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Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 EStG

Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 EStG: 1. Unter Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. - 2. Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 EStG gehören unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Hierzu zählen auch Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft. - 3. Von einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes kann im Regelfall ausgegangen werden, soweit bauliche Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden. - Urt.; BFH 14.6.2016, IX R 15/15; SIS 16 19 68

Kapitel:
Haus - und Grundbesitz > Gebäude-AfA
Fundstellen
  1. BFH 14.06.2016, IX R 15/15
    BStBl 2016 II S. 996
    DStR 2016 S. 2278
    BFH/NV 2016 S. 1621
    BFHE 254 S. 246

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 7.12.2016
    J. H. in StuB 19/2016 S. 753
    KAM in Stbg 2/2017 S. M 8
    J. Schiffers in DStZ 21/2016 S. 608
    B. Rätke in BBK 20/2016 S. 965
    E. Ratschow in BFH/PR 12/2016 S. 365
Normen
[EStG] § 6 Abs. 1 Nr. 1 a, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
[HGB] § 255 Abs. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG München, 03.02.2015, SIS 15 12 02, Anschaffungskosten, Anschaffungsnaher Aufwand, Vermietung und Verpachtung
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Düsseldorf 28.11.2023, SIS 24 03 26, Anschaffungsnahe Herstellungskosten, Instandsetzung eines Gebäudes nach einem Brandschaden, teleologische...
  • BFH 20.9.2022, SIS 23 00 33, Sofortabzug von Mieterabfindungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung: 1...
  • BFH 3.5.2022, SIS 22 18 07, Anschaffungsnahe Herstellungskosten, Entnahme einer Wohnung ist keine Anschaffung i.S. des § 6 Abs. 1 Nr....
  • BFH 8.12.2021, SIS 22 00 30, Keine Erforderlichkeit der Fortbildung des Rechts zur Abgrenzung von Herstellungskosten und Erhaltungsauf...
  • FG Münster 12.11.2021, SIS 21 21 11, Mieterabfindungen bei Entmietung wegen Renovierungsarbeiten: 1. Auch bei den Einkünften aus Vermietung un...
  • BFH 28.4.2020, SIS 20 09 29, Keine Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 EStG auf Aufwendungen des Steuerpflichtigen vor Anschaffung...
  • FG Rheinland-Pfalz 13.11.2019, SIS 20 12 17, Anschaffungsnahe Aufwendungen, Einbeziehung von vor Erwerb getätigten Aufwendungen: Aufwendungen, die vor...
  • BFH 24.9.2019, SIS 19 19 06, Nichtzulassungsbeschwerde, grundsätzliche Bedeutung: Es ist höchstrichterlich geklärt und damit nicht gru...
  • FinBeh Hamburg 24.9.2018, SIS 18 14 60, Auch unerwartete Aufwendungen für Renovierungsmaßnahmen gehören zu den anschaffungsnahen Herstellungskost...
  • BFH 13.3.2018, SIS 18 09 69, Nach Anschaffung unvermutet angefallene Kosten zur Wiederherstellung des zeitgemäßen Zustands eines Mieto...
  • FinBeh Berlin 15.1.2018, SIS 18 12 64, Anschaffungsnahe Herstellungskosten, Zweifelsfragen: Die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin hat ihren E...
  • BMF 20.10.2017, SIS 17 19 40, Anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG: Die Grundsätze der BFH-Urteile vom 16...
  • BFH 9.5.2017, SIS 17 16 50, Kosten zur Beseitigung von nach Anschaffung mutwillig herbeigeführter Substanzschäden keine "anschaffungs...
  • FinBeh Berlin 5.4.2017, SIS 17 12 76, Anschaffungsnahe Herstellungskosten, Zweifelsfragen: Im Hinblick auf die BFH-Urteile vom 14.6.2016 (SIS 1...
  • OFD Nordrhein-Westfalen 14.3.2017, SIS 17 08 14, Anschaffungsnahe Aufwendungen, bisher noch offene Zweifelsfragen: Die OFD Nordrhein-Westfalen hat die Ver...
Anmerkung RiFG Dr. Bleschick

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 3.2.2015 11 K 1886/12 = SIS 15 12 02 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde im Streitjahr (2008) zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger und seine Ehefrau erwarben im August 2008 ein Grundstück, bebaut mit einem zuvor von den Rechtsvorgängern selbst bewohnten Einfamilienhaus zu einem Kaufpreis von 275.000 EUR. Die Anschaffungsnebenkosten beliefen sich auf 22.155 EUR. Auf das Gebäude entfielen Anschaffungskosten in Höhe von 127.040 EUR. Der Kläger und seine Ehefrau vermieteten das Einfamilienhaus ab Dezember 2008 an ihren Sohn. In der Zeit zwischen Erwerb und Vermietung des Gebäudes führten sie Renovierungsmaßnahmen durch, unter anderem ließen sie sämtliche Fenster austauschen und sonstige Sanierungsarbeiten vornehmen.

 

 

2

In der Einkommensteuererklärung 2008 behandelten der Kläger und seine Ehefrau die für den Austausch der Fenster angefallenen Aufwendungen in Höhe von 17.850 EUR als Anschaffungskosten und machten im Übrigen die durch die sonstigen Sanierungsarbeiten entstandenen Aufwendungen in Höhe von 16.616 EUR als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) behandelte die streitigen Aufwendungen dagegen insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG) und berücksichtigte hierfür lediglich Absetzungen für Abnutzung (AfA).

 

 

3

Die nach insoweit erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. In seinem in EFG 2015, 1081 = SIS 15 12 02 veröffentlichten Urteil folgte das FG der Auffassung des FA und beurteilte die geltend gemachten Aufwendungen insgesamt als solche i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG. Dabei komme es nicht darauf an, ob die für den Austausch der Fenster angefallenen Aufwendungen - wie vom Kläger vorgetragen - als Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative des Handelsgesetzbuchs (HGB) anzusehen und daher bereits deshalb zu aktivieren seien. Denn die vorgenommenen Renovierungsmaßnahmen seien im Zusammenhang zu betrachten und daher insgesamt in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG einzubeziehen. Die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG sei insoweit lex specialis gegenüber § 255 HGB.

 

 

4

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Er vertritt die Auffassung, dass es sich bei den für den Austausch der Fenster angefallenen Aufwendungen um Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft des erworbenen Gebäudes i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB handele und damit um originäre Anschaffungskosten. Da insoweit bereits handelsrechtlich eine Aktivierungspflicht besteht, könnten diese Aufwendungen nicht von der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG erfasst werden. Die Auffassung des FG habe keine rechtliche Grundlage; sie führe zu einer Ungleichbehandlung (Art. 3 des Grundgesetzes - GG - ) von Erwerbern eines unsanierten Gebäudes gegenüber Erwerbern eines bereits vom Veräußerer sanierten Gebäudes. Bereits begrifflich seien Anschaffungskosten, worunter auch Kosten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft zählen, keine Aufwendungen für Instandsetzung und Modernisierung. Hätte der Gesetzgeber „Anschaffungskosten“ in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG aufnehmen wollen, hätte er eine entsprechende Regelung schaffen müssen. Entgegen der Auffassung des FA sei § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auch nicht lex specialis zu § 255 HGB.

 

 

5

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG vom 3.2.2015 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 17.7.2012 dahingehend zu ändern, dass die bei dem Objekt H in B angefallenen Aufwendungen für sonstige Sanierungsarbeiten in Höhe von 16.616,96 EUR als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen berücksichtigt werden.

 

 

6

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

7

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

8

1. Aufwendungen, die - wie im Streitfall - durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen (§ 21 Abs. 1 EStG), sind dann nicht als Werbungskosten sofort abziehbar (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG), wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 1, 4 und 5 EStG).

 

 

9

a) Welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB. Danach sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, ferner die Anschaffungsnebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12.9.2001 IX R 52/00, BFHE 198, 85, BStBl II 2003, 574 = SIS 02 09 30). Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 22.9.2009 IX R 21/08, BFH/NV 2010, 846 = SIS 10 11 77).

 

 

10

Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 2 EStG auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Diese Aufwendungen erhöhen die AfA-Bemessungsgrundlage (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG), sie sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar. Nicht zu diesen Aufwendungen gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG die Aufwendungen für Erweiterungen i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.

 

 

11

b) Der Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ist gesetzlich nicht definiert und bedarf daher der Auslegung. Hierunter sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören daher insbesondere Aufwendungen für die Instandsetzung oder Erneuerung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung, die - ohne die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG - vom Grundsatz her als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 846 = SIS 10 11 77).

 

 

12

c) Zu den Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören aber auch Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, durch die funktionsuntüchtige Teile eines Gebäudes, die für seine bestimmungsgemäße Nutzung unerlässlich sind, wieder hergestellt werden und damit das Gebäude in einen betriebsbereiten Zustand versetzt wird (vgl. BFH-Urteil in BFHE 198, 85, BStBl II 2003, 574 = SIS 02 09 30), wenn sie im Rahmen einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit dem Erwerb des Gebäudes anfallen (ebenso Blümich/Ehmcke, § 6 EStG Rz 426; ablehnend dagegen Spindler, DB 2004, 507, 509; Söffing, DB 2004, 946, 947; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rz Ba 15, 28).

 

 

13

aa) Dass Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB zu Anschaffungskosten führen und bereits deshalb zu aktivieren sind, steht dem nicht entgegen. Zwar werden die in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG verwendeten Begriffe „Anschaffungskosten“ und „Herstellungskosten“ in der Regel auch im Bereich der Überschusseinkünfte i.S. von § 255 HGB ausgelegt. Im Hinblick auf den Wortlaut und den systematischen Zusammenhang von Sätze 1 und 2 der Vorschrift sowie deren Sinn und Zweck ist § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG jedoch gegenüber § 255 HGB als einkommensteuerrechtliche Sonderregelung zur Behandlung von Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Anschluss an den Erwerb eines Gebäudes zu verstehen.

 

 

14

bb) Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören danach unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Kosten für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Nicht zu den Aufwendungen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören nach dem Wortlaut des Satzes 2 der Vorschrift ausdrücklich nur Aufwendungen für Erweiterungen i.S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.

 

 

15

cc) Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes durch Wiederherstellung funktionsuntüchtiger Gebäudeteile vom Anwendungsbereich der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ausnehmen wollte, sind nicht ersichtlich. Der Senat schließt sich insoweit nicht der in der Literatur vertretenen Ansicht an, dass nach § 255 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative HGB zu den Anschaffungskosten gehörende Aufwendungen bereits begrifflich nicht von der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG erfasst sein können (so z.B. Werndl, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 6 Rz Ba 15, 28). Der Wortlaut sowie der systematische Zusammenhang der Sätze 1 und 2 der Vorschrift sprechen vielmehr dafür, dass der Gesetzgeber bewusst den Begriff der Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen weit verstehen und eine im Einzelfall schwierige Abgrenzung von Erhaltungsaufwendungen zu Kosten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft vermeiden wollte.

 

 

16

Für diese Auslegung spricht zum anderen der vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG verfolgte Zweck, einerseits die bis zur Rechtsprechungsänderung des Senats durch die Urteile vom 12.9.2001 IX R 39/97 (BFHE 198, 74, BStBl II 2003, 569 = SIS 02 09 29) und in BFHE 198, 85, BStBl II 2003, 574 = SIS 02 09 30 bestehende Rechtslage zum anschaffungsnahen Aufwand gesetzlich festzuschreiben und andererseits aus Gründen der Rechtsvereinfachung und -sicherheit eine typisierende Regelung zu schaffen (vgl. Begründung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften - Steueränderungsgesetz 2003 -, BTDrucks 15/1562, S. 32). Der gesetzlichen Intention einer Typisierung würde es aber widersprechen, wenn man im Rahmen einer im Anschluss an den Erwerb vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung des Gebäudes einzelne Arbeiten isoliert und damit stets den konkreten statt den typischen Fall betrachten müsste (vgl. bereits BFH-Urteil vom 25.8.2009 IX R 20/08, BFHE 226, 256, BStBl II 2010, 125 = SIS 09 34 55).

 

 

17

d) Die Einbeziehung von Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft in die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Hieraus ergibt sich - entgegen der Auffassung des Klägers - insbesondere keine nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung gegenüber Erwerbern eines bereits vom Veräußerer sanierten Gebäudes.

 

 

18

e) Ob Aufwendungen für bauliche Maßnahmen im Rahmen einer im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung angefallen sind, ist vom FG im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung zu beantworten. Dabei kann im Regelfall von einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes ausgegangen werden, soweit bauliche Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden. Insoweit enthält die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine Regelvermutung für das Vorliegen anschaffungsnaher Herstellungskosten, ohne dass es einer Einzelfallprüfung bedarf. Übersteigen die hierfür angefallenen Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der für den Erwerb des Gebäudes aufgewandten Anschaffungskosten, sind diese insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zu behandeln.

 

 

19

2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG im Streitfall zutreffend die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die Sanierungsarbeiten in Höhe von 16.616 EUR brutto als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG beurteilt. Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und daher den BFH bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) führten der Kläger und seine Ehefrau in der Zeit zwischen dem Erwerb im August und der Vermietung des Gebäudes im Dezember des Streitjahres Renovierungsmaßnahmen durch und ließen die Fenster austauschen. Diese im Anschluss an den Erwerb des Gebäudes durchgeführten Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten führten einschließlich der Aufwendungen für den Austausch der Fenster zu Kosten von insgesamt 28.964 EUR ohne Umsatzsteuer, die über 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes (127.040 EUR) liegen. In diesem Zusammenhang hat es das FG zu Recht als unerheblich angesehen, ob die für den Austausch der Fenster angefallenen Aufwendungen, wie vom Kläger vorgetragen, als Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative HGB anzusehen sind.

 

 

20

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

 

Anmerkung RiFG Dr. Bleschick

1. § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG als umfassende Sonderregelung zum Handelsrecht: Nach dem Verständnis des BFH von § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG ist diese Norm nicht nur eine Spezialregelung zu den handelsrechtlichen Herstellungskosten i.S.d. § 255 Abs. 2 HGB (vgl. BFH-Urteil vom 14.6.2016 IX R 25/14 = SIS 16 19 70, BFH/NV 2016 S. 1617), sondern auch zu den handelsrechtlichen Anschaffungskosten i.S.d. § 255 Abs. 1 HGB. Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 EStG gehören danach unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Kosten für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Nicht zu den Aufwendungen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 EStG gehören nach dem Wortlaut des Satzes 2 der Vorschrift ausdrücklich nur Aufwendungen für Erweiterungen i.S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen (z.B. laufende Heizungs- oder Aufzugswartungen, Rohrreinigungen oder Ablesekosten).

 

2. Zwei Kategorien von Anschaffungskosten: Aufgrund der Rezensionsentscheidung sind nun zwei Arten von Anschaffungskosten zu unterscheiden: Zum einen die für den Erwerb des Gebäudes aufgewandten Anschaffungskosten und zum anderen die nach dem Erwerb anfallenden Anschaffungskosten. Zu beachten ist, dass beide Arten der Anschaffungskosten nach dem Vorstehenden zwar zu den Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 EStG gehören, die von den für den Erwerb des Gebäudes aufgewandten Anschaffungskosten zu unterscheidenden sonstigen Anschaffungskosten indes nicht bei den als Maßstab für die 15 %-Grenze geltenden Anschaffungskosten des Gebäudes i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG (als Bemessungsgrundlage für die 15 %-Grenze) zu berücksichtigen sind. Die nicht für den Erwerb des Gebäudes aufgewandten Anschaffungskosten sind also an der 15 %-Grenze zu messen, erhöhen diese aber nicht.