust in Höhe von ... EUR im Jahr 2011 zum Abzug zugelassen
wird.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 und 4 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat die Klage im Ergebnis
zu Recht abgewiesen.
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1. Hinsichtlich des Bescheids über die
gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in
den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum 31.12.2011 war die
Klage bereits unzulässig. Die Klägerin ist insoweit nicht
beschwert (§ 40 Abs. 2 FGO), da die für das Streitjahr
begehrte Verlustverrechnung zur Folge hätte, dass nur noch ein
geringerer Verlustvortrag festzustellen wäre (vgl.
Senatsurteil vom 21.10.2014 - I R 1/13, BFH/NV 2015, 690 = SIS 15 07 89; Senatsbeschluss vom 12.10.2016 - I R 80/14, BFHE 256, 223,
BStBl II 2017, 615 = SIS 17 03 79, jeweils m.w.N.).
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2. Hinsichtlich der Bescheide über die
Körperschaftsteuer 2011 und den Gewerbesteuermessbetrag 2011
hat das FG die von der Klägerin begehrte Verlustverrechnung zu
Recht abgelehnt. Die vom 23.07.2011 bis zum 31.12.2011 erzielten
Verluste der X GmbH aus dem Bäderbetrieb können nicht mit
den Ergebnissen der Klägerin aus den Versorgungsbetrieben
verrechnet werden, sondern sind einer gesonderten Sparte
zuzuordnen.
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a) Grundlage der sog. Spartenrechnung, mit der
die Ergebnisverrechnung bei kommunalen Eigengesellschaften mit
strukturell dauerdefizitären Tätigkeiten an die für
Betriebe gewerblicher Art (BgA) geltenden Grundsätze
ausgerichtet werden soll (BTDrucks 16/10189, S. 70; BTDrucks
16/11108, S. 27; Senatsbeschluss vom 23.09.2019 - I R 25/17, BFH/NV
2020, 522 = SIS 20 03 03), ist § 8 Abs. 9 KStG, der
gemäß § 7 Satz 5 des Gewerbesteuergesetzes in der
für das Streitjahr geltenden Fassung (GewStG) auch bei der
Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden und im Fall
einer Organgesellschaft gemäß § 15 Satz 1 Nr. 5
KStG (erst) bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers
zu berücksichtigen ist.
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Für jede sich hiernach ergebende Sparte
ist der Gesamtbetrag der Einkünfte getrennt zu ermitteln
(§ 8 Abs. 9 Satz 2 KStG). Ein negativer Gesamtbetrag der
Einkünfte einer Sparte darf nicht mit einem positiven
Gesamtbetrag der Einkünfte einer anderen Sparte verrechnet
werden (§ 8 Abs. 9 Satz 4 KStG).
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b) Zwar hat das FG hinsichtlich der von der X
GmbH aus dem Bäderbetrieb erzielten Verluste nur die
Voraussetzungen einer Zusammenfassung mit den Versorgungsbetrieben
nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG geprüft und verneint.
Auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG, die
für den Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), sind aber
auch die übrigen Voraussetzungen für die Bildung einer
gesonderten Sparte nach § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG i.V.m.
§ 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG und § 15 Satz 1 Nr. 4 und 5
KStG (für die Gewerbesteuer zusätzlich i.V.m. § 7
Satz 5 GewStG) erfüllt.
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aa) Bei dem Bäderbetrieb der X GmbH
handelt es sich - wie bei kommunalen Bäderbetrieben
üblich - um ein sog. Dauerverlustgeschäft, das die
tatbestandlichen Voraussetzungen einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3
Satz 2 KStG erfüllt. Ein ordentlicher und gewissenhafter
Geschäftsleiter wäre nicht bereit gewesen, Leistungen zu
erbringen, die an sich dem Alleingesellschafter obliegen (hier:
Unterhaltung eines Bäderbetriebs im Rahmen der kommunalen
Daseinsvorsorge), und dafür auf Dauer Verluste hinzunehmen,
die bei dem Gesellschafter zu einem Vorteil in Gestalt der
Ersparnis von Aufwendungen führen (Senatsurteile vom
22.08.2007 - I R 32/06, BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 961 = SIS 07 36 22, und vom 09.11.2016 - I R 56/15, BFHE 256, 75, BStBl II 2017,
498 = SIS 16 28 13; vgl. auch Vorlagebeschluss des Senats vom
13.03.2019 - I R 18/19, BFHE 265, 23 = SIS 19 15 53;
Revisionsverfahren nach Rücknahme durch Beschluss vom
29.01.2020 - I R 4/20, nicht veröffentlicht, eingestellt;
Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11.12.2018 - VIII R 44/15,
BFHE 263, 407 = SIS 19 06 18). Dass es auch im Streitfall um
dauerhafte Verluste des Bäderbetriebs geht, folgt u.a. aus den
vom FG in Bezug genommenen Anträgen auf verbindliche Auskunft,
die im Hinblick auf die „zu erwartenden
Verluste“ aus dem Bäderbetrieb gestellt wurden.
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Allerdings sind gemäß § 8 Abs.
7 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG die Rechtsfolgen der vGA nicht zu
ziehen, da es sich um ein gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2
KStG begünstigtes Dauerverlustgeschäft aus
gesundheitspolitischen Gründen handelt und die Klägerin
auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG die
Voraussetzungen einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 8 Abs. 7
Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG erfüllt. Alleinige Anteilseignerin
ist die Stadt, welche letztlich die Verluste aus dem
Bäderbetrieb getragen hat. Hierfür reicht es aus, dass
sich die aufgrund der Gewinne der Versorgungsbetriebe
möglichen Dividendeneinnahmen der Stadt gemindert haben (vgl.
auch BFH-Urteil in BFHE 263, 407 = SIS 19 06 18).
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Sowohl § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als auch
§ 8 Abs. 7 KStG sind gemäß § 15 Satz 1 Nr. 4
KStG zutreffend (erst) bei der Ermittlung des Einkommens der
Klägerin (Organträgerin) angewandt worden. Die
Bestimmungen haben grundsätzlich zur Folge, dass die Verluste
der X GmbH aus dem Bäderbetrieb das Einkommen der
Klägerin mindern.
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bb) Im Streitfall waren diese Verluste bei der
Ermittlung des Einkommens der Klägerin (Organträgerin)
aber einer gesonderten Sparte zuzuordnen (§ 8 Abs. 9 Satz 1
Nr. 2 KStG i.V.m. § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG), die nicht mit den
Ergebnissen ihrer übrigen Tätigkeiten verrechnet werden
konnten. Durch die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG
war die Grundvoraussetzung der Spartenrechnung erfüllt.
Darüber hinaus hat das FG rechtsfehlerfrei entschieden, dass
die Tätigkeiten Bäderbetrieb und Versorgungsbetriebe
nicht gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfassbar
waren.
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Da durch § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG, der mit
dem Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794,
BStBl I 2009, 74) eingeführt worden ist, eine Kodifizierung
der bis dahin für BgA geltenden
Zusammenfassungsgrundsätze erreicht werden sollte, bleibt die
hierzu ergangene Rechtsprechung auch weiterhin von Bedeutung.
Sofern § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG hierfür nach dem
Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine
enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von
einigem Gewicht verlangt (vgl. Beschluss des Großen Senats
des BFH vom 16.01.1967 - GrS 4/66, BFHE 88, 3, BStBl III 1967, 240
= SIS 67 01 42; BFH-Urteil vom 19.05.1967 - III 50/61, BFHE 89, 25,
BStBl III 1967, 510 = SIS 67 03 27; Abschn. 5 Abs. 9 Satz 2 KStR),
ist zwar kein notwendiger Funktionszusammenhang in der Weise
erforderlich, dass die Betriebe in ihrer Betätigung
gegenseitig aufeinander angewiesen sind. Voraussetzung ist aber
eine sachliche Beziehung der jeweiligen Betätigungen im Sinne
eines inneren wirtschaftlichen Zusammenhangs, der nach den
Anschauungen des Verkehrs die Zusammenfassung zu einer
wirtschaftlichen Einheit rechtfertigt (Senatsurteil vom 04.09.2002
- I R 42/01, BFH/NV 2003, 511 = SIS 03 18 11, m.w.N.).
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Unter Anwendung dieser Grundsätze ist es
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG die
erforderliche technisch-wirtschaftliche Verflechtung „von
einigem Gewicht“ im Wege einer tatrichterlichen
Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls ab dem
Zeitpunkt der Schließung des alten Hallenbads für den
Publikumsverkehr und des Übergangs in den Stand-by-Betrieb als
Reservebad verneint hat. Ob aus Sicht der Versorgungsbetriebe die
Verflechtung weiterhin bestand, weil die Wärmeversorgung von
drei Stadtvillen nur durch die von der Klägerin im alten
Hallenbad betriebenen Gas-Heizkessel sichergestellt werden konnte,
kann hierfür dahingestellt bleiben. Da es sich um eine
wechselseitige Verflechtung handeln muss (vgl. auch Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 11.05.2016, BStBl I
2016, 479 = SIS 16 09 41), reicht es aus, dass das FG die
Verflechtung „von einigem Gewicht“ jedenfalls
aus Sicht des Bäderbetriebs für den Senat bindend (§
118 Abs. 2 FGO) abgelehnt hat. Insofern hat das FG zutreffend
berücksichtigt, dass sich die Bedeutung des im
Stand-by-Betrieb vorgehaltenen Reservebads im Streitfall auf den
Ausnahmefall einer Betriebsstörung beschränkte.
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c) Darüber hinaus hat das FG im Ergebnis
zu Recht entschieden, dass die verbindliche Auskunft des FA vom
29.06.2004 nicht der Bildung einer gesonderten Sparte für die
Verluste des Bäderbetriebs entgegenstand. Aufgrund einer
wesentlichen Änderung des dieser Auskunft zugrunde liegenden
Sachverhalts ist deren Bindungswirkung ab 23.07.2011 entfallen.
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Es kann dahingestellt bleiben, ob das FG
hierfür auf § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur
Durchführung von § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung
(Steuer-Auskunftsverordnung - StAuskV - ) vom 30.11.2007 (BGBl I
2007, 2783, BStBl I 2007, 820) zurückgreifen durfte, der
gemäß § 3 StAuskV erst ab Bekanntmachung am
07.12.2007 anwendbar war. Dass die Bindungswirkung einer
verbindlichen Auskunft davon abhängt, dass der
tatsächlich verwirklichte Sachverhalt mit dem bei der
Beantragung der verbindlichen Auskunft vorgetragenen Sachverhalt in
allen wesentlichen Punkten übereinstimmt, ergab sich auch
zuvor aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. BMF-Schreiben
vom 29.12.2003, BStBl I 2003, 742 = SIS 03 53 64). Zudem hat das FA
hierauf sowohl in der ursprünglichen verbindlichen Auskunft
vom 05.07.1995 als auch in der ergänzenden verbindlichen
Auskunft vom 29.06.2004 ausdrücklich hingewiesen.
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Im Streitfall liegt in der Schließung
des Hallenbads für den Publikumsverkehr und dem Übergang
zu einem Stand-by-Betrieb als Reservebad eine wesentliche
Sachverhaltsänderung, welche die Bindungswirkung entfallen
lässt. Diese beiden Formen der betrieblichen Nutzung sind
für den Bäderbetrieb von unterschiedlicher Bedeutung und
können deshalb im Rahmen der Würdigung nach dem
„Gesamtbild der tatsächlichen
Verhältnisse“ zu unterschiedlichen Ergebnissen
führen, auch wenn es hierfür auf eine objektive
Betrachtung ankommt und nicht - wie vom FG ausgeführt - auf
die Sicht der Bürger.
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Dass der Antrag auf verbindliche Auskunft
nicht konkret auf den Betrieb des Hallenbads für den
Publikumsverkehr abstellt, sondern lediglich den allgemeinen
Verweis auf einen Betrieb der Bäder enthält, ist insofern
unerheblich. Der Betrieb eines Hallenbads für den
Publikumsverkehr (oder andere Nutzer) stellt den Regelfall und der
Stand-by-Betrieb als Reservebad den Ausnahmefall dar. Deshalb
hätte umgekehrt der Stand-by-Betrieb als Reservebad
ausdrücklich erwähnt werden müssen, sofern die
verbindliche Auskunft auch für eine solche Nutzung hätte
gelten sollen.
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d) Die durch das Jahressteuergesetz 2009
eingeführten Regelungen in § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG
und § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG sind im Streitfall auch
zeitlich anwendbar.
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§ 8 Abs. 9 KStG und § 15 Satz 1 Nr.
5 KStG gelten gemäß § 34 Abs. 6 Satz 9 und Abs. 10
Satz 5 KStG ab dem Veranlagungszeitraum 2009. § 8 Abs. 7 KStG
und § 15 Satz 1 Nr. 4 KStG sind gemäß § 34
Abs. 6 Satz 4 und Abs. 10 Satz 4 KStG sogar schon für
frühere Zeiträume anzuwenden. Die Klägerin kann sich
im Streitfall auch nicht auf § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG berufen,
wonach bis einschließlich dem Veranlagungszeitraum 2011 die
erwähnten Neuregelungen des Jahressteuergesetzes 2009 noch
nicht anzuwenden sind, wenn vor dem 18.06.2008 „im
Einzelfall“ bei der Einkommensermittlung nach
„anderen Grundsätzen“ verfahren worden ist.
Zwar wird hiervon grundsätzlich auch der Fall einer
verbindlichen Auskunft erfasst (BFH-Urteil in BFHE 263, 407 = SIS 19 06 18, m.w.N.). Dies gilt aber nicht, wenn es - wie im
Streitfall - zu einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts
gekommen ist.
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3. Da die streitigen Verluste der X GmbH aus
dem Bäderbetrieb bereits nach nationalem Recht nicht mit den
Ergebnissen der Klägerin verrechnet werden können, kommt
es im Streitfall nicht darauf an, ob die Regelung für
Dauerverlustgeschäfte kommunaler Eigengesellschaften
gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs.
9 KStG eine staatliche Beihilfe i.S. des Art. 107 Abs. 1 des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
(AEUV) darstellt, die dem beihilferechtlichen
Durchführungsverbot gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV
unterliegt (vgl. hierzu Vorlagebeschluss des Senats in BFHE 265,
23).
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Darüber hinaus kommt auch für
diejenigen Dauerverluste des Bäderbetriebs, die das FA im
Streitjahr zur Verrechnung mit Gewinnen anderer Tätigkeiten
zugelassen hat, kein Vorabentscheidungsersuchen beim Gerichtshof
der Europäischen Union (EuGH) in Betracht. Selbst wenn der
EuGH zu dem Ergebnis käme, dass § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2
i.V.m. § 8 Abs. 9 KStG dem beihilferechtlichen
Durchführungsverbot gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV
unterläge, dürfte der Senat aufgrund des sog.
Verböserungsverbots (Verbot der reformatio in peius) die
Rechtsposition der Klägerin im Vergleich zur Rechtslage vor
Klageerhebung nicht verschlechtern (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV
2020, 522 = SIS 20 03 03, m.w.N., und Senatsurteil vom 15.07.2020 - I R 55/17, juris = SIS 21 03 14). Nach der Rechtsprechung des EuGH ist
der nationale Richter nicht dazu verpflichtet, von Amts wegen eine
Vorschrift des Gemeinschaftsrechts anzuwenden, wenn er infolge
einer derartigen Anwendung den im einschlägigen nationalen
Recht verankerten Grundsatz des Verbots der „reformatio in
peius“ durchbrechen müsste (EuGH-Urteil Heemskerk
und Schaap vom 25.11.2008 - C-455/06, EU:C:2008:650) = SIS 09 03 27.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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