Die Beschwerde des Antragstellers gegen den
Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 9.1.2017 4 V
4265/15 wird als unzulässig verworfen, soweit sie den
Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer für 2008 bis
2010 sowie die Zinsen zur Einkommen- und Umsatzsteuer für 2008
bis 2010 betrifft.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des
Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 9.1.2017 4 V 4265/15
aufgehoben. Die Bescheide über Einkommensteuer, Umsatzsteuer
und den Gewerbesteuermessbetrag für 2008 und 2009, alle vom
15.9.2015, sowie die Bescheide über Einkommensteuer,
Umsatzsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag für 2010, alle
vom 21.9.2015, werden ab Fälligkeit bis einen Monat nach
Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einen Monat nach
anderweitiger Erledigung des Einspruchsverfahrens ohne
Sicherheitsleistung in dem Umfang von der Vollziehung ausgesetzt,
der sich - nach näherer Maßgabe der Erläuterungen
unter III.4. der Entscheidungsgründe - ergibt, wenn die
Hinzuschätzungsbeträge je Streitjahr auf einen
Netto-Mehrerlös von 3.000 EUR und eine Mehr-Umsatzsteuer von
570 EUR begrenzt werden. Die Ermittlung der auszusetzenden
Beträge wird dem Finanzamt übertragen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Antragsteller
zu 13 % und der Antragsgegner zu 87 % zu tragen; die Kosten des
Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu 33 % und der
Antragsgegner zu 67 % zu tragen.
1
|
I. Der Antragsteller und
Beschwerdeführer (Antragsteller) wurde in den Streitjahren
2008 bis 2010 mit seiner - nicht am vorliegenden Verfahren
beteiligten und seit 2012 von ihm getrennt lebenden - Ehefrau (E)
zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Er erzielte gewerbliche
Einkünfte aus einer Gaststätte, deren Gewinn er durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelte. E war im Betrieb als
Angestellte beschäftigt.
|
|
|
|
|
2
|
Mit Wirkung ab dem 1.1.2011 brachte der
Antragsteller den Betrieb zu Buchwerten in eine GbR ein, an der er
zu 98 % und E zu 2 % beteiligt war. Insoweit ist für die
Gewinnfeststellung der Jahre 2011 und 2012 beim IV. Senat des
Bundesfinanzhofs (BFH) ein Parallelverfahren anhängig (IV B
4/17).
|
|
|
|
|
3
|
Nahezu sämtliche Betriebseinnahmen
fielen in Form von Bargeld an, das der Antragsteller in einer
offenen Ladenkasse vereinnahmte. Die Einnahmen stammten neben dem
laufenden Gaststättenbetrieb noch aus zwei weiteren Bereichen:
So richtete der Antragsteller Veranstaltungen aus (Familienfeiern,
Buffets); ferner beteiligte er sich an dem einmal jährlich
stattfindenden dreitägigen örtlichen Volksfest.
|
|
|
|
|
4
|
Die Einnahmen aus dem laufenden
Gaststättenbetrieb notierte der Antragsteller - getrennt je
Kassiervorgang - auf einem Zettel. Durch Summenbildung ermittelte
er die Tageseinnahmen und schloss die Summe mit seinem
Namenszeichen ab. Die Tageseinnahmen-Zettel enthalten das jeweilige
Datum, ansonsten aber kein Ordnungskriterium.
|
|
|
|
|
5
|
Die Einnahmen aus der Bewirtung beim
Volksfest notierte der Antragsteller lediglich als Tagessumme. Die
Einnahmen aus Veranstaltungen notierte er gleichermaßen in
einer Summe pro Veranstaltung auf den Tageseinnahmen-Zetteln.
Weitere Unterlagen zu den Veranstaltungen - insbesondere Angebote,
Vereinbarungen, Rechnungen oder Quittungen - hat er im bisherigen
Verlauf des Verfahrens nicht vorgelegt.
|
|
|
|
|
6
|
Die Gaststätte hatte in den
Streitjahren keinen festen Ruhetag. Allerdings liegen zu einigen
Tagen der Streitjahre keine Aufzeichnungen über Einnahmen vor
(2008: 14 Tage; 2009: 25 Tage; 2010: 22 Tage). Dabei handelt es
sich ganz überwiegend um Samstage. Der Antragsteller hat
hierzu erklärt, die Gaststätte sei an diesen Tagen
geschlossen gewesen.
|
|
|
|
|
7
|
Aus den Steuererklärungen des
Antragstellers ergeben sich die folgenden betrieblichen
Kennzahlen:
|
|
|
Jahr
|
Umsatzerlöse 19 %
|
Gewinn
|
Rohgewinnauf-
|
|
|
|
|
|
schlagsatz (RAS)
|
|
|
2008
|
142.888 EUR
|
28.374 EUR
|
123
%
|
|
|
2009
|
124.302 EUR
|
19.842 EUR
|
181
%
|
|
|
2010
|
119.439 EUR
|
20.103 EUR
|
187
%
|
|
|
|
8
|
Der Antrags- und Beschwerdegegner (das
Finanzamt - FA - ) führte beim Antragsteller eine
Außenprüfung für die Streitjahre durch, in deren
Verlauf er zu der Einschätzung kam, die Kassenführung sei
nicht ordnungsgemäß. Die vollständige Erfassung der
Bareinnahmen sei nicht überprüfbar. So sei weder
feststellbar, ob sämtliche Einzelbeträge auf den
Tageseinnahmen-Zetteln notiert worden seien, noch sei bei den
Zetteln sichergestellt, dass sie vollständig und nicht
nachträglich austauschbar seien. Gleiches gelte für die
Einnahmen aus Veranstaltungen, die sich im Einzelfall auf
erhebliche Beträge belaufen hätten. Es sei nicht
dokumentiert, ob der Kassenbestand täglich durch
tatsächliches Auszählen ermittelt worden sei. Auch sei
nicht glaubhaft, dass die gelegentlichen Schließungstage der
Gaststätte ausgerechnet auf Samstage entfielen, an denen der
Antragsteller im Durchschnitt die höchsten Tageseinnahmen
erziele.
|
|
|
9
|
Der Prüfer ermittelte die Höhe
der Hinzuschätzung mittels der sog.
„Quantilsschätzung“. Dazu führte er
zunächst einen Zeitreihenvergleich durch. Dabei schätzte
er die monatlichen RAS, indem er die vom Antragsteller im
jeweiligen Monat geleisteten Zahlungen für Wareneinkäufe
(nach Abzug eines pauschalen Eigenverbrauchs) als Wareneinsatz
ansah und ins Verhältnis zu den aufgezeichneten monatlichen
Erlösen setzte. Der Prüfer interpretierte diese Werte
dahingehend, dass sie erhebliche Schwankungen aufweisen
würden, die nicht durch betriebliche Umstände
erklärbar seien. Die Aufzeichnungen des Antragstellers seien
daher nicht schlüssig und zu verwerfen.
|
|
|
10
|
Anhand der vom Antragsteller vorgelegten
Speisekarten ermittelte der Prüfer, dass die Preise der
Gaststätte zum 1.1.2009 um durchschnittlich 17 % erhöht
worden seien. Daher nahm er eine sog.
„Konjunkturbereinigung“ vor und legte dem
Zeitreihenvergleich für die Jahre 2009 und 2010 nicht die
tatsächlichen Erlöse zugrunde, sondern solche Werte, die
erst nach Vornahme eines Zuschlags von 17 % den tatsächlichen
Erlösen entsprechen würden.
|
|
|
11
|
Für sein weiteres Vorgehen
unterstellte der Prüfer, dass bei Datensätzen, die der
Gauß’schen Normalverteilung genügten, 68,27 % der
Datensätze innerhalb der ersten Standardabweichung lägen
und „damit am wahrscheinlichsten“ seien. Im
Umkehrschluss lägen 31,73 % der Datensätze (je 15,865 %
am oberen bzw. unteren Ende) außerhalb der ersten
Standardabweichung. Bei „abgemilderter“ Anwendung
führe dies dazu, die obersten 20 % der Datensätze
außer Betracht zu lassen (hier: sieben der insgesamt 36
RAS-Monatswerte). Der nächsthöchste Wert (hier: der
achthöchste der 36 RAS-Monatswerte) sei der zutreffende
Schätzwert, der auf den gesamten Drei-Jahres-Zeitraum
anzuwenden sei.
|
|
|
12
|
Dieser achthöchste Wert lag im
streitgegenständlichen Drei-Jahres-Zeitraum bei 185 %. Diesen
Wert wendete der Prüfer allerdings nur auf das Jahr 2008 an.
Für die Jahre 2009 und 2010 nahm er eine umgekehrte
„Konjunkturbereinigung“ um 17 % vor und legte seiner
Schätzung insoweit einen RAS von 233 % zugrunde.
|
|
|
|
13
|
Auf diese Weise ermittelte der Prüfer
die folgenden Änderungen der Besteuerungsgrundlagen:
|
|
|
Jahr
|
2008
|
2009
|
2010
|
|
|
Mehrerlös netto
|
+
37.000 EUR
|
+
23.000 EUR
|
+
20.000 EUR
|
|
|
Mehr-Umsatzsteuer
|
+
7.030 EUR
|
+
4.370 EUR
|
+
3.800 EUR
|
|
|
Passivierung der Umsatzsteuer
|
|
|
./.
15.200 EUR
|
|
|
Mehrgewinn
|
+
44.030 EUR
|
+
27.370 EUR
|
+
8.600 EUR
|
|
|
|
14
|
Die Passivierung der infolge der
Außenprüfung erhöhten Umsatzsteuer im Jahr 2010
beruhte darauf, dass der Prüfer die Auffassung vertrat,
infolge der Buchwerteinbringung des Betriebs in die GbR zum
1.1.2011 habe der Antragsteller zum 31.12.2010 zur Gewinnermittlung
durch Betriebsvermögensvergleich übergehen und einen
entsprechenden Übergangsgewinn ermitteln müssen. Dabei
seien die Umsatzsteuer-Verbindlichkeiten gewinnmindernd
anzusetzen.
|
|
|
15
|
Am 15. bzw. 21.9.2015 erließ das FA
entsprechend geänderte Einkommensteuer- und
Umsatzsteuer-Festsetzungen für die Jahre 2008 bis 2010, einen
geänderten Gewerbesteuermessbescheid für 2008 sowie
erstmalige Gewerbesteuermessbescheide für 2009 und
2010.
|
|
|
16
|
Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch
ein, über den das FA noch nicht entschieden hat. Ein Antrag
auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) hatte beim FA zunächst
keinen Erfolg. Während des anschließenden gerichtlichen
AdV-Verfahrens gewährte das FA am 19. bzw. 20.1.2016 AdV
für einen Teil der für das Streitjahr 2008 angeforderten
Nachzahlungen. Grundlage hierfür war, dass das FA nunmehr von
einer Preiserhöhung zum 1.1.2009 von 25,83 % (aufgerundet 26
%) ausging, die „Konjunkturbereinigung“ entsprechend
anpasste, und dadurch für 2008 einen RAS von noch 165 % (statt
bisher 185 %) zugrunde legte. Für AdV-Zwecke geht es seither
von einem Netto-Mehrerlös im Jahr 2008 von 25.000 EUR und
einer Mehr-Umsatzsteuer von 4.750 EUR aus.
|
|
|
17
|
In Höhe der verbleibenden
angeforderten Beträge lehnte das Finanzgericht (FG) den
Aussetzungsantrag ab (EFG 2017, 537). Zur Begründung
führte es aus, eine Aufzeichnungspflicht folge im Streitfall
zwar nicht aus § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG),
wohl aber aus § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Diese
Pflicht habe der Antragsteller nicht erfüllt. Zwar handele es
sich dabei lediglich um einen formellen Mangel. Die Ergebnisse des
Zeitreihenvergleichs würden aber auch auf materielle
Mängel hindeuten. Die Quantilsschätzung sei eine
sachgerechte Methode für die Ermittlung der Höhe der
Hinzuschätzung. Wegen der Divergenz zu einer anderen
instanzgerichtlichen Entscheidung hat das FG die Beschwerde
zugelassen.
|
|
|
18
|
Die Entscheidung des FG wurde der
Prozessbevollmächtigten (P) des Antragstellers, einer
Partnerschaftsgesellschaft mit vier Standorten, nach eigenen
Angaben - ein förmliches Empfangsbekenntnis befindet sich
nicht in den Akten - am 10.1.2017 zugestellt. Am 16.1.2017 ging
beim FG ein mit normaler Briefpost übersandter, nicht
unterschriebener Schriftsatz der P ein, mit dem Beschwerde gegen
den FG-Beschluss eingelegt wurde. Das FG wies auf die fehlende
Unterschrift nicht hin, sondern beschloss am 17.1.2017, der
Beschwerde nicht abzuhelfen, und legte das Verfahren dem BFH vor,
wo die Akten am 23.1.2017 eingingen.
|
|
|
19
|
Mit Schreiben vom 8.2.2017 (der P
zugestellt am 11.2.2017) wies die Vorsitzende des
beschließenden Senats auf die fehlende Unterschrift sowie die
Möglichkeit eines Wiedereinsetzungsantrags hin. Mit einem
unterschriebenen Schriftsatz, der am 24.2.2017 beim BFH einging,
legte P nochmals Beschwerde ein, begründete diese zugleich und
stellte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Hierzu führte sie aus, die in ihrer Kanzlei bestehenden
Abläufe zum Posteingang, zur Fristenkontrolle und zum
Postausgang seien standardisiert und dokumentiert; sie würden
von allen Mitarbeitern einheitlich angewandt. Zur Dokumentation der
Arbeitsabläufe werde eine Datev-Software eingesetzt. Nach Tz.
4.1 der - dem Wiedereinsetzungsantrag beigefügten -
Arbeitsanweisung sei eine Kontrolle der Unterschrift vorzunehmen.
Sei ein Schriftsatz nicht unterschrieben, lege ihn das
Kanzleipersonal erneut vor, damit die Unterschrift nachgeholt
werde. Diese Verfahrensweise habe sich in einer 40-jährigen
Kanzleihistorie eingespielt und bewährt. Es seien bisher keine
Fälle bekannt geworden, in denen Schriftsätze die Kanzlei
ohne Unterschrift verlassen hätten. Am maßgebenden Tag
sei die Zentrale durch die zuverlässigste und ausreichend
geschulte Kraft, Frau D, besetzt gewesen.
|
|
|
20
|
Am Tag des Postausgangs (13.1.2017) seien
zwei Beschwerdeschriften erstellt worden; eine im vorliegenden
Verfahren und eine im Parallelverfahren der GbR. Letztere sei
unterschrieben beim BFH eingegangen. Es könne nur
gemutmaßt werden, dass an dem Schriftsatz im vorliegenden
Verfahren noch eine Korrektur vorzunehmen gewesen und dann
versäumt worden sei, die Unterschrift nachzuholen. Beim
Eintüten der Beschwerdeschrift müsse die fehlende
Unterschrift aufgrund eines nie auszuschließenden
menschlichen Versehens unbemerkt geblieben sein.
|
|
|
21
|
Im elektronischen Postausgangsbuch seien
für den 13.1.2017 zwei verschiedene Beschwerdeschriften in
Sachen des Antragstellers erfasst. Es sei also in der Kanzlei
erkannt worden, dass es sich um zwei unterschiedliche
Beschwerdeverfahren handele. Das Fehlen der Unterschrift könne
daher nicht darauf beruhen, dass der zweite Schriftsatz
versehentlich für ein Doppel gehalten worden sei.
|
|
|
22
|
In der Sache selbst wiederholt und vertieft
der Antragsteller sein bisheriges Vorbringen. Er hält seine
Aufzeichnungen im Wesentlichen für ordnungsgemäß
und bringt Einwendungen gegen die Richtigkeit der
Quantilsschätzung vor.
|
|
|
23
|
Der Antragsteller beantragt, den
angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Bescheide über
Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Zinsen für 2008
und 2009, über Umsatzsteuer und Zinsen für 2008 und 2009
sowie über den Gewerbesteuermessbetrag für 2008 und 2009,
alle vom 15.9.2015, sowie die Bescheide über Einkommensteuer,
Solidaritätszuschlag und Zinsen für 2010, über
Umsatzsteuer und Zinsen für 2010 sowie über den
Gewerbesteuermessbetrag für 2010, alle vom 21.9.2015, ohne
Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen.
|
|
|
24
|
Das FA beantragt, die Beschwerde
zurückzuweisen.
|
|
|
25
|
Es ist der Auffassung, Wiedereinsetzung in
die versäumte Beschwerdefrist könne nicht gewährt
werden, da es an einer substantiierten, in sich schlüssigen
Darstellung der entscheidungserheblichen Tatsachen fehle. Der
Antragsteller habe bereits nicht die Person benannt, die in der
Kanzlei der P mit der Fertigstellung der Beschwerdeschrift
beauftragt gewesen sei. Auf dieser Unkenntnis, die einen schweren
Organisationsmangel darstelle, fuße die Mutmaßung des
Antragstellers, möglicherweise sei an dem Schriftsatz noch
eine Korrektur vorzunehmen gewesen. Bei einer den Anforderungen
genügenden Gestaltung der Abläufe hätte der
Antragsteller noch heute den tatsächlichen Geschäftsgang
beschreiben und mitteilen können, wer an dem Schriftsatz
gearbeitet und ihn ohne Unterschrift zur Post gegeben habe. Es sei
daher nicht einmal klar, ob es auf die Zuverlässigkeit der
Frau D überhaupt ankomme.
|
|
|
26
|
In der Sache selbst hält das FA an
seiner Auffassung fest, die Aufzeichnungen des Antragstellers seien
mangelhaft, die Quantilsschätzung sei eine geeignete
Schätzungsmethode und sachgerecht durchgeführt worden,
und andere Schätzungsmethoden kämen im Streitfall nicht
in Betracht.
|
|
|
27
|
II. 1. Die Beschwerde ist unzulässig,
soweit sie den Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer
für 2008 bis 2010 sowie die Zinsen zur Einkommen- und
Umsatzsteuer für 2008 bis 2010 betrifft.
|
|
|
28
|
Das FG hatte den erstinstanzlichen Antrag -
der ebenfalls das ausdrückliche Begehren nach einer AdV der
Festsetzungen des Solidaritätszuschlags und der Zinsen
enthielt - im Interesse des Antragstellers zur Vermeidung einer
Unzulässigkeit im Hinblick darauf, dass es sich um bloße
Folgebescheide handelt (vgl. BFH-Urteil vom 29.10.1987 VIII R
413/83, BFHE 151, 319, BStBl II 1988, 240 = SIS 88 04 53)
dahingehend ausgelegt, dass der Antragsteller AdV nur in Bezug auf
die Einkommensteuer, die Umsatzsteuer und den
Gewerbesteuermessbetrag begehrt. Diese Auslegung hat es in seiner
Entscheidung ausführlich begründet und in das Rubrum nur
die drei genannten Steuerarten (ohne den Solidaritätszuschlag
und die Zinsen) aufgenommen.
|
|
|
29
|
Gleichwohl beantragt der Antragsteller im
Beschwerdeverfahren - entgegen dem Rubrum und der Begründung
der finanzgerichtlichen Entscheidung - nochmals ausdrücklich
auch die AdV in Bezug auf den Solidaritätszuschlag und die
Zinsen. Insoweit ist aber - weil das FG hierüber zur
Vermeidung einer Unzulässigkeitsentscheidung nicht entschieden
hat - noch kein erstinstanzlicher Beschluss ergangen. Eine
Erweiterung des Gegenstands des Beschwerdeverfahrens über den
Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung hinaus ist jedoch
unzulässig (BFH-Beschluss vom 20.6.2007 VIII B 36/07, BFH/NV
2007, 1911 = SIS 07 32 59, m.w.N.).
|
|
|
30
|
2. Im Übrigen ist die Beschwerde
zulässig.
|
|
|
31
|
a) Allerdings hat der Antragsteller die
zweiwöchige Frist zur Einlegung der Beschwerde nicht
gewahrt.
|
|
|
32
|
aa) Die Beschwerde ist gemäß §
129 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beim FG schriftlich
(oder - was vorliegend nicht in Betracht kommt - zur Niederschrift
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle) innerhalb von zwei
Wochen nach Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung einzulegen.
Grundsätzlich folgt aus der gesetzlich ausdrücklich
angeordneten Schriftform, dass der bestimmende Schriftsatz
eigenhändig unterschrieben werden muss (vgl. § 126 Abs. 1
des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Dies gilt auch für
Schriftsätze, die im finanzgerichtlichen Verfahren eingereicht
werden (ständige Rechtsprechung, vgl. aus jüngerer Zeit
BFH-Beschluss vom 20.5.2015 XI R 48/13, BFH/NV 2015, 1263 = SIS 15 16 69, Rz 14, m.w.N.).
|
|
|
33
|
Der im vorliegenden Verfahren angefochtene
Beschluss des FG ist P am 10.1.2017 zugegangen. Die Einlegungsfrist
endete daher am 24.1.2017. Innerhalb dieser Frist ist beim FG
lediglich ein nicht unterschriebener Schriftsatz eingegangen.
|
|
|
34
|
bb) Zwar kann ausnahmsweise von dem
Unterschriftserfordernis abgesehen werden, wenn aus anderen
Gründen ohne Beweisaufnahme feststeht, dass es sich bei dem an
das Gericht gelangten, nicht unterschriebenen Schriftstück
nicht lediglich um einen Entwurf handelt.
|
|
|
35
|
Dies ist in der bisherigen
höchstrichterlichen Rechtsprechung etwa angenommen worden,
wenn einer nicht unterschriebenen Klageschrift eine vom Kläger
eigenhändig unterzeichnete Prozessvollmacht im Original
beigefügt war (BFH-Urteil vom 28.9.1995 IV R 76/94, BFH/NV
1996, 332), wenn ein rechtlich unerfahrener Kläger zwar die
Klageschrift nicht unterzeichnet, auf dem Briefumschlag aber
handschriftlich seinen Namen und seine Anschrift eingetragen hat
(BFH-Urteil vom 3.10.1986 III R 207/81, BFHE 148, 205, BStBl II
1987, 131 = SIS 87 03 62), wenn zwar nicht der - der Schriftform
unterliegende - Antrag, wohl aber ein Begleitschreiben
eigenhändig unterzeichnet ist (BFH-Urteil vom 13.12.2001 III R
24/99, BFHE 196, 464, BStBl II 2002, 159 = SIS 02 05 70), oder wenn
ein erforderlicher Gerichtskostenvorschuss noch innerhalb der
Klagefrist eingezahlt wird (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
- BVerfG - vom 22.10.2004 1 BvR 894/04, NJW 2005, 814, unter II.2.b
aa (2)).
|
|
|
36
|
Ein vergleichbarer Ausnahmesachverhalt ist im
Streitfall indes nicht gegeben, weil es innerhalb der
Beschwerdefrist über den bloßen Eingang des nicht
unterschriebenen - und damit als bloßer Entwurf anzusehenden
- Schriftstücks hinaus kein weiteres Indiz für den
ernsthaften Willen des Antragstellers zur formgerechten Erhebung
einer Beschwerde gibt.
|
|
|
37
|
b) Dem Antragsteller ist jedoch
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
|
|
|
38
|
aa) Gemäß § 56 Abs. 1 FGO ist
auf Antrag - nach § 56 Abs. 2 Satz 4 FGO auch ohne Antrag -
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand
ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist
einzuhalten. Ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten steht
dem Verschulden des Beteiligten gleich (§ 85 Abs. 2 der
Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO).
|
|
|
39
|
Die Tatsachen zur Begründung des Antrags
sind glaubhaft zu machen (§ 56 Abs. 2 Satz 2 FGO). Bereits
innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist sind (unbeschadet einer
späteren Glaubhaftmachung) alle entscheidungserheblichen
Tatsachen wenigstens ihrem wesentlichen Inhalt nach schlüssig
darzulegen (BFH-Beschlüsse vom 25.3.2003 I B 166/02, BFH/NV
2003, 1193 = SIS 03 37 28, und vom 29.10.2003 V B 61/03, BFH/NV
2004, 459 = SIS 04 10 90), es sei denn, die Gründe waren
offenkundig oder amtsbekannt (BFH-Urteil vom 17.9.1987 III R
259/84, BFH/NV 1988, 681).
|
|
|
40
|
bb) Der Senat hat - ebenso wie das FA -
erhebliche Zweifel, ob die Darlegungen des Antragstellers in seinem
Wiedereinsetzungsantrag als schlüssige, substantiierte und
vollständige Schilderung der maßgebenden
Geschehensabläufe innerhalb der Kanzlei der P anzusehen
sind.
|
|
|
41
|
Zum einen wird nicht deutlich, welcher
Berufsträger mit der Anfertigung der Beschwerdeschrift befasst
war und die Unterschriftsleistung versäumt hat. Zum anderen
stellt der Antragsteller ausdrücklich nur eine
„Mutmaßung“ zum vermeintlichen
Geschehensablauf an, gibt aber keine eindeutige
Tatsachenschilderung ab.
|
|
|
42
|
Vor allem aber sind die von P vorgelegten
Organisationsunterlagen nicht geeignet, ein
Organisationsverschulden auszuschließen. P betreibt ihre
Kanzlei an vier Standorten; für die Bearbeitung des
vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist der Standort in B
zuständig. Tz. 4.1 der vorgelegten Kanzleianweisung, aus der
sich nach Auffassung des Antragstellers die Pflicht seines
Kanzleipersonals zur Kontrolle des Vorhandenseins einer
Unterschrift ergeben soll, bezieht sich aber nur auf den Standort
S. Der Umstand, dass beispielsweise in der - hier inhaltlich nicht
einschlägigen - Tz. 4.2 der Kanzleianweisung Regelungen
enthalten sind, die ausdrücklich zwischen den Standorten B und
S differenzieren, zeigt, dass die Nichterwähnung des Standorts
B in Tz. 4.1 kein bloßes Versehen sein kann. Hinzu kommt,
dass in dem neunteiligen Katalog der Formalprüfungen, der in
Tz. 4.1 der Kanzleianweisung enthalten ist, die Prüfung der
Unterschrift nicht ausdrücklich erwähnt wird. Lediglich
im Einleitungssatz ist von der „unterschriebenen
Post“ die Rede; eine eindeutige Anordnung, dass das
Vorhandensein der Unterschrift zu prüfen ist, fehlt indes.
Demgegenüber ist beispielsweise in Tz. 4.3 der
Kanzleianweisung in Bezug auf Gewinnermittlungen und
Jahresabschlüsse die Kontrolle des Vorhandenseins der
Unterschrift ausdrücklich als eigener Punkt in den dortigen
Katalog der Formalprüfungen aufgenommen worden; dies
lässt durchaus den Umkehrschluss zu, dass eine solche
Prüfung in den Fällen der Tz. 4.1 nicht verlangt
wird.
|
|
|
43
|
Auch belegen die eingereichten Ausdrucke aus
dem elektronischen Postausgangsbuch nicht zweifelsfrei, dass es
gerade die beiden Beschwerdeschriften waren, die am 13.1.2017 die
Kanzlei der P verlassen haben. In beiden Fällen ist im
Postausgangsbuch als Veranlagungsjahr „2017“
angegeben. Diese Angabe weicht von den tatsächlichen
Streitjahren des vorliegenden Verfahrens (2008 bis 2010) sowie des
Parallelverfahrens IV B 4/17 (2011 und 2012) deutlich ab. Auch ist
als Porto jeweils „0,55“ angegeben. Das
günstigste Briefporto betrug am 13.1.2017 aber bereits 0,70
EUR. Hinzu kommt, dass der in der FG-Akte enthaltene
Original-Schriftsatz der nicht unterzeichneten Beschwerde nicht
geknickt ist, also in einem Umschlag versandt worden sein muss, der
so groß ist, dass man ein DIN A4-Schreiben ungefaltet
einlegen kann. Das Mindestporto für derartige Sendungen
beträgt aber 1,45 EUR.
|
|
|
44
|
Zudem hat der Antragsteller das Vorbringen zum
Wiedereinsetzungsantrag nicht durch geeignete Mittel - etwa die
Vorlage eidesstattlicher Versicherungen der Frau D und des
zuständigen Berufsträgers - glaubhaft gemacht. Er hat
auch nach Kenntnisnahme der bereits vom FA mit seiner
Beschwerdeerwiderung geäußerten Zweifel weiterhin keine
konkretere Darstellung der damaligen Vorgänge abgegeben.
|
|
|
45
|
cc) Letztlich können diese Zweifel an der
hinreichenden Substantiierung des Wiedereinsetzungsantrags aber auf
sich beruhen, da dem Antragsteller aus Gründen, die
aktenkundig und damit amtsbekannt sind (vgl. dazu BFH-Urteil in
BFH/NV 1988, 681), Wiedereinsetzung zu gewähren ist.
|
|
|
46
|
(1) Ein Prozessbeteiligter kann erwarten, dass
offenkundige Versehen, wie das Fehlen einer zur Fristwahrung
erforderlichen Unterschrift, von dem angerufenen Gericht in
angemessener Zeit bemerkt und als Folge der prozessualen
Fürsorgepflicht innerhalb eines ordnungsgemäßen
Geschäftsgangs die notwendigen Maßnahmen getroffen
werden, um eine drohende Fristversäumung zu vermeiden
(BVerfG-Beschluss in NJW 2005, 814, unter II.2.b bb; dort war der
maßgebende Schriftsatz - ebenso wie im vorliegenden Fall -
acht Tage vor Fristablauf beim zuständigen Gericht eingereicht
worden).
|
|
|
47
|
Nach ständiger Rechtsprechung der
obersten Gerichtshöfe des Bundes und des BVerfG ist ein
Gericht verpflichtet, einen Schriftsatz, der eindeutig als
fehlgeleitet erkennbar ist, im Rahmen des
ordnungsgemäßen Geschäftsgangs ohne schuldhaftes
Zögern an die zuständige Stelle weiterzuleiten. Bei einer
schuldhaft verzögerten Weiterleitung ist dem
Verfahrensbeteiligten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu
gewähren (grundlegend BVerfG-Beschluss vom 20.6.1995 1 BvR
166/93, BVerfGE 93, 99 = SIS 98 19 99, unter C.II.). Dies gilt nach
dieser Rechtsprechung unabhängig davon, auf welchen
Gründen der Fehler bei der Einreichung des bestimmenden
Schriftsatzes beruht (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 93, 99 = SIS 98 19 99, unter C.II.2.b; vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 2.9.2002 1
BvR 476/01, BStBl II 2002, 835 = SIS 02 98 77). Für ein
bereits vorher mit der Sache befasstes Gericht entspricht das
Unterbleiben einer Weiterleitung, obwohl bis zum Fristablauf noch
eine Spanne von fünf Arbeitstagen zur Verfügung stand,
nicht mehr einem ordentlichen Geschäftsgang (vgl. Beschluss
des Bundesgerichtshofs vom 3.7.2006 II ZB 24/05, NJW 2006, 3499 =
SIS 06 47 71). Demgegenüber besteht keine Pflicht zur
sofortigen Prüfung und Weiterleitung noch am Tage des Eingangs
des Schriftsatzes oder zu einer beschleunigten Weiterleitung per
Telefax (BFH-Beschluss vom 27.10.2004 XI B 130/02, BFH/NV 2005, 563
= SIS 05 16 04).
|
|
|
48
|
Dementsprechend stellt es einen
Verfahrensmangel (Verletzung der Verfahrensförderungspflicht
des § 76 Abs. 2 FGO) dar, wenn ein FG bei einer weit vor
Ablauf der Klagefrist eingereichten Klage zwar noch innerhalb der
Klagefrist auf bestimmte formale Mängel hinweist, aber erst
nach drei Jahren ergänzend beanstandet, dass die Klageschrift
lediglich mit einer Paraphe versehen sei, und aus diesem Grund die
Klage als unzulässig verwirft (BFH-Beschluss vom 30.1.1996 V B
89/95, BFH/NV 1996, 683, unter II.3.b).
|
|
|
49
|
(2) Vorliegend ist die nicht unterschriebene
Beschwerdeschrift am 16.1.2017 beim FG eingegangen. Bis zum
Fristablauf am 24.1.2017 verblieben daher acht Kalendertage (bzw.
sechs Arbeitstage), um den Antragsteller auf das Fehlen der
Unterschrift hinzuweisen. Tatsächlich hat sich das FG bereits
am 17.1.2017 - im Rahmen seiner Nichtabhilfeentscheidung - mit der
Beschwerde befasst, aber nicht auf das Fehlen der Unterschrift
hingewiesen. Hätte es zu diesem Zeitpunkt einen Hinweis
erteilt, wäre zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller den
Formmangel noch innerhalb der Beschwerdefrist geheilt hätte.
Dieses Versäumnis des FG überholt das vorherige
Verschulden der P, so dass schon deshalb Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand zu gewähren ist.
|
|
|
50
|
III. Soweit die Beschwerde zulässig ist,
ist sie zum überwiegenden Teil begründet.
|
|
|
51
|
Bei Zugrundelegung der im AdV-Verfahren
anzuwendenden Maßstäbe (dazu unten 1.) war das FA dem
Grunde nach nur hinsichtlich der Veranstaltungen und des
Volksfestes zur Schätzung befugt; im Übrigen bestehen bei
der gebotenen summarischen Betrachtung ernstliche Zweifel, ob die
Aufzeichnungen des Antragstellers den für eine allein auf
formelle Fehler gestützte Schätzungsbefugnis
erforderlichen Grad an Mangelhaftigkeit aufweisen (unten 2.). Davon
ausgehend hat das FA bisher nicht dargelegt, dass die in der
Senatsrechtsprechung entwickelten Voraussetzungen dafür, eine
Schätzung der Höhe nach auf die Ergebnisse eines
Zeitreihenvergleichs stützen zu können, erfüllt sind
(unten 3.). Zur Berücksichtigung der vorhandenen formellen
Mängel der Aufzeichnungen des Antragstellers nimmt der Senat
in Ausübung seiner eigenen Schätzungsbefugnis für
AdV-Zwecke einen Sicherheitszuschlag zu den erklärten
Einnahmen von 3.000 EUR netto pro Jahr vor (unten 4.).
|
|
|
52
|
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2
FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes u.a.
dann ganz oder teilweise auszusetzen, wenn - worüber im
vorliegenden Verfahren allein gestritten wird - ernstliche Zweifel
an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes
bestehen.
|
|
|
53
|
Ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit liegen vor, wenn bei summarischer
Prüfung des angefochtenen Bescheides neben für seine
Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige
Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit
in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der
Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken. Die
Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren
gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der
sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt. Zur
Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für
die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer
Erfolgswahrscheinlichkeit für das Hauptsacheverfahren
überwiegen (ständige höchstrichterliche
Rechtsprechung, vgl. zuletzt BFH-Beschlüsse vom 24.5.2016 V B
123/15, BFH/NV 2016, 1253 = SIS 16 16 49, Rz 25, und vom 8.2.2017 X
B 138/16, BFH/NV 2017, 579 = SIS 17 05 89, Rz 32, m.w.N.).
|
|
|
54
|
2. Ob diese Voraussetzungen für eine
Schätzung (dazu unten a) erfüllt sind, ist für die
drei Bereiche, in denen der Antragsteller seine Bareinnahmen
erzielt, differenziert zu betrachten. Danach können bei der
summarischen Betrachtung, auf die sich der im AdV-Verfahren
anzuwendende Prüfungsmaßstab beschränkt, und beim
derzeitigen - noch sehr unvollständigen - Stand der
Sachaufklärung und des Vorbringens der Beteiligten ernstliche
Zweifel am Bestehen einer Schätzungsbefugnis hinsichtlich der
Einnahmen aus dem laufenden Gaststättenbetrieb nicht
ausgeschlossen werden (unten b). Demgegenüber bestehen
hinsichtlich der Einnahmen aus dem Volksfest (unten c) und den
Veranstaltungen (unten d) keine ernstlichen Zweifel an der
Schätzungsbefugnis.
|
|
|
55
|
a) Die Finanzbehörde hat gemäß
§ 162 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) u.a. dann
eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vorzunehmen, wenn
die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen der Besteuerung nicht nach
§ 158 AO zugrunde gelegt werden können, sie also nicht
den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen oder
sonst nach den Umständen des Einzelfalls Anlass besteht, ihre
sachliche Richtigkeit zu beanstanden.
|
|
|
56
|
Zwar berechtigen formelle Mängel der
Aufzeichnungen nach ständiger höchstrichterlicher
Rechtsprechung nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass
geben, die sachliche Richtigkeit des Ergebnisses der
Gewinnermittlung anzuzweifeln (BFH-Entscheidungen vom 17.11.1981
VIII R 174/77, BFHE 135, 11, BStBl II 1982, 430 = SIS 82 25 77,
unter 1.; vom 25.1.1990 IV B 140/88, BFH/NV 1990, 484, und in
BFH/NV 2012, 1921, Rz 22, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Jedenfalls dann, wenn vorwiegend Bargeschäfte getätigt
werden, können Mängel der Kassenführung aber den
gesamten Aufzeichnungen die Ordnungsmäßigkeit nehmen
(BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1921, Rz 34).
|
|
|
57
|
b) Hinsichtlich des laufenden
Gaststättenbetriebs bestehen derzeit ernstliche Zweifel an
einer Schätzungsbefugnis des FA. Beim gegenwärtigen Stand
der Sachaufklärung steht noch nicht fest, ob der Antragsteller
die vom Gesetz (dazu unten aa) und der Rechtsprechung (unten bb)
aufgestellten formellen Anforderungen an die in Fällen der
Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu führenden Aufzeichnungen
von Bareinnahmen verfehlt hat (unten cc). Die Bedenken, die das FA
hinsichtlich der materiellen Richtigkeit - insbesondere der
betragsmäßigen Vollständigkeit - der Aufzeichnungen
geäußert hat, sind beim gegenwärtigen Stand der
Sachaufklärung ebenfalls nicht geeignet, ernsthafte Zweifel am
Bestehen einer Schätzungsbefugnis auszuschließen (unten
dd).
|
|
|
58
|
aa) Der Antragsteller hat seinen Gewinn durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt. Zwischen den
Beteiligten ist - nach Auffassung des beschließenden Senats
zu Recht - unstreitig, dass er hierzu berechtigt war. § 4 Abs.
3 EStG selbst enthält - mit Ausnahme des hier nicht
einschlägigen § 4 Abs. 3 Satz 5 EStG - keine Regelungen
über den formellen Mindestinhalt der Aufzeichnungen, die bei
dieser Gewinnermittlungsart zu führen sind.
|
|
|
59
|
Allerdings ist nach § 22 Abs. 1 Satz 1
UStG jeder Unternehmer verpflichtet, zur Feststellung der
Umsatzsteuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu
machen. Aus den Aufzeichnungen müssen die vereinbarten - bzw.
in den Fällen des § 20 UStG die vereinnahmten - Entgelte
für die vom Unternehmer ausgeführten Lieferungen und
sonstigen Leistungen zu ersehen sein (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1
und 5 UStG). Die Aufzeichnungen müssen so beschaffen sein,
dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer
angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über
die Umsätze des Unternehmers und die abziehbaren Vorsteuern zu
erhalten und die Grundlagen für die Steuerberechnung
festzustellen (§ 63 Abs. 1 der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV - ). Dabei darf
der Unternehmer das Entgelt und den Steuerbetrag in einer Summe -
statt des (Netto-)Entgelts allein - aufzeichnen (§ 63 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 UStDV). Am Schluss jedes Voranmeldungszeitraums hat
der Unternehmer u.a. die Summe der Entgelte zu errechnen und
aufzuzeichnen (§ 63 Abs. 3 Satz 3 UStDV).
|
|
|
60
|
Gemäß § 146 Abs. 1 AO in der
im Streitjahr noch geltenden Fassung (vor den Änderungen durch
das Gesetz vom 22.12.2016, BGBl I 2016, 3152) sind die
erforderlichen Aufzeichnungen vollständig, richtig,
zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und
Kassenausgaben sollen „täglich“
festgehalten werden.
|
|
|
61
|
bb) Der Senat hat bereits entschieden, dass
sich in Fällen der Gewinnermittlung durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung auch aus den Vorschriften des
§ 22 UStG und des § 63 UStDV keine Pflicht zur
Führung eines Kassenbuchs ergibt. Bei dieser
Gewinnermittlungsart gibt es keine Bestandskonten und somit auch
kein Kassenkonto. Vereinnahmtes Geld wird sofort
Privatvermögen. Die Feststellung eines Kassenbestands,
für den bei einer Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich ein
Kassenbuch erforderlich ist, kommt nicht in Betracht
(ausführlich zum Ganzen Senatsbeschluss vom 16.2.2006 X B
57/05, BFH/NV 2006, 940 = SIS 06 17 37, m.w.N.).
|
|
|
62
|
In der Literatur wird daher das als
„Schuhkarton-Buchführung“ bezeichnete
Erstellen und Sammeln von Einnahmen- und Ausgabenbelegen, verbunden
mit einer regelmäßigen Summenziehung, für
ausreichend gehalten (Märtens in Beermann/Gosch, § 146 AO
Rz 28; Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Rz 522;
vgl. auch BFH-Urteil vom 13.10.1989 III R 30, 31/85, BFHE 159, 123,
BStBl II 1990, 287 = SIS 90 06 07, unter II.2.a).
|
|
|
63
|
Das Niedersächsische FG hat in seiner vom
FA und der Vorinstanz mehrfach angeführten Entscheidung
(Urteil vom 8.12.2011 12 K 389/09, EFG 2013, 291 = SIS 13 03 74,
unter I.2.h, m.w.N.; Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig
verworfen durch Senatsbeschluss vom 13.3.2013 X B 16/12, BFH/NV
2013, 902 = SIS 13 13 85) die folgenden drei Möglichkeiten
für eine ordnungsmäßige Aufzeichnung von
Bareinnahmen in Fällen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung
bei Sachverhalten, in denen die Führung von
Einzelaufzeichnungen nach den von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen nicht ohnehin als
zwingend anzusehen ist, aufgezeigt:
|
|
- eine geordnete Belegablage mit
Einzelaufzeichnungen der Erlöse;
|
|
- Verzicht sowohl auf Einzelaufzeichnungen als
auch auf ein tägliches Auszählen des Kassenbestands, aber
Aufbewahrung der Ursprungsaufzeichnungen und Abgleich von Soll- und
Ist-Bestand der Kasse „in gewissen
Abständen“ (insbesondere bei der Nutzung von
Registrierkassen);
|
|
- Verzicht sowohl auf Einzelaufzeichnungen als
auch auf die Aufbewahrung von Ursprungsbelegen, aber tägliches
tatsächliches Auszählen der Kasse, das in fortlaufenden
Kassenberichten dokumentiert wird;
|
|
- demgegenüber genüge das
bloße Aufschreiben des täglichen (Gesamt-)Umsatzes ohne
Aufbewahrung weiterer Belege den Anforderungen nicht.
|
|
|
64
|
cc) Danach kann der Senat bei der - angesichts
des vorläufigen Charakters des Eilverfahrens gebotenen -
summarischen und im Zweifel großzügigen Betrachtung auf
der Grundlage des derzeitigen Standes der Sachaufklärung nicht
feststellen, dass die Aufzeichnungen des Antragstellers über
die Einnahmen des laufenden Gaststättenbetriebs die geltenden
formellen Anforderungen verletzen. Der Senat weist allerdings
ausdrücklich darauf hin, dass in dieser einzelfallbezogenen,
ohne hinreichende Sachaufklärungsgrundlage getroffenen,
summarischen und großzügigen Betrachtung keine
grundsätzliche und abschließende Entscheidung über
die in Fällen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung geltenden
formellen Pflichten zur Aufzeichnung der Kasseneinnahmen zu sehen
ist.
|
|
|
65
|
Der Antragsteller hat tatsächlich
Einzelaufzeichnungen zumindest über die vereinnahmten
Geldbeträge geführt (dazu unten (1)). Seine Behauptung,
weitere Uraufzeichnungen seien niemals erstellt worden und daher
auch nicht aufbewahrungspflichtig, ist vom FA bisher nicht
widerlegt worden und daher für Zwecke des AdV-Verfahrens
zugrunde zu legen (unten (2)). Eine Rechtsgrundlage dafür, die
Aufzeichnungen in gebundener Form führen zu müssen, ist
jedenfalls bei Anwendung der im Eilverfahren geltenden
Maßstäbe nicht ersichtlich (unten (3)). Darüber
hinaus gehende Anforderungen, die der Antragsteller nicht
erfüllt hätte, folgen auch nicht aus der vom FA und FG
angeführten Rechtsprechung (unten (4)). Damit erfüllen
die Aufzeichnungen des Antragstellers die oben zu bb) dargestellten
Rechtsprechungsvorgaben (unten (5)). Zwar können diese
Vorgaben die inhaltliche Vollständigkeit der Aufzeichnungen
systembedingt nicht gewährleisten; ob die bisherigen
Rechtsprechungsvorgaben daher unzureichend sind und einer
Verschärfung bedürften, ist im Eilverfahren indes nicht
zu entscheiden (unten (6)).
|
|
|
66
|
(1) Zu einer Einzelaufzeichnung seiner
Erlöse war der Antragsteller - wie es wohl auch der Auffassung
des FG entspricht - bei summarischer Betrachtung nicht
verpflichtet. Er hat allerdings tatsächlich
Einzelaufzeichnungen - wenn auch beschränkt auf die reinen
Beträge, ohne Angabe der Kundennamen und der im Einzelnen
dargebotenen Speisen und Getränke - geführt.
|
|
|
67
|
Das bisherige Vorbringen des FA zu der Frage,
ob der Antragsteller Einzelaufzeichnungen geführt habe, ist
unklar. Im Schriftsatz vom 10.11.2015 formuliert das FA, es treffe
zu, dass für die laufenden Gaststättenumsätze
Einzelaufzeichnungen geführt worden seien. Demgegenüber
vertritt es im Schriftsatz vom 26.1.2016 die Auffassung, der
Antragsteller habe zwar die Einnahmen je Kunde bzw. je bedienten
Tisch getrennt aufgezeichnet; dies seien aber keine
Einzelaufzeichnungen. Letzterem könnte der Senat bei
summarischer Betrachtung nicht folgen. Mehr als eine getrennte
Aufzeichnung pro Kunde wird bei einer Gewinnermittlung durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung und Führung einer offenen
Ladenkasse kaum verlangt werden können.
|
|
|
68
|
(a) Aus § 146 Abs. 1 Satz 1 AO ergab sich
in den Streitjahren noch keine allgemeine
Einzelaufzeichnungspflicht (anders die Rechtslage seit den
Änderungen durch das Gesetz vom 22.12.2016, BGBl I 2016,
3152). Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat lediglich
für Kaufleute mit Gewinnermittlung durch
Betriebsvermögensvergleich aus den entsprechenden
handelsrechtlichen Grundsätzen eine grundsätzliche
Einzelaufzeichnungspflicht abgeleitet (BFH-Urteile vom 12.5.1966 IV
472/60, BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371 = SIS 66 02 31, und vom
16.12.2014 X R 42/13, BFHE 248, 99, BStBl II 2015, 519 = SIS 15 08 27). Zu diesem Personenkreis gehört der Antragsteller aber
nicht.
|
|
|
69
|
(b) Selbst wenn eine grundsätzliche
Einzelaufzeichnungspflicht bestünde, könnte der
Antragsteller sich für das Unterbleiben von Aufzeichnungen zu
den Namen der Kunden und den jeweils zur Verfügung gestellten
Speisen und Getränken aber auf die von der
höchstrichterlichen Rechtsprechung aus
Zumutbarkeitsgründen gewährten Erleichterungen berufen
(vgl. hierzu ebenfalls BFH-Urteil in BFHE 86, 118, BStBl III 1966,
371 = SIS 66 02 31).
|
|
|
70
|
Das FA bringt hierzu vor, nur bei
Einzelhändlern mit einer Vielzahl von Barverkäufen an
unbekannte Kunden über den Ladentisch und vergleichbaren
Berufsgruppen bestehe keine Einzelaufzeichnungspflicht; hierauf
könne sich der Antragsteller als Gastwirt (Dienstleister)
nicht berufen.
|
|
|
71
|
Dem kann der Senat nicht folgen. Die
Rechtsprechung hat die gewährten Erleichterungen niemals
ausdrücklich auf Warenlieferanten beschränkt, sondern
stets aus dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abgeleitet. Insoweit
kann aber bei Klein-Dienstleistern dieselbe Interessenlage bestehen
wie bei kleinen Warenlieferanten. Bereits in den Gründen der
Entscheidung in BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371 = SIS 66 02 31
sind neben Einzelhandelsgeschäften auch Spielautomaten sowie
Stehbierhallen genannt. Dabei handelt es sich aber ebenfalls um
Dienstleistungen. Im Übrigen weist gerade die Darreichung von
Speisen und Getränken eine erhebliche Nähe zu dem Verkauf
von Waren etwa in einem Bäckereigeschäft auf.
|
|
|
72
|
(2) Die Behauptung des Antragstellers, er habe
keine weiteren Uraufzeichnungen erstellt, so dass solche
Aufzeichnungen auch nicht aufbewahrt und vorgelegt werden konnten,
ist vom FA bisher nicht widerlegt worden und daher für Zwecke
des AdV-Verfahrens zugrunde zu legen.
|
|
|
73
|
Das FA hat zumindest anfänglich
unterstellt, den Einzelaufzeichnungen auf den
Tageseinnahmen-Zetteln lägen gesonderte
„Kellnerzettel“ zugrunde, die als
Uraufzeichnungen aufbewahrungspflichtig seien. Der Antragsteller
hat die Existenz solcher „Kellnerzettel“
bestritten und dazu erklärt, in aller Regel habe er allein bei
den Gästen kassiert und den erhaltenen Betrag sogleich auf dem
Tageseinnahmen-Zettel notiert. Jedenfalls für Zwecke der im
AdV-Verfahren gebotenen lediglich summarischen Prüfung ist -
in Ermangelung präsenter Beweismittel, die einen gegenteiligen
Schluss zulassen würden - hier von der Erklärung des
Antragstellers auszugehen. Diese ist auch durchaus plausibel, da
neben dem Antragsteller lediglich E und eine weitere Aushilfe -
beide mit eher geringen Einkünften, die für eine
bloße Teilzeitbeschäftigung sprechen - im Betrieb
tätig waren; zusätzlich waren in zwei Streitjahren noch
zwei weitere Aushilfen tätig, allerdings angesichts eines
Jahreslohns von ca. 1.000 EUR in äußerst geringem
Umfang.
|
|
|
74
|
Soweit das FA in der Beschwerdeerwiderung die
Vorlage von Kassenstreifen und Bons vermisst, hat es bisher nicht
dargelegt, dass die vom Antragsteller - in zulässiger und auch
vom FA dem Grunde nach nicht beanstandeter Weise - verwendete
offene Ladenkasse überhaupt in der Lage war, solche Belege
auszugeben. Auch dies wäre erforderlichenfalls im
Hauptsacheverfahren noch zu klären, kann beim derzeitigen
Verfahrensstand aber nicht zu Lasten des Antragstellers
herangezogen werden. Wenn allerdings die vom Antragsteller
verwendete offene Ladenkasse zur Ausgabe von Kassenzetteln oder
ähnlichen Belegen technisch in der Lage gewesen sein sollte,
dann hätte der Antragsteller diese Belege als
Ursprungsaufzeichnungen aufbewahren und dem Prüfer vorlegen
müssen (vgl. Urteil des Niedersächsischen FG in EFG 2013,
291 = SIS 13 03 74, unter I.2.h bb).
|
|
|
75
|
(3) Eine Rechtsgrundlage dafür, die
Aufzeichnungen in gebundener Form führen zu müssen, ist
jedenfalls bei Anwendung der im Eilverfahren geltenden
Maßstäbe nicht ersichtlich.
|
|
|
76
|
Das FG hat die Aufzeichnungen nicht als
ausreichend angesehen, weil sie auf losen, nicht durchnummerierten
Blättern vorgenommen worden sind. Es sei nicht ansatzweise
ersichtlich, wann, von wem und auf welche Weise die jeweiligen
Tagesumsätze ermittelt worden seien. Sie stammten ersichtlich
nur von einer Person und erweckten den Eindruck, sie seien im
Nachhinein erstellt worden; Näheres bedürfe der
Aufklärung im Hauptsacheverfahren.
|
|
|
77
|
Indes verlangt § 4 Abs. 3 EStG keine
Aufzeichnungen in „Buch“form. Die gebundene oder
jedenfalls eine in sich geschlossene Form wird etwa beim
Fahrten“buch“ verlangt (hierzu BFH-Urteil vom 9.11.2005
VI R 27/05, BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408 = SIS 06 13 16), aber
nicht bei bloßen „Aufzeichnungen“.
|
|
|
78
|
Nicht nachvollziehbar ist des Weiteren, wie
das FG zu der Wertung kommt, es sei nicht ansatzweise ersichtlich,
vom wem die Tagesumsätze ermittelt worden seien. Insoweit ist
darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller jedenfalls auf
sämtlichen Tageseinnahmen-Zetteln, die in den Akten enthalten
sind, die Summenbildung mit seinem Namenszeichen versehen hat. Dass
es sich bei den weiteren, nicht in den Akten enthaltenen
Einnahmezetteln anders verhielte, haben weder das FG noch das FA
ausgeführt.
|
|
|
79
|
Die weitere Feststellung des FG, die
Tageseinnahmen-Zettel seien überwiegend durch dieselbe
Handschrift erstellt worden, spricht unter den im Streitfall
gegebenen Umständen nicht mit dem Grad an Wahrscheinlichkeit,
der im Eilverfahren für eine Verneinung ernstlicher Zweifel an
der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide
erforderlich wäre, für das vom FG angenommene
Nacherstellen der Belege. Wie bereits ausgeführt (oben (2)),
sind im Betrieb des Antragstellers außer ihm selbst nur noch
E und eine Aushilfe (in zwei Streitjahren zwei weitere,
äußerst geringfügig beschäftigte Aushilfen)
tätig. Es ist also durchaus denkbar, dass in den meisten
Fällen der Antragsteller selbst die Aufzeichnungen vorgenommen
hat. Eine etwaige Nacherstellung der Tageseinnahmen-Zettel hatte
vor dem FG nicht einmal das FA geltend gemacht. Da das FG hier
einen Aufklärungsbedarf im Hauptsacheverfahren gesehen hat,
hätte es näher gelegen, wegen bestehender
tatsächlicher Zweifel AdV zu gewähren.
|
|
|
80
|
(4) Aus den vom FA angeführten - und vom
FG gleichlautend übernommenen - Entscheidungen lassen sich
für den vorliegend zu beurteilenden Streitfall, worauf bereits
der Antragsteller zutreffend hingewiesen hat, keine höheren
Anforderungen ableiten.
|
|
|
81
|
Dem Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 902 = SIS 13 13 85 lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem der dortige
Steuerpflichtige - gerade abweichend vom Antragsteller des
vorliegenden Verfahrens - keine Einzelaufzeichnungen über
seine Erlöse geführt, sondern lediglich die Tagessumme in
sog. Kassenberichte eingetragen hatte. Das dortige FG hatte die
Kassenberichte deshalb als nicht ausreichend angesehen, weil in
ihnen zahlreiche Streichungen vorgenommen worden und Eintragungen
unleserlich waren (Niedersächsisches FG, Urteil in EFG 2013,
291 = SIS 13 03 74). So liegt der Streitfall indes nicht.
Vorliegend hat der Antragsteller Einzelaufzeichnungen seiner
Erlöse vorgenommen. Derartige Aufzeichnungen fehlten hingegen
in den Fällen, die den vom FA angeführten Entscheidungen
des Niedersächsischen FG und des beschließenden Senats
zugrunde lagen.
|
|
|
82
|
In dem Sachverhalt, zu dem das FG
Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 26.7.2007 14 K 3368/06
(nachgehend Senatsbeschluss vom 7.2.2008 X B 189/07 = SIS 08 45 23,
beide nicht veröffentlicht - n.v. - ) entschieden hat, hatte
der Steuerpflichtige eine Registrierkasse genutzt, die von dieser
Kasse erstellten Tagesendsummenbons (Z-Bons) aber vernichtet. Damit
ist der vorliegende Sachverhalt, in dem das FA bisher nicht einmal
vorgetragen hat, die vom Antragsteller verwendete offene Ladenkasse
sei technisch überhaupt zur Ausgabe von beleghaften
Ursprungsaufzeichnungen in der Lage, nicht vergleichbar.
|
|
|
83
|
In dem darüber hinaus vom FA
angeführten BFH-Beschluss vom 2.9.2008 V B 4/08 (n.v.) = SIS 08 45 00 wird zwar der zugrunde liegende Sachverhalt nicht
vollständig mitgeteilt. Offenbar hatte der dortige
Steuerpflichtige aber nur eine Sammlung seiner Ausgangsrechnungen
ohne weitere Aufzeichnungen (z.B. Ermittlung der Tageseinnahmen)
vorgelegt. Außerdem hatte bereits der Steuerberater des
dortigen Steuerpflichtigen pauschale Zuschätzungen zu den
Erlösen vorgenommen. Auch damit ist der vorliegende
Sachverhalt, in dem der Antragsteller selbst täglich seine
Einnahmen ermittelt hat, nicht vergleichbar.
|
|
|
84
|
Dem Urteil des Saarländischen FG vom
21.6.2012 1 K 1124/10 (EFG 2012, 1816 = SIS 12 21 11) lag ebenfalls
ein Sachverhalt zugrunde, in dem lediglich die Gesamtsumme der
Tageseinnahmen aufgezeichnet worden war. Das dann erforderliche
tägliche Auszählen des Kassenbestands war
unterblieben.
|
|
|
85
|
(5) Damit erfüllen die Aufzeichnungen des
Antragstellers die oben zu bb) dargestellten
Rechtsprechungsvorgaben. Danach wird eine „geordnete
Belegablage mit Einzelaufzeichnung der Erlöse“
für ausreichend erachtet. Der Antragsteller hat seine
Erlöse betragsmäßig einzeln aufgezeichnet. Da
für Zwecke dieses Eilverfahrens zu unterstellen ist, dass der
Antragsteller keine weiteren Ursprungsaufzeichnungen geführt
hat, handelt es sich bei den Tageseinnahmen-Zetteln um die
Ursprungsaufzeichnungen. Das Anbringen des Tagesdatums stellt
zumindest ein mögliches Ordnungskriterium dar, so dass auch
die Forderung nach einer „geordneten
Belegablage“ - die nach den unter (3) dargestellten
Grundsätzen nicht notwendig in Buchform erfolgen muss -
erfüllt ist.
|
|
|
86
|
(6) Dem FA ist zwar zuzugeben, dass die
Aufzeichnungen des Antragstellers nicht die Gewähr ihrer
inhaltlichen Vollständigkeit bieten. Diese fehlende
Vollständigkeitsgewähr ist aber im Wesentlichen durch die
- zulässige - Verwendung einer offenen Ladenkasse in
Kombination mit den geringeren gesetzlichen Anforderungen an die
Aufzeichnungen bei der - hier ebenfalls zulässigen - Wahl der
Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung bedingt.
Solange der Gesetzgeber eine derartige Kassenführung und eine
derartige Gewinnermittlungsart zulässt, kann aus dem Umstand,
dass es hier systembedingt keine Vollständigkeitsgewähr
geben kann, jedenfalls bei summarischer Betrachtung keine Befugnis
zur Vollschätzung abgeleitet werden.
|
|
|
87
|
Selbst die Führung der vom FA verlangten
Kassenberichte würde keineswegs ausschließen, dass zur
Steuerhinterziehung entschlossene Steuerpflichtige einen Teil ihrer
Erlöse außerhalb ihrer offenen Ladenkasse vereinnahmen
und die entsprechenden Beträge von vornherein nicht in ihre
Kassenberichte aufnehmen. Die Kassen-Nachschau - als ein
mögliches Instrument einer wirksamen Kontrolle der
Vollständigkeit der Ursprungsaufzeichnungen - ist trotz
frühzeitiger Kenntnis des Gesetzgebers von der Problematik der
vollständigen Einnahmeerfassung in den
„Bargeld-Branchen“ erst mit Wirkung ab dem
1.1.2018 in § 146b AO aufgenommen worden (Gesetz vom
22.12.2016, BGBl I 2016, 3152).
|
|
|
88
|
Entscheidend für die Beurteilung der
Frage, ob die im Einzelfall vorliegenden Aufzeichnungen
ordnungsgemäß sind, ist nicht, ob das verwendete
Aufzeichnungssystem bei hinreichender krimineller Energie noch
Möglichkeiten zur Steuerverkürzung bietet, sondern ob es
den gesetzlichen Anforderungen genügt. Dies ist hier - bei
Vornahme der im Eilverfahren gebotenen, hier zugunsten des
Antragstellers wirkenden Sachverhaltsunterstellungen - noch der
Fall. Ob die bisherigen Rechtsprechungsvorgaben an die Form und den
Inhalt von Aufzeichnungen in Fällen der Gewinnermittlung durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung und der Verwendung einer offenen
Ladenkasse unzureichend sind und daher noch für die Zeit vor
Inkrafttreten des Gesetzes vom 22.12.2016 einer Verschärfung
bedürften, ist im Eilverfahren nicht zu entscheiden.
|
|
|
89
|
dd) Auch die Bedenken, die das FA hinsichtlich
der materiellen Richtigkeit - insbesondere der
betragsmäßigen Vollständigkeit - der Aufzeichnungen
geäußert hat, sind beim gegenwärtigen Stand der
Sachaufklärung nicht geeignet, ernsthafte Zweifel am Bestehen
einer Schätzungsbefugnis hinsichtlich der Einnahmen aus dem
laufenden Gaststättenbetrieb auszuschließen.
|
|
|
90
|
(1) Seine Bedenken gründet das FA
zunächst auf den Umstand, dass für einige Tage des Jahres
- noch dazu überwiegend für umsatzstarke Samstage - keine
Tageseinnahmen-Zettel vorliegen. Indes handelt es sich dabei um
relativ wenige Tage. Im Betrieb waren - wie bereits dargelegt - im
Wesentlichen der Antragsteller, E und eine bzw. drei Aushilfen
tätig. Es ist daher durchaus plausibel, dass eine nahezu
ausschließlich vom Inhaber und seiner Ehefrau bewirtschaftete
Gaststätte nicht an 365 Tagen im Jahr geöffnet haben
kann. Im fortzuführenden Hauptsacheverfahren wird das FA die
Möglichkeit haben, mit Hilfe anderer Beweismittel (z.B.
Befragung von Zeugen, Auswertung von Inseraten) darzulegen, dass
die Gaststätte an Tagen, für die der Antragsteller eine
Schließung behauptet, gleichwohl geöffnet hatte. Zudem
kommt ein Abgleich mit den Daten von Veranstaltungen in Betracht.
Auf die bloße Behauptung des FA, es sei nicht glaubhaft, dass
eine inhabergeführte Gaststätte an 14 bis 25 Tagen
jährlich geschlossen sei, wird die Inanspruchnahme einer
Vollschätzungsbefugnis hingegen nicht gestützt werden
können.
|
|
|
91
|
(2) Auch der Umstand, dass das FA die - von
ihm selbst ermittelten - Warenbestände des Antragstellers
für unplausibel hält, ist bei summarischer Betrachtung
nicht geeignet, eine materielle Unrichtigkeit der Aufzeichnungen
des Antragstellers zu belegen.
|
|
|
92
|
Der Antragsteller, der seinen Gewinn durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, ist zur Aufzeichnung
seiner Warenbestände nicht verpflichtet. Das FA hat die von
ihm angenommenen Warenbestände daher anhand einer - weder
erläuterten noch aus den Akten nachvollziehbaren -
Rückrechnung aus bestimmten Teilergebnissen des
Zeitreihenvergleichs geschätzt. Es hat ausgeführt, dabei
über alle drei Streitjahre einen konstanten RAS unterstellt zu
haben, und damit zu begründen versucht, weshalb es die von ihm
selbst ermittelten Veränderungen der Warenbestände -
entgegen der nachvollziehbaren Forderung des Antragstellers - nicht
als Korrektiv in die Schätzung der monatlichen RAS einbezogen
hat.
|
|
|
93
|
Die Annahme eines über drei Jahre
konstanten RAS dürfte indes so weit von der betrieblichen
Realität entfernt sein, dass eine Verwertung der Ergebnisse
der Warenbestands-Schätzung jedenfalls bei summarischer
Betrachtung nicht zu Lasten des Antragstellers möglich ist.
Das Vorbringen des FA zu den Warenbeständen erscheint insoweit
als widersprüchlich: Einerseits will es aus den von ihm
angenommenen Warenbeständen Unplausibilitäten ableiten,
die zu Lasten des Antragstellers gehen sollen; andererseits
hält es aber die von ihm selbst bei der Schätzung dieser
Warenbestände angewandte Methodik für so wenig
überzeugend, dass es eine Berücksichtigung der
Warenbestandsveränderungen bei der Schätzung der
monatlichen RAS ablehnt.
|
|
|
94
|
c) Hinsichtlich der auf dem Volksfest
erzielten Erlöse genügen die Aufzeichnungen des
Antragstellers hingegen auch bei summarischer Betrachtung nicht den
geltenden Anforderungen.
|
|
|
95
|
Der Antragsteller hat ausweislich der in den
Akten enthaltenen Unterlagen insoweit lediglich die Einnahmen eines
gesamten Tages in einer Summe notiert. Wie diese Summe zustande
gekommen ist, ist den Unterlagen und auch den Erläuterungen
des Antragstellers nicht zu entnehmen.
|
|
|
96
|
Zwar war der Antragsteller auch hinsichtlich
seiner Einnahmen aus dem Volksfest von der Pflicht befreit,
Einzelaufzeichnungen zu führen, da er „über die
Theke hinweg“ mit einer unbekannten Vielzahl von Personen
Bargeschäfte von geringem Wert tätigte. Da er keine
weiteren Ursprungsaufzeichnungen geführt hat, hätte er
dann aber nach den oben zu b bb) dargestellten Grundsätzen,
die sich der Senat zu eigen macht, die Tageseinnahmen durch
tatsächliches Auszählen ermitteln und dies in einem
Kassenbericht dokumentieren müssen. Dies ist nicht geschehen,
so dass die Aufzeichnungen in Bezug auf die beim Volksfest
erzielten Erlöse formell nicht ordnungsgemäß
sind.
|
|
|
97
|
d) Gleiches gilt in Bezug auf die Einnahmen
des Antragstellers aus den Veranstaltungen.
|
|
|
98
|
aa) Der Senat kann insoweit offenlassen, ob
der Antragsteller - mit Gewinnermittlung durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung - schon vor dem Inkrafttreten
der Neufassung des § 146 Abs. 1 AO (Gesetz vom 22.12.2016 mit
Wirkung zum 29.12.2016) in diesem Geschäftsbereich zu
Einzelaufzeichnungen verpflichtet war. Immerhin waren dem
Antragsteller die Namen seiner Geschäftspartner hier bekannt;
der Umfang des einzelnen Geschäfts überstieg den
Bagatellbereich.
|
|
|
99
|
bb) Der Antragsteller hat zu den
Veranstaltungen weder Angebote noch Vereinbarungen, Rechnungen oder
Quittungen vorgelegt. Er hat hierzu behauptet, solche Unterlagen
nicht erstellt zu haben, so dass sie auch nicht
aufbewahrungspflichtig seien.
|
|
|
100
|
Das FA hat jedoch substantiiert vorgetragen,
dass zu den Kunden des Antragstellers zumindest auch eine GmbH und
eine Stadtverwaltung gehörten. Der Senat hält es aber
auch bei Anwendung des im AdV-Verfahren gebotenen
großzügigen Prüfungsmaßstabs für
ausgeschlossen, dass derartige Kunden auf die Ausstellung
ordnungsgemäßer Rechnungen verzichten könnten. Eine
GmbH benötigt eine solche Rechnung bereits für den
Vorsteuerabzug und für ihre eigene Buchhaltung; eine
Stadtverwaltung wird Zahlungen in aller Regel nur gegen Vorlage
schriftlicher Rechnungen leisten. Daher hält der Senat die
Behauptung des Antragstellers, im Veranstaltungsbereich seien
keinerlei schriftliche Unterlagen angefallen - auch in Bezug auf
jedenfalls einen Teil der anderen Veranstaltungskunden - nicht
für glaubhaft. Schon zum Zwecke der Organisation derartiger
Veranstaltungen - insbesondere zur Vermeidung von
Missverständnissen im Verhältnis zu seinen Auftraggebern
- dürfte der Antragsteller eigene Aufzeichnungen geführt
haben.
|
|
|
101
|
cc) Für das Hauptsacheverfahren bietet es
sich an, dass das FA diejenigen Kunden, die aus den Aufzeichnungen
des Antragstellers namentlich bekannt sind, zur Höhe der
Zahlbeträge und zu Einzelheiten der Veranstaltungen befragt.
Bei Differenzen zu den Angaben des Antragstellers wäre nicht
nur ein formeller, sondern zudem ein materieller Mangel der
Aufzeichnungen nachgewiesen, der auch die Anwendung gröberer
Schätzungsmethoden rechtfertigen würde. Demgegenüber
wäre bei einer Übereinstimmung zwischen den Angaben des
Antragstellers und seiner Kunden eine Vollschätzung in diesem
Bereich nicht zu begründen.
|
|
|
102
|
e) Damit ist für Zwecke des Eilverfahrens
von formellen Mängeln der Aufzeichnungen des Antragstellers in
den Bereichen „Volksfest“ und
„Veranstaltungen“, nicht aber im Bereich
„laufender Gaststättenbetrieb“ auszugehen.
Materielle Mängel der Erfassung der Einnahmen hat das FA
hingegen bisher nicht konkret dargelegt.
|
|
|
103
|
aa) Das Gewicht der festgestellten formellen
Mängel ist so erheblich, dass sie eine Schätzungsbefugnis
begründen können. Ohne die Vorlage der erforderlichen
Kassenberichte zu den Einnahmen aus dem Volksfest ist nicht
erkennbar, wie die Tagessumme ermittelt worden ist. Das Fehlen
jeglicher Unterlagen zu den Veranstaltungen ist ebenfalls ein
gewichtiger Mangel, weil es keine andere Möglichkeit zur
Kontrolle der inhaltlichen Richtigkeit der Aufzeichnungen des
Antragstellers gibt.
|
|
|
104
|
bb) Allerdings betreffen die festgestellten
formellen Mängel lediglich abgegrenzte Teilbereiche des
Betriebs des Antragstellers. Für eine Vollschätzung der
Erlöse, die auch den laufenden Gaststättenbetrieb
umfasst, sieht der Senat daher beim derzeitigen Stand der
Sachaufklärung keinen Raum.
|
|
|
105
|
Der Senat kann auf der Grundlage der
bisherigen Sachverhaltsermittlungen des FA und FG nicht beurteilen,
wie umfangreich die Erlöse der Bereiche
„Volksfest“ und
„Veranstaltungen“ im Verhältnis zu den
Gesamterlösen des Antragstellers sind. Das Volksfest
beschränkte sich auf einen Zeitraum von drei Tagen
jährlich. Auch wenn an diesen Tagen überdurchschnittlich
hohe Erlöse erzielt worden sein dürften, dürfte der
Anteil am Gesamtjahresumsatz eher gering sein.
|
|
|
106
|
Ferner hat das FA nicht mitgeteilt, in welchem
Umfang die Einnahmen des Antragstellers auf die Durchführung
von Veranstaltungen entfallen. Zwar scheint es sich auch hier im
Einzelfall um Beträge zu handeln, die im Verhältnis zu
den Tageseinnahmen des Antragstellers aus dem laufenden
Gaststättenbetrieb durchaus erheblich sind. Unbekannt ist
aber, wie häufig der Antragsteller derartige Veranstaltungen
ausgerichtet hat. Dies geht im AdV-Verfahren vorläufig zu
Lasten des FA, das sich zur Begründung seiner
Schätzungsbefugnis auf das Vorhandensein der Mängel und
ihr Gewicht beruft und die erforderlichen Angaben unschwer im
Rahmen der Außenprüfung hätte ermitteln und
darlegen können.
|
|
|
107
|
3. Dies zugrunde gelegt ist nach dem
derzeitigen Stand der Sachaufklärung nicht ersichtlich, dass
die in der Senatsrechtsprechung entwickelten Voraussetzungen
dafür, eine Schätzung der Höhe nach auf die
Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs - hier: in der Sonderform der
Quantilsschätzung - stützen zu können, im Streitfall
erfüllt sind.
|
|
|
108
|
Die Anforderungen, die der Senat in seiner
bisherigen Rechtsprechung an die Durchführung eines
Zeitreihenvergleichs gestellt hat (dazu unten a), gelten bei
summarischer Betrachtung auch dann, wenn die Ergebnisse des
Zeitreihenvergleichs durch Vornahme einer Quantilsschätzung
zur Begründung der Schätzungshöhe herangezogen
werden (unten b). Danach ist der Zeitreihenvergleich in
Fällen, in denen keine materiellen Mängel der
Aufzeichnungen feststellbar sind, grundsätzlich nachrangig zu
anderen Schätzungsmethoden; im Streitfall hat das FA die
fehlende Eignung anderer Methoden aber bisher nicht hinreichend
dargelegt (unten c). Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob der
Prüfer den Zeitreihenvergleich im Streitfall technisch korrekt
durchgeführt hat (unten d). Schließlich kann der Senat
derzeit nicht erkennen, weshalb gerade der von der
Quantilsschätzungs-Software der Finanzverwaltung ausgeworfene
Wert „am wahrscheinlichsten“ sein soll (unten
e).
|
|
|
109
|
a) Der Senat hat in seinem Urteil vom
25.3.2015 X R 20/13 (BFHE 249, 390, BStBl II 2015, 743 = SIS 15 15 80) in Bezug auf die dort streitgegenständliche Variante des
Zeitreihenvergleichs u.a. die folgenden Grundsätze
aufgestellt:
|
|
- Die dort dargestellte Variante des
Zeitreihenvergleichs führt auch bei einer formell und
materiell ordnungsmäßigen Buchführung denklogisch
immer zu einem Mehrergebnis gegenüber der Buchführung,
was eine vorsichtige Interpretation der Ergebnisse dieser Methode
gebietet (Rz 39).
|
|
- Die zeitliche Verteilung des Wareneinkaufs
durch den Prüfer wird im Regelfall den Schlüssel zum
Verständnis und zur Einordnung der Einzelergebnisse des
Zeitreihenvergleichs darstellen; die Kenntnis der bei diesem
Schätzungsschritt vorgenommenen Wertungen des Prüfers ist
für den Steuerpflichtigen daher von erheblicher Bedeutung.
Zuordnungsfehler am Anfang oder Ende der maßgeblichen
Zehn-Wochen-Periode können aufgrund des mathematischen
Hebeleffekts das rechnerische Ergebnis des Zeitreihenvergleichs in
erheblichem Umfang beeinflussen und verzerren (Rz 51).
|
|
- Der Zeitreihenvergleich basiert entscheidend
auf der Grundannahme, dass im Betrieb das Verhältnis zwischen
dem Wareneinsatz und den Erlösen im betrachteten Zeitraum
weitgehend konstant ist. Fehlt es an dieser weitreichenden
Konstanz, haben die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs
regelmäßig keine hinreichende Aussagekraft (Rz 56).
|
|
- Bei einer Buchführung, die formell
ordnungsgemäß ist oder nur geringfügige formelle
Mängel aufweist, kann der Nachweis der materiellen
Unrichtigkeit grundsätzlich nicht allein aufgrund der
Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs geführt werden (Rz
62).
|
|
- Ist die Buchführung formell nicht
ordnungsgemäß, sind aber materielle Unrichtigkeiten der
Einnahmenerfassung nicht konkret nachgewiesen, sind andere
Schätzungsmethoden, die auf betriebsinternen Daten aufbauen
oder in anderer Weise die individuellen Verhältnisse des
jeweiligen Steuerpflichtigen berücksichtigen,
grundsätzlich vorrangig heranzuziehen. Nur wenn solche
Schätzungsmethoden nicht sinnvoll einsetzbar sind, können
die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs einen Anhaltspunkt
für die Höhe der erforderlichen Hinzuschätzung
bilden. Diese Ergebnisse sind aber von Amts wegen auf ihre
Plausibilität anhand der besonderen betrieblichen
Verhältnisse des Steuerpflichtigen zu überprüfen.
Bei verbleibenden Zweifeln können Sicherheitsabschläge in
einem Umfang geboten sein, der über eine bloße Abrundung
des rechnerischen „Mehrergebnisses“ hinausgeht
(Rz 63 bis 65).
|
|
- Steht bereits aus anderen Gründen fest,
dass die Buchführung nicht nur formell, sondern auch materiell
unrichtig ist und übersteigt die Unrichtigkeit eine von den
Umständen des Einzelfalls abhängige Bagatellschwelle,
können die Ergebnisse eines - technisch korrekt
durchgeführten - Zeitreihenvergleichs auch für die
Ermittlung der erforderlichen Hinzuschätzung der Höhe
nach herangezogen werden, sofern sich im Einzelfall keine andere
Schätzungsmethode aufdrängt, die tendenziell zu genaueren
Ergebnissen führt und mit vertretbarem Aufwand einsetzbar ist
(Rz 66).
|
|
- Sofern die Ausgangsparameter (insbesondere
die Feststellung des Warenbestands) mit Unsicherheiten behaftet
sind, ist von Amts wegen eine Sensitivitätsanalyse
durchzuführen, die verdeutlichen muss, welche Auswirkungen die
nicht behebbaren Unsicherheiten bei einzelnen Parametern auf die
Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs haben können (Rz 67 bis
69).
|
|
|
110
|
b) Diese Anforderungen gelten jedenfalls bei
summarischer Betrachtung auch dann, wenn die Ergebnisse eines
Zeitreihenvergleichs durch Vornahme einer Quantilsschätzung
zur Begründung der Höhe einer Hinzuschätzung
herangezogen werden sollen.
|
|
|
111
|
aa) Auch die Quantilsschätzung stellt
eine Vollschätzung dar, da das Ergebnis der eigenen
Gewinnermittlung des Steuerpflichtigen vollständig verworfen
und durch ein anderes Ergebnis ersetzt wird. Die besonderen Risiken
(denknotwendig Ausweis eines Mehrergebnisses auch gegenüber
einer formell und materiell ordnungsmäßigen
Gewinnermittlung, erhebliche mathematische Hebelwirkungen, Ausgabe
großer und kaum vollständig überprüfbarer
Datenmengen) bestehen hier ebenso.
|
|
|
112
|
Letztlich handelt es sich bei der
Quantilsschätzung im Kern lediglich um eine geänderte
Interpretation der Ergebnisse derjenigen Variante des
Zeitreihenvergleichs, die Gegenstand der Senatsentscheidung in BFHE
249, 390, BStBl II 2015, 743 = SIS 15 15 80 war. Während dort
der Zehn-Wochen-Zeitraum mit dem höchsten gleitenden RAS als
maßgeblich für das Gesamtjahr angesehen wurde, wird bei
der Quantilsschätzung der nächsthöchste Einzel-RAS
herangezogen, der nach dem Ausscheiden der 20 % höchsten
Einzelwerte verbleibt. Eine solche Schätzung wird auch bei
einer formell und materiell ordnungsmäßigen
Gewinnermittlung regelmäßig zu Mehrergebnissen
führen, da der 80 %-Wert meist höher liegen wird als der
50 %-Wert (Mittelwert). Die mathematischen Hebelwirkungen beziehen
sich bei der Quantilsschätzung zwar nicht auf den Anfang und
das Ende des maßgebenden Zehn-Wochen-Zeitraums, wohl aber auf
den Anfang und das Ende desjenigen Zeitraums, dessen RAS nach
Ausscheiden der 20 % höchsten Einzelwerte als maßgeblich
für das Gesamtjahr herangezogen wird.
|
|
|
113
|
bb) Diese Einschätzung liegt - jedenfalls
im Ergebnis - auch einem Großteil der bisher bekannt
gewordenen instanzgerichtlichen Entscheidungen zur
Quantilsschätzung zugrunde.
|
|
|
114
|
In einem Fall, in dem materielle Mängel
der Gewinnermittlung nicht konkret nachgewiesen waren, hat das FG
Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 24.8.2016 5 V 5089/16, EFG 2017,
12 = SIS 16 26 89) in einem AdV-Verfahren die
Quantilsschätzung nicht als geeignete Schätzungsmethode
angesehen und stattdessen eine eigene Hinzuschätzung in
geringerer Höhe vorgenommen. Dies entspricht der
Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil in BFHE 249, 390, BStBl II 2015,
743 = SIS 15 15 80, Rz 63 ff.).
|
|
|
115
|
Das FG Hamburg (Beschluss vom 26.8.2016 6 V
81/16) hatte in einem AdV-Beschluss einen Sachverhalt zu
beurteilen, in dem Schwarzeinkäufe konkret nachgewiesen waren,
die Gewinnermittlung sich also schon ohne den Zeitreihenvergleich
als materiell unrichtig erwiesen hatte. Es hat hier die
Quantilsschätzung dem Grunde nach nicht beanstandet, der
Höhe nach aber erhebliche Korrekturen vorgenommen. Damit liegt
auch das FG Hamburg auf der Linie der Senatsrechtsprechung, die bei
nachgewiesenen materiellen Mängeln die Heranziehung der
Ergebnisse eines technisch korrekt durchgeführten
Zeitreihenvergleichs für die Höhe der Hinzuschätzung
grundsätzlich zulässt (Urteil in BFHE 249, 390, BStBl II
2015, 743 = SIS 15 15 80, Rz 66).
|
|
|
116
|
Demgegenüber hat ein anderer Senat des FG
Hamburg (Beschluss vom 31.10.2016 2 V 202/16, EFG 2017, 265 = SIS 17 00 95) - ebenso wie die Vorinstanz im vorliegenden Verfahren -
in einem Fall, in dem lediglich formelle Mängel nachgewiesen
waren, aus den Ergebnissen des Zeitreihenvergleichs und einer
Ziffernanalyse auf die materielle Unrichtigkeit der
Buchführung geschlossen und eine durchgeführte
Quantilsschätzung nicht beanstandet.
|
|
|
117
|
cc) In der Literatur halten vor allem Autoren,
die in der Finanzverwaltung tätig sind, die
Quantilsschätzung für eine sachgerechte
Schätzungsmethode (z.B. Schumann/Wähnert, Die
Steuerberatung 2012, 535; Wähnert, Die steuerliche
Betriebsprüfung 2015, 92; Becker, DStR 2016, 1430, 1435;
Becker/Schumann/Wähnert, DStR 2017, 1243).
|
|
|
118
|
Andere Autoren übertragen
demgegenüber die in der Senatsrechtsprechung in Bezug auf den
Zeitreihenvergleich vorgenommenen Einschränkungen auch auf die
Quantilsschätzung (ausführlich Bleschick, DStR 2017, 426,
und Krumm, DB 2017, 1105; ferner Hartmann, EFG 2017, 12 = SIS 16 26 89).
|
|
|
119
|
c) Nach der Senatsrechtsprechung ist ein
Zeitreihenvergleich in Fällen, in denen - wie hier - zwar
formelle Mängel vorliegen, materielle Mängel der
Aufzeichnungen aber nicht konkret nachgewiesen sind, im
Verhältnis zu anderen Schätzungsmethoden nachrangig; ggf.
sind deutliche Abschläge erforderlich.
|
|
|
120
|
Bisher hat das FA nicht hinreichend dargelegt,
dass eine Heranziehung anderer Schätzungsmethoden im
Streitfall ausscheidet. Diese Frage wird daher im
Hauptsacheverfahren zu klären sein. Die danach
gegenwärtig bestehende Unsicherheit, ob die tatsächlichen
Voraussetzungen für die Stützung der
Schätzungshöhe auf einen Zeitreihenvergleich erfüllt
sind, rechtfertigt dem Grunde nach die Gewährung von AdV.
121
|
|
aa) Zur Geldverkehrsrechnung hat das FA
ausgeführt, diese Methode scheide im Streitfall aus. Sie habe
mit Abschaffung der Vermögensteuer und der damit verbundenen
Offenlegungspflicht für Privatvermögen stark an Bedeutung
verloren. Weder die vom Steuerpflichtigen genutzten Bankkonten noch
die dortigen Geldbewegungen könnten mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit ermittelt werden. E habe in einem
Gespräch angegeben, der Antragsteller unterhalte ein Bankkonto
im Ausland, auf das er regelmäßig Bargeldbeträge
eingezahlt habe. Der Antragsteller habe im
Eröffnungsgespräch erklärt, die Bareinnahmen in
einem Tresor zu lagern und einen Großteil der Ausgaben aus
diesem Bargeldbestand zu bestreiten. Die Hobbys, Vorlieben und der
Lebensstandard des Antragstellers seien nicht bekannt. Zudem habe
der Antragsteller auf eine längere Amerikareise mit
unkalkulierbaren Kosten gespart.
|
|
|
122
|
Hierzu ist anzumerken, dass im Streitfall eine
Pflicht zur Abgabe von Vermögensteuererklärungen
angesichts der geringen Höhe jedenfalls des erkennbaren
Vermögens des Antragstellers und der hohen Freibeträge
mutmaßlich nicht bestanden hätte, die Abschaffung der
Vermögensteuer im Streitfall - und in vielen anderen
Kleinunternehmer-Fällen - daher nicht kausal für die
Durchführbarkeit oder Nichtdurchführbarkeit einer
Geldverkehrsrechnung sein kann. Im Gegenteil ist zeitlich nach
Abschaffung der Vermögensteuer durch die erheblich erweiterten
Möglichkeiten des Kontenabrufs (§ 93 Abs. 7, § 93b
AO) und die deutlich gestärkten Möglichkeiten des
internationalen Datenaustausches eine Transparenz des
Bankkontenbestands eingetreten, die zu Zeiten der Erhebung der
Vermögensteuer kaum denkbar gewesen sein dürfte.
|
|
|
123
|
Unterlagen zu den vermeintlichen Angaben der E
zu einem Auslands-Bankkonto des Antragstellers befinden sich nicht
in den vom FA vorgelegten Akten, so dass der Senat nicht in der
Lage ist, zu beurteilen, wie konkret solche Angaben waren und
welche Folgen sie für das vorliegende Verfahren haben
könnten. Das FA ist aber frei, im fortgeführten
Hauptsacheverfahren diesen Angaben nachzugehen und entsprechende
Ermittlungen anzustellen. Sollte E konkrete Angaben zu einem
Auslandskonto gemacht haben, dürfte es angesichts des heute
erreichten Standes des internationalen Informationsaustausches in
Steuersachen durchaus möglich sein, Kenntnis über die
dortigen Geldbewegungen zu erlangen und sie in eine
Geldverkehrsrechnung einzubeziehen - sofern sich aus der Höhe
etwaiger bisher unbekannter Bargeldeinzahlungen nicht ohnehin
bereits auf die materielle Unrichtigkeit der erklärten
Einnahmen schließen ließe und damit nach der
Senatsrechtsprechung auch die Anwendung gröberer
Schätzungsmethoden bis hin zu einem Zeitreihenvergleich
zulässig wäre (vgl. Urteil in BFHE 249, 390, BStBl II
2015, 743 = SIS 15 15 80, Rz 66).
|
|
|
124
|
Hinsichtlich des Vorbringens des FA zur
Nutzung des Tresors ist darauf hinzuweisen, dass der Prüfer
zum Eröffnungsgespräch insoweit lediglich notiert hat:
„Bareinnahmen Tresor à dann Einzahlung nach
Bedarf“. Hieraus folgt nur, dass die Bareinnahmen nicht
täglich, sondern zusammengefasst für mehrere Tage auf das
betriebliche Bankkonto eingezahlt worden sind. Es ist aber nicht
ersichtlich, dass dies ein Hindernis für die Vornahme einer
Geldverkehrsrechnung darstellen könnte.
|
|
|
125
|
Informationen zu den Hobbys und dem
Lebensstandard des Antragstellers dürften durchaus ermittelbar
sein; jedenfalls ist dies der Finanzverwaltung auch in zahlreichen
anderen Fällen, die dem Senat bekannt sind, möglich
gewesen. Ersatzweise können statistische Durchschnittswerte
für die Lebenshaltungskosten herangezogen werden, was in der
Verwaltungspraxis nach Kenntnis des Senats durchaus üblich
ist. Die vom FA erwähnten Sparbeiträge für die
Amerika-Reise wären ebenso wie jede andere Geldposition in die
Geldverkehrsrechnung einzubeziehen.
|
|
|
126
|
bb) Die Erwägungen des FA zur
Unmöglichkeit der Durchführung einer Aufschlagkalkulation
sind jedenfalls insoweit in tatsächlicher Hinsicht fehlerhaft,
als das FA zur Begründung u.a. anführt, es lägen
auch für das laufende Gaststättengeschäft keine
Informationen zu den Preisgestaltungen vor. Tatsächlich hat
der Antragsteller nach Aktenlage alle von ihm in den Streitjahren
verwendeten Speisekarten vorgelegt. Damit ist die Preisgestaltung
bekannt.
|
|
|
127
|
d) Darüber hinaus bestehen auch Bedenken,
ob der Zeitreihenvergleich im Streitfall technisch korrekt
durchgeführt worden ist und der Prüfer bereits von Amts
wegen alle betrieblichen Besonderheiten in die von ihm
herangezogenen Datengrundlagen einbezogen hat.
|
|
|
128
|
aa) Die vom Antragsteller während des
Prüfungszeitraums vorgenommene erhebliche Preiserhöhung
(nach der aktuellen Auffassung des FA immerhin 26 % zum 1.1.2009)
bedeutet eine wesentliche Änderung im Betrieb, die es bereits
methodisch ausschließt, einen durchgehenden
Zeitreihenvergleich für die Zeit vor und nach der
Preiserhöhung vorzunehmen (vgl. zu dem Erfordernis eines
weitgehend konstanten Verhältnisses zwischen Wareneinsatz und
Erlösen Urteil in BFHE 249, 390, BStBl II 2015, 743 = SIS 15 15 80, Rz 56). Das FA hat hierzu in der Beschwerdeerwiderung
ausgeführt, mit der „Konjunkturanpassung“
hätten die Ergebnisse der Jahre 2009 und 2010 an das
Preisniveau des Jahres 2008 angepasst werden sollen, um die
Vergleichbarkeit der Schätzung herzustellen. Indes soll eine
Schätzung nicht vergleichbar, sondern möglichst
realitätsnah sein. Wenn im Prüfungszeitraum eine
erhebliche Preiserhöhung stattgefunden hat, dann muss die
Schätzung dies berücksichtigen, nicht aber die - nicht
miteinander vergleichbaren - RAS der Jahre vor und nach der
Preiserhöhung vergleichbar machen.
|
|
|
129
|
bb) Im Betrieb des Antragstellers haben die
Bargeschäfte zwar sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der
Ausgabenseite weit überwogen. Allerdings hätte der
Prüfer von Amts wegen die unbar getätigten Geschäfte
in seine Datenanalyse einbeziehen müssen und sie nicht den
Bargeschäften gleichstellen dürfen.
|
|
|
130
|
Auch wenn nur 31 von insgesamt mehr als 4.000
Eingangsrechnungen unbar bezahlt worden sind, dürfte es sich
dabei tendenziell um die höheren Beträge handeln, so dass
das tatsächliche Gewicht dieser Ausgaben - und die dadurch
ausgelöste Verzerrung der Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs
- höher sein dürfte als der geringe prozentuale Anteil an
der Gesamtheit der Eingangsrechnungen. Gleiches dürfte
für die unbar erzielten Erlöse gelten.
|
|
|
131
|
Nach Abschluss der Außenprüfung hat
das FA zwar erkannt, dass hierin ein Mangel des Zahlenwerks liegt,
und den Antragsteller um nochmalige Übermittlung der
entsprechenden Eingangsrechnungen und Bankunterlagen gebeten. Der
Antragsteller hat hierauf - soweit ersichtlich - bisher nicht
reagiert. Gleichwohl geht die unterbliebene Einbeziehung der
unbaren Zahlungen im gegenwärtigen Verfahrensstadium noch zu
Lasten des FA, das den Zeitreihenvergleich schon von Anfang an in
einer technisch korrekten Form hätte durchführen
können und müssen. Sollte der Antragsteller die vom FA
nochmals angeforderten Unterlagen allerdings auch im weiteren
Verlauf des fortzuführenden Hauptsacheverfahrens nicht
vorlegen, würde die darin zu sehende Verletzung seiner
Mitwirkungspflichten die Verletzung der Ermittlungspflichten des FA
überholen, so dass dem FA dies nicht mehr zum Nachteil
gereichen könnte.
|
|
|
132
|
cc) Eine Verteilung der Einkäufe
über den Zeitraum bis zum nächsten Einkauf gleichartiger
Waren ist offensichtlich unterblieben. In einem solchen Fall sind
einem Zeitreihenvergleich - vor allem dann, wenn die jeweils
betrachteten Zeitabschnitte für die Ermittlung der Einzel-RAS
im Verhältnis zur durchschnittlichen Umschlagzeit der
eingekauften Waren relativ kurz sind - aber erhebliche rechnerische
Unsicherheiten immanent.
|
|
|
133
|
Da auch das FA davon ausgeht, dass der
Antragsteller selbst bei einer sehr gängigen Ware wie dem
Hauptumsatzträger Bier eine Vorratshaltung über einen
Zeitraum von bis zu zwei Wochen betrieben hat - was immerhin der
Hälfte des vom FA herangezogenen (Monats-)Zeitraums für
die Schätzung der einzelnen RAS entspricht -, sind die
statistischen Auswirkungen von Verschiebungen der einzelnen
Wareneinkäufe als sehr hoch anzusehen.
|
|
|
134
|
Darüber hinaus berücksichtigt das
Vorbringen des FA, der Antragsteller habe im Regelfall knapp einmal
wöchentlich Bier eingekauft, nicht, dass in der
Gaststätte auch zahlreiche Sorten Schnäpse angeboten
wurden. Zu deren Umschlaghäufigkeit hat das FA keine
Ermittlungen vorgenommen. Nach der Lebenserfahrung dürfte in
diesem Bereich aber durchaus eine nennenswerte - in ihrem Umfang
zudem schwankende - Lagerhaltung bestehen.
|
|
|
135
|
Unzutreffend ist die Erwägung des FA,
etwaige durch den Monatswechsel bedingte Verschiebungen zwischen
dem Zeitpunkt des Wareneinkaufs (bzw. der Bezahlung der
Eingangsrechnungen) und dem - für die Ermittlung des
zutreffenden RAS allein maßgeblichen - Zeitpunkt des
tatsächlichen Wareneinsatzes seien zu vernachlässigen,
weil sich die Auswirkungen auf den RAS in den Folgemonaten
ausgleichen würden. Dieser Einwand verkennt, dass die Methode
der Quantilsschätzung gerade auf der Heranziehung eines der
höchsten RAS beruht. Wenn aber ein Teil der in die Betrachtung
einbezogenen Einzel-RAS wegen der durch den Monatswechsel bedingten
Verschiebungen überhöht ist, kommt es eben nicht zu einem
Ausgleich. Vielmehr bleiben diese überhöhten RAS in der
Gesamtrechnung bestehen und werden dann zur Begründung der
Höhe der Hinzuschätzung herangezogen. Der Antragsteller
hat selbst dargelegt, dass im Streitfall bereits eine - auch
angesichts der konkreten betrieblichen Verhältnisse als eher
geringfügig anzusehende - Verschiebung eines
Wareneinkaufs/Wareneinsatzes im Umfang von nur 250 EUR über
eine Monatsgrenze hinaus zu einer Veränderung des Monatswertes
des RAS um 21 Prozentpunkte führt.
|
|
|
136
|
Die Durchführung von Veranstaltungen, die
am jeweiligen Tag zu einem deutlichen
„Umsatzsprung“ im Vergleich zu einer
durchschnittlichen Tageseinnahme geführt hat, wäre
ebenfalls gesondert zu betrachten gewesen. In Fällen, in denen
der für eine Veranstaltung erforderliche, deutlich
erhöhte Wareneinkauf noch vor einem Monatswechsel
getätigt wird, die entsprechenden Erlöse aber erst nach
dem Monatswechsel vereinnahmt werden, kommt es zu ganz erheblichen
Verzerrungen zwischen den einzelnen Monatswerten. Der RAS des
Monats, in den die Vereinnahmung des Erlöses fällt, wird
deutlich zu hoch ausgewiesen; umgekehrt wird der RAS des Monats, in
den der vorbereitende Wareneinkauf fällt, deutlich zu gering
ausgewiesen. Da die Idee der hier vom FA angewendeten Variante des
Zeitreihenvergleichs gerade darauf beruht, Schwankungen der
monatlichen RAS als starkes Indiz für eine materiell
fehlerhafte Gewinnermittlung anzusehen, muss das FA es schon bei
der Durchführung des Zeitreihenvergleichs - von Amts wegen -
ausschließen, dass betriebliche Besonderheiten derartige
rechnerische Schwankungen hervorrufen können.
|
|
|
137
|
e) Zudem kann der Senat beim derzeitigen Stand
des Sachvortrags des FA nicht erkennen, dass gerade der von der
Quantilsschätzungs-Software der Finanzverwaltung ausgeworfene
Wert „am wahrscheinlichsten“ - so die
Formulierung des Prüfers - sei. Insoweit kann sich im
Hauptsacheverfahren - sofern dort nach weiterer Sachaufklärung
überhaupt die Voraussetzungen für die Durchführung
eines Zeitreihenvergleichs festzustellen sein sollten - die
Einholung des Gutachtens eines mathematisch-statistischen
Sachverständigen anbieten (vgl. hierzu Krumm, DB 2017, 1105,
1107, re. Sp.), falls das FG nicht selbst über die
erforderliche Sachkunde in der Anwendung und Beurteilung
mathematisch-statistischer Methoden verfügt.
|
|
|
138
|
aa) Das FA geht davon aus, dass bei
Datensätzen, die der Gauß’schen Normalverteilung
genügen, so dass 68,27 % der Datensätze innerhalb der
ersten Standardabweichung liegen, der Wert, der sich für den
oberen Rand der durch die erste Standardabweichung definierten
Bandbreite ergibt, der zutreffende Wert für die Schätzung
sei.
|
|
|
139
|
bb) In mathematischer Hinsicht setzt die
Anwendung der statistischen Erkenntnisse zur Gauß’schen
Normalverteilung zuvörderst voraus, dass die RAS
überhaupt der Normalverteilung folgen und die erhobene
Grundgesamtheit (hier: 36 Einzelgrößen) groß genug
ist. Beim gegenwärtigen Stand bestehen hinsichtlich beider
Voraussetzungen Bedenken.
|
|
|
140
|
Voraussetzung dafür, dass die
Einzelgrößen einer Grundgesamtheit der
Gauß’schen Normalverteilung folgen, dürfte im
Regelfall sein, dass die Einzelgrößen zutreffend
ermittelt wurden. Im Streitfall folgen möglicherweise zwar die
- angesichts der Unsicherheiten bei der Schätzung des
tatsächlichen Wareneinsatzes nicht mit vertretbarem Aufwand
feststellbaren - exakten tatsächlichen monatlichen RAS eines
Betriebs der Gauß’schen Normalverteilung, aber die vom
Prüfer relativ grob geschätzten monatlichen RAS weichen
mehr oder weniger deutlich von den tatsächlichen monatlichen
RAS ab. Insofern ist es jedenfalls nicht selbstverständlich -
und wäre ggf. vom FA im Hauptsacheverfahren sachkundig zu
belegen -, dass auch die vom Prüfer unter Inkaufnahme eines
erheblichen Schätzungsfehlers ermittelten monatlichen RAS
normalverteilt sind.
|
|
|
141
|
Hinzu kommt das möglicherweise nur schwer
zu lösende Problem, dass einerseits die Grundgesamtheit (hier:
die Anzahl der zur Verfügung stehenden RAS für bestimmte
Zeitabschnitte) möglichst hoch sein sollte, um zu einer
Normalverteilung zu kommen, gegenläufig aber die Qualität
(Validität) des einzelnen RAS mit der Verkürzung des
Zeitraums, für den er ermittelt wird, stark abnimmt. So
dürften die jeweils für ein Quartal ermittelten RAS zwar
je Einzelwert nur eine relativ geringe Fehlermarge aufweisen, da
die problematischen Verschiebungen beim Wareneinkauf zu Beginn und
zum Ende des jeweiligen Zeitabschnitts hier im Verhältnis zur
Gesamthöhe des Wareneinkaufs nicht so stark ins Gewicht fallen
wie bei Monats- oder gar Wochenwerten. Indes würden dann
für das Jahr 2008 nur vier Einzelwerte und für die -
aufgrund der erheblichen Preiserhöhung gesondert zu
betrachtenden - Jahre 2009/2010 nur acht Einzelwerte zur
Verfügung stehen. Dies dürfe eine für die Anwendung
der Normalverteilung erheblich zu geringe Grundgesamtheit sein.
|
|
|
142
|
Auf der anderen Seite erhielte man zwar eine
ausreichend große Grundgesamtheit, wenn die RAS tageweise
ermittelt würden (für 2008 ca. 350 Einzelwerte, für
2009/2010 ca. 700 Einzelwerte). Hier wäre jedoch der einzelne
tageweise ermittelte RAS unbrauchbar, da nicht an jedem Tag exakt
so viele Waren eingekauft wie am selben Tag verbraucht werden. Es
fehlte damit an der Validität der Einzelwerte, so dass
ebenfalls nicht davon ausgegangen werden könnte, sie folgten
der Normalverteilung.
|
|
|
143
|
cc) Schließlich wäre zu
klären, ob der vom FA behauptete mathematische Erfahrungssatz
des Inhalts, dass der „richtige“ Wert bei
schwankenden und - hier unterstellt - normalverteilten
Gewinnermittlungs-Rohdaten genau dem Mittelwert zuzüglich der
ersten Standardabweichung entspricht, tatsächlich
existiert.
|
|
|
144
|
Schon im Ansatz unzutreffend ist in diesem
Zusammenhang die Erwägung des FG, die Quantilsschätzung
sei schon deshalb eine sachgerechte Schätzungsmethode, weil
sie den normalen Geschäftsverlauf als repräsentativ
ansehe. Tatsächlich rekurriert die Quantilsschätzung
nicht etwa auf den „normalen
Geschäftsverlauf“, sondern stützt sich für
die vorgenommene Vollschätzung auf einen Wert, der in 80 % der
Zeitabschnitte gerade nicht erreicht wird.
|
|
|
145
|
4. Zur Berücksichtigung der vorhandenen
formellen Mängel der Aufzeichnungen des Antragstellers nimmt
der Senat in Ausübung seiner eigenen Schätzungsbefugnis
für AdV-Zwecke - und ohne jedes Präjudiz für das
Hauptsacheverfahren - einen griffweisen Sicherheitszuschlag zu den
erklärten Einnahmen von 3.000 EUR netto pro Jahr vor.
|
|
|
146
|
a) Die sicher feststellbaren formellen
Mängel beschränken sich nach dem derzeitigen Stand der
Sachaufklärung auf die Bereiche „Volksfest“
und „Veranstaltungen“. Der Anteil dieser
Geschäftsbereiche am Gesamterlös steht derzeit nicht
fest, was im AdV-Verfahren nicht zu Lasten des Antragstellers gehen
darf. Daher bewegt sich der Sicherheitszuschlag am unteren Rand der
Bandbreite und repräsentiert den Bereich, in dem es keine
ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer
Hinzuschätzung gibt.
|
|
|
147
|
b) Zu Lasten des Antragstellers merkt der
Senat allerdings an, dass er derzeit keine Grundlage für die
vom Prüfer vorgenommene gewinnmindernde Berücksichtigung
der Umsatzsteuer-Mehrergebnisse im Jahr 2010 sieht, und daher in
diesem Umfang keine AdV gewähren kann.
|
|
|
148
|
Obwohl der Antragsteller den Betrieb zum
1.1.2011 zu Buchwerten in die Ehegatten-GbR eingebracht hat und
sowohl der Antragsteller als auch die GbR ihre Gewinne durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt haben, vertrat der
Prüfer die Auffassung, es sei zwingend eine Aufgabebilanz
für das Einzelunternehmen zu erstellen und ein
Übergangsgewinn zu berechnen (Tz. 11 des Bp-Berichts). Im
Rahmen der Ermittlung dieses Übergangsgewinns hat er die sich
aus der Prüfung ergebenden Umsatzsteuer-Verbindlichkeiten
(15.200 EUR) gewinnmindernd passiviert.
|
|
|
149
|
Für diese Gewinnminderung sieht der Senat
indes bei summarischer Prüfung keine Rechtsgrundlage. Wenn
sowohl der zu Buchwerten eingebrachte Betrieb als auch die
aufnehmende Personengesellschaft ihre Gewinne durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, ist der einbringende
Einzelunternehmer nicht zur Ermittlung eines Übergangsgewinns
verpflichtet (vgl. BFH-Urteile vom 13.9.2001 IV R 13/01, BFHE 196,
546, BStBl II 2002, 287 = SIS 02 02 51, unter II.2., und vom
14.11.2007 XI R 32/06, BFH/NV 2008, 385 = SIS 08 11 38, unter
II.1.d aa), zumal die aufnehmende Personengesellschaft sogleich ein
gegenläufiges Übernahmeergebnis ermitteln müsste. Im
Rahmen der Ermittlung der von der Vollziehung auszusetzenden
Beträge nimmt der Senat daher eine Saldierung mit diesem
Rechtsfehler vor.
|
|
|
150
|
c) Anders als der Antragsteller meint, ist
nicht schon deshalb AdV zu gewähren, weil das FA 13 Monate
lang nicht über den Einspruch entschieden hat. Der
Antragsteller beruft sich hierbei auf den Beschluss des FG
Münster vom 16.4.1997 15 V 1134/97 (EFG 1997, 895). Dort war
allerdings tragend für die Gewährung von AdV, dass das FA
seine im Prüfungsbericht gezogenen Wertungen nicht durch
konkrete Tatsachen belegt hatte. Aufgrund des sich daraus
ergebenden „erheblichen Aufklärungsbedarfs“
hat das FG AdV gewährt. Demgegenüber besteht im
Streitfall jedenfalls hinsichtlich der formellen Mangelhaftigkeit
der Aufzeichnungen in den Bereichen „Volksfest“
und „Veranstaltungen“ kein
Aufklärungsbedarf mehr.
|
|
|
|
151
|
d) Damit ergibt sich die folgende Berechnung
der nicht von der Vollziehung auszusetzenden
Besteuerungsgrundlagen:
|
|
|
Jahr
|
2008
|
2009
|
2010
|
|
|
Mehrerlös netto
|
+ 3.000
EUR
|
+ 3.000
EUR
|
+ 3.000
EUR
|
|
|
Mehr-Umsatzsteuer
|
+ 570
EUR
|
+ 570
EUR
|
+ 570
EUR
|
|
|
Passivierung der Umsatzsteuer
|
|
|
./. 0
EUR
|
|
|
Mehrgewinn
|
+ 3.570
EUR
|
+ 3.570
EUR
|
+ 3.570
EUR
|
|
|
|
152
|
Die Übertragung der Ermittlung der
auszusetzenden Beträge auf das FA beruht auf der
entsprechenden Anwendung des § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
|
|
|
153
|
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
136 Abs. 1 FGO. Die für den Antragsteller im Vergleich zum
erstinstanzlichen Verfahren ungünstigere Kostenquote für
das Beschwerdeverfahren beruht darauf, dass hier zu seinen Lasten
auch diejenigen Teile des Antrags zu berücksichtigen waren,
die als unzulässig anzusehen sind.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|