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A. Die Klägerin,
Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist
die Mutter von D, geboren am 2.4.1985, und von J, geboren am
7.2.1992. Seit sie sich vom Vater der Kinder getrennt hatte, erzog
sie ihre Söhne allein. Die Familie lebte in Deutschland.
Für ihre Kinder bezog die Klägerin laufend Kindergeld
nach dem Einkommensteuergesetz (EStG).
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Im April 2003 nahm die Klägerin eine
Erwerbstätigkeit in den Niederlanden auf. Als die Beklagte,
Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) im Mai
2005 hiervon erfuhr, hob sie u.a. die Kindergeldfestsetzung
für J ab Juli 2003 auf und forderte das für den
Streitzeitraum Juli 2003 bis April 2005 ausgezahlte Kindergeld
zurück. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde von der
Familienkasse zurückgewiesen. Ihre Klage vor dem Finanzgericht
(FG) hatte dagegen teilweise Erfolg. Das FG ging davon aus, dass
wegen der Erwerbstätigkeit der Klägerin in den
Niederlanden grundsätzlich das Recht dieses Staates anzuwenden
sei. Die Anwendung deutschen Rechts sei, wie der Gerichtshof der
Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Bosmann judiziert
habe (EuGH-Urteil vom 20.5.2008 C-352/06, Bosmann, Slg. 2008,
I-3827 = SIS 08 27 55), deswegen aber nicht stets ausgeschlossen.
Im Ergebnis ruhe der deutsche Kindergeldanspruch in Höhe des
Anspruchs auf niederländische Familienleistungen. Deshalb habe
sie für alle Monate des Streitzeitraumes Anspruch auf die
monatliche Differenz in Höhe von 69,90 EUR.
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Die Klägerin rügt mit ihrer
Revision, dass das FG ihren Anspruch auf das volle Kindergeld
für den Zeitraum ab Beginn ihrer Beschäftigung in den
Niederlanden zu Unrecht verneint und sie insoweit zur
Rückzahlung verpflichtet habe. Denn am Anfang ihrer
Beschäftigung habe sie noch gar keine Leistungen in den
Niederlanden erhalten. Sie müsse im Hinblick auf J nicht mehr
an Kindergeld zurückzahlen, als sie tatsächlich an
Familienbeihilfe aus den Niederlanden erhalten habe. Aus dem
Bosmann-Urteil sei zu folgern, dass sie als Wanderarbeitnehmerin
nicht schlechter gestellt werden dürfe, als sie stehen
würde, wenn sie in Deutschland gearbeitet hätte. Eine
solche Schlechterstellung würde sich aber ergeben, wenn sie
auf das niedrigere niederländische Kindergeld verwiesen
würde. Dieses werde quartalsweise in Höhe eines Betrages
von 252,31 EUR ausgezahlt. Im Streitzeitraum habe sie nur im
dritten und vierten Quartal 2004 und im ersten und zweiten Quartal
2005 niederländische Leistungen in Höhe von insgesamt
1.009,24 EUR bezogen. Mehr als dieser Betrag könne nicht
zurückgefordert werden. Sie habe anfangs nicht gewusst, dass
ihr Leistungen in den Niederlanden zugestanden hätten,
deswegen dort zunächst keinen Antrag gestellt und daher
faktisch von April 2003 bis zum Beginn des dritten Quartals 2004
keine Familienbeihilfe in den Niederlanden erhalten. Eine
Doppelzahlung liege für diesen Zeitraum somit nicht vor. Sie
sei insofern auch nicht bereichert. Außerdem müsse ihr
dahingehendes Vertrauen, dass sie als in Deutschland wohnende
deutsche Staatsbürgerin trotz ihrer vorübergehenden
Beschäftigung in den Niederlanden in Bezug auf das deutsche
Kindergeld anspruchsberechtigt sei, geschützt werden.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, 1. das FG-Urteil unter weiter gehender
Änderung des Aufhebungsbescheids vom 15.7.2005 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 8.2.2006 dahingehend abzuändern,
dass für die Monate Juli 2003 bis Juni 2004 Kindergeld
für J in Höhe von monatlich 154 EUR festzusetzen ist. 2.
die Revision der Familienkasse zurückzuweisen.
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Die Familienkasse beantragt, 1. das
FG-Urteil, soweit es das Kind J betrifft, aufzuheben und die Klage
insoweit abzuweisen, 2. die Revision der Klägerin
zurückzuweisen.
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Die Familienkasse rügt eine
unzutreffende Auslegung des § 65 EStG. Bei dieser Vorschrift
handele es sich um einen nationalen Ausschlusstatbestand, der der
Festsetzung von Differenzkindergeld entgegenstehe. Sie, die
Familienkasse, lasse sich von den Erwägungsgründen Nr. 8
und 9 zur Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.6.1971
über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf
Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren
Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und
abwandern (VO Nr. 1408/71), in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr.
118/97 des Rates vom 2.12.1996 geänderten und aktualisierten
Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.4.2005, leiten,
wonach das System der sozialen Sicherheit nur eines
Mitgliedstaates gelten solle. Diese Sichtweise werde auch durch
Ausführungen des EuGH im Urteil Bosmann gestützt. Der
EuGH ermögliche in der Rechtssache Bosmann nur eine
theoretische Kumulierung von Leistungsansprüchen. Er erlaube
eine Kumulierung nur für den Fall, dass bei zwei
Ansprüchen „der Anspruch des Beschäftigungslandes
keine Leistungen zeitigen“ dürfe. In einem solchen Fall
werde statt des Rechts des Beschäftigungsstaates das
Recht des Wohnmitgliedstaates angewandt. Unter diesen
Überlegungen der ausschließlichen Zuständigkeit
eines Staates könne § 65 EStG nur so gewürdigt
werden, dass er als nationaler Ausschlusstatbestand im Hinblick auf
einen Anspruch auf Differenzkindergeld anzusehen sei. Das
Bosmann-Urteil sei in keinen seiner Überlegungen im Streitfall
anwendbar. Denn vorliegend würden für das Kind J in den
Niederlanden Familienleistungen erbracht. Frau Bosmann habe dagegen
wegen des Alters ihres Kindes keinen derartigen Anspruch gehabt.
Schließlich sei für den Zeitraum bis zum Beginn der
Zahlung der niederländischen Familienleistungen im dritten
Quartal 2004 kein deutsches Kindergeld zu gewähren. Wäre
sie, die Familienkasse, zur Gewährung verpflichtet, so liefe
dies auf die Anerkennung eines von der VO Nr. 1408/71 nicht
vorgesehenen Wahlrechts hinaus.
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Die Beteiligten haben auf eine
mündliche Verhandlung verzichtet.
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B. Die Revisionen der Familienkasse und der
Klägerin sind begründet. Sie führen zur Aufhebung
des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -
), soweit das Kindergeld für das Kind J betroffen ist.
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I. Die Familienkasse
Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit ist
aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der
Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18.4.2013
gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des
Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur
für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 2.2 der Anlage 2)
im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung
der Agentur für Arbeit Coesfeld - Familienkasse - eingetreten
(s. dazu Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3.3.2011 V B
17/10, BFH/NV 2011, 1105 = SIS 11 18 86, unter II.A.).
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II. Zur Revision der Familienkasse
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1. Über die Revision der Familienkasse
ist sachlich zu entscheiden. Die Revision wurde zwar
zurückgenommen, die Klägerin hat in die Rücknahme
des Rechtsmittels aber nicht eingewilligt. Da die Beteiligten
bereits auf die mündliche Verhandlung verzichtet hatten,
bedurfte die Rücknahme der Revision aber einer solchen
Einwilligung (§ 125 Abs. 1 Satz 2 FGO).
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2. Das FG hat angenommen, dass ein etwaiger
Anspruch der Klägerin auf (Differenz-)Kindergeld für J
nicht an § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG scheitert. Diese
rechtliche Folgerung ist nicht durch ausreichende tatsächliche
Feststellungen getragen und daher fehlerhaft. Erst wenn die
Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachgeholt sind, wird die
Prüfung möglich sein, ob § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangt oder durch
gemeinschaftsrechtliche Vorschriften verdrängt wird.
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Die Klägerin erfüllt, was zwischen
den Beteiligten nicht streitig ist, für J die
Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1
EStG. Das FG ist im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon
ausgegangen, dass § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, der die
Anrechnung von im Ausland gewährten, dem Kindergeld
vergleichbaren Leistungen regelt, durch Art. 10 Abs. 1 Buchst. a
der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21.3.1972 über
die Durchführung der VO Nr. 1408/71 (VO Nr. 574/72)
verdrängt werden kann. Dies setzt allerdings voraus, dass die
Klägerin überhaupt in den persönlichen
Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 fällt.
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Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile
vom 4.8.2011 III R 55/08, BFHE 234, 316 = SIS 11 37 20; vom
19.4.2012 III R 87/09, BFHE 237, 150 = SIS 12 17 03; vom 5.7.2012
III R 76/10, BFHE 238, 87 = SIS 12 22 10) ist in einem ersten
Schritt zu prüfen, ob der persönliche Geltungsbereich der
VO Nr. 1408/71 eröffnet ist. Hierfür ist erforderlich,
aber auch ausreichend, dass eine Person nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m.
Art. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 in irgendeinem der von ihrem
sachlichen Geltungsbereich erfassten Zweige der sozialen Sicherheit
in irgendeinem Mitgliedstaat der EU versichert ist (zur
Prüfung im Einzelnen s. BFH-Urteile in BFHE 234, 316 = SIS 11 37 20; in BFHE 237, 150 = SIS 12 17 03; in BFHE 238, 87 = SIS 12 22 10).
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Ist der persönliche Geltungsbereich der
VO Nr. 1408/71 nicht eröffnet, dann richtet sich die
Kindergeldberechtigung nach §§ 62 ff. EStG und die
Anspruchskonkurrenz zwischen dem deutschen Kindergeldanspruch und
der ausländischen Familienleistung ist nach § 65 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 EStG zu lösen.
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Das FG hat lediglich die Feststellung
getroffen, dass die Klägerin in den Niederlanden eine
Erwerbstätigkeit aufgenommen hat. Dies genügt nicht
für die Prüfung, ob der persönliche Geltungsbereich
eröffnet wird, weil es hierfür maßgeblich auf den
genauen Versichertenstatus ankommt.
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3. Sollte sich im zweiten Rechtsgang
herausstellen, dass die Klägerin dem persönlichen
Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 unterfällt und sie, was
anhand der Senatsrechtsprechung (BFH-Urteile in BFHE 234, 316 = SIS 11 37 20; in BFHE 237, 150 = SIS 12 17 03; in BFHE 238, 87 = SIS 12 22 10) im Einzelnen zu prüfen wäre, außerdem wegen
einer abhängigen Beschäftigung in den Niederlanden
gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 den
Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats unterliegt, dann wird das
FG Folgendes zu beachten haben:
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a) Obgleich Deutschland in diesem Fall im
Hinblick auf die Gewährung der Familienleistungen an sich der
unzuständige Staat wäre, würde der sich aus §
62 Abs. 1 Nr. 1 EStG ergebende Kindergeldanspruch nicht
ausgeschlossen sein. Denn die Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71
entfalten keine Sperrwirkung für die Anwendung des Rechts des
nicht zuständigen Mitgliedstaats, so dass sich die
Anspruchsberechtigung auch bei Personen und bei Leistungen, die dem
persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der VO Nr.
1408/71 unterliegen, allein nach den Bestimmungen des deutschen
Rechts richtet. Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf
sein Urteil vom 16.5.2013 III R 8/11 = SIS 13 22 91 (zur amtlichen
Veröffentlichung bestimmt).
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b) Der Zahlung von (Differenz-)Kindergeld
für J stünde in diesem Fall auch § 65 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 EStG nicht entgegen. Denn die Konkurrenz zwischen dem
niederländischen und dem deutschen Anspruch würde nicht
durch diese Vorschrift, sondern durch Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der
VO Nr. 574/72 aufgelöst.
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Diese Norm ist in einer solchen Konstellation
schon nach ihrem Wortlaut anwendbar. Nach Auffassung des Senats
sind die gemeinschaftsrechtlichen Antikumulierungsvorschriften
(Art. 76 der VO Nr. 1408/71 und Art. 10 Abs. 1 der VO Nr. 574/72)
gegenüber § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
grundsätzlich vorrangig. Die Auflösung der Konkurrenz
zwischen den Kindergeldansprüchen richtet sich nur dann nach
§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, wenn entweder der
persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 nicht
eröffnet ist (s. oben unter Ziffer B.II.2. der Gründe
dieses Urteils) oder - bei Eröffnung des persönlichen
Anwendungsbereichs - Deutschland der nicht zuständige Staat
ist und zudem die gemeinschaftsrechtlichen
Antikumulierungsvorschriften nicht einschlägig sind, weil der
Beschäftigungsmitgliedstaat, der nach Art. 13 ff. der VO Nr.
1408/71 als zuständiger Staat bestimmt ist, und der
Wohnmitgliedstaat der Kinder identisch sind (vgl. EuGH-Urteil vom
12.6.2012 C-611/10, Hudzinski, Zeitschrift für
europäisches Sozial- und Arbeitsrecht - ZESAR - 2012, 475,
unter Rdnrn. 73 ff.; vgl. die Überschrift zu Art. 76 der VO
Nr. 1408/71). Sollte im Streitfall der persönliche
Geltungsbereich eröffnet und die Niederlande gemäß
Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 der zuständige Staat sein, dann
würden der Beschäftigungsmitgliedstaat, dessen
Rechtsvorschriften als anwendbar bestimmt wurden (Niederlande), und
der Wohnmitgliedstaat des Kindes (Deutschland)
auseinanderfallen.
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c) Mit dem von Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO
Nr. 574/72 angeordneten anteiligen Ruhen des deutschen
Kindergeldanspruchs wäre die Anspruchskumulation beseitigt.
Die Norm erlaubt es hingegen nicht, einen weiter gehenden deutschen
Kindergeldanspruch auszuschließen (vgl. EuGH-Urteil vom
4.7.1985 C-104/84, Kromhout, Slg. 1985, 2205), so dass der
Klägerin dem Grunde nach deutsches Differenzkindergeld
zustünde.
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III. Zur Revision der Klägerin
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Ob die Klägerin für diejenigen
Monate des Streitzeitraumes, in denen sie mangels Antragstellung
keine niederländischen Familienleistungen bezogen hat, einen
Anspruch auf das volle deutsche Kindergeld hat, kann aufgrund
fehlender tatsächlicher Feststellungen des FG zum
persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 nicht
abschließend beurteilt werden.
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1. Sollte der persönliche Geltungsbereich
eröffnet und das niederländische Recht als anwendbar
bestimmt sein, dann würde nach den unter Ziffer B.II.3. der
Gründe dieses Urteils gemachten Ausführungen zur
Auflösung der Anspruchskonkurrenz zwischen dem
niederländischen und dem deutschen Anspruch Art. 10 Abs. 1
Buchst. a der VO Nr. 574/72 heranzuziehen sein. Zu dieser
Vorschrift hat der EuGH entschieden, dass der im Wohnmitgliedstaat
der Kinder bestehende Anspruch nicht teilweise ausgesetzt werden
darf, wenn zwar ein Anspruch auf Familienleistungen im
Beschäftigungsmitgliedstaat besteht, die Familienleistungen
dort faktisch aber nicht bezogen werden, weil kein entsprechender
Antrag gestellt wurde (EuGH-Urteil vom 14.10.2010 C-16/09 = SIS 10 33 42, Schwemmer, ZESAR 2011, 86, Rdnr. 55). Dass in dem dort
entschiedenen Fall der andere Elternteil im
Beschäftigungsmitgliedstaat den Antrag nicht gestellt hatte,
im Streitfall die Klägerin aber selbst die Antragstellung
versäumt haben dürfte, wäre nach Auffassung des
Senats nicht rechtserheblich. Denn der EuGH hat in der Rechtssache
Schwemmer in abstrakter Weise ausgeführt, dass das Ruhen des
deutschen Kindergeldanspruchs nur in Betracht kommt, wenn alle im
Beschäftigungsmitgliedstaat aufgestellten Voraussetzungen
für den tatsächlichen Leistungsbezug,
einschließlich einer vorherigen Antragstellung, erfüllt
sind.
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2. Sollte der persönliche Geltungsbereich
der VO Nr. 1408/71 nicht eröffnet sein, wäre die
Anspruchskumulation nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
aufzulösen. Schon das bloße Bestehen eines Anspruchs auf
niederländische Familienleistungen würde dann zum
Ausschluss des deutschen Kindergeldes führen. Die Folgen einer
unterbliebenen Antragstellung hätte die Klägerin zu
tragen.
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