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A. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine GmbH, betrieb im Streitjahr 2004 den Handel
mit Natur- und Kunststeinen auf dem gemieteten Grundstück
H-Straße in ..., das im Eigentum der X steht. Grundlage der
Nutzung war für den Zeitraum Juni 1984 bis September 1991 ein
Unterpachtvertrag mit der S-GmbH, die ihrerseits das
Grundstück - unter Einräumung eines Vorpachtrechts - von
X gepachtet hatte; nach § 2 Abs. 2 des Unterpachtvertrags
erklärte sich die S-GmbH bereit, nach Ablauf des
Unterpachtvertrags über ein direktes Pachtverhältnis
zwischen der Klägerin und der
Grundstückseigentümerin zu verhandeln. Ein solches
Pachtverhältnis ist zwischen der Klägerin und X mit
Vertrag vom 25.8.1992 für den Zeitraum Oktober 1991 bis
September 2001 - wiederum verbunden mit einem Vorpachtrecht -
vereinbart worden (im Folgenden: Pachtvertrag); der
Nutzungszeitraum wurde aufgrund des Nachtrags vom 4.3.1996 bis
September 2011 verlängert. Vor Ablauf dieses Zeitraums ist der
Pachtvertrag jedoch mit weiterer Vereinbarung vom 8.7.2003
aufgehoben und ein Mietvertrag zwischen der Klägerin und X mit
einer festen Mietzeit bis Juni 2018 geschlossen worden (im
Folgenden: Mietvertrag); der Klägerin steht hierbei das Recht
zu, den Mietvertrag zweimal um (jeweils) fünf Jahre zu
verlängern.
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Die Klägerin war nach allen
Verträgen verpflichtet, die auf dem Grundstück
H-Straße befindlichen Bauten (Anlagen, Einrichtungen und
verlegte Leitungen) zum Ende des (jeweiligen)
Nutzungsverhältnisses zu beseitigen, sofern nicht ein ihr
nachfolgender Nutzungsberechtigter (Mieter, Pächter) die
Baulichkeiten sowie die Beseitigungspflicht übernimmt. Nach
den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) hatte sie
spätestens in ihrem Jahresabschluss 1996 die vollen
Abbruchkosten zurückgestellt. Zum Ende des Streitjahres, in
dem die Klägerin einen Anbau an ihr Bürogebäude
(einschließlich Außenanlagen und Hofbefestigungen)
fertigstellt hatte, belief sich die Rückstellung auf
110.024,86 EUR; hieraus ergab sich gegenüber dem Vorjahr
(2003) eine Erhöhung um 2.368,86 EUR. Beide Beträge
wurden nicht abgezinst.
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Im Anschluss an eine
Außenprüfung änderte der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) nach § 164 der
Abgabenordnung (AO) mit Bescheiden vom 17.9.2009 für das
Streitjahr die Festsetzung der Körperschaftsteuer sowie des
Gewerbesteuermessbetrags. Ausgehend von dem im April 2009
abgegebenen Angebot eines Abbruchunternehmens (einschließlich
Gutachterkosten: 137.162 EUR) verteilte es die Rückstellung
nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d des Einkommensteuergesetzes
(EStG 2002) - i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) sowie § 7 Satz 1
des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 2002) - auf den Zeitraum von Juni
1984 bis Juni 2018 und zinste den zum Ende des Streitjahres
ermittelten Betrag gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst.
e EStG 2002 ab.
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Der Einspruch der Klägerin gegen die
sonach ergangenen Steuerbescheide hatte lediglich insoweit Erfolg,
als das FA einen Berechnungsfehler bei der Bestimmung des
Ansammlungszeitraums bereinigte. Hierdurch erhöhte sich die
Ansammlungsrückstellung vor Abzinsung auf 82.834 EUR und der
abgezinste (gewinnmindernde) Rückstellungsbetrag auf 40.258
EUR. Im Übrigen
hat es den Einspruch durch Teil-Einspruchsentscheidung nach §
367 Abs. 2a AO zurückgewiesen. Das FA hat hierbei darauf
hingewiesen, dass es über die Abzinsung der
Ansammlungsrückstellung nicht entscheide, da zur Frage der
Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung ein Verfahren beim
Bundesfinanzhof (BFH), Az. IV R 32/07, anhängig sei.
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Während des anschließenden
Klageverfahrens (Az. 6 K 108/10) hat das FA den Einspruch im
Anschluss an das BFH-Urteil vom 5.5.2011 IV R 32/07 (BFHE 233, 524,
BStBl II 2012, 98 = SIS 11 23 96) mit End-Einspruchsentscheidung
vom 29.11.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Die
daraufhin erhobene (weitere) Klage (Az. 6 K 5/12) - über die
gemeinsam mit der Klage 6 K 108/10 verhandelt worden ist - hat die
Klägerin in der mündlichen Verhandlung
zurückgenommen, nachdem das FA zugesagt hatte, mit
Rücksicht auf die zwischen den Beteiligten nicht mehr
streitige Abzinsung der Rückstellung gemäß §
52 Abs. 16 (Satz 11 i.V.m. Satz 12 und 14) EStG 2002 zum Ende des
Streitjahres eine Rücklage in Höhe von 18.383 EUR
anzuerkennen.
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Unter Berücksichtigung weiterer
Hinweise des FG zu dem im Streitjahr errichteten Anbau sowie dazu,
dass das Angebot des Abbruchunternehmens auf den
Preisverhältnissen des Jahres 2009 beruht, hat die
Klägerin im Klageverfahren 6 K 108/10 beantragt, die
Rückstellung vor Abzinsung in Höhe von 122.530 EUR
anzuerkennen und auf 59.550 EUR abzuzinsen.
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Dem hat die Vorinstanz entsprochen, da ein
neuer Miet- oder Pachtvertrag über ein Grundstück,
für das bereits eine Ansammlungsrückstellung gebildet
wurde, nicht zu einer Neuberechnung des Ansammlungszeitraums
führe (Niedersächsisches FG, Urteil vom 10.5.2012 6 K
108/10, EFG 2012, 1628 = SIS 12 20 96).
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Entsprechend seiner Zusage hat das FA nach
Ergehen des vorinstanzlichen Urteils mit Bescheiden vom 31.7.2012
für das Streitjahr die Festsetzung der Körperschaftsteuer
sowie des Gewerbesteuermessbetrags (erneut) geändert. Neben
der Rücklage (18.383 EUR) wurde die Rückstellung nach
Abzinsung mit 35.984,44 EUR angesetzt. Die Körperschaftsteuer
2004 beläuft sich hiernach auf 166.802 EUR, der
Gewerbesteuermessbetrag 2004 auf 33.370 EUR. Beide Beträge
sind zwischen den Beteiligten rechnerisch nicht umstritten.
Streitig ist allein, ob - wie vom FA auch weiterhin vertreten - die
Rückstellung auf den Ansammlungszeitraum bis
einschließlich Juni 2018 zu verteilen ist.
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Mit der hierauf gestützten Revision
beantragt das FA sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
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B. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Klageabweisung. Das
FG hat zu Unrecht angenommen, dass der Ansammlungszeitraum für
die Verpflichtung der Klägerin, die auf dem Grundstück
H-Straße errichteten Gebäude zum 30.6.2018 zu
beseitigen, am Bilanzstichtag des Streitjahres (31.12.2004) bereits
abgelaufen war.
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I. Das Urteil der Vorinstanz ist schon aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben.
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1. Gegenstand des anhängigen
Rechtsstreits sind die während des Revisionsverfahrens
ergangenen Änderungsbescheide vom 31.7.2012. Sie sind nach
§ 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Stelle der
Bescheide vom 17.9.2009 (in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidung
vom 8.2.2010) getreten. Ein solcher Austausch des
Verfahrensgegenstands kann auch nach Ergehen einer
finanzgerichtlichen Entscheidung stattfinden (§ 121 Satz 1
FGO; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., §
68 Rz 20, m.w.N.). Das vorinstanzliche Urteil, das zu einem in
seinen Rechtswirkungen suspendierten Bescheid ergangen ist, muss
deshalb - ohne weitere Sachprüfung - schon aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben werden (ständige
Rechtsprechung, Senatsurteil vom 20.10.2010 I R 117/08, BFHE 232,
15 = SIS 11 05 51). Unberührt hiervon bleiben jedoch die
tatsächlichen Feststellungen des FG; sie bilden weiterhin die
Grundlage für die Revisionsentscheidung des Senats.
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2. Die vorgenannten Grundsätze sind auch
zu beachten, wenn der Änderungsbescheid an die Stelle des
durch eine Teil-Einspruchsentscheidung gemäß § 367
Abs. 2a AO bestätigten oder geänderten Steuer- oder
Steuermessbescheids tritt (BFH-Urteil vom 5.2.2014 X R 22/12, BFHE
244, 49, BStBl II 2014, 388 = SIS 14 08 40). Zwar dürften im
Falle der Klage gegen eine Teil-Einspruchsentscheidung die von der
Finanzbehörde nach § 367 Abs. 2a Satz 2 AO
ausgeklammerten Besteuerungsgrundlagen (hier: Abzinsung der
Rückstellung) nicht Gegenstand der gerichtlichen
Überprüfung der Teil-Einspruchsentscheidung sein
(möglicherweise a.A. Birkenfeld in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 367 AO Rz 488). Dies bedarf
jedoch ebenso wenig einer abschließenden Beurteilung wie die
weiter gehende Frage danach, ob dieser Grundsatz dann zu
durchbrechen sein könnte, wenn - wie vorliegend - die
End-Einspruchsentscheidung im Zuge des finanzgerichtlichen
Verfahrens bestandskräftig (hier: durch Klagerücknahme)
geworden ist (vgl. hierzu auch Birkenfeld, in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 367 AO Rz 566: gerichtliche
Endentscheidung über die festzusetzende Steuer). Beides kann
im Streitfall unentschieden bleiben, weil zwischen den Beteiligten
(zwischenzeitlich) Einvernehmen darüber besteht, dass die
angefochtenen Bescheide - mit Ausnahme der nach wie vor
umstrittenen Frage nach dem Ansammlungszeitraum (§ 6 Abs. 1
Nr. 3a Buchst. d EStG 2002) - rechtmäßig sind und auch
für den Senat unter Berücksichtigung der Feststellungen
der Vorinstanz sowie der ihm vorgelegten Akten kein Anhalt
dafür besteht, dass die Bescheide (vorbehaltlich der
Bestimmung des Ansammlungszeitraums) die Klägerin in
rechtswidriger Weise beschweren. Letzteres gilt insbesondere im
Hinblick darauf, dass - ausgehend von der Anerkennung des
Rückstellungsausweises dem Grunde nach (s. hierzu nachfolgend
unter II.2.) - der Rückstellung die Wertverhältnisses
(Preisverhältnisse) des Bilanzstichtags zugrunde zu legen sind
(vgl. auch zur Rechtsentwicklung BFH-Urteil in BFHE 233, 524, BStBl
II 2012, 98 = SIS 11 23 96) und für den
„Abzinsungsertrag“ (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst.
e EStG 2002) einer solchen „Alt-Rückstellung“
nunmehr nach den Änderungsbescheiden vom 31.7.2012 eine
gewinnmindernde Rücklage gemäß § 52 Abs. 16
Satz 8 und 10 i.V.m. Satz 7 EStG 2002 angesetzt wird (dazu
BFH-Urteil in BFHE 233, 524, BStBl II 2012, 98 = SIS 11 23 96;
Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.5.2005, BStBl
I 2005, 699 = SIS 05 24 80 Rz 35 ff.).
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II. Die Klage ist unbegründet.
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1. Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 des
Handelsgesetzbuchs (HGB) sind Rückstellungen u.a. für
ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die Vorschrift, die als
Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auch
bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer sowie des
Gewerbesteuermessbetrags zu beachten ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1
EStG 2002 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002 und § 7 Satz 1
GewStG 2002), erfasst auch sog. echte
Ansammlungsrückstellungen, deren Kennzeichen darin besteht,
dass der Rückstellungsbildung am Bilanzstichtag rechtlich
bereits begründete Verbindlichkeiten zugrunde liegen, deren
Entstehen aber bei wirtschaftlicher Betrachtung auch auf
zukünftige Wirtschaftsjahre entfällt. Während im
handelsrechtlichen Schrifttum hierzu teilweise die Auffassung
vertreten wird, dass es zulässig sei, die Verbindlichkeit im
Zeitpunkt des sie auslösenden Ereignisses in voller Höhe
auszuweisen (Schubert in Beck Bil-Komm., 9. Aufl., § 253 Rz
164, m.w.N.; nicht eindeutig Hauptfachausschuss des Instituts der
Wirtschaftsprüfer (IDW), Stellungnahme zur Rechnungslegung IDW
RS HFA 34, IDW Fachnachrichten 2013, 53, 55, Rz 18), hat der BFH
bereits bezüglich der Rechtslage bis einschließlich 1998
entschieden, dass der Rückstellungsaufwand - ausgehend von den
Preisverhältnissen des jeweiligen Bilanzstichtags
(Stichtagsprinzip) - den Wirtschaftsjahren bis zur Erfüllung
der Verbindlichkeit zuzuordnen ist und damit auch den Gewinn der
Folgeperioden (anteilig) belastet (Senatsurteil vom 19.2.1975 I R
28/73, BFHE 115, 218, BStBl II 1975, 480 = SIS 75 02 86; BFH-Urteil
vom 28.3.2000 VIII R 13/99, BFHE 191, 517, BStBl II 2000, 612 = SIS 00 09 75).
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Hiervon unberührt blieb indes, dass diese
ratierliche Rückstellungsbildung auf der allgemeinen
Bewertungsvorschrift des § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB a.F.
fußte, nach der Rückstellungen mit ihrem nach
vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen
Betrag, d.h. mit ihrem voraussichtlichen Erfüllungsbetrag zu
bewerten sind (Senatsurteil vom 30.11.2005 I R 110/04, BFHE 212,
83, BStBl II 2007, 251 = SIS 06 12 91, m.w.N.; siehe nunmehr auch
§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB n.F. sowie hierzu Senatsurteil vom
11.10.2012 I R 66/11, BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676 = SIS 13 06 25, jeweils m.w.N.). Durch das Steuerentlastungsgesetz
1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304)
hat der Gesetzgeber für Zwecke des steuerbilanziellen
Ausweises in § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG 1997 n.F./2002
spezialgesetzlich verfügt, dass Rückstellungen für
Sachleistungsverpflichtungen mit den Einzelkosten und den
angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten
(§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 2002; dazu Senatsurteil in
BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676 = SIS 13 06 25) und
Rückstellungen für Verpflichtungen, für deren
Entstehen im wirtschaftlichen Sinne der laufende Betrieb
ursächlich ist, zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln
sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 1 EStG 2002). Beide
Regeln verdrängen zwar einen höheren handelsrechtlichen
Wertansatz mit der Folge, dass ein für das Handelsrecht
vertretener Sofortausweis der zukünftigen Abbruchverpflichtung
steuerrechtlich nicht nachvollzogen werden könnte (§ 5
Abs. 6 EStG 2002; Senatsurteil in BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676
= SIS 13 06 25); andererseits lassen die vorgenannten Bestimmungen,
soweit sie keine ausdrückliche Anordnung treffen, die
Bewertung der Rückstellung nach den GoB unberührt (Werndl
in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 6 Rz Da 2).
Letzteres gilt insbesondere für das Stichtagsprinzip, nach dem
die Bilanz die Verhältnisse des Bilanzstichtags abzubilden hat
(§ 242 Abs. 1 HGB; Blümich/ Krumm, § 5 EStG Rz 277;
Schmidt/Kulosa, EStG, 33. Aufl., § 6 Rz 9; Crezelius in
Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 5 Rz 38).
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2. Die Beteiligten gehen für den
Streitfall übereinstimmend davon aus, dass die
Rückstellung auf der Grundlage der Kosten für den Abbruch
aller auf dem Grundstück H-Straße befindlichen und von
der Klägerin oder einem Dritten errichteten Anlagen (vgl.
§ 7 des Mietvertrags i.V.m. § 19 der Allgemeinen
Bedingungen für die Vermietung von Flächen und
Einrichtungen der X) zu bilden sind. Dies ist insoweit nicht zu
beanstanden, als der durch eine vertragliche Beseitigungspflicht
anfallende Aufwand auch dann zurückzustellen ist, wenn - wie
im Streitfall aufgrund der eingeräumten
Mietverlängerungsoptionen (§ 3 Abs. 2 des Mietvertrags) -
ungewiss ist, wann das Nutzungsverhältnis endet (BFH-Urteil in
BFHE 191, 517, BStBl II 2000, 612 = SIS 00 09 75). Allerdings hat
das FG keine Feststellungen dazu getroffen, ob und mit welcher
Wahrscheinlichkeit die Klägerin - insbesondere unter
Berücksichtigung dessen, dass sie ihrerseits in die
Beseitigungsverpflichtung der S-GmbH eingetreten ist - damit
rechnen musste, selbst für den Abbruch der vorgenannten
Anlagen in Anspruch genommen zu werden. Der Senat kann dahinstehen
lassen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen hierdurch ein
Rückstellungsausweis entfällt oder jedenfalls die
Höhe der Rückstellung (ausgehend vom voraussichtlichen
Erfüllungsbetrag) anzupassen sein könnte. Denn das FA ist
jedenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass der nach § 6 Abs.
1 Nr. 3a Buchst. d (Satz 1) EStG 2002 maßgebliche
Ansammlungszeitraum an den durch den Mietvertrag vom 8.7.2003
festgelegten Erfüllungszeitpunkt (30.6.2018) anzupassen ist.
Der Senat ist nach dem sog. Verböserungsverbot daran
gehindert, die angefochtenen Bescheide in einem weiter gehenden
Umfang zum Nachteil der Klägerin zu ändern
(Gräber/von Groll, a.a.O., § 96 Rz 7, m.w.N.).
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a) Das Stichtagsprinzip ist auch im Rahmen der
Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d (Satz 1) EStG 2002,
die nach § 52 Abs. 16 Satz 12 EStG 2002 für vor dem
1.1.1999 gebildete Rückstellungen anzuwenden ist, zu beachten.
Dieser Bilanzierungsgrundsatz gilt nicht nur für den
Rückstellungsausweis dem Grunde nach mit der Folge, dass die
bisherige Passivierung aufzulösen ist, wenn nach den
Verhältnissen am Bilanzstichtag die Gründe für ihre
Bildung (und demgemäß auch für ihre Beibehaltung)
entfallen sind (Senatsurteil vom 12.4.1989 I R 41/85, BFHE 156,
481, BStBl II 1989, 612 = SIS 89 15 16). Vielmehr ist (u.a.) mit
Rücksicht auf die Höhe der Rückstellung der
Bilanzausweis jährlich an die Verhältnisse des
Bilanzstichtags anzupassen und ggf. der bisherige Ansatz zu
korrigieren (BFH-Urteile vom 12.12.2013 X R 25/11, BFHE 244, 309,
BStBl II 2014, 517 = SIS 14 11 21; vom 7.10.1982 IV R 39/80, BFHE
137, 25, BStBl II 1983, 104 = SIS 83 01 09; Senatsurteil in BFHE
156, 481, BStBl II 1989, 612 = SIS 89 15 16).
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b) Aus dem Vorstehenden ergibt sich
unmittelbar, dass für die Frage, ob der laufende Betrieb (und
damit auch zukünftige Wirtschaftsjahre) für die
Entstehung einer Beseitigungsverpflichtung (hier: Abbruch von
baulichen Anlagen) i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d (Satz
1) EStG 2002 im wirtschaftlichen Sinne ursächlich ist, nicht
auf bereits abgelaufene Wirtschaftsjahre und den diesen zugrunde
liegenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen,
sondern auf die Verhältnisse des Bilanzstichtags abzustellen
ist. Da die Regelung nicht das einzelne Vertragsverhältnis,
sondern die wirtschaftliche Entstehung der Verpflichtung als
maßgeblich erachtet, ist es ausgeschlossen, den
vollständigen Rückstellungsausweis (allein) auf den
Umstand zu stützen, dass in der Vergangenheit ein
Nutzungsrechtsverhältnis abgelaufen ist, nach dem der
Nutzungsberechtigte (Mieter oder Pächter) zur Beseitigung der
baulichen Anlagen verpflichtet war. Vielmehr ist, wenn das
Nutzungsverhältnis - sei es durch Verlängerung des
bisherigen Vertrags, sei es durch Begründung eines neuen
Rechtsverhältnisses - (wirtschaftlich) fortgesetzt und damit
zugleich der Zeitpunkt der Erfüllung der Abbruchverpflichtung
hinausgeschoben wird, der in diesem verlängerten
Nutzungszeitraum unterhaltene laufende Betrieb des Nutzenden im
wirtschaftlichen Sinne für das Entstehen der
Abbruchverpflichtung ursächlich. Eine Durchbrechung dieser
Regelungszusammenhänge und damit eine Abkehr vom
Stichtagsprinzip hätte - woran es vorliegend nicht nur mit
Rücksicht auf die Abzinsung einer solchen Verpflichtung
gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG 2002
(insoweit zutreffend das Urteil der Vorinstanz), sondern auch im
Hinblick auf die Bestimmung des Ansammlungszeitraums nach § 6
Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d (Satz 1) EStG 2002 erkennbar fehlt - einer
ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft (gl.A.
Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 6 Rz 477; Oser, BB 2013, 114;
Hessisches FG, Urteil vom 21.9.2011 9 K 1033/06, DStRE 2013, 193 =
SIS 13 00 35, s. zu Sonderregelungen auch R 31c Abs. 13 der
Einkommensteuer-Richtlinien - EStR 2003 - ; a.A. Joisten, FR 2013,
455; Schubert in Beck Bil-Komm., a.a.O., § 253 Rz 165, m.w.N.;
vermittelnd IDW Fachnachrichten 2013, 53, 56, Rz 20: neben der
Auflösung kommt auch die Verteilung des ausstehenden Aufwands
auf zukünftige Wirtschaftsjahre in Betracht).
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c) Die hiergegen von der Klägerin sowie
im Schrifttum erhobenen Einwände rechtfertigen keine andere
Beurteilung.
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aa) Soweit die Klägerin darauf hinweist,
dass § 249 Abs. 3 Satz 2 HGB a.F. (heute: § 249 Abs. 2
Satz 2 HGB), nach der Rückstellungen nur aufzulösen sind,
soweit der Grund hierfür entfallen ist (vgl. auch R 31c Abs.
13 EStR 2003; heute: R 5.7 Abs. 13 EStR 2012), kann offenbleiben,
ob die Vorschrift nur den Rückstellungsausweis dem Grunde nach
regelt (so IDW Fachnachrichten 2013, 53, 55 f., Rz 8 und 20). Die
Vorschrift schließt - im Einklang mit der vorstehend
dargelegten Rechtsprechung des BFH - auch dann, wenn man sie auf
die Höhe der Rückstellung bezieht (vgl.
„soweit“), eine Anpassung bereits gebildeter
Rückstellungen entsprechend den geänderten
Verhältnissen an den folgenden Bilanzstichtagen nicht aus
(Schubert in Beck Bil-Komm., a.a.O., § 249 Rz 23;
Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der
Unternehmen, 6. Aufl., HGB § 253 Rz 180). Demgemäß
ist auch nicht ersichtlich, weshalb sie eine Anpassung der
Ansammlungsrückstellung gemäß § 6 Abs. 1 Nr.
3a Buchst. d EStG 2002 sperren sollte.
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bb) Nichts anderes gilt, soweit darauf
hingewiesen wird, der (Teil-)Auflösung bereits gebildeter
Rückstellungen stehe das Vorsichtsprinzip entgegen (Joisten,
FR 2013, 455). Zwar ist dieser in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB
verankerte Grundsatz auch bei der Bewertung von Verbindlichkeiten
zu beachten. Der Einwand verkennt jedoch, dass die Bewertungsregeln
des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG 2002 das Vorsichtsprinzip
spezialgesetzlich durchbrechen und nach der Rechtsprechung des BFH
in dem Gesetzesziel, die Bildung stiller Reserven zum Zwecke einer
Angleichung der für alle Steuerpflichtigen geltenden
Besteuerungsmaßstäbe zu beschränken, ein sachlich
rechtfertigender Grund für die generelle Abzinsung von
Rückstellungen zu sehen ist (BFH-Urteil in BFHE 233, 524,
BStBl II 2012, 98 = SIS 11 23 96). Demgemäß kann
für die Anpassung der Ansammlungsrückstellung nichts
anderes gelten. Abgesehen davon, dass die Ansammlungsanweisung des
§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d (Satz 1) EStG 2002 auf die
Rechtsprechung des BFH zurückgeht, liegt ihr sondergesetzlich
der ansonsten im Rahmen der Rückstellungsbewertung nicht
tragfähige Gedanke zugrunde, dass die künftigen
Aufwendungen (hier: Abbruchaufwand) nur in dem Umfang
rückstellungsfähig sind, in dem sie die bis zum
Bilanzstichtag angefallenen Umsätze fördern (Werndl in
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 6 Rz Da 30). Hiervon
ausgehend entspricht es aber dem Zweck des Gesetzes und dem diesem
zugrunde liegenden dynamischen Bilanzverständnis bei der
Bewertung der Ansammlungsrückstellung - im Einklang mit dem
Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d (Satz 1) EStG 2002
und dessen systematischer Einbindung in das Stichtagsprinzip (auch
insoweit a.A. Joisten, FR 2013, 455) - von dem am Bilanzstichtag
maßgeblichen Erfüllungszeitpunkt (hier: 30.6.2018
gemäß § 3 Abs. 1 des Mietvertrags) auszugehen und
demgemäß die gegenüber dem zuvor bestehenden
Rechtsverhältnis (hier: Pachtvertrag) verlängerte
Nutzungszeit der (abzubrechenden) Bauten in den Verteilungszeitraum
der Rückstellung mit der Folge einzubeziehen, dass der
(voraussichtlich anfallende) Abbruchaufwand auch den in diesem
verlängerten Zeitraum getätigten Umsätzen (bzw.
erwirtschafteten Erträgen) zugeordnet wird (Oser, BB 2013,
114).
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cc) Soweit zugunsten der Beibehaltung der in
den Vorjahren gebildeten Rückstellungen schließlich
geltend gemacht wird, dass auch aufwandswirksame Abschreibungen
nicht deshalb rückgängig zu machen sind, weil das
Wirtschaftsgut über die ursprünglich vorgesehene
Nutzungsdauer hinaus genutzt wird (Joisten, FR 2013, 455), ist dem
nicht weiter nachzugehen. Die Erwägung lässt bereits im
Ausgangspunkt unberücksichtigt, dass Abschreibungen, soweit
§ 7 EStG 2002 hierfür nicht feste (typisierende)
Prozentsätze vorsieht, nicht auf die vorgesehene, sondern auf
die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts
vorzunehmen sind (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 EStG 2002). Auch ist
nicht erkennbar, aus welchem Grund eine fehlerhafte Schätzung
dieses Zeitraums (zur Berichtigung siehe Schmidt/Kulosa, a.a.O.,
§ 7 Rz 104 a.E.) auf die durch eine geänderte
Nutzungsvereinbarung nach dem Stichtagsprinzip ausgelöste
Anpassung des Ansammlungszeitraums nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a
Buchst. d (Satz 1) EStG 2002 einwirken sollte.
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3. Die Sache ist nach den vorstehenden
Erläuterungen spruchreif und die Klage abzuweisen.
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