Die Revision des Klägers gegen das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 12.06.2019 - 5 K 166/19 U = SIS 19 11 13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu
tragen.
Außergerichtliche Kosten der
Beigeladenen werden nicht erstattet.
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I. Das zuständige Amtsgericht (AG)
bestellte den Kläger und Revisionskläger (Kläger)
mit Beschluss vom 16.08.2017 gemäß §§ 21, 22
der Insolvenzordnung (InsO) zum vorläufigen Insolvenzverwalter
über das Vermögen der …-KG (KG) und ordnete an,
dass Verfügungen nur mit Zustimmung des Klägers wirksam
sein sollten (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 2. Alternative InsO).
Schuldnern der KG (Drittschuldnern) wurde verboten, an die KG zu
zahlen. Der Kläger wurde ermächtigt, Bankguthaben und
sonstige Forderungen der KG einzuziehen sowie eingehende Gelder
entgegenzunehmen. Die Drittschuldner wurden aufgefordert, nur noch
unter Beachtung dieser Anordnung zu leisten (§ 23 Abs. 1 Satz
3 InsO).
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Mit Beschluss des AG vom 01.11.2017 wurde
wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das
Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet
und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
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Der Kläger übermittelte am
10.11.2017 Umsatzsteuervoranmeldungen für den Zeitraum der
vorläufigen Insolvenzverwaltung (August, September und Oktober
2017) betreffend den Unternehmensteil der Insolvenzmasse an den
Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ).
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Danach lagen für den Zeitraum August
bis Oktober 2017 insgesamt steuerpflichtige Umsätze in
Höhe von 30.769 EUR mit einer Umsatzsteuer in Höhe von
5.846,11 EUR sowie abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe
von 82.840,59 EUR vor, so dass zugunsten der Masse ein
Vergütungsanspruch in Höhe von 76.994,28 EUR festzusetzen
sei.
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Demgegenüber ging das FA im Anschluss
an eine Umsatzsteuersonderprüfung davon aus, dass die
angemeldeten Vorsteuerbeträge in Höhe von 82.840,59 EUR
nicht bei der Insolvenzmasse steuerlich zu berücksichtigen,
sondern dem vorinsolvenzrechtlichen Vermögensteil zuzurechnen
seien. Das FA lehnte mit Bescheid vom 24.01.2018 die beantragte
Festsetzung der Umsatzsteuer für die
Voranmeldungszeiträume August bis Oktober 2017 unter der
Massesteuernummer ab. Einspruch und Klage hatten keinen
Erfolg.
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Nach dem in EFG 2019, 1405 = SIS 19 11 13
veröffentlichten Urteil des Finanzgerichts (FG) waren die dem
Grunde nach unstreitigen Vergütungsansprüche nicht unter
der Massesteuernummer festzusetzen. Für die Aufteilung in
einen vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil und die
Insolvenzmasse komme es auf den Zeitpunkt der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens an. Abweichendes ergebe sich nicht aus §
55 Abs. 4 InsO, der sich nur auf Verbindlichkeiten, nicht aber auch
auf Forderungen der Masse beziehe. Die Vorschrift solle nur
Nachteile des Fiskus ausgleichen, nicht aber Verbindlichkeiten und
Forderungen gleichbehandeln. Auf Fragen zur Aufrechnung komme es im
Festsetzungsverfahren nicht an. Im Übrigen bestünden im
Streitfall auch keine Insolvenzforderungen, mit denen gegen hier
vorliegende Vergütungsansprüche aufgerechnet werden
könnte.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit
der Revision. Das FG-Urteil verstoße gegen § 55 Abs. 4
InsO. Mit der Insolvenzeröffnung werde das Unternehmen in
verschiedene Unternehmensteile aufgespalten. Gleiches gelte
für das Eröffnungsverfahren bei Bestellung eines
vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt.
Für den Begriff der Verbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 4
InsO komme es auf das an, was der Insolvenzverwalter vereinnahme
und verausgabe. Die Vorschrift beziehe sich auf
„Ansprüche“ und damit auf alle
unselbständigen Besteuerungsgrundlagen, so dass der sich
hieraus ergebende Saldo - unabhängig von seinem Ergebnis -
unter diese Vorschrift falle. § 55 Abs. 4 InsO erfasse ebenso
wie § 55 Abs. 1 InsO im eröffneten Verfahren auch
Vorsteuerüberhänge. Nach seinem Gesetzeszweck solle
§ 55 Abs. 4 InsO eine „Anreicherung“ der
Insolvenzmasse im Umfang vereinnahmter Umsatzsteuer verhindern. Aus
diesem Gesetzeszweck folge nicht, dass Vorsteuerüberhänge
dem vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil zuzuordnen seien. Auf
die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Aufrechnung komme
es aufgrund der vorrangigen Zusammenfassung von § 55 Abs. 1
und Abs. 4 InsO nicht an. Den für das Eröffnungsverfahren
abzugebenden Voranmeldungen komme eine Zuordnungsfunktion zu und
sie seien daher unter der Massesteuernummer zu erfassen.
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Der Kläger beantragt
sinngemäß, das Urteil des FG und die Verweigerung der
Zustimmung des FA vom 24.01.2018 zu den am 10.11.2017
übermittelten Umsatzsteuervoranmeldungen für August 2017
über … EUR, September 2017 über … EUR und
Oktober 2017 über … EUR in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 14.12.2018 aufzuheben und das FA zu
verpflichten, diesen Voranmeldungen zuzustimmen.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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§ 55 Abs. 4 InsO sei nicht auf
Steuererstattungsansprüche anzuwenden. Die Vorschrift erfasse
bereits nach ihrem Wortlaut nur Verbindlichkeiten. Die Vorschrift
solle lediglich Nachteile zu Lasten des Fiskus ausgleichen. §
55 Abs. 4 InsO sei nicht teleologisch zu erweitern.
Erstattungsansprüche gehörten nach § 35 Abs. 1 InsO
zur Masse. Alle Absätze des § 55 InsO erfassten nur
Verbindlichkeiten. Im Übrigen fehle es am
Rechtsschutzinteresse für die begehrte Erstattung in die
Masse. Denn die Vorsteuerüberhänge seien bereits
vollständig bei der unter der ersten Steuernummer
durchgeführten Umsatzsteuerjahresveranlagung 2017 mit Bescheid
vom 13.03.2018 berücksichtigt worden. Den sich hieraus
ergebenden Erstattungsanspruch, der höher gewesen sei als die
erklärten Vorsteuerüberhänge, habe das FA
vollständig auf das für die Abwicklung des
Insolvenzverfahrens eingerichtete Konto erstattet, nicht aber mit
anderen Insolvenzforderungen aufgerechnet. Damit habe das FA dem
Klagebegehren bereits in vollem Umfang entsprochen. Dies sei nur
unter der ersten Steuernummer erfolgt. Zudem handele es sich auch
um eine unzulässige Rechtsausübung, wenn der Kläger
das, was er erhalte, zurückzugewähren habe.
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Die Beigeladene hat sich im
Revisionsverfahren nicht geäußert.
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II. Die Revision des Klägers ist
unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO
- ). § 55 Abs. 4 InsO enthält keine Regelung zur
Vergütung von Vorsteuerüberhängen. Soweit der
Kläger eine auf das Kalenderjahr bezogene Steuerberechnung
für den Massebereich des § 55 InsO unter Einbeziehung der
im Insolvenzeröffnungsverfahren entstandenen
Vorsteuerüberhänge erstrebt, ist hierüber nicht im
Verfahren über die Voranmeldungszeiträume des
Insolvenzeröffnungsverfahren, sondern nur im Verfahren
über einen den Massebereich des § 55 InsO betreffenden
Jahresbescheid zu entscheiden.
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1. § 55 Abs. 4 InsO ist nur auf
Masseverbindlichkeiten, nicht aber auch auf
Vergütungsansprüche zugunsten der Masse anzuwenden.
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a) Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners
aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen
Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines
vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind,
gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß
§ 55 Abs. 4 InsO als Masseverbindlichkeiten.
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b) Im Rahmen von § 55 Abs. 4 InsO sind
auch Vorsteuerbeträge abzuziehen, die von einem
vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit
Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters
begründet worden sind und die daher im Rahmen der
Steuerberechnung für die § 55 Abs. 4 InsO unterliegenden
Voranmeldungszeiträume masseverbindlichkeitsmindernd wirken
(vgl. zu den Einzelheiten Senatsurteil vom 24.09.2014 - V R 48/13,
BFHE 247, 460, BStBl II 2015, 506 = SIS 14 32 16).
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Hieraus folgt, wie das FG zutreffend
entschieden hat, nichts anderes für den Fall eines
Vorsteuerüberhangs, der für die § 55 Abs. 4 InsO
unterliegenden Voranmeldungszeiträume zu einem
Vergütungsanspruch führt. Maßgeblich ist
hierfür der auf Verbindlichkeiten eingeschränkte Wortlaut
des § 55 Abs. 4 InsO. Danach werden nur Verbindlichkeiten den
Masseverbindlichkeiten zugewiesen. Diese Beschränkung auf den
Steueranspruch steht - entgegen der Auffassung des Klägers -
einer Erstreckung der Vorschrift auf andere Ansprüche aus dem
Steuerschuldverhältnis i.S. von § 37 Abs. 1 der
Abgabenordnung (AO), wie etwa dem Steuervergütungsanspruch,
entgegen (MünchKommInsO/ Hefermehl, 4. Aufl., § 55, Rz
240; kritisch Thole in Karsten Schmidt, Insolvenzordnung, 19.
Aufl., § 55 Rz 46, jeweils m.w.N.).
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2. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus
einer vom Kläger angenommenen Zuordnungswirkung im
Voranmeldungsverfahren. Denn Voranmeldungen kommt für die
Jahressteuerfestsetzung keine materiell-rechtliche Bindungswirkung
zu.
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a) Der Vorauszahlungsbescheid ist zu keinerlei
materiellen Bestandskraft in dem Sinne fähig, dass er mit
gegenüber dem Jahressteuerbescheid durchsetzungsfähiger
Verbindlichkeit über das Bestehen einer
Umsatzsteuer(vorauszahlungs)schuld entscheidet (BFH-Urteil vom
15.06.1999 - VII R 3/97, BFHE 189, 14, BStBl II 2000, 46 = SIS 99 20 76). Denn vorläufige Bescheide werden materiell nicht
bestandskräftig. Nur der endgültige Jahressteuerbescheid
ist uneingeschränkt anfechtbar, auch wenn er einen
vorläufigen Bescheid nur bestätigt (vgl. BFH-Urteil vom
13.11.1975 - IV R 61/75, BFHE 120, 1, BStBl II 1977, 126 = SIS 77 00 77). Dementsprechend geht z.B. auch eine Änderung eines
Umsatzsteuervorauszahlungsbescheids nach dem wirksamen Ergehen des
Umsatzsteuerbescheids über den Besteuerungszeitraum des
Kalenderjahres ins Leere (Senatsurteil vom 29.11.1984 - V R 146/83,
BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370 = SIS 85 09 40).
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b) Diese unmittelbar das
Steuerfestsetzungsverfahren betreffende Rechtsprechung ist auch bei
der Zuordnung von Steueransprüchen zum Insolvenzbereich des
§ 38 InsO und zum Massebereich des § 55 InsO zu beachten.
Daher ist für das Jahr der Insolvenzeröffnung nicht nur
über das Bestehen und den Umfang des Steueranspruchs, sondern
auch über seine insolvenzrechtliche Einordnung
abschließend erst bei der Jahressteuerberechnung und der
insolvenzrechtlichen Durchsetzung des Jahressteueranspruchs zu
entscheiden. Dabei ist der Teil der Jahressteuer, die
Insolvenzforderung ist, zur Insolvenztabelle anzumelden
(§§ 174 ff. InsO), während der Teil der
Jahressteuer, die zu einer Masseverbindlichkeit nach § 55 InsO
führt, durch Steuerbescheid festzusetzen ist (vgl. zur
Aufteilung in
„Umsatzsteuerjahresinsolvenzforderung“ und
„Umsatzsteuerjahresmasseverbindlichkeit“ auch
Senatsurteil vom 27.09.2018 - V R 45/16, BFHE 262, 214, BStBl II
2019, 356 = SIS 18 16 76). Hierfür entfaltet die
Sachbehandlung im Voranmeldungsverfahren und die rein
arbeitstechnische Erfassung unter unterschiedlichen Steuernummern
für die Bereiche der §§ 38, 55 InsO keinerlei
Bindungswirkung.
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Dabei verneint der erkennende Senat die vom
Kläger geschilderte Gefahr einer Doppelerfassung oder einer
fehlerhaften Nichtberücksichtigung einzelner
Besteuerungsgrundlagen, so dass auch dies nicht für die vom
Kläger angenommene Zuordnungswirkung des
Voranmeldungsverfahrens spricht. Denn dem Tabelleneintrag der
Umsatzsteuerjahresinsolvenzforderung kommt nur die Wirkung eines
nach § 130 AO änderbaren Feststellungsbescheids zu
(Senatsurteil vom 24.11.2011 - V R 13/11, BFHE 235, 137, BStBl II
2012, 298 = SIS 11 39 41). Daher kann eine fehlerhafte
Doppelerfassung einzelner Besteuerungsgrundlagen in den Bereichen
der §§ 38, 55 InsO ebenso wie eine unzutreffende
Nichtberücksichtigung nachträglich durch eine
Änderung der für den Masseverbindlichkeitsbereich
ergangenen Steuerfestsetzung wie auch durch eine Änderung des
Tabelleneintrags korrigiert werden.
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c) Über die vom Kläger letztlich
angestrebte Klärung, „ob ein nach der Saldierung gem.
§ 16 Abs. 2 Satz 1 [des Umsatzsteuergesetzes (UStG)]
verbleibendes Vorsteuerguthaben aus dem Zeitraum der
vorläufigen Verwaltung in die erste Voranmeldung nach
Eröffnung vortragsfähig und mit Umsatzsteuern aus
Lieferungen und Leistungen nach Insolvenzeröffnung
saldierungsfähig ist“ (Uhlenbruck/Sinz,
Insolvenzordnung, 15. Aufl., § 55 Rz 119), kann somit nicht im
Streitfall, der das Voranmeldungsverfahren betrifft, sondern nur im
Rahmen einer den Massebereich des § 55 InsO betreffenden
Jahressteuerfestsetzung entschieden werden.
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3. Auf die Überlegungen des FA zur
Auszahlung der Vergütungsansprüche unter der
Insolvenzsteuernummer ohne Aufrechnung mit anderen
Insolvenzforderungen kommt es nicht an.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen
waren nicht zu erstatten, da sie weder Sachanträge gestellt,
noch das Verfahren mit eigenen Beiträgen gefördert hat
(§ 139 Abs. 4 FGO).
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