Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 29.1.2014 3 K 528/11
wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) kaufte mit notariell beurkundetem Vertrag vom
22.9.2010 vom Land ein Grundstück zur Errichtung einer
Windkraftanlage. Sie hatte neben dem vereinbarten Kaufpreis von
11.550 EUR einen „Entschädigungswert für das Recht
zur Errichtung von einer Windkraftanlage incl. des
Entschädigungswerts für An- und Durchschneidung und ggf.
notwendiger Baulasten und Dienstbarkeiten“ in Höhe von
insgesamt 454.500 EUR zu zahlen. Das Land verpflichtete sich, auf
den ihm weiterhin gehörenden Grundstücken in der Umgebung
des verkauften Grundstücks die zum Betrieb der Windkraftanlage
erforderlichen Baulasten und Dienstbarkeiten zu bestellen. Der
Berechnung des „Entschädigungswerts“ lag ein
Sachverständigengutachten zu Grunde. Danach entfiel dieser
Wert zu 93.800 EUR auf das verkaufte Grundstück und zu 360.700
EUR auf die anderen Grundstücke des Landes. Das Land schuldete
nicht die Verwendbarkeit des an die Klägerin verkauften
Grundstücks für deren Zwecke.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) setzte mit Bescheid vom 4.2.2011 gegenüber
der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 16.311 EUR
fest. Als Bemessungsgrundlage legte das FA sowohl den Kaufpreis in
Höhe von 11.550 EUR als auch den gesamten
Entschädigungsbetrag in Höhe von 454.500 EUR zu Grunde.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der auf
Herabsetzung der Grunderwerbsteuer auf 404 EUR gerichteten Klage
insoweit statt, als es die Grunderwerbsteuer auf 3.687 EUR
festsetzte. Nach seiner Ansicht unterliegen nur der Kaufpreis von
11.550 EUR und der anteilig auf das verkaufte Grundstück
entfallende Entschädigungswert in Höhe von 93.800 EUR der
Grunderwerbsteuer, nicht aber der auf die benachbarten
Grundstücke des Landes entfallende Anteil am
Entschädigungswert.
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Mit der Revision rügt das FA eine
Verletzung von § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes
(GrEStG).
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet. Sie war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Recht entschieden,
dass die Entschädigung von 360.700 EUR, die auf die dem Land
verbleibenden Grundstücke entfällt, nicht zur
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer gehört.
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1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft,
das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen
Grundstücks begründet, der Grunderwerbsteuer.
Gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1
GrEStG bemisst sich die Steuer nach dem Wert der Gegenleistung.
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a) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gilt als
Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis. Der Kaufpreis ist in
Übereinstimmung mit dem bürgerlichen Recht (§ 433
Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) das Entgelt für den
Kaufgegenstand „Grundstück“. Zum Kaufpreis
gehört alles, was der Käufer
vereinbarungsgemäß an den Verkäufer leisten muss,
um den Kaufgegenstand zu erhalten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs
- BFH - vom 23.9.2009 II R 20/08, BFHE 227, 379, BStBl II 2010, 495
= SIS 10 02 26, Rz 11, m.w.N.).
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Das gilt auch für
„Entschädigungen“, die der Verkäufer
für mit dem Verlust des Grundstücks verbundene negative
wirtschaftliche Folgen erhält. Zum Kaufpreis gehört
beispielsweise der Betrag, den sich der Verkäufer eines
Grundstücks vom Käufer zum Ausgleich einer zu erwartenden
Wertminderung der ihm verbleibenden Nachbargrundstücke
bezahlen lässt (BFH-Urteil vom 8.8.1990 II R 22/88, BFH/NV
1991, 412; Loose in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 18. Aufl.,
§ 9 Rz 108).
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b) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gelten
zudem als Gegenleistung bei einem Kauf auch die vom Käufer
übernommenen sonstigen Leistungen. Als sonstige Leistungen
sind alle Verpflichtungen des Käufers anzusehen, die zwar
nicht unmittelbar Kaufpreis für das Grundstück im
bürgerlich-rechtlichen Sinne, aber gleichwohl Entgelt für
den Erwerb des Grundstücks sind. Der Erwerb des
Grundstücks und die Gegenleistung müssen kausal
verknüpft sein. Dabei ist nicht ausschlaggebend, was die
Vertragschließenden als Gegenleistung für das
Grundstück bezeichnen, sondern zu welchen Leistungen sie sich
verpflichtet haben (BFH-Urteile vom 2.6.2005 II R 6/04, BFHE 210,
60, BStBl II 2005, 651 = SIS 05 36 34; vom 13.12.2006 II R 22/05,
BFH/NV 2007, 1183 = SIS 07 16 28, und vom 18.6.2014 II R 12/13,
BFHE 246, 211, BStBl II 2014, 857 = SIS 14 25 68).
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Leistungen des Erwerbers, die nicht den der
Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang betreffen,
insbesondere also für eine andere Leistung aufgewendet werden
als für die Verpflichtung, Besitz und Eigentum an dem
Grundstück zu verschaffen, scheiden demgegenüber aus der
Gegenleistung i.S. von § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
GrEStG aus (BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 412).
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2. Das FG hat danach zu Recht angenommen, dass
der auf die benachbarten Grundstücke des Landes entfallende
Anteil am Entschädigungswert in Höhe von 360.700 EUR
nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer
einzubeziehen ist. Diesen Betrag hat die Klägerin nicht
bezahlt, um das Eigentum an dem gekauften Grundstück zu
erhalten, sondern für davon zu unterscheidende Leistungen des
Landes, nämlich die Bestellung der für den Betrieb der
Windkraftanlage erforderlichen Baulasten und Dienstbarkeiten an den
ihm verbleibenden Grundstücken und die Duldung von An- und
Durchschneidungen dieser Grundstücke. Es handelt sich somit
nicht um eine Entschädigung für eine bloße
Wertminderung dieser Grundstücke.
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Dass der gesamte Entschädigungswert in
Höhe von 454.500 EUR nach dem Wortlaut des Kaufvertrags (auch)
„für das Recht zur Errichtung von einer
Windkraftanlage“ vereinbart wurde, rechtfertigt es nicht,
diesen Entschädigungswert insgesamt in die Bemessungsgrundlage
der Grunderwerbsteuer einzubeziehen. Diese Vereinbarung hat nicht
zur Folge, dass auch der anteilig auf die benachbarten
Grundstücke des Landes entfallende Anteil am
Entschädigungswert in Höhe von 360.700 EUR Gegenleistung
für den Erwerb des Eigentums an dem gekauften Grundstück
ist. Sie ändert nichts daran, dass dieser Anteil am
Entschädigungswert eine Gegenleistung der Klägerin
für die vereinbarten weiteren Leistungen des Landes ist, die
sich auf die ihm verbleibenden Grundstücke beziehen. Das im
Kaufvertrag angesprochene Recht zur Errichtung der Windkraftanlage
auf dem gekauften Grundstück hat als solches keinen
darüber hinausgehenden, eigenständigen Wert, der die
Einbeziehung des gesamten Entschädigungswerts in Höhe von
454.500 EUR in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer
begründen könnte. Im Kaufvertrag konnte nur die
zivilrechtliche Seite der Errichtung der Anlage im Verhältnis
der Klägerin zum Land vereinbart werden. Das Land schuldet
nach den im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarungen nicht die
Verwendbarkeit des Grundstücks für Zwecke der
Klägerin. Die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit des
Bauvorhabens ergibt sich nicht aus dem Kaufvertrag. Sie richtet
sich vielmehr nach den maßgebenden
öffentlich-rechtlichen Vorschriften.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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