1
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A. Die Klägerin begehrt
gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG)
Entschädigung wegen der von ihr als unangemessen angesehenen
Dauer eines vom 10.11.2006 (Klageeingang beim Finanzamt - FA - )
bis zum 26.3.2013 (Zustellung des Urteils) vor dem Hessischen
Finanzgericht (FG) anhängigen Klageverfahrens.
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2
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Dem Ausgangsverfahren liegt der folgende
Sachverhalt zugrunde: Der im Klageverfahren verstorbene Ehemann (E)
der Klägerin war als Bürgermeister einer Stadt im Jahre
1987 wegen versuchter umweltgefährdender Abfallbeseitigung
angeklagt worden. Er wurde Ende 1996 durch ein Urteil des
zuständigen Landgerichts verwarnt und mit einer Geldbuße
in Höhe von 3.000 DM belegt. Nach seiner Verurteilung legte er
wegen der langen Verfahrensdauer zunächst
Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und
anschließend Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte (EGMR) ein. Im Jahr 2001 entschied der
EGMR, neun Verhandlungsjahre seien im Vergleich zum Strafmaß
nicht zu rechtfertigen und stellten folglich einen Verstoß
gegen Art. 6 § 1 der Europäischen Konvention zum Schutze
der Menschenrechte und Grundfreiheiten dar. E wurde deshalb neben
einem Betrag von 10.000 DM für immaterielle Schäden ein
Betrag von weiteren 15.000 DM für Auslagen und Gerichtskosten
zugesprochen.
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Für die Vertretung im Verfahren vor
dem BVerfG entstanden Rechtsanwaltsgebühren und Auslagen in
Höhe von 28.681 DM und im Verfahren vor dem EGMR solche in
Höhe von 20.050,72 DM, wovon 12.518,72 DM im Jahr 2000 in
Rechnung gestellt und bezahlt wurden.
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Die Klägerin und der mit ihr zusammen
zur Einkommensteuer veranlagte E machten unter Anrechnung des vom
EGMR ausgeurteilten Betrages von 15.000 DM die
Rechtsanwaltsgebühren und Auslagen in ihrer
Einkommensteuererklärung für das Jahr 1997 geltend. Das
FA erkannte diese Aufwendungen weder als
außergewöhnliche Belastungen noch als Werbungskosten bei
den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des E
an.
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Nach erfolglosem Vorverfahren reichten die
Klägerin und E die Klageschrift am 10.11.2006 beim FA ein, die
an das FG weitergeleitet wurde. Bis zum 19.2.2008 wurden
Schriftsätze der Beteiligten ausgetauscht.
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Am 5.11.2008 bat der
Prozessbevollmächtigte der Klägerin um Mitteilung, wann
mit einem Fortgang des Verfahrens zu rechnen sei. Der
Berichterstatter verfügte unter Verwendung eines
entsprechenden Formulars, dass aufgrund zahlreicher vorrangig zu
bearbeitender anderer Streitsachen derzeit leider noch nicht
absehbar sei, wann im Ausgangsverfahren eine Entscheidung anstehe.
Eine erneute Sachstandsanfrage der Prozessbevollmächtigten vom
8.12.2009 wurde entsprechend formularmäßig
beantwortet.
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7
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Mit Schriftsatz vom 6.10.2010 verzichteten
die Klägerin und E aufgrund eines Telefonats ihres
Prozessbevollmächtigten mit dem Berichterstatter des FG vom
gleichen Tag auf die Durchführung einer mündlichen
Verhandlung. Am 12.10.2010 ging die Verzichtserklärung des FA
beim FG ein, die dem Prozessbevollmächtigten am 13.10.2010
übersandt wurde.
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Mit Schreiben vom 18.7.2011 wies das FG die
Beteiligten auf die geänderte Rechtsprechung des VI. Senats
des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Abziehbarkeit von Zivilprozesskosten
als außergewöhnliche Belastungen hin. Der sich hieran
anschließende Schriftwechsel der Beteiligten endete mit
Übersendung des Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten
vom 31.10.2011 an das FA am 8.11.2011.
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Mit Schreiben vom 22.11.2011 erhoben die
Klägerin und E „vorsorglich die
Verzögerungsrüge (§ 198 Abs. 3 GVG)“.
Gleichzeitig übersandten sie eine Kopie des Beschlusses des
BVerfG vom 13.2.1997 2 BvR 135/97, den das FG bereits mit Schreiben
vom 18.10.2011 angefordert hatte. Am 6.12.2011 ergänzten die
Prozessbevollmächtigten ihre bisherigen
Stellungnahmen.
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Am 4.6.2012, beim FG eingegangen am
6.6.2012, wiederholten die Prozessbevollmächtigten ihre
„bereits geltend gemachte Verzögerungsrüge“
und erkundigten sich am 14.12.2012 beim FG erneut nach dem Stand
des Verfahrens.
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Das FG teilte den
Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 21.12.2012 mit, mit
einer Entscheidung sei voraussichtlich im 1. Quartal 2013 zu
rechnen. Mit Urteil vom 19.3.2013, das den
Prozessbevollmächtigten am 26.3.2013 zugestellt worden ist,
wies das FG die Klage ab. Die hiergegen eingelegte
Nichtzulassungsbeschwerde ist zwischenzeitlich zurückgewiesen
worden (BFH-Beschluss vom 11.10.2013 VI B 41/13, nicht
veröffentlicht).
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12
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Am 3.5.2013 haben die Klägerin und E
die vorliegende Entschädigungsklage erhoben. Sie weisen darauf
hin, die durchschnittliche Dauer erstinstanzlicher
Finanzgerichtsverfahren betrage nach einer Statistik des
Statistischen Bundesamtes durchschnittlich 17,5 Monate. Im
vorliegenden Verfahren hätten die Klägerin und E gerade
unter dem Eindruck der zu Gunsten des E ergangenen Entscheidung des
EGMR und des hohen Alters der Kläger eine zügige
Entscheidung erwarten können.
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13
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, den Beklagten zu verurteilen, ihr, auch als
Alleinerbin des verstorbenen E, wegen der überlangen Dauer des
Verfahrens vor dem Hessischen FG 12 K 3431/06 eine
Entschädigung in Höhe von 8.400 EUR nebst Zinsen seit
Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt, die Klage
abzuweisen.
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Das Verfahren habe zwar insgesamt fünf
Jahre und vier Monate keine Förderung durch das Gericht
erfahren. Allerdings sei die Verzögerungsrüge nicht
unverzüglich nach Inkrafttreten des Gesetzes über den
Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und
strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜberlVfRSchG) erhoben
worden. Relevant sei allein die am 6.6.2012 beim FG eingegangene
Verzögerungsrüge. Somit sei die Zeit vor Inkrafttreten
des ÜberlVfRSchG am 3.12.2011 ohne Belang. Ggf. könne
eine Rückwirkung dieser Verzögerungsrüge bis zum
Inkrafttreten angenommen werden. Deswegen komme allenfalls eine
Entschädigung in Höhe von 1.200 EUR für die neun
Monate ab Zugang der Verzögerungsrüge am 6.6.2012 und die
Hälfte der sechs Monate bis zum Inkrafttreten des
ÜberlVfRSchG in Frage.
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B. Die zulässige Klage ist teilweise
begründet.
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I. Die Klage ist zulässig, da sie mehr
als sechs Monate nach der (letzten) Verzögerungsrüge vom
4.6.2012, aber noch vor Rechtskraft der finanzgerichtlichen
Entscheidung (§ 198 Abs. 5 Satz 2 GVG) erhoben worden ist. Das
Urteil wurde mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde nach
§ 116 Abs. 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit
Beschluss vom 11.10.2013 rechtskräftig.
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II. Die Dauer des Ausgangsverfahrens war
unangemessen. Soweit diese unangemessene Dauer des
Ausgangsverfahrens den Zeitraum vor Erhebung der
Verzögerungsrüge vom 4.6.2012 betrifft, kann weder eine
Entschädigung in Geld noch die Feststellung der
Unangemessenheit ausgesprochen werden, da es an der nach Art. 23
Satz 2 ÜberlVfRSchG nötigen unverzüglichen
Rügeerhebung fehlt (dazu unter 1.). Für den Zeitraum ab
der Rügeerhebung vom 4.6.2012 steht der Klägerin auch als
Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemanns ein
Entschädigungsanspruch in Höhe von 1.200 EUR zu (dazu
unter 3.).
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1. Für den Zeitraum bis zur Erhebung der
Verzögerungsrüge vom 4.6.2012 steht der Klägerin -
auch als Alleinerbin des E - weder ein Entschädigungsanspruch
wegen überlanger Verfahrensdauer gemäß § 198
Abs. 2 Satz 2 GVG noch eine Feststellung der überlangen
Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG
zu, da eine unverzüglich i.S. des Art.
23 Satz 2 ÜberlVfRSchG erhobene Rüge nicht vorliegt.
Diese Ansprüche sind deshalb präkludiert.
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a) Gemäß der Übergangsregelung
des Art. 23 Satz 1 ÜberlVfRSchG ist das genannte Gesetz auch
auf Verfahren anwendbar, die bei seinem Inkrafttreten (3.12.2011)
bereits anhängig waren. Für anhängige Verfahren, die
bei Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG bereits verzögert
waren, gilt § 198 Abs. 3 GVG mit der Maßgabe, dass die
Verzögerungsrüge „unverzüglich“
nach Inkrafttreten erhoben werden muss (Art. 23 Satz 2
ÜberlVfRSchG). Weder die Rüge vom 22.11.2011 (unter aa)
noch die vom 4.6.2012 erhobene Rüge (unter bb) werden dieser
Voraussetzung gerecht. Der Senat kann demzufolge eine
Entschädigung nach § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG für den
Zeitraum bis zum 6.6.2012 (unter cc) nicht aussprechen.
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aa) Die am 22.11.2011 erhobene
„vorsorgliche Verzögerungsrüge“ kann
nicht als Verzögerungsrüge i.S. des § 198 Abs. 3 GVG
angesehen werden. Zu diesem Zeitpunkt war das ÜberlVfRSchG -
und damit die Vorschrift des § 198 Abs. 3 GVG - noch nicht in
Kraft getreten. Das genannte Gesetz ist am Tag nach seiner
Verkündung - d.h. am 3.12.2011 - in Kraft getreten. Eine
bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes erhobene
Verzögerungsrüge erfüllt diese Voraussetzung nicht
(so auch Senatsurteil vom 7.11.2013 X K 13/12, BFHE 243, 126, BStBl
II 2014, 179 = SIS 13 32 59, unter II.1.b).
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bb) Die Verzögerungsrüge vom
4.6.2012 wurde nicht mehr „unverzüglich nach
Inkrafttreten“ i.S. des Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG
erhoben.
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23
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Der Senat hat bereits entschieden, dass im
Rahmen der gebotenen normspezifischen Auslegung des in Art. 23 Satz
2 ÜberlVfRSchG verwendeten Begriffs
„unverzüglich“ ein Zeitraum von drei
Monaten als sachgerecht anzusehen ist (so schon Senatsurteil in
BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179 = SIS 13 32 59, unter II.1.d;
insoweit folgend auch Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom
10.4.2014 III ZR 335/13, NJW 2014, 1967; ebenso BGH-Urteil vom
17.7.2014 III ZR 228/13, NJW 2014, 2588). Dieser Zeitraum ist
vorliegend überschritten.
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b) Folge der nicht „unverzüglich
nach Inkrafttreten erhobenen“ Verzögerungsrüge
ist nach Ansicht des Senats, dass zunächst die Zuerkennung
einer Geldentschädigung vor dem Inkrafttreten des
ÜberlVfRSchG entfällt (vgl. Senatsurteil in BFHE 243,
126, BStBl II 2014, 179 = SIS 13 32 59, unter II.1.b). Nach Ansicht
des BGH in NJW 2014, 1967, unter II.1.d aa soll darüber hinaus
ein solcher Anspruch nach § 198 GVG für den Zeitraum, der
vom Inkrafttreten bis zur Erhebung einer solchen
Verzögerungsrüge verstrichen ist, ausgeschlossen sein;
dies ergebe sich aus dem Umkehrschluss aus Art. 23 Satz 3
ÜberlVfRSchG. Mit Rücksicht auf diese Entscheidung und
zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten
Gerichtshöfe des Bundes schließt sich der Senat dieser
Rechtsansicht an und hält an seiner im Senatsurteil vom
17.4.2013 X K 3/12 (BFHE 240, 516, BStBl II 2013, 547 = SIS 13 14 53) geäußerten Rechtsansicht im Anwendungsbereich des
Art. 23 ÜberlVfRSchG nicht weiter fest.
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Folglich ist hier eine ggf. vorliegende
Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer für die
Zeit vor der Erhebung der Verzögerungsrüge vom 4.6.2012
nicht möglich.
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2. Bezogen auf den Zeitraum ab Erhebung der
Verzögerungsrüge war die Dauer des Ausgangsverfahrens
unangemessen. Die Verzögerung beläuft sich auf sechs
Monate.
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a) Gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2
GVG richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den
Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit
und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der
Verfahrensbeteiligten und Dritter. Diese gesetzlichen
Maßstäbe beruhen auf der ständigen Rechtsprechung
des EGMR und des BVerfG (vgl. hierzu und zum Begriff der
Angemessenheit im Finanzgerichtsverfahren ausführlich
Senatsurteil in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179 = SIS 13 32 59,
unter II.2.).
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b) Nach diesen Grundsätzen ist das
Ausgangsverfahren für den Zeitraum nach Erhebung der
Verzögerungsrüge um sechs Monate in unangemessener Weise
verzögert worden.
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aa) Die Anwendung der in § 198 Abs. 1
Satz 2 GVG beispielhaft genannten Kriterien vermittelt im
Streitfall kein einheitliches Bild.
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Der Schwierigkeitsgrad des Verfahrens war als
eher überdurchschnittlich anzusehen. Einerseits waren
Aufwendungen im Zusammenhang mit Rechtsanwaltskosten bei einem
Verfahren vor dem EGMR zu beurteilen, für die eine
höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vorlag. Zum anderen
befand sich die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von
Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen, wenn
auch den Zivilprozess betreffend, im Fluss.
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Die Bedeutung des Ausgangsverfahrens war
für die Klägerin und E erheblich. Zum einen waren beide
Eheleute bei Klageerhebung im Ausgangsverfahren hoch betagt und zum
anderen hatten sie bereits ein Verfahren vor dem EGMR wegen eines
überlangen Strafverfahrens anstrengen müssen.
Verständlicherweise war ihr Wunsch nach endgültiger
Klärung der Streitigkeiten groß, zu denen aus ihrer
Sicht auch der Finanzgerichtsprozess um die Anerkennung der
Rechtsanwaltsgebühren als Annex zu dem vorangegangenen
Strafverfahren und den Verfahren vor dem BVerfG und dem EGMR zu
zählen ist.
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bb) Die Würdigung, dass die
Verfahrensdauer in Bezug auf einen Zeitraum von sechs Monaten nach
Erhebung der Verzögerungsrüge vom 4.6.2012 unangemessen
ist, ergibt sich aus einer Betrachtung des konkreten
Verfahrensablaufs.
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Im Juni 2012 hatte das Ausgangsverfahren
bereits fünfeinhalb Jahre gedauert. Faktisch hat es bis zu
diesem Zeitpunkt geruht und wurde - trotz der
Verzögerungsrüge am 4.6.2012 - erst dadurch aufgenommen,
dass das FG im Dezember 2012 eine Entscheidung im 1. Quartal 2013
in Aussicht stellte. Demgemäß ist im Zeitraum von Juni
2012 bis November 2012 (insgesamt sechs Monate) eine unangemessene
Verzögerung des Verfahrens eingetreten.
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3. Für die Verzögerung des
Verfahrens von der Erhebung der Verzögerungsrüge vom
4.6.2012 bis zum November 2012 ist der Klägerin eine
Entschädigung für Nichtvermögensnachteile in
Höhe von 1.200 EUR zuzusprechen.
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a) Das Entstehen eines
Nichtvermögensnachteils wird in Fällen unangemessener
Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG
vermutet (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 240, 516, BStBl II 2013,
547 = SIS 13 14 53, unter III.6.a).
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36
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b) Eine Wiedergutmachung auf andere Weise
gemäß § 198 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 GVG wäre im
Streitfall für die unangemessenen
Verzögerungszeiträume ab Inkrafttreten des Gesetzes nicht
ausreichend. Dafür spricht vor allem, dass das FG auf die
zahlreichen Versuche der Klägerin und des E, es zu einer
Entscheidung innerhalb angemessener Frist zu bewegen, gar nicht
reagiert und ihnen nicht einmal einen Zeitpunkt in Aussicht
gestellt hat, ab dem mit einer Verfahrensförderung zu rechnen
sei. In diesem Fall ist offensichtlich, dass die Klägerin und
E aus nachvollziehbaren Gründen an einer zügigen
Entscheidung interessiert und infolgedessen von der
Verfahrensverzögerung in stärkerem Maße betroffen
waren.
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c) Umstände dafür, dass der in
§ 198 Abs. 2 Satz 3 GVG genannte Regelbetrag von 1.200 EUR
für jedes Jahr der Verzögerung vorliegend unbillig
(§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG) sein könnte, sind nicht
ersichtlich. Sie ergeben sich weder aus dem hohen Alter der
Klägerin und des E noch daraus, dass dieses Ausgangsverfahren
seinen Ursprung in einem erfolgreichen Verfahren vor dem EGMR
hatte.
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38
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Auch wenn im Gesetz ein Jahresbetrag genannt
ist, kann dieser im konkreten Fall nach Monaten bemessen werden
(ebenso bereits Senatsurteil in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179 =
SIS 13 32 59).
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d) Der Klägerin ist für den
erlittenen immateriellen Nachteil für sich und E jeweils ein
Entschädigungsbetrag von 600 EUR zu zahlen.
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aa) Der Anspruch auf Entschädigung des
immateriellen Nachteils ist ein personenbezogener Anspruch. Dies
ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 198 Abs. 1 Satz 1
GVG. Er ist als ein Jedermann-Recht konzipiert und steht
dementsprechend jeder Person zu, die an einem Gerichtsverfahren
beteiligt ist (weiterführend: Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 27.2.2014 5 C 1/13 D, Buchholz 300
§ 198 GVG Nr. 3). Verfahrensbeteiligt waren bei Klageerhebung
die Klägerin und ihr während des Klageverfahrens
verstorbener Ehemann, als dessen Alleinerbin die Klägerin das
Klageverfahren fortführt.
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bb) Der Entschädigungsanspruch des E ist
vererblich, entspricht die Entschädigung doch einem
Schadensersatzanspruch für immaterielle Schäden (zur
Vererblichkeit eines solchen Anspruchs vgl. nur Palandt/Heinrichs,
§ 253 BGB Rz 22, m.w.N.).
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42
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Diese Vererblichkeit wird auch nicht durch die
Regelung in § 198 Abs. 5 Satz 3 GVG ausgeschlossen (so auch
Zöller/Lückemann, ZPO, 30. Aufl., § 198 GVG, Rz 11,
unter Hinweis auf Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rz 267). Zwar
bestimmt diese Vorschrift, dass „bis zur
rechtskräftigen Entscheidung über die Klage (...) der
Anspruch nicht übertragbar (ist)“. Diese Vorschrift,
die § 13 Abs. 2 des Gesetzes über die Entschädigung
für Strafverfolgungsmaßnahmen nachgebildet worden ist,
soll jedoch allein die Pfändbarkeit nach § 851 Abs. 1 der
Zivilprozessordnung und damit den Handel mit dem Anspruch
verhindern (vgl. BTDrucks 17/3802, 36).
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43
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4. Der Anspruch auf Zinsen ab
Rechtshängigkeit ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung
der §§ 288 Abs. 1, 291 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs.
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44
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136
Abs. 1 Satz 1 FGO.
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45
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Die Klägerin und E haben eine
Entschädigung in Höhe von 8.400 EUR beantragt.
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46
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Der Klägerin ist - auch als Alleinerbin
des E - eine Entschädigung in Höhe von 1.200 EUR
zuzusprechen, so dass sie zu 1.200/8.400, also zu 1/7 obsiegt
hat.
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47
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6. Mit Einverständnis der Beteiligten
(§ 90 Abs. 2 i.V.m. § 155 Satz 2 FGO) hat der erkennende
Senat ohne mündliche Verhandlung entschieden.
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