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Änderung der Rechtsprechung zu den Rechnungsanforderungen in § 14 Abs. 4 UStG

Änderung der Rechtsprechung zu den Rechnungsanforderungen in § 14 Abs. 4 UStG: 1. Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung setzt nicht voraus, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist (Änderung der Rechtsprechung). - 2. Es reicht jede Art von Anschrift und damit auch eine Briefkastenanschrift, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist. (Hinweis aus BStBl 2018 II S. 809 auf BMF-Schreiben vom 7. Dezember 2018 - III C 2 - S 7280-a/07/10005 :003 = SIS 18 19 07) - Urt.; BFH 21.6.2018, V R 25/15; SIS 18 10 61

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Vorsteuerabzug
Fundstellen
  1. BFH 21.06.2018, V R 25/15 (ECLI:DE:BFH:2018:U.210618.VR25.15.0)
    BStBl 2018 II S. 809
    DStR 2018 S. 1661
    BFH/NV 2018 S. 1053
    NJW 2018 S. 2591

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 10.12.2018
    Marko Brill in DStZ 18/2018 S. 634
    R. Hammerl in NWB 34/2018 S. 2446
    B. Heuermann in DStR 31/2018 S. 1661
    B. Heuermann in StBp 11/2018 S. 355
    M. Kemper in MwStR 18/2018 S. 802
    H. Plewka in NJW 9/2019 S. 567
    W. Tausch in UVR 11/2018 S. 325
    Ch. Wäger in BFH/PR 10/2018 S. 253
    F. Werth in DB 37/2018 S. 2212
    A. Zitzl in UR 18/2018 S. 718
    -/- in NWB 32/2018 S. 2305
Normen
[UStG] § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6 a, § 14 Abs. 4, § 14 a, § 15 Abs. 1 Nr. 1
[FGO] § 118 Abs. 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Berlin-Brandenburg 5.7.2021, SIS 21 13 27, Gegenstand des Verfahrens: 1. Eine Umsatzsteuerfestsetzung, die aufgrund einer die streitige Rechtsauffas...
  • BMF 13.7.2020, SIS 20 08 54, Postalische Erreichbarkeit des Rechnungsausstellers sowie Identität von Rechnungsaussteller und Leistungs...
  • FG Baden-Württemberg 4.6.2020, SIS 20 15 89, Vorsteuerabzug aus Gutschriften und Rechnungen für Edelmetalllieferungen: 1. Der Vorsteuerabzug setzt die...
  • FG Münster 4.6.2020, SIS 20 14 39, Umsatzsteuerkarussellbetrug, Beteiligung, Vorsteuerabzug: 1. Der Vorsteuerabzug ist aus materiellen Gründ...
  • BFH 26.9.2019, SIS 19 18 32, Innergemeinschaftliche Lieferungen: 1. Steht aufgrund einer Beweiserhebung fest, dass die gelieferten Fah...
  • FG Münster 12.6.2019, SIS 19 11 14, Vorsteuerabzug, Versagung, Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung: 1. Der den Vorsteuerabzug begehrende...
  • BFH 7.2.2019, SIS 19 05 29, Ort der sonstigen Leistung, Sitz des leistenden Unternehmers, Briefkastenanschrift, Vorsteuerabzug, Rechn...
  • FG Baden-Württemberg 31.1.2019, SIS 19 03 07, Zurechnung von Goldlieferungen eines Strohmanns, postalische Erreichbarkeit des Rechnungsausstellers unte...
  • Sächsisches FG 24.1.2019, SIS 19 03 19, Kein Vorsteuerabzug aus einer Rechnung bei Nichterreichbarkeit des Rechnungsausstellers unter der in der ...
  • BFH 13.12.2018, SIS 18 22 69, Zu den materiellen Merkmalen des Vorsteuerabzugs: 1. Für das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen de...
  • BMF 7.12.2018, SIS 18 19 07, Angabe der vollständigen Anschrift in einer Rechnung i.S.d. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG: Mit Urteilen v...
  • BFH 5.12.2018, SIS 18 22 05, Zum Rechnungsmerkmal "vollständige Anschrift" bei der Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug: 1. Für die ...
  • FG München 10.10.2018, SIS 19 03 62, Umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen von PKW, Unterschiedlicher Belegnachweis für Beförde...
Fachaufsätze
  • LIT 03 77 45 G. v. Streit/T. Streit, MwStR 1/2019 S. 13: Anmerkungen zum Rechnungserfordernis beim Vorsteuerabzug unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechu...
  • LIT 03 69 60 R. C. Prätzler, StuB 17/2018 S. 618: BFH ändert Auffassung zu Rechnungspflichtangaben - Lit.; R. C. Prätzler, StuB 17/2018 S. 618; UStG § 15; ...

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 28.4.2015 10 K 3803/13 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

 

1

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) aus Rechnungen der Firma Z (Z) den Vorsteuerabzug geltend machen kann.

 

 

2

Der Kläger betreibt einen Kraftfahrzeughandel. In den Streitjahren (2009 bis 2011) kaufte er u.a. Fahrzeuge von Z, der sein Unternehmen im Jahr 2006 in die E-Straße in R (Inland) verlegt hatte. Unter dieser Adresse hat Z dem Kläger die streitbefangenen Rechnungen ausgestellt.

 

 

3

Z hatte in N (Inland) von der dort ansässigen Firma U Räumlichkeiten angemietet. Ob es sich dabei um einen Raum oder nur um den Teil eines Raumes handelte, ist streitig. Unstreitig ist, dass Z dort kein Autohaus unterhielt. Er vertrieb ausschließlich im Onlinehandel. Die Fahrzeuge wurden dem Kläger oder seinen Mitarbeitern z.T. in R in der E-Straße, z.T. an öffentlichen Plätzen - z.B. Bahnhofsvorplätzen - übergeben. Nach dem Vortrag des Klägers kam in dem Büro Post an, wurde dort sortiert und bearbeitet und es wurden dort die Akten geführt. Außen am Gebäude befand sich ein Firmenschild mit dem Aufdruck „Z“. Ob sich dort auch ein Briefkasten befand, ist nicht geklärt. Z wurde unter der vorgenannten Anschrift beim Finanzamt T geführt.

 

 

4

Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass Vorsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen des Z nicht in Abzug gebracht werden könnten, weil die in den Rechnungen ausgewiesene Anschrift des leistenden Unternehmers tatsächlich nicht bestanden habe. Z habe im Inland keine Betriebsstätte. Die Geschäftsadresse diene nur als Briefkastenadresse (Scheinadresse), an der lediglich von Z die Post abgeholt worden sei. Es sei dort nichts vorhanden gewesen, was auf ein Unternehmen hindeute.

 

 

5

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) folgte der Auffassung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung und erließ am 13.9.2013 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2009 bis 2011. Mit Verfügung vom 1.10.2013 lehnte es den Antrag des Klägers auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 der Abgabenordnung (AO) ab. Die hiergegen eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg.

 

 

6

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Z habe unter der in den Rechnungen angegebenen Anschrift zwar keine geschäftlichen Aktivitäten entfaltet, denn es sei bereits unklar, ob Z überhaupt einen abgeschlossenen Raum oder lediglich eine Teilfläche in einem Raum gemietet habe. Selbst wenn man davon ausgehe, dass Z einen ganzen Raum angemietet habe, sei dieser nicht so eingerichtet gewesen, dass dort geschäftliche Aktivitäten hätten stattfinden können.

 

 

7

Der Klage sei aber stattzugeben, weil die Angabe der Anschrift i.S. des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht erfordere, dass dort geschäftliche Aktivitäten stattfänden. Die anderslautende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei in Anbetracht der technischen Fortentwicklung und der Änderung des Geschäftsgebarens überholt.

 

 

8

Im Übrigen habe die Klage auch mit dem Hilfsantrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen Erfolg. Der Kläger habe alles getan, was von ihm zumutbarer Weise verlangt werden könne, um die Unternehmereigenschaft des Z und die Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überprüfen.

 

 

9

Hiergegen richtet sich die Revision, mit der das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 15 Abs. 1, § 14 Abs. 4 UStG) sowie Verfahrensfehler (Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung gemäß § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ) geltend macht.

 

 

10

Das FG habe im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung aufklären müssen, ob es sich bei den Lieferungen des Z um innergemeinschaftliche Lieferungen gehandelt habe; hierfür gebe es zahlreiche Anhaltspunkte.

 

 

11

Im Übrigen scheitere der Vorsteuerabzug daran, dass die Rechnungen des Z nicht die Anschrift auswiesen, unter der er seine geschäftlichen Aktivitäten entfaltet habe.

 

 

12

Die Gewährung der Vorsteuern im Billigkeitsverfahren komme nicht in Betracht, weil der Kläger nicht alles ihm Zumutbare getan habe, um sich von der Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überzeugen.

 

 

13

Das FA beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

14

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

 

 

15

Soweit das FA rüge, das FG habe nicht aufgeklärt, ob es sich bei den Lieferungen des Z um innergemeinschaftliche Lieferungen gehandelt habe, liege neuer, im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigender Sachvortrag vor.

 

 

16

Im Übrigen hätten die Rechnungen des Z dessen zutreffende Anschrift ausgewiesen. Denn dort habe sich dessen Unternehmen befunden. Z habe dort Miete gezahlt, einen eigenen Briefkasten und ein Firmenschild gehabt, geschäftliche Unterlagen dort verwahrt, Post sei dort für ihn angenommen und abgeholt worden und er habe einen Festnetztelefonanschluss unterhalten.

 

 

17

Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 6.4.2016 V R 25/15 (BFHE 254, 139 = SIS 16 13 95) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) u.a. folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) vorgelegt:

 

 

18

1. Setzt Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL die Angabe einer Anschrift des Steuerpflichtigen voraus, unter der er seine wirtschaftlichen Tätigkeiten entfaltet?

 

 

19

2. Für den Fall, dass Frage 1. zu verneinen ist:

 

a) Reicht für die Angabe der Anschrift nach Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL eine Briefkastenadresse?

 

b) Welche Anschrift ist von einem Steuerpflichtigen, der ein Unternehmen (z.B. des Internethandels) betreibt, das über kein Geschäftslokal verfügt, in der Rechnung anzugeben?

 

 

20

Der EuGH hat die erste und die zweite Frage durch Urteil Geissel und Butin vom 15.11.2017 C-374/16 und C-375/16, (EU:C:2017:867) dahingehend beantwortet, dass Art. 168 Buchst. a und Art. 178 Buchst. a i.V.m. Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug davon abhängig macht, dass in der Rechnung die Anschrift angegeben ist, unter der der Rechnungsaussteller seine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.

 

 

21

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Zwar hat das FG zu Recht entschieden, dass dem Kläger der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des Z über die in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) gelieferten Fahrzeuge zusteht. Für einen Großteil der Lieferungen lassen die Feststellungen des FG aber keine Beurteilung zu, ob die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllt sind, weil unklar ist, ob der Lieferer die Umsatzsteuer aus den Lieferungen gesetzlich schuldet.

 

 

22

1. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt dabei voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.

 

 

23

a) Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG hat der Kläger durch den Bezug der von Z im Inland gelieferten Fahrzeuge erfüllt. Für 15 v.H. der Lieferungen, die der Kläger von Z bezogen hat, hat das FG gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend festgestellt, dass die Fahrzeuge „aus Deutschland stammten“. Der Senat hat das dahingehend verstanden, dass die Lieferungen in Deutschland ausgeführt wurden und die materiellen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG erfüllt sind.

 

 

24

b) Der Kläger besitzt insoweit auch nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnungen. Zwar erfordert eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung, dass die Rechnung den Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG entspricht, was gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG die Angabe des vollständigen Namens und der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers erfordert.

 

 

25

Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH wird das Merkmal „vollständige Anschrift“ in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nur durch die Angabe der zutreffenden Anschrift des leistenden Unternehmers erfüllt, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet; die Angabe eines „Briefkastensitzes“ mit nur postalischer Erreichbarkeit, an dem im Zeitpunkt der Rechnungstellung keinerlei geschäftliche Aktivitäten stattfinden, reichte danach als zutreffende Anschrift nicht aus (BFH-Urteile vom vom 22.7.2015 V R 23/14, BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914 = SIS 15 19 48, Rz 25; vom 8.7.2009 XI R 51/07, BFH/NV 2010, 256 = SIS 10 01 88, Rz 16; vom 30.4.2009 V R 15/07, BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744 = SIS 09 21 18, Rz 32, 39; vom 6.12.2007 V R 61/05, BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695 = SIS 08 16 95, Rz 33; vom 19.4.2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315 = SIS 07 28 51, Rz 50; vom 27.6.1996 V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620 = SIS 96 24 01, Rz 15).

 

 

26

Hieran hält der Senat nach dem EuGH-Urteil Geissel und Butin (EU:C:2017:867) nicht mehr fest. § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG sind vielmehr richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung nicht voraussetzt, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Vielmehr reicht jede Art von Anschrift, einschließlich einer Briefkastenanschrift, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist. Diese Voraussetzungen erfüllen die von Z ausgestellten Rechnungen, weil er unter der von ihm angegebenen Rechnungsanschrift Post erhalten hat.

 

 

27

c) Für 85 v.H. der streitigen Fahrzeuglieferungen hat das FG aber nicht geklärt, ob überhaupt die materiellen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG - hier die vom leistenden Unternehmer „geschuldete Steuer“ - erfüllt sind.

 

 

28

Da die Fahrzeuge nach den Feststellungen des FG aus Frankreich stammten, Z dort seinen Wohnsitz und seine Bankverbindung hatte und in Deutschland in R keine geschäftlichen Aktivitäten entfaltete, liegt es nahe, dass die Fahrzeuge bei der Lieferung an den Abnehmer (Kläger) aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt und diese Lieferungen des Z an den Kläger deshalb gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei sind. Damit würden die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsrechts nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht vorliegen, weil es an einer vom leistenden Unternehmer „geschuldeten“ Steuer fehlen würde. Auch ein Vorsteuerabzug aus Vertrauensschutzgründen scheidet im Hinblick auf eine Mehrwertsteuer aus, die nur deshalb geschuldet wird, weil sie in der Rechnung ausgewiesen ist (EuGH-Urteil Kreuzmayr GmbH vom 21.2.2018 C-628/16, EU:C:2018:84 = SIS 18 02 45). Das FG wird die erforderlichen Feststellungen zum Ort dieser Lieferungen nachholen.

 

 

29

2. Der XI. Senat des BFH hat auf Anfrage mitgeteilt, dass er einer Abweichung von seinem Urteil vom 8.7.2009 XI R 51/07 (BFH/NV 2010, 256 = SIS 10 01 88) zustimmt.

 

 

30

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.