Auf die Revision des Klägers wird das
Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 17.12.2014 4 K 402/12
= SIS 15 17 99 und die Einspruchsentscheidung vom 11.4.2012 sowie
der Ablehnungsbescheid vom 12.1.2012 aufgehoben und der Beklagte
verpflichtet, den Kläger für das Jahr 2007 zur
Einkommensteuer zu veranlagen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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I. Streitig ist, ob die Festsetzungsfrist
nach § 108 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) erst mit dem Ablauf
des nächstfolgenden Werktags endet, wenn ihr Ende auf einen
Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend
fällt.
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Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) erzielte als Offizier im Streitjahr (2007)
ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit. Seinen Hauptwohnsitz hatte er in A und seinen Nebenwohnsitz
in B. Seine Steuererklärung 2007 ging am Montag, dem 2.1.2012,
beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - )
ein.
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Das FA lehnte mit Bescheid vom 12.1.2012
die Durchführung der Antragsveranlagung mit der
Begründung ab, dass die Einkommensteuererklärung des
Klägers erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist am 31.12.2011
eingegangen sei.
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Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Im Streitfall habe
der Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 des
Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 vom
20.12.2007 (BGBl I 2007, 3150) - EStG - der Eintritt der
Festsetzungsverjährung entgegengestanden. Zwar sei der
31.12.2011 auf einen Sonnabend gefallen. Gleichwohl sei die
Festsetzungsfrist nicht erst am nächsten Werktag, d.h. am
2.1.2012, abgelaufen. § 108 Abs. 3 AO sei auf den Ablauf der
Festsetzungsfrist nicht anwendbar, so dass der Kläger die
Steuererklärung für das Streitjahr nicht
fristgemäß eingereicht habe.
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Mit der Revision rügt der Kläger
die Verletzung von § 108 Abs. 3 AO.
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Er beantragt, das Urteil des Thüringer
FG vom 17.12.2014 4 K 402/12 aufzuheben sowie den
Ablehnungsbescheid vom 12.1.2012 i.d.F. der Einspruchsentscheidung
vom 11.4.2012 aufzuheben und das FA zu verpflichten, aufgrund der
abgegebenen Einkommensteuererklärung für 2007 für
dieses Jahr eine Veranlagung durchzuführen.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision des Klägers ist
begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der
Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Entgegen der Ansicht der
Vorinstanz ist der Kläger zur Einkommensteuer für 2007 zu
veranlagen.
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1. Besteht das Einkommen ganz oder teilweise
aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen
ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, so wird eine Veranlagung
nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 EStG nur durchgeführt, wenn
die Veranlagung beantragt wird, insbesondere zur Anrechnung von
Lohnsteuer auf die Einkommensteuer. Der Antrag ist durch Abgabe
einer Einkommensteuererklärung zu stellen (§ 46 Abs. 2
Nr. 8 Satz 2 EStG).
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a) Der Antrag auf Veranlagung nach § 46
Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG ist zwar nicht mehr fristgebunden, aber
innerhalb der Festsetzungsfrist zu stellen.
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b) Gemäß § 108 Abs. 3 AO
endet, wenn das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen
gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, die Frist
mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags. Für die
Auslegung des § 108 AO ist, wie aus der Verweisung auf die
Fristbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Abs. 1
der Vorschrift hervorgeht, der Fristbegriff des Bürgerlichen
Rechts maßgebend. § 108 Abs. 3 AO erfasst demnach alle
Arten von Fristen. Der Zweck des § 193 BGB, die Sonn- und
Feiertagsruhe zu wahren und die in Wirtschaft und öffentlicher
Verwaltung übliche Fünftagewoche zu berücksichtigen
(Palandt/Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Aufl.,
§ 193 Rz 1), wird mithin durch § 108 Abs. 3 AO (und
§ 31 Abs. 3 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes; ebenso
§ 222 Abs. 2 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 54 Abs. 2
FGO) auf alle Arten von Fristen - „eigentliche“
Fristen (Handlungsfristen) wie auch
„uneigentliche“ Fristen - erstreckt (BFH-Urteil
vom 14.10.2003 IX R 68/98, BFHE 203, 26, BStBl II 2003, 898 = SIS 03 47 17; Klein/Rätke, AO, 12. Aufl., § 108 Rz 6; Brandis
in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 108
AO Rz 19; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -,
§ 108 AO Rz 123; a.A. Müller in Beermann/Gosch, AO §
108 Rz 54).
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c) Die Festsetzungsfrist ist eine
„Frist“ in diesem Sinne. Es handelt sich um
einen abgegrenzten, bestimmten oder jedenfalls bestimmbaren
Zeitraum (Urteil des Reichsgerichts vom 8.6.1928 III 426/27, RGZ
120, 355, 356, 362). Verjährungsfristen zählen als
gesetzliche Fristen zu den „uneigentlichen“
Fristen (vgl. BFH-Urteil vom 5.3.1986 II R 5/84, BFHE 146, 27,
BStBl II 1986, 462 = SIS 86 09 56) und werden mithin vom
Anwendungsbereich des § 108 Abs. 3 AO erfasst (FG
Düsseldorf, Urteil vom 8.5.2008 14 K 2450/07 Kg, EFG 2008,
1685 = SIS 08 30 91, Rz 20; Urteil des Bundesgerichtshofs vom
6.12.2007 III ZR 146/07, Neue Juristische
Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2008, 459, zur
entsprechenden Anwendbarkeit von § 193 BGB auf
Verjährungsfristen, sowie MünchKommBGB/Grothe, 7. Aufl.,
§ 193 Rz 8; Staudinger/Repgen, BGB, 2014, § 193 Rz
13).
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d) Dem steht § 47 AO nicht entgegen. Zwar
weist das FG zutreffend darauf hin, dass Ansprüche aus dem
Steuerschuldverhältnis mit Ablauf der Festsetzungsfrist
erlöschen und ein durch Fristablauf erloschener Anspruch nicht
wieder aufleben kann (Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 171 AO
Rz 10, m.w.N.). Es verkennt jedoch, dass Rechtsfolge des § 108
Abs. 3 AO die Verlängerung der (Festsetzungs-)Frist ist (s.
Staudinger/Repgen, a.a.O.). Zur Wahrung einer nach § 108 Abs.
3 AO „verlängerten“ Frist reicht es aus,
dass die Handlung bis 24 Uhr des Tages des Fristablaufs vorgenommen
worden ist (Klein/Rätke, AO, 12. Aufl., § 108 Rz 6;
Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 108 AO Rz 19).
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e) Nach § 171 Abs. 3 AO läuft eine
Festsetzungsfrist, soweit vor ihrem Ablauf ein Antrag auf
Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer
Steuerfestsetzung gestellt wird, nicht vor der unanfechtbaren
Entscheidung über diesen Antrag ab.
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aa) Als „Antrag“ i.S. des
§ 171 Abs. 3 AO sind nur solche Willensbekundungen zu
verstehen, die ein Tätigwerden der Finanzbehörden
außerhalb des in Folge der Amtsmaxime ohnehin gebotenen
Verwaltungshandelns auslösen sollen. Die Abgabe gesetzlich
vorgeschriebener Steuererklärungen gehört zur allgemeinen
Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen und ist kein Antrag,
selbst wenn die Veranlagung zu einer Steuererstattung führt
(ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 28.8.2014 V R
8/14, BFHE 247, 21, BStBl II 2015, 3 = SIS 14 28 06, m.w.N.).
Dagegen ist die Abgabe einer Einkommensteuererklärung nach
§ 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG ein Antrag i.S. des § 171
Abs. 3 AO (Banniza in HHSp, § 171 AO Rz 25; Paetsch in
Beermann/Gosch, AO § 171 Rz 27). Denn liegen die
Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 7 EStG für
eine Veranlagung von Amts wegen nicht vor, sind die
Finanzbehörden aufgrund der Abgeltungswirkung des
Lohnsteuerabzugs (§ 46 Abs. 4 Satz 1 EStG) an der
Steuerfestsetzung gehindert. In einem solchen Fall ist der
Steuerpflichtige nicht verpflichtet (§ 25 Abs. 3 EStG i.V.m.
§ 56 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung),
sondern lediglich berechtigt, eine Steuererklärung
einzureichen (Senatsurteil vom 14.4.2011 VI R 53/10, BFHE 233, 311,
BStBl II 2011, 746 = SIS 11 22 59).
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bb) „Gestellt“ ist ein
Antrag, wenn er bei der zuständigen Behörde eingeht.
Für den Zugang des Antrages gelten die
bürgerlich-rechtlichen Regelungen über den Zugang
empfangsbedürftiger Willenserklärungen entsprechend. Eine
empfangsbedürftige Willenserklärung ist nach § 130
Abs. 1 Satz 1 BGB in dem Zeitpunkt zugegangen, in dem die
zuständige Behörde zu den behördenüblichen
Zeiten die Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Inhalt des
Schriftstückes erhalten konnte (vgl. BFH-Beschluss vom
3.4.2002 IX B 151/01, BFH/NV 2002, 900 = SIS 02 69 08;
BFH-Urteil vom 20.12.2006 X R 38/05,
BFHE 216, 297, BStBl II 2007, 823 = SIS 07 10 72, m.w.N.).
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2. Nach diesen Grundsätzen steht der
Veranlagung des Klägers gemäß § 46 Abs. 2 Nr.
8 EStG im Streitfall der Eintritt der Festsetzungsverjährung
nicht entgegen. Denn der Kläger hat den Antrag auf Veranlagung
nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG durch Abgabe seiner
Einkommensteuererklärung für das Streitjahr vor Ablauf
der Festsetzungsfrist beim FA eingereicht.
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a) Die Festsetzungsfrist für die
Einkommensteuer beträgt nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO
vier Jahre. Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die
Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO). Die Einkommensteuer
für 2007 verjährte demnach mit Ablauf des Jahres
2011.
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b) Im Streitfall fiel das Ende der
Festsetzungsfrist auf einen Sonnabend. In einem solchen Fall endet
die Festsetzungsfrist nicht mit Ablauf des 31. Dezember, sondern
nach § 108 Abs. 3 AO erst mit Ablauf des nächsten
Werktages und hier damit am 2.1.2012. Folglich ist der Kläger
für 2007 zur Einkommensteuer zu veranlagen. Denn nach den
bindenden Feststellungen des FG ist die
Einkommensteuererklärung 2007 beim FA am 2.1.2012 eingereicht
worden.
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Die streitige Veranlagung ist vom beklagten FA
vorzunehmen. Denn der Kläger hatte ausweislich seiner beim
beklagten FA eingereichten Einkommensteuererklärung für
das Streitjahr seinen Zweitwohnsitz in B. Die obersten
Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben für
die örtliche Zuständigkeit bei Angehörigen der
Bundeswehr eine Vereinfachungsregelung beschlossen, wonach für
nicht verheiratete Soldaten das Finanzamt des Wohnsitzes
zuständig ist, den der Soldat in seinem Antrag oder seiner
Steuererklärung angibt (z.B.: Thüringer Finanzministerium
vom 22.8.1994 S 0122 A - 1/94 - 201.3, Felix/Carlé,
Steuererlasse in Karteiform, AO 1977 § 19 Nr. 10).
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
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