Der Beklagte wird verurteilt, wegen
unangemessener Dauer des beim Finanzgericht Köln
geführten Verfahrens 13 K 2139/12 an die Klägerin weitere
600 EUR nebst seit dem 24.5.2016 zu berechnender Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
zu zahlen. Zudem hat er in Bezug auf den von ihm anerkannten und
bereits bezahlten Entschädigungsbetrag in Höhe von 1.000
EUR Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz für den Zeitraum vom 24.5.2016 bis zum 14.7.2017
an die Klägerin zu zahlen.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits hat der Beklagte zu
tragen.
1
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A. Die Klägerin begehrt
Entschädigung nach § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes
(GVG) für das ab dem 10.7.2012 anhängige und durch
wechselseitige Erledigungserklärungen der Beteiligten am
7.4.2016 beendete Verfahren 13 K 2139/12 vor dem Finanzgericht (FG)
Köln.
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2
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Die Klägerin ist eine GmbH, die ein
Fachgeschäft zum Verkauf von Materialien aller Art für
den Künstlerbedarf betreibt. Dem Geschäft wurde ab
Frühjahr 2007 ein Kundencafé angegliedert. Gegenstand
des von der Klägerin geführten FG-Verfahrens waren die
Gewinnerhöhungen 2004 bis 2007 im Anschluss an eine
Außenprüfung für diese Jahre. Hiergegen wandte sich
die Klägerin mit ihrer Klage, die am 10.7.2012 beim FG
eingegangen ist. Streitpunkte laut Klagebegründung vom
6.9.2012 waren u.a. die steuerliche Behandlung der sog.
Mietereinbauten im Zusammenhang mit dem Kundencafé, damit
zusammenhängend die Abziehbarkeit der an den Koch A gezahlten
Vergütungen, die Abschreibung verschiedener
Wirtschaftsgüter des beweglichen Anlagevermögens, die
Bewertung des Handelswarenbestandes sowie die
Rechtmäßigkeit des Prüfungszeitraums von vier
Jahren.
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3
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Zudem war die Klägerin der Auffassung,
die ihr im Rahmen einer Akteneinsicht am 21.8.2012 vorgelegten
Akten seien nicht vollständig gewesen. Daraufhin konnte sie am
16.10.2012 weitere Akten einsehen.
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4
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Die Klageerwiderung des Finanzamts (FA)
ging am 25.10.2012 beim FG ein. Dort kam es am 1.1.2013 aufgrund
einer Änderung des senatsinternen
Geschäftsverteilungsplans zu einem Wechsel des
Berichterstatters. Mit Schriftsatz vom 9.1.2013 nahm die
Klägerin zur Klageerwiderung des FA Stellung. Dieser
Schriftsatz wurde dem FA am 16.1.2013 mit der Bitte um
Stellungnahme übersandt.
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5
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Am 11.1.2013 erhob die Klägerin ihre
erste Verzögerungsrüge, da Anlass zur Besorgnis bestehe,
dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit, die nach der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte (EGMR) regelmäßig ein Jahr betrage,
abgeschlossen werde. Eine Antwort des FG erhielt sie nicht.
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6
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Mit Schreiben vom 14.2.2013
äußerte sich das FA zu einzelnen Streitpunkten und wies
darauf hin, dass es eine weitere Stellungnahme zu den anderen
Themenpunkten für entbehrlich halte, weil nicht mehr mit
Fortschritten in der Rechtsfindung zu rechnen sei. Dieses Schreiben
wurde der Klägerin am 25.2.2013 vom FG zur Kenntnis
übersandt.
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7
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Am 30.8.2013 erhob die Klägerin ihre
zweite Verzögerungsrüge. Diese begründete sie damit,
dass die letzte erkennbare Verfahrenshandlung in dem Schreiben des
Gerichts vom 25.2.2013 bestehe. Zu der vor mehr als sechs Monaten
bereits erhobenen Verzögerungsrüge liege keine erkennbare
Antwort des Gerichts vor.
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8
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Daraufhin teilte der Vorsitzende des
betroffenen Senats der Klägerin am 2.9.2013 mit, in Anbetracht
der erheblichen Belastung des Senats mit älteren und komplexen
Verfahren sowie aufgrund mehrfacher Berichterstatterwechsel sei
eine kurzfristige Terminierung nicht zu erwarten. Der Senat sei
bestrebt, das Verfahren im Jahr 2014 abzuschließen.
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9
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Eine Verfahrensförderung im Jahr 2014
ist indes nicht zu erkennen. Am 1.1.2015 kam es erneut zu einem
Wechsel des Berichterstatters.
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10
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Am 14.7.2015 erhob die Klägerin ihre
dritte Verzögerungsrüge. Es bestehe Anlass zur Besorgnis,
dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit, die nach der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) regelmäßig
zwei Jahre betrage, abgeschlossen sein werde. Die
Berichterstatterin führte in ihrem Antwortschreiben vom
22.7.2015 aus, die bislang nicht erfolgte Durchführung eines
Erörterungstermins oder einer mündlichen Verhandlung bzw.
sonstiger prozessfördernder Maßnahmen seien darauf
zurückzuführen, dass der Senat zum einen zahlreiche
ältere Fälle zu bearbeiten habe und zum anderen in der
jüngeren Vergangenheit mehrere personelle Veränderungen
innerhalb des Senats stattgefunden hätten. Sie beabsichtige
eine kurzfristige Bearbeitung des Verfahrens mit dem Ziel einer
Verfahrensbeendigung im Jahr 2015.
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11
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Am 4.12.2015 fragte die Berichterstatterin
bei den Beteiligten an, ob ihnen eine Teilnahme an der
mündlichen Verhandlung am 18.2.2016 möglich sei.
Daraufhin kam es zu einem kurzen Schriftsatzwechsel, der damit
endete, dass das FG am 25.1.2016 beschloss, durch Vernehmung des A
Beweis darüber zu erheben, welche Tätigkeiten dieser
für die Klägerin im Zeitraum von Juli 2005 bis zur
Eröffnung des Kundencafés im Februar 2007 erbracht
habe. Die für den 18.2.2016 terminierte Beweisaufnahme musste
wegen der Verhinderung des A verschoben werden. Im Rahmen der
nunmehr am 7.4.2016 stattfindenden mündlichen Verhandlung
verständigten sich die Beteiligten „nach
leidenschaftlicher Erörterung und hartem Ringen“ (so das
Protokoll) einvernehmlich auf eine Lösung der diversen
Streitpunkte und erklärten den Rechtsstreit wechselseitig
für erledigt. In der Kostenentscheidung des FG wurden der
Klägerin die Kosten zu 40 % und dem FA zu 60 %
auferlegt.
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12
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Am 24.5.2016 hat die Klägerin
Entschädigungsklage erhoben. Sie trägt vor, das FG
hätte gut zwei Jahre nach der Klageerhebung am 10.7.2012, also
im August 2014, mit der eigentlichen Bearbeitung des Verfahrens
beginnen müssen. Tatsächlich sei dies aber erst im
Dezember 2015 geschehen. Daher ergebe sich ein überlanges
Gerichtsverfahren im Umfang von 16 Monaten. Die zu leistende
Entschädigung betrage 100 EUR je Monat, also 1.600 EUR. Der
Zinsanspruch folge aus § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2
des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
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13
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Mit Schriftsatz vom 8.9.2016 hat der
Beklagte den geltend gemachten Anspruch in Höhe von 1.000 EUR
anerkannt und den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für
erledigt erklärt. Die Klägerin hat der vom Beklagten
ausgesprochenen teilweisen Erledigung mit Schriftsatz vom 14.7.2017
zugestimmt.
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14
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß,
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den Beklagten zu verurteilen, an die
Klägerin wegen der überlangen Dauer des Verfahrens vor
dem FG Köln 13 K 2139/12 eine angemessene Entschädigung
zu leisten, die vorläufig unter Berücksichtigung der
bereits gezahlten 1.000 EUR mit 600 EUR beziffert wird,
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bezogen auf diesen Betrag Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
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bezogen auf den anerkannten Betrag in
Höhe von 1.000 EUR Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit
bis zum Zeitpunkt der Teilerledigung zu zahlen,
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sowie dem Beklagten die Kosten des gesamten
Rechtsstreits aufzuerlegen.
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15
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Der Beklagte beantragt, die Klage
abzuweisen.
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16
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Der Entschädigungsanspruch sei
lediglich im Hinblick auf eine Verzögerung von zehn
vollständigen Monaten und damit in Höhe von 1.000 EUR
gegeben. Die darüber hinausgehende Forderung in Höhe von
600 EUR werde von der Klägerin zu Unrecht erhoben. Der dieser
Forderung zugrunde liegende Zeitraum von sechs Monaten stelle keine
Verzögerung dar, die zu einer Entschädigung führen
könne, da sich die von der Klägerin erhobenen Rügen
nicht auf diesen Zeitraum erstreckten.
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17
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Der Entschädigungsanspruch setze
gemäß § 198 Abs. 3 GVG eine
Verzögerungsrüge voraus, die nach Satz 2 des § 198
Abs. 3 GVG erst erhoben werden dürfe, wenn Anlass zur
Besorgnis bestehe, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit
abgeschlossen werden könne. Deshalb könnten die
Verzögerungsrügen vom 11.1.2013 und vom 30.8.2013 keine
Rechtswirkung entfalten. Beide Verzögerungsrügen seien zu
einem Zeitpunkt erhoben worden, in dem noch kein Anlass zu der
Befürchtung bestanden habe, das Verfahren, dessen Dauer zu dem
Zeitpunkt sechs bzw. 13 Monate betragen habe, werde verzögert.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung spreche im
Regelfall eine Vermutung dafür, dass die Dauer eines
Verfahrens angemessen sei, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach
Eingang der Klage mit Maßnahmen beginne, die das Verfahren
einer Entscheidung zuführen sollten. Davon sei auch im
Streitfall auszugehen. Demzufolge seien die
Verzögerungsrügen des Jahres 2013 zu früh erhoben
worden.
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18
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Die am 14.7.2015 erhobene
Verzögerungsrüge könne indes nur bis zum 14.1.2015
zurückwirken, da im Regelfall ein Zeitraum von gut sechs
Monaten, für den eine Verzögerungsrüge
zurückwirke, als angemessen und zumutbar erscheine (vgl.
Senatsurteil vom 6.4.2016 X K 1/15, BFHE 253, 205, BStBl II 2016,
694 = SIS 16 11 18). Deshalb sei die Entschädigungsforderung
lediglich hinsichtlich des Zeitraums vom 14.1.2015 bis zum
Zeitpunkt des Beginns der Maßnahmen, die das Verfahren einer
Entscheidung zuführen sollten, also mit der Erstellung der
Terminankündigung vom 4.12.2015 begründet. Dieser
Zeitraum umfasse zehn volle Monate, so dass der geltend gemachte
Anspruch insoweit anerkannt werde.
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19
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Für den davor liegenden Zeitraum, der
von der Verzögerungsrüge nicht rückwirkend erfasst
werde, in dem das Verfahren jedoch angesichts des Ablaufs von 24
Monaten als verzögert angesehen werden könne, sei mangels
wirksamer Verzögerungsrüge hilfsweise lediglich die
Feststellung einer Verzögerung möglich.
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20
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Soweit er, der Beklagte, die geltend
gemachte Forderung in Höhe von 1.000 EUR anerkannt und den
Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt habe,
seien der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
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21
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B. I. Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache
in Bezug auf die Entschädigung für eine Verzögerung
von zehn Monaten in Höhe von 1.000 EUR infolge der
übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten erledigt.
Da die Entschädigung in Geld nach § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG
nach Monaten bemessen werden kann (ständige
Senatsrechtsprechung, vgl. z.B. Urteil vom 20.8.2014 X K 9/13, BFHE
247, 1, BStBl II 2015, 33 = SIS 14 25 64, Rz 38), handelt es sich
bei dem Entschädigungsanspruch um einen quantitativ teilbaren
Streitgegenstand, so dass ein Teilanerkenntnis möglich ist
(zur Kostenfolge siehe unten III.).
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22
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II. In Bezug auf den nicht in der Hauptsache
erledigten Teil des Rechtsstreits ist die Klage zulässig und
begründet. Die Dauer des Ausgangsverfahrens war in einem
weiteren Umfang von sechs Monaten unangemessen. Hierfür ist
von dem Beklagten eine Entschädigung in Höhe von
insgesamt 600 EUR zu zahlen.
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23
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1. Die Zulässigkeit der Klage ist zu
bejahen, obwohl die Klägerin die begehrte Entschädigung
für die erlittenen immateriellen Nachteile in ihrem Antrag
lediglich vorläufig beziffert hat. Der auf Gewährung
einer angemessenen Entschädigung lautende Klageantrag wird von
dem angerufenen Senat in Verbindung mit dem weiteren Klagebegehren
so verstanden, dass sie mit ihrer Formulierung
„vorläufig beziffert“ tatsächlich
einen Mindestbetrag meint. Der Umstand, dass in einer
Entschädigungsklage der Zahlungsantrag lediglich in Höhe
eines Mindestbetrags beziffert wird, steht der hinreichenden
Bestimmtheit des Klageantrags und damit der Zulässigkeit der
Klage nicht entgegen (Senatsurteil vom 25.10.2016 X K 3/15, BFH/NV
2017, 159 = SIS 16 27 77, Rz 15, m.w.N.; zur gleichwohl bestehenden
Begrenzung des Entscheidungsprogramms des angerufenen Gerichts s.
aber unten B.II.2.c dd).
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24
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2. Die Klage ist begründet. Nach den
Maßstäben, die der Senat seiner ständigen
Rechtsprechung zugrunde legt, war die Dauer des Ausgangsverfahrens
im Umfang von weiteren sechs Monaten unangemessen (unter a und b).
Dafür ist an die Klägerin eine zusätzliche
Entschädigung in Höhe von 600 EUR zu leisten (unter c).
Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 i.V.m. § 288 Abs.
1 Satz 2 BGB (unter d).
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25
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a) Die Dauer des Verfahrens war unangemessen
i.S. des § 198 GVG.
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26
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aa) Gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2
GVG richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den
Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der
Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten
der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Diese gesetzlichen
Maßstäbe beruhen auf der ständigen Rechtsprechung
des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts (vgl. hierzu und zum
Folgenden ausführlich Senatsurteil vom 7.11.2013 X K 13/12,
BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179 = SIS 13 32 59, unter II.2., auf
das zur Vermeidung von Wiederholungen wegen der Einzelheiten Bezug
genommen wird). Nach dieser Entscheidung ist der Begriff der
„Angemessenheit“ für Wertungen offen, die
dem Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse an einem
möglichst zügigen Abschluss des Rechtsstreits einerseits
und anderen, ebenfalls hochrangigen sowie verfassungs- und
menschenrechtlich verankerten prozessualen Grundsätzen - wie
dem Anspruch auf Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes
durch inhaltlich möglichst zutreffende und qualitativ
möglichst hochwertige Entscheidungen, der Unabhängigkeit
der Richter und dem Anspruch auf den gesetzlichen Richter -
Rechnung tragen. Danach darf die zeitliche Grenze bei der
Bestimmung der Angemessenheit der Dauer des Ausgangsverfahrens
nicht zu eng gezogen werden; dem Ausgangsgericht ist ein
erheblicher Spielraum für die Gestaltung seines Verfahrens -
auch in zeitlicher Hinsicht - einzuräumen. Zwar schließt
es die nach der Konzeption des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG
vorzunehmende Einzelfallbetrachtung aus, im Rahmen der Auslegung
der genannten Vorschrift konkrete Fristen zu bezeichnen, innerhalb
derer ein Verfahren im Regelfall abschließend erledigt sein
sollte. Gleichwohl kann für ein finanzgerichtliches
Klageverfahren, das im Vergleich zu dem typischen in dieser
Gerichtsbarkeit zu bearbeitenden Verfahren keine wesentlichen
Besonderheiten aufweist, die Vermutung aufgestellt werden, dass die
Dauer des Verfahrens angemessen ist, wenn das Gericht gut zwei
Jahre nach dem Eingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die
das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, und die
damit begonnene („dritte“) Phase des
Verfahrensablaufs nicht durch nennenswerte Zeiträume
unterbrochen wird, in denen das Gericht die Akte unbearbeitet
lässt. Diese Vermutung gilt indes nicht, wenn der
Verfahrensbeteiligte rechtzeitig und in nachvollziehbarer Weise auf
Umstände hinweist, aus denen eine besondere
Eilbedürftigkeit des Verfahrens folgt (so Senatsurteil in BFHE
253, 205, BStBl II 2016, 694 = SIS 16 11 18, Rz 24).
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27
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bb) Nach diesen Grundsätzen war das
Ausgangsverfahren insgesamt um 16 Monate verzögert.
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28
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(1) Die Anwendung der in § 198 Abs. 1
Satz 2 GVG beispielhaft genannten Kriterien vermittelt im
Streitfall kein einheitliches Bild. So war der Schwierigkeitsgrad
des Verfahrens eher als überdurchschnittlich anzusehen, da zur
Lösung des Streitfalles zahlreiche rechtlich und
tatsächlich nicht einfache Streitpunkte zu prüfen waren,
umfangreich vorgetragen wurde und der Duktus der Schriftsätze
auch erkennen ließ, dass die Fronten zwischen den
Verfahrensbeteiligten eher verhärtet waren.
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29
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In Bezug auf die Bedeutung des Verfahrens
für die Klägerin ist zu berücksichtigen, dass die
Höhe der nachzuzahlenden Körperschaftsteuer zwar nicht
unbeträchtlich, aber nicht von existentieller Bedeutung war.
Auch hat die Klägerin in dem Verfahren trotz ihrer drei
Verzögerungsrügen nie explizit darauf hingewiesen, es sei
aus bestimmten Gründen notwendig, das Verfahren beschleunigt
zu bearbeiten.
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30
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(2) Die vom Senat erkannte Verzögerung
des Rechtsstreits um 16 Monate ergibt sich aus einer Betrachtung
des konkreten Verfahrensablaufs.
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31
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(a) In dem seit dem 10.7.2012 beim FG
anhängigen Klageverfahren endete der Wechsel der
vorbereitenden Schriftsätze zwischen den Beteiligten und damit
die sog. erste Phase am 25.2.2013 mit der Übersendung des
Schriftsatzes des FA, in dem dieses sinngemäß
ausführte, es halte eine weitergehende Stellungnahme für
entbehrlich. Das FG hätte demzufolge nach gut zwei Jahren -
also ab August 2014 - das Verfahren vorantreiben müssen, was
jedoch nicht geschehen ist. Das bedeutet, dass das Verfahren ab
August 2014 verzögert wurde.
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32
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(b) Erst im Dezember 2015 wurde das Verfahren
sachgerecht mit dem Ergebnis betrieben, dass die Beteiligten in der
mündlichen Verhandlung vom 7.4.2016 den Rechtsstreit in der
Hauptsache für erledigt erklärten.
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33
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b) Das die Verzögerung des
Ausgangsverfahrens von Februar 2015 bis November 2015 betreffende
Entschädigungsklageverfahren ist durch die
übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten vom
8.9.2016 und vom 14.7.2017 in der Hauptsache erledigt worden, so
dass es insoweit keiner gerichtlichen Entscheidung bedarf.
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34
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c) Der Klägerin steht für den
Zeitraum vom August 2014 bis zum Januar 2015 ebenfalls eine
Entschädigung für den erlittenen immateriellen Schaden in
Höhe von 600 EUR zu.
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35
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aa) Das Bestehen eines
Nichtvermögensnachteils wird in Fällen unangemessener
Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG
vermutet (vgl. auch Senatsurteil vom 17.4.2013 X K 3/12, BFHE 240,
516, BStBl II 2013, 547 = SIS 13 14 53, unter III.6.a). Eine
Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs.
2 Satz 2, Abs. 4 GVG wäre im Streitfall für die
unangemessene Verzögerung nicht ausreichend.
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36
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bb) Umstände dafür, dass der in
§ 198 Abs. 2 Satz 3 GVG genannte Regelbetrag von 1.200 EUR
für jedes Jahr der Verzögerung vorliegend unbillig
(§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG) sein könnte, sind nicht
ersichtlich.
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37
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Dies gilt trotz der Tatsache, dass die
Klägerin eine GmbH ist. Zwar hat das Landessozialgericht (LSG)
Sachsen-Anhalt in einem Entschädigungsklageverfahren zu
Gunsten des dortigen Beklagten unterstellt, bei einer GmbH sei
regelmäßig eine geringere Entschädigung angemessen
(LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26.4.2016 L 10 SF 5/15 EK, juris,
Rz 219). Diese Aussage in einem Einzelfall widerspricht aber der
ständigen und überzeugenden Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts ( - BSG -, vgl. die Entscheidungen vom
12.2.2015 B 10 ÜG 1/13 R, BSGE 118, 91, Rz 34 ff.; vom
5.5.2015 B 10 ÜG 5/14 R, Sozialrecht 4-1720 § 198 Nr. 12
Rz 31; vom 25.10.2016 B 10 ÜG 24/16 B, juris, Rz 10), wonach
allein die Eigenschaft als juristische Person die Vermutungswirkung
des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG nicht entkräftet. Dieser
Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an, da
bereits der Gesetzeswortlaut nicht zwischen natürlichen und
juristischen Personen differenziert. Dabei handelt es sich auch
nicht um ein Redaktionsversehen, wie die Entstehungsgeschichte der
Norm belegt. Vielmehr hat der Gesetzgeber bewusst auch juristische
Personen in den Anwendungsbereich des § 198 Abs. 2 GVG
einbeziehen wollen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zur
weiteren Begründung auf das BSG-Urteil in BSGE 118, 91, unter
3.c verwiesen.
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38
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cc) Dem Entschädigungsanspruch der
Klägerin für die Zeit von August 2014 bis Januar 2015
steht die im Regelfall lediglich begrenzte Rückwirkung einer
wirksamen Verzögerungsrüge nicht entgegen.
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39
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Die ersten beiden Verzögerungsrügen
aus dem Jahr 2013 sind nicht wirksam erhoben worden (unter (1) und
(2)). Die von der Klägerin im Juli 2015 erhobene (dritte)
Verzögerungsrüge wird vom erkennenden Senat im Streitfall
nicht als verspätet angesehen. Damit entfällt der Grund
für ihre nur eingeschränkte Rückwirkung, so dass
eine Entschädigung für den gesamten Zeitraum der
Verzögerung zu leisten ist (unter (3)).
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40
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(1) Die Entschädigung in Geld setzt nach
§ 198 Abs. 3 Satz 1 GVG voraus, dass der Verfahrensbeteiligte
bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens
gerügt hat (Verzögerungsrüge). Nach § 198 Abs.
3 Satz 2 Halbsatz 1 GVG kann die Verzögerungsrüge erst
erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das
Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird. Wird
die Rüge zur Unzeit erhoben, geht die Rüge „ins
Leere“ (BTDrucks 17/3802, S. 20) und wird auch dann nicht
wirksam, wenn später tatsächlich eine unangemessene
Verfahrensdauer eintritt. Die Besorgnis der Verzögerung i.S.
des § 198 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 GVG erfordert zwar noch
nicht, dass eine Verzögerung bereits eingetreten ist (vgl.
Senatsurteil vom 17.6.2014 X K 7/13, BFH/NV 2015, 33 = SIS 14 32 61, unter II.2.), ist aber auch nicht voraussetzungslos.
Maßgeblich ist, wann ein Betroffener erstmals Anhaltspunkte
dafür hat, dass das Verfahren als solches keinen angemessen
zügigen Fortgang nimmt (Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH -
vom 21.5.2014 III ZR 355/13, NJW 2014, 2443, unter II.3.a).
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41
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(2) Als die Klägerin im Januar 2013 und
im August 2013 die beiden Verzögerungsrügen erhob, waren
solche Anhaltspunkte objektiv noch nicht erkennbar. Das Verfahren
war zu diesem Zeitpunkt sechs Monate bzw. 13 Monate anhängig.
Von der Schwelle der „gut zwei Jahre“ ab
Klageeingang war auch der spätere Zeitpunkt noch zehn Monate
entfernt. Nachvollziehbare Umstände, die seinerzeit dafür
hätten sprechen können, dass das FG das Verfahren nicht
zügig bearbeiten würde, waren zu diesem Zeitpunkt noch
nicht auszumachen.
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42
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(3) Die Klägerin hat eine wirksame
Verzögerungsrüge am 14.7.2015 erhoben. Zu diesem
Zeitpunkt war das Verfahren zwar bereits drei Jahre alt. Die
Verzögerungsrüge war aber dennoch nicht verspätet
und wirkt im konkreten Streitfall auch auf den Beginn der zu dem
Zeitpunkt bereits seit knapp zwölf Monaten bestehenden
Verfahrensverzögerung zurück.
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43
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(a) Der erkennende Senat hat in seinem Urteil
in BFHE 253, 205, BStBl II 2016, 694 = SIS 16 11 18, unter II.3.
die unbeschränkte Rückwirkung von
Verzögerungsrügen verneint, da diese dem präventiven
Aspekt des Gesetzeszwecks nicht entspricht, sondern diesen
leerlaufen lässt. Um trotzdem die Vorhersehbarkeit und
Berechenbarkeit der Rechtsprechung im Bereich der
Entschädigungsklagen zu verbessern, erschien es dem Senat
notwendig, den in der Rechtspraxis nur schwer fassbaren Zeitraum
eines unzulässigen „Duldens und
Liquidierens“ durch eine Vermutungsregel zu typisieren.
Er hat für den Regelfall einen Zeitraum von gut sechs Monaten,
für den eine Verzögerungsrüge zurückwirkt, als
angemessen und zumutbar angesehen.
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44
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(b) Ein solcher Regelfall ist vorliegend nicht
gegeben, denn aufgrund der Besonderheiten des Streitfalls wäre
eine nur beschränkte Rückwirkung der
Verzögerungsrüge nicht gerechtfertigt. Die Klägerin
hatte auf ihre zweite Verzögerungsrüge im August 2013 die
Antwort des Vorsitzenden des zuständigen Senats des FG
erhalten, der Senat sei bestrebt, das Verfahren im Jahr 2014
abzuschließen. In einer solchen Konstellation ist es kein
Zeichen eines unzulässigen „Duldens und
Liquidierens“ eines Klägers, wenn dieser auf die
Ankündigung des Gerichts vertraut und diesem die
Möglichkeit gibt, den eigenen Planungen entsprechend das
Verfahren zu betreiben. Die Geduld eines Klägers soll
nämlich nach der Begründung des Regierungsentwurfs eines
Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen
Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nicht
„bestraft“ werden (BRDrucks 540/10, S. 28).
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45
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Aus demselben Grund ist es unschädlich,
dass die Klägerin nicht sofort nach Ablauf des vom FG
angekündigten Bearbeitungszeitraums Ende 2014, sondern erst
sechs Monate später zum dritten Mal die Verzögerung
gerügt hat. Dass sie dem FG noch eine weitere Karenzzeit von
sechs Monaten gewährt hat, deutet ebenfalls nicht auf ein
„Dulden und Liquidieren“ hin, sondern stellt
vielmehr ein nachvollziehbares Abwarten dar. Eine Begrenzung der
Rückwirkung der Verzögerungsrüge ist in einer
solchen Konstellation nicht angemessen.
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46
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Damit sind der Klägerin auch für die
Monate August 2014 bis Januar 2015, also für weitere sechs
Monate überlanger Verfahrensdauer eine Entschädigung von
insgesamt 600 EUR zu gewähren.
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47
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dd) Der Senat sieht allerdings keinen Grund,
über den beantragten Mindestbetrag der Entschädigungen
hinauszugehen. Der erkennende Senat hat in dem Urteil vom 12.7.2017
X K 3-7/16 seine Rechtsprechung dahingehend präzisiert, dass
der Verzicht auf einen bestimmten Klageantrag (Beschränkung
auf die Nennung eines Mindestbetrags) und die Inanspruchnahme einer
Befugnis des Gerichts, über einen bezifferten Mindestbetrag
hinauszugehen, nur insoweit erforderlich und geboten ist, als das
Gericht gemäß § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG in
Fällen der „Unbilligkeit“ einen
höheren oder niedrigeren als den im Gesetz genannten
Pauschalbetrag für Nichtvermögensnachteile festsetzen
kann. Soweit die Höhe des Entschädigungsanspruchs
hingegen maßgeblich durch die Dauer der Verzögerung
(vgl. § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG: „1.200 EUR für
jedes Jahr der Verzögerung“) bestimmt wird, ist es
dem Entschädigungskläger - wie jedem anderen Kläger
auch - zuzumuten, sich in seinem Klageantrag auf die Annahme einer
bestimmten Dauer der Verzögerung festzulegen, seinen Antrag
danach auszurichten und den Entscheidungsumfang des Gerichts sowie
sein eigenes Kostenrisiko damit zu begrenzen. Zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die Begründung des unter www.bundesfinanzhof.de
veröffentlichten Senatsurteils unter IV.2.b verwiesen.
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d) Der Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz beruht auf
§ 66 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 291, §
288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach beginnt im Streitfall der Zinslauf
mit der Erhebung der Klage, also dem Eingang der Klageschrift beim
BFH am 24.5.2016 (§ 64 Abs. 1 FGO).
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aa) § 66 Satz 2 FGO i.d.F. des Gesetzes
zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren
Änderung des Gesetzes über das Verfahren in
Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit sowie zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes,
der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und des
Gerichtskostengesetzes vom 11.10.2016 (BGBl I 2016, 2222), wonach
bei Entschädigungsklagen die Streitsache erst mit der
Zustellung der Klage rechtshängig wird, ist im Streitfall noch
nicht anzuwenden. Das genannte Gesetz ist nach seinem Art. 10 am
Tag nach der Verkündung - also am 15.10.2016 - in Kraft
getreten. Die vorliegende Entschädigungsklage ist aber bereits
am 24.5.2016 beim BFH eingegangen. Hierfür gilt weiter die
bisherige Rechtsprechung des Senats, wonach bei
Entschädigungsklagen vor dem BFH, auf die gemäß
§ 155 Satz 2 FGO die Vorschriften der FGO über das
Verfahren im ersten Rechtszug entsprechend anwendbar sind, sich die
Rechtshängigkeit nach § 66 (Satz 1) FGO richtet (vgl.
Senatsurteil in BFH/NV 2017, 159 = SIS 16 27 77, Rz 47).
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bb) Im Streitfall sind zudem die Prozesszinsen
in Bezug auf den vom Beklagten anerkannten Betrag in Höhe von
1.000 EUR für den Zeitraum vom 24.5.2016 (Beginn der
Rechtshängigkeit) bis zum 14.7.2017 (Teilerledigung des
Rechtsstreits in der Hauptsache durch die
Teilerledigungserklärung der Klägerin, die noch vor der
Zahlung des Teilbetrags durch den Beklagten beim BFH einging) zu
berechnen.
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III. Die Kosten des Verfahrens sind, auch
soweit die Rechtssache in der Hauptsache erledigt ist, dem
Beklagten aufzuerlegen.
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1. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO, soweit dem Klageantrag der Klägerin
entsprochen wurde.
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2. Soweit über die Kosten des erledigten
Teils zu befinden ist, stützt sich die Entscheidung auf §
138 Abs. 1 FGO.
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Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache
erledigt, so entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen
über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss; der bisherige
Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen.
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Zunächst ist im Streitfall zu beachten,
dass dem Entschädigungsbegehren der Klägerin
materiell-rechtlich voll entsprochen wurde. Nach dem Rechtsgedanken
des § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO hätte damit der Beklagte die
Kosten zu tragen. Die Klägerin hat es jedoch versäumt,
ihren Entschädigungsanspruch vor der Klageerhebung beim
Beklagten geltend zu machen. Gemäß § 155 Satz 2
i.V.m. Satz 1 FGO ist in solchen Fällen der Gedanke des §
93 der Zivilprozessordnung (ZPO) zu übertragen. Danach fallen
dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den
Anspruch sofort anerkennt und der Beklagte nicht durch sein
Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat.
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a) Es bedarf zwar keiner erfolglosen
vorgerichtlichen Zahlungsaufforderung, um eine
Entschädigungsklage erfolgreich erheben zu können, denn
der Entschädigungsanspruch kann nach allgemeinen
Grundsätzen außergerichtlich gegenüber dem jeweils
haftenden Rechtsträger geltend gemacht und befriedigt werden
(BTDrucks 17/3802, S. 22). Entscheidet sich ein
Entschädigungskläger aber unmittelbar zur Klageerhebung,
trägt er das Risiko, die Kosten des
Entschädigungsverfahrens gemäß § 93 ZPO tragen
zu müssen, wenn der Beklagte sofort anerkennt (so auch u.a.
Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen
Gerichtsverfahren, § 198 GVG, Rz 237 f.; Heine, MDR 2014,
1008; Stahnecker, Entschädigung bei überlangen
Gerichtsverfahren, Rz 154).
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b) Der Beklagte hat
„sofort“ i.S. des § 93 ZPO die Forderung
der Klägerin in Bezug auf den Teilbetrag von 1.000 EUR
anerkannt. Das sofortige Anerkenntnis setzt in der Regel voraus,
dass der Beklagte die erste sich bietende prozessuale
Möglichkeit wahrnimmt (MünchKommZPO/Schulz, 5. Aufl.,
§ 93 Rz 12). Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein
Beklagter bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens den geltend
gemachten Anspruch innerhalb der Klageerwiderungsfrist jedenfalls
dann „sofort“ i.S. des § 93 ZPO anerkennen,
wenn die Verteidigungsanzeige - wie im Streitfall gegeben - keinen
insoweit auf eine Abweisung der Klage gerichteten Sachantrag
enthält. Die Billigkeitsentscheidung, die nach § 93 ZPO
zu treffen ist, könne - so der BGH - nicht davon
abhängen, ob ein Anerkenntnis in der Frist zur Abgabe der
Verteidigungserklärung oder in der anschließenden Frist
zur Klageerwiderung abgegeben werde. In beiden Fällen sei es
dem Beklagten nicht zuzumuten, einen Anspruch anzuerkennen, den er
nicht in einem hinreichend lang bemessenen Zeitraum prüfen
könne. Dazu dürfe er die - nötigenfalls
verlängerte - Klageerwiderungsfrist in Anspruch nehmen (s.
BGH-Beschluss vom 30.5.2006 VI ZB 64/05, BGHZ 168, 57, unter II.2.b
bb).
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Unter Berücksichtigung dieser
Grundsätze hat der Beklagte mit dem am 8.9.2016 beim BFH
eingegangenen Schriftsatz und damit innerhalb der ihm gesetzten
Klageerwiderungsfrist, die am 9.9.2016 ablief, das Teilanerkenntnis
„sofort“ ausgesprochen.
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c) Dennoch wäre es im konkreten
Streitfall aufgrund der Besonderheiten des Streitfalls unbillig,
der Klägerin die Kosten für den erledigten Teil des
Rechtsstreits aufzuerlegen.
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So gab es im Zeitpunkt der Klageerhebung -
soweit ersichtlich - noch keine gerichtliche Entscheidung, in der
dem Entschädigungskläger die Kosten des
Entschädigungsverfahrens gemäß § 93 ZPO
auferlegt wurden, weil der Beklagte sofort anerkannt hatte. Dem
Prozessvertreter der Klägerin wurde zudem im Jahr 2012 im
Rahmen eines anderen Entschädigungsbegehrens von dem
Vorsitzenden des dort betroffenen Senats desselben FG schriftlich
mitgeteilt, ihm werde anheimgestellt, das
Entschädigungsbegehren durch Klage beim BFH zu verfolgen. Das
FG sei für die Festsetzung von Entschädigungen
gemäß § 198 GVG nicht zuständig. Es sei daher
nichts weiter zu veranlassen. Dass diese Auffassung im Übrigen
teilweise auch weiterhin innerhalb dieses FG vertreten wird, zeigt
die Tatsache, dass der Prozessvertreter der Klägerin noch im
Jahr 2017 ein identisches Schreiben erhalten hat.
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Der angerufene Senat verkennt nicht, dass es
sich dabei nicht um die geäußerte Rechtsansicht des im
Streitfall betroffenen Senats bzw. des Beklagten handelt. Dennoch
musste bei dem Prozessvertreter aufgrund der klaren Aussage in dem
Schreiben aus dem Jahr 2012 der Eindruck entstehen, diese
Auffassung sei abgestimmt und werde im FG geteilt. Unter diesen
konkreten Umständen des Einzelfalles erscheint es dem
erkennenden Senat unbillig, von der Klägerin im Jahr 2016 bei
diesem konkreten Gericht erneut eine vorherige Zahlungsaufforderung
zu verlangen, um der Kostenpflicht bei einem sofortigen
Anerkenntnis zu entgehen. Somit hat der Beklagte auch insoweit die
Kosten gemäß § 138 Abs. 1 FGO zu tragen.
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3. § 138 Abs. 1 FGO sieht bei einer
Erledigung der Hauptsache eine Kostenentscheidung durch Beschluss
vor. Im Streitfall liegt jedoch eine Teilerledigung vor. Damit ist
durch Urteil über die restlichen Streitpunkte und im Rahmen
einer gemischten Kostenentscheidung beruhend auf § 138 und
§ 135 FGO über die Kosten des erledigten Teils zu
befinden (s. BFH-Beschluss vom 30.5.2007 III B 12/06, BFH/NV 2007,
1905 = SIS 07 32 53, unter II.1.b).
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IV. Mit Einverständnis der Beteiligten
(§ 90 Abs. 2 i.V.m. § 155 Satz 2 FGO) hat der erkennende
Senat ohne mündliche Verhandlung entschieden.
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