1
|
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer
veranlagt. Der Kläger war Eigentümer von Flurstücken
mit einer Gesamtgröße von ca. ... ha, die ihm im Rahmen
seines landwirtschaftlichen Betriebs dienten, davon waren ...
Flurstücke zur Gesamtgröße von ... ha im Grundbuch
von X, Blatt ..., verzeichnet. Mit notariellem
Hofübergabevertrag vom ... ...01 übertrug er den gesamten
Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seinen Sohn.
|
|
|
2
|
Der Kläger war weiterhin
Eigentümer von selbständigen Salzabbaugerechtigkeiten,
vom Grundeigentum abgespaltenen Rechten zur Aufsuchung und
Gewinnung von Salz mit grundstücksgleichem Charakter, die im
Salzabbaugrundbuch von X, Blatt ..., zur Größe von
insgesamt ... qm verzeichnet waren. Sie betrafen die im Grundbuch
verzeichneten entsprechenden Flurstücke.
|
|
|
3
|
Die Y-AG beabsichtigte, im Raum X eine
unterirdische Kaverne für die Speicherung von Erdgas zu
errichten. Mit notariell beurkundetem „Kaufvertrag über
eine Salzabbaugerechtigkeit nebst Auflassung“ vom ... 2008
veräußerte der Kläger die Salzabbaugerechtigkeiten
an die Y-AG. Im Einzelnen wurden zwischen dem Kläger
(„Verkäufer“) und der Y-AG
(„Käuferin“) u.a. folgende Vereinbarungen
geschlossen:
|
|
|
4
|
„§ 1 Vertragsgegenstand
|
5
|
(…)
|
|
Die vorstehenden Salzabbaugerechtigkeiten,
nachstehend auch der Vertragsgegenstand genannt, verkauft und
überträgt der Verkäufer an die
Käuferin.
|
|
(…)
|
|
Die Vertragsparteien sind darüber
einig, dass der durch die Aussohlung künftig entstehende
Hohlraum mit dem Erwerb der Salzabbaugerechtigkeiten endgültig
und für immer in das Eigentum der Käuferin
übergeht.
|
|
§ 2 Kaufpreis, Fälligkeit,
Anweisungen
|
|
Der Kaufpreis für den
Vertragsgegenstand beträgt ... EUR (…) pro
Quadratmeter, mithin ... EUR (…). (…)
|
|
§ 3 Mängelhaftung
|
|
(…)
|
|
Alle Ansprüche und Rechte wegen
Sachmängeln am Vertragsgegenstand werden voll umfänglich
ausgeschlossen. (…)
|
|
§ 6 Auflassung,
Grundbuchinhalt,
|
|
Grundbuchanträge
|
|
Die Erschienenen erklären folgende
Auflassung:
|
|
Wir sind darüber einig, dass die
Salzabbaugerechtigkeiten gemäß § 1 dieses Vertrages
auf die Käuferin übergehen sollen, und bewilligen und
beantragen die Eintragung dieser Eigentumsänderung in das
Salzgrundbuch von X Blatt .... (…)“
|
|
|
6
|
Der Vertrag enthält keine Bestimmung
darüber, dass die Salzabbaugerechtigkeiten an den Kläger
zurückfallen oder rückübertragen werden. Die Y-AG
zahlte den Kaufpreis im ... 2008 (Streitjahr).
|
|
|
7
|
Die Kläger behandelten die aufgrund
des Vertrages mit der Y-AG erzielten Erlöse im Streitjahr als
nicht steuerbare Vermögensumschichtung. Dagegen erfasste der
Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die
Einnahmen in Höhe von ... EUR - verteilt auf zehn Jahre - als
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und setzte die
Einkommensteuer für das Streitjahr 2008 entsprechend
fest.
|
|
|
8
|
Im Laufe des Einspruchsverfahrens wurde der
Einkommensteuerbescheid dahin geändert, dass die Einnahmen
nunmehr unter Verteilung auf einen Zeitraum von 25 Jahren
(Jahreswert ... EUR, davon 3/12 im Streitjahr) als Einkünfte
aus Vermietung und Verpachtung angesetzt wurden. Der Einspruch
blieb erfolglos.
|
|
|
9
|
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Die Veräußerung der Salzabbaugerechtigkeiten ohne
Rückfall- oder Rückkaufmöglichkeit führe nicht
zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Sie seien als
grundstücksgleiche Rechte unabhängig vom Recht am Grund
und Boden nutz- und handelbar. Sei der Berechtigte aus der
Salzabbaugerechtigkeit nicht Grundeigentümer, könne er
rechtlich kein Nutzungsrecht an dem Salzvorkommen und den
Hohlräumen an einen Dritten überlassen.
|
|
|
10
|
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ). Die Veräußerung der
Salzabbaugerechtigkeiten stelle sich nach dem Gesamtbild nicht als
einmaliger Veräußerungsvorgang auf der
Vermögensebene, sondern als Nutzungsüberlassung des
eigenen Nutzungsrechts des Klägers an dem unterirdischen
Grundstück dar. Die Nutzungsmöglichkeit der
Hohlräume stehe im Vordergrund. Zwar stellten die
Salzabbaugerechtigkeiten und das Eigentum an dem Grundstück
zwei selbständige, unabhängige Rechte dar, die auch
getrennt voneinander rechtsgeschäftlich übertragbar
seien. Deren Nutzung sei allerdings nur im Benehmen mit dem
Eigentümer des entsprechenden Grund und Bodens, dem Sohn der
Kläger, möglich. Es müsse daher davon ausgegangen
werden, dass ein Benehmen zwischen dem Kläger und seinem Sohn
vorgelegen habe. Auch der aufgrund schuldrechtlicher Abmachungen
mit dem Eigentümer des Grundstücks Berechtigte
(Kläger) könne sein Nutzungsrecht an einen Dritten (Y-AG)
ähnlich einer Untervermietung entgeltlich überlassen. Die
Y-AG habe weder zivilrechtliches noch wirtschaftliches Eigentum an
den Hohlräumen erlangt. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe bereits
mit Urteil vom 14.10.1982 IV R 19/79 (BFHE 137, 255, BStBl II 1983,
203 = SIS 83 04 14) in einem ähnlich gelagerten Fall das
Vorliegen wirtschaftlichen Eigentums untersucht. Ein solches liege
nur vor, wenn eine unwiderrufliche Bebauung des Hohlraums mit einem
massiven Bauwerk erfolge. Dies sei hier nicht gegeben.
|
|
|
11
|
Das FA beantragt sinngemäß, das
angefochtene Urteil des FG aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
|
|
|
12
|
Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
13
|
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Entscheidung des FG, die aus
dem „Kaufvertrag über eine
Salzabbaugerechtigkeit“ vom ... 2008 resultierenden
Einnahmen nicht als steuerpflichtige Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung, sondern als nicht steuerbaren
Veräußerungserlös zu beurteilen, ist im Ergebnis
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
|
|
|
14
|
1. Einkünfte gemäß § 2
Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt,
wer einem anderen zeitlich begrenzt unbewegliches Vermögen
oder Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts
über Grundstücke unterliegen, gegen Entgelt zum Gebrauch
oder zur Nutzung überlässt.
|
|
|
15
|
a) Der BFH hat in ständiger
Rechtsprechung (z.B. Urteile vom 24.11.1992 IX R 30/88, BFHE 170,
71, BStBl II 1993, 296 = SIS 93 05 24; vom 21.7.1993 IX R 9/89,
BFHE 172, 498, BStBl II 1994, 231 = SIS 94 05 21, m.w.N.) und in
Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
- BGH - (z.B. Urteile vom 7.2.1973 VIII ZR 205/71,
Wertpapier-Mitteilungen - WM - 1973, 386, MDR 1973, 386:
Sandausbeute; vom 10.11.1999 XII ZR 24/97, WM 2000, 545, MDR 2000,
202: Kiesausbeute, m.w.N.) die zeitlich begrenzte Überlassung
von Grundstücken zur Hebung der darin ruhenden
Bodenschätze (sog. Ausbeuteverträge) grundsätzlich
als Pachtverträge beurteilt und Einnahmen daraus zu den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gezählt
(BFH-Urteil in BFHE 137, 255, BStBl II 1983, 203 = SIS 83 04 14;
s.a. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4.12.2006 GrS
1/05, BFHE 216, 168, BStBl II 2007, 508 = SIS 07 13 20, unter
C.II.2.c dd; BFH-Urteile vom 21.6.2012 IV R 54/09, BFHE 238, 194,
BStBl II 2012, 692 = SIS 12 19 53, unter II.1.b; vom 24.10.2012 IX
R 6/12, BFH/NV 2013, 907 = SIS 13 13 88). Nur in besonderen
Ausnahmefällen können danach Ausbeuteverträge als
Veräußerungsvorgänge angesehen werden, wenn es sich
nämlich z.B. um einen zeitlich begrenzten Abbau und die
Lieferung einer festbegrenzten Menge an Bodensubstanz handelt (vgl.
BFH-Urteile vom 12.12.1969 VI R 197/67, BFHE 97, 542, BStBl II
1970, 210 = SIS 70 01 18; in BFHE 172, 498, BStBl II 1994, 231 =
SIS 94 05 21, und vom 6.5.2003 IX R 64/98, BFH/NV 2003, 1175 = SIS 03 37 08, m.w.N.). Ein solcher Ausnahmefall ist indes nicht
gegeben, wenn der Vertrag wesentliche
veräußerungs-atypische Elemente enthält (vgl. dazu
BFH-Urteile in BFHE 97, 542, BStBl II 1970, 210 = SIS 70 01 18; vom
27.6.1978 VIII R 12/72, BFHE 125, 528, BStBl II 1979, 38 = SIS 79 00 20; s.a. BFH-Urteil vom 26.5.1976 I R 74/73, BFHE 119, 485,
BStBl II 1976, 721 = SIS 76 04 02). Entscheidend kommt es
steuerrechtlich daher darauf an, ob sich der zu beurteilende
Sachverhalt als Überlassung zur Frucht“gewinnung“
und damit als Nutzung (s. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG:
„z.B. ... Mineralgewinnungsrecht“; dazu
Weber-Grellet, FR 2007, 515, 516 f.) darstellt oder als
Übertragung des überlassenen Gegenstands/Rechts und damit
als (außerhalb des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht
steuerbarer) Veräußerungsvorgang (BFH-Urteil in BFH/NV
2013, 907 = SIS 13 13 88).
|
|
|
16
|
b) Ob und inwieweit bei
Substanzausbeuteverträgen eine zeitlich begrenzte, unter
§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG fallende entgeltliche
Nutzungsüberlassung eines Grundstücks/teils oder von
Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts
über Grundstücke unterliegen, oder eine entgeltliche,
aber nicht steuerbare Übertragung eines Wirtschaftsguts
gegeben ist, hat das FG als Tatsacheninstanz zu beurteilen. Dabei
ist maßgebend auf den wirtschaftlichen Gehalt der
zugrundeliegenden Vereinbarung/en abzustellen, wie er sich nach dem
Gesamtbild der gestalteten Verhältnisse des Einzelfalls unter
Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien
ergibt (einhellige Auffassung; BFH-Beschlüsse vom 28.9.2010 IX
B 65/10, BFH/NV 2011, 43 = SIS 10 39 68; vom 3.1.2006 IX B 162/04,
BFH/NV 2006, 738 = SIS 06 15 17, m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung).
Die Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG, zu der auch
die Auslegung von Verträgen gehört, ist für das
Revisionsgericht grundsätzlich bindend. Die
revisionsrechtliche Überprüfung durch den BFH
beschränkt sich daher darauf, ob die vorgenommene
Würdigung unter Beachtung der gesetzlichen Auslegungsregeln
(insbesondere §§ 133, 157 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs) möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder
Erfahrungssätze verstoßen wurde (z.B. BFH-Urteile vom
11.1.2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477 = SIS 05 21 69; vom 9.12.2009 X R 41/07, BFH/NV 2010, 860 = SIS 10 11 86; in
BFH/NV 2013, 907 = SIS 13 13 88).
|
|
|
17
|
2. Diesen Grundsätzen entspricht -
entgegen der Auffassung des FA - die Vorentscheidung; sie ist daher
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
|
|
|
18
|
a) Das FG hat auf der Basis der
einschlägigen BFH-Rechtsprechung (vgl. oben unter 1.) unter
Berücksichtigung der zivilrechtlichen Besonderheiten einer
Salzabbaugerechtigkeit - sie ist weder ein Grundstück noch ein
beschränktes dingliches Recht an einem Grundstück,
sondern ein grundstücksgleiches Recht, das mit seiner
Eintragung in das Grundbuch von dem weiteren rechtlichen Schicksal
des Grundstücks unabhängig ist (BGH-Beschluss vom
13.12.2012 V ZB 49/12, Der Deutsche Rechtspfleger 2013, 260; vgl.
auch BFH-Urteil in BFHE 137, 255, BStBl II 1983, 203 = SIS 83 04 14) - die für die Annahme eines Pachtvertrages (Verpachtung)
und für die Annahme eines Kaufvertrages
(Veräußerung) sprechenden Indizien gegeneinander
abgewogen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der vorliegende
Vertrag unter Berücksichtigung der Gesamtumstände als
Veräußerungsgeschäft zu beurteilen ist. Der
Kläger habe die Salzabbaugerechtigkeiten endgültig und
unwiederbringlich an die Y-AG veräußert und dinglich
übertragen. Er habe damit sein Recht, die Salzstöcke
abzubauen und die Hohlräume zu nutzen, verloren. Da er nicht
mehr Grundeigentümer gewesen sei, habe dieses Recht nur auf
den Salzabbaugerechtigkeiten beruht. Steht danach die
endgültige Übertragung des überlassenen Rechts
(Veräußerung) und nicht die Verpachtung im Vordergrund,
ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das FG die vom
Kläger erzielten Einnahmen angesichts der überschrittenen
Haltefrist des § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
EStG als nicht steuerbaren Veräußerungserlös
einordnet (gl.A. Wüllenkemper, EFG 2013, 1761, 1762).
|
|
|
19
|
Diese Würdigung ist möglich und in
sich schlüssig, sie verstößt auch nicht gegen
Denkgesetze oder Erfahrungssätze oder gesetzliche
Auslegungsregeln. Der BFH ist daher an diese zu den
tatsächlichen Feststellungen gehörende
Gesamtwürdigung des FG gebunden (vgl. § 118 Abs. 2
FGO).
|
|
|
20
|
b) Mit dieser Entscheidung setzt sich der
Senat nicht in Widerspruch zum BFH-Urteil in BFHE 137, 255, BStBl
II 1983, 203 = SIS 83 04 14, da die zugrundeliegenden Sachverhalte
nicht vergleichbar sind. In der damaligen Entscheidung hat der BFH
angegeben, dass in dem maßgebenden Übertragungsvertrag
die Möglichkeit, die Salzabbaugerechtigkeiten an den
Grundeigentümer zurück zu übertragen, vorgesehen
war. Im Streitfall erfolgte dagegen die Übertragung der
Salzabbaugerechtigkeiten an die Y-AG unwiederbringlich. Der Vertrag
enthält keine Bestimmung darüber, dass sie an den
Kläger zurückfallen oder rückübertragen werden.
Überdies war er bei Veräußerung der
Salzabbaugerechtigkeiten nicht mehr Grundeigentümer.
|