1
|
I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Eheleute. Sie wurden im Streitjahr 2006 zusammen
zur Einkommensteuer veranlagt. Beide waren privat
krankenversichert. Der Arbeitgeber des Klägers zahlte diesem
einen Zuschuss zu seinen Krankenversicherungsbeiträgen. Bei
der Berechnung dieses Zuschusses wurden die Beiträge, die
für Familienangehörige zu leisten waren,
einbezogen.
|
|
|
2
|
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) berücksichtigte in dem angefochtenen
Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr im Rahmen der
übrigen Vorsorgeaufwendungen der Kläger i.S. des §
10 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des
Alterseinkünftegesetzes vom 5.7.2004 (BGBl I 2004, 1427, BStBl
I 2004, 554, im Weiteren: EStG a.F.), die auch ihre
Krankenversicherungsbeiträge umfassten, nur den
Höchstbetrag in Höhe von 3.000 EUR (2 x 1.500 EUR)
gemäß § 10 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG
a.F.
|
|
|
3
|
Im Einspruchsverfahren beantragten die
Kläger, bei der Klägerin den Höchstbetrag i.S. des
§ 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG a.F. i.V.m. § 10 Abs. 4 Sätze
1 und 3 EStG a.F. von 2.400 EUR zu berücksichtigen, da diese
für ihren Krankenversicherungsschutz keinen Anspruch auf den
Zuschuss eines Arbeitgebers habe. Der Zuschuss, den der Arbeitgeber
des Klägers an diesen leiste, betreffe ihren
Krankenversicherungsschutz nicht. Dies lehnte das FA ab. Die Klage
wurde vom Finanzgericht (FG) mit dem in DStRE 2010, 220
veröffentlichten Urteil abgewiesen.
|
|
|
4
|
Mit ihrer Revision rügen die
Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Aufgrund der
getrennten Betrachtung der Steuerpflichtigen in § 10 Abs. 4
EStG a.F. sei auf den Rechtsanspruch des einzelnen
Steuerpflichtigen abzustellen. Hinsichtlich der Voraussetzungen des
§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Sozialgesetzbuchs Fünftes
Buch (SGB V) fehle es bislang an Feststellungen des FG zum
sozialversicherungsrechtlich relevanten Einkommen nach § 16
des Sozialgesetzbuchs Viertes Buch. Es sei lediglich eine abstrakte
Einbeziehung der Klägerin in einen Familienbeitrag erfolgt.
§ 10 Abs. 4 EStG a.F. verlange aber die konkrete Einbeziehung
der Klägerin in die Leistungen des Arbeitgebers.
|
|
|
5
|
Auch müsse eine Ungleichbehandlung
gegenüber beihilfeberechtigten Ehegatten von Beamten vermieden
werden, denen die Finanzverwaltung den Höchstbetrag nach
§ 10 Abs. 4 Satz 1 EStG a.F. gewähre. Die Regelung
für Ehegatten von Angestellten sei deshalb dahingehend
auszulegen, dass ein Anspruch auf den großen
Höchstbetrag nur ausgeschlossen sei, wenn ein eigener
Rechtsanspruch auf Zuschüsse zu Beiträgen zur
Krankenversicherung bestehe.
|
|
|
6
|
Die Kläger beantragen, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuerfestsetzung
2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.1.2008 dahingehend
zu ändern, dass weitere Aufwendungen von 900 EUR für die
Krankenversicherung der Klägerin als Sonderausgaben
berücksichtigt werden.
|
|
|
7
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
8
|
II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
|
|
|
9
|
Zu Recht hat das FG entschieden, dass auch
für die im Streitjahr entrichteten Beiträge zur
Krankenversicherung der Klägerin nur der ermäßigte
Höchstbetrag gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG
a.F. zum Tragen kommt, da der Arbeitgeber des Klägers
Leistungen gemäß § 3 Nr. 62 EStG erbracht hatte
(dazu unten 1.). Die Regelungen des § 10 Abs. 4 Sätze 2
und 3 EStG a.F. sind verfassungsgemäß (unten 2.).
|
|
|
10
|
1. Zu Recht hat das FG entschieden, dass auch
für die Klägerin lediglich der Höchstbetrag in
Höhe von 1.500 EUR gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2
EStG a.F. zu berücksichtigen ist.
|
|
|
11
|
a) Gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1
EStG a.F. können Vorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs.
1 Nr. 3 EStG a.F. je Kalenderjahr bis 2.400 EUR abgezogen werden
(seit Veranlagungszeitraum 2010: 2.800 EUR). Nach Satz 2 der
genannten Vorschrift beträgt der Höchstbetrag lediglich
1.500 EUR (seit Veranlagungszeitraum 2010: 1.900 EUR) bei
Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen
einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder
Übernahme von Krankheitskosten haben oder - dies ist hier der
Fall - für deren Krankenversicherung Leistungen i.S. des
§ 3 Nr. 62 oder § 3 Nr. 14 EStG erbracht werden. Bei
zusammen veranlagten Ehegatten - wie hier - bestimmt sich der
gemeinsame Höchstbetrag aus der Summe der jedem Ehegatten
unter den Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 zustehenden
Höchstbeträge (§ 10 Abs. 4 Satz 3 EStG a.F.).
|
|
|
12
|
b) Die Klägerin genoss eigenen
Krankenversicherungsschutz i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG
a.F., wobei es aufgrund der Unterhaltspflicht des Klägers
gegenüber der Klägerin und der hier vorliegenden
Zusammenveranlagung der Eheleute gemäß § 26b EStG
unerheblich ist, ob sie den Aufwand für diesen
Krankenversicherungsschutz aus eigenen Mitteln bestritt oder nicht
(vgl. bereits Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24.1.1958 VI
9/56 S, BFHE 66, 197, BStBl III 1958, 77 = SIS 58 00 46; Kulosa in
Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 10 EStG Rz 36, m.w.N.).
|
|
|
13
|
c) Dieser Krankenversicherungsschutz war, dies
steht aufgrund der Feststellungen des FG fest, auch Bestandteil der
Berechnung des gemäß § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien
Zuschusses des Arbeitgebers.
|
|
|
14
|
aa) § 3 Nr. 62 EStG stellt die Ausgaben
des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers
steuerfrei, soweit der Arbeitgeber dazu (unter anderem) nach
sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften verpflichtet ist. Diese
Zukunftssicherungsleistungen sind Ausgaben, die der Arbeitgeber
leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahestehende Personen
für den Fall u.a. der Krankheit abzusichern, soweit der
Arbeitnehmer die Ansprüche selbst gegen den Versicherer
geltend machen kann (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 der
Lohnsteuer-Durchführungsverordnung; BFH-Urteil vom 16.10.2002
XI R 75/00, BFHE 200, 548, BStBl II 2003, 288 = SIS 03 16 81).
|
|
|
15
|
bb) Dass der Arbeitgeber des Klägers
gegenüber dem Kläger selbst gemäß § 257
Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V zur Erbringung entsprechender
Leistungen verpflichtet war, steht im Streitfall nach den im Urteil
getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG fest.
|
|
|
16
|
cc) Auch für die Klägerin erhielt
der Kläger zu Recht einen Beitragszuschuss gemäß
§ 257 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V, da sie selbst nicht
erwerbstätig war und kein Einkommen erzielte, das nach §
10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V zum Ausschluss der
Familienversicherung geführt hätte. Der hiervon
abweichende Vortrag der Kläger - erstmalig in der
Revisionsbegründung vom 4.11.2009, unter IV.2. ausgeführt
- ist im vorliegenden Revisionsverfahren unbeachtlich. Er
widerspricht zudem den Feststellungen des FG.
|
|
|
17
|
d) Der an den Kläger gezahlte Anteil des
Zuschusses gemäß § 3 Nr. 62 EStG, der auf die
Klägerin entfiel, ist für sie gemäß § 10
Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. erbracht worden, so dass auch ihr nur der
Höchstbetrag von 1.500 EUR zusteht.
|
|
|
18
|
aa) Ausgehend von dem Wortlaut des § 10
Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. ist es in der hier relevanten zweiten
Alternative ausreichend, dass die Leistungen i.S. des § 3 Nr.
62 EStG für die Krankenversicherung des Steuerpflichtigen
erbracht worden sind. Nicht entscheidend ist demnach, ob ein
solcher Zuschuss nach § 3 Nr. 62 EStG an den Steuerpflichtigen
selbst gezahlt wird, der - wie im vorliegenden Fall - mangels
Beschäftigungseigenschaft auch keinen eigenen Anspruch auf
Zahlung aus § 257 Abs. 2 Satz 1 SGB V haben kann. Insoweit
folgt die Relevanz mittelbarer Zahlungen bereits aus dem
Gesetzeswortlaut. Leistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG werden
daher auch dann für einen Steuerpflichtigen
„erbracht“, wenn sie lediglich darauf beruhen,
dass die für den Ehegatten eines Arbeitnehmers zu leistenden
Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung die
Bemessungsgrundlage des vom Arbeitgeber zu zahlenden
Beitragszuschusses erhöhen.
|
|
|
19
|
bb) Dem entspricht der Normzweck des § 10
Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. Sinn und Zweck der Reduzierung des
Höchstbetrages in dieser Vorschrift ist es, der Entlastung des
Steuerpflichtigen durch Dritte bei der Krankenvorsorge typisierend
Rechnung zu tragen (so auch HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 388).
|
|
|
20
|
In beiden Alternativen des § 10 Abs. 4
Satz 2 EStG a.F. hat der Steuerpflichtige die Vorsorgeaufwendungen
i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG a.F. nicht in voller Höhe
selbst zu tragen. Dies ergibt sich in der ersten Alternative
dadurch, dass die Krankheitskosten entweder gar nicht oder nur zum
Teil beim Steuerpflichtigen anfallen. In diesem Fall ist deshalb
nur ein reduzierter, ergänzender Krankenversicherungsschutz
nötig – typischerweise etwa im Fall von
Beihilfeleistungen des öffentlichen Dienstes. In der zweiten
Alternative werden von Dritten steuerfreie Leistungen, entweder als
Zuschuss zum Krankenversicherungsschutz bei Rentnern (§ 3 Nr.
14 EStG) oder als Zuschuss u.a. zum Krankenversicherungsschutz von
Arbeitnehmern (§ 3 Nr. 62 EStG) geleistet. Gerade letzterer
Zuschuss, basierend auf § 257 SGB V, will eine Hilfe bei der
Verschaffung eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes nicht
nur für den Beschäftigten, sondern auch für seine
Angehörigen sein (so schon Bundessozialgericht - BSG -, Urteil
vom 1.6.1977 3 RK 2/77, Sozialrecht - SozR - 2200 § 405 Nr.
6). Wirtschaftlich soll der Arbeitgeber in gleicher Art und Weise
an den Krankenversicherungsbeiträgen eines privat versicherten
Arbeitnehmers beteiligt werden, wie dies bei einem
pflichtversicherten Arbeitnehmer der Fall wäre (BSG-Urteil vom
10.3.1994 12 RK 37/93, SozR 3-2500 § 257 Nr. 4). Einer solchen
Hilfe bedarf es deshalb immer dann nicht, wenn die Angehörigen
aufgrund gesetzlicher Vorschriften familienversichert sind (so
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.1.2003 9 AZR 695/01, BAGE 104,
289). Erfolgt deshalb eine Einbeziehung des Angehörigen in die
Berechnung dieses Zuschusses nach § 257 SGB V, sind die
Krankenversicherungsbeiträge wirtschaftlich betrachtet
zumindest nicht mehr in voller Höhe von diesem
Angehörigen - dem hier zu betrachtenden Steuerpflichtigen - zu
leisten.
|
|
|
21
|
Unerheblich ist, ob diese Reduzierung der
Beitragslast an den Angehörigen weitergegeben wird oder nicht.
Denn so wie es bei zusammen veranlagten Eheleuten keine Rolle
spielt, ob dieser Krankenversicherungsschutz aus eigenen Mitteln
bestritten wird oder nicht (vgl. oben II.1.b), so ist auch
unerheblich, in wessen Vermögen der Beitragszuschuss
fließt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in
§ 10 Abs. 4 Satz 3 EStG a.F. bei zusammen veranlagten
Ehegatten die Art und Weise der Berechnung des gemeinsamen
Höchstbetrages getrennt erfolgt und nicht durch schlichte
Verdoppelung des Höchstbetrages eines der Eheleute.
|
|
|
22
|
cc) Aus der für beihilfeberechtigte
Angehörige geltenden Handhabung der Ermittlung des
Höchstbetrages kann zugunsten der Kläger nichts
hergeleitet werden. Denn auch beihilfeberechtigten Angehörigen
von Beamten steht - entgegen der Ansicht etwa der
Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt (Verfügung vom 28.3.2008 S
2221 A-78-St 218, ESt-Kartei HE § 10 EStG Fach 1 Karte 7) -
nur der reduzierte Höchstbetrag i.S. des § 10 Abs. 4 Satz
2 Halbsatz 2 EStG a.F. zu.
|
|
|
23
|
(1) Ehegatten zählen wie Kinder zu den
Personen, für die der Beihilfeberechtigte einen Anspruch auf
Gewährung von Beihilfe hat (vgl. nur Schadewitz/Röhrig,
Beihilfevorschriften, Kommentar, Teil B, § 4 BBhV Rz 1 unter
Hinweis auch auf die Vorgängervorschrift des § 3 der
Beihilfeverordnung - BhV - ). Dieser Beihilfeanspruch ist
allerdings sowohl in § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BhV als auch
heute in § 4 Abs. 1 Satz 1 der Bundesbeihilfeverordnung
abhängig von Einkommensgrenzen dieser Ehegatten. Sie
umschreiben die Unterhaltspflicht des Beamten gegenüber seinem
unterhaltsbedürftigen Ehegatten. Der Beihilfeanspruch besteht
danach bei Unterhaltsbedürftigkeit des Ehegatten eines
Beihilfeberechtigten wegen zu geringen Einkommens (vgl.
Bundesverwaltungsgericht, Vorlage an den Gerichtshof der
Europäischen Union vom 28.10.2010 2 C 23/09, Dokumentarische
Berichte aus dem BVerwG 2011, 89). Für den Ehegatten des
Beihilfeberechtigten ergibt sich aus der Unterhaltspflicht des
Beamten eine Fürsorgepflicht des Dienstherrn für dessen
Familie und damit auch für den Ehegatten (so wohl auch:
Schadewitz/Röhrig, a.a.O., § 4 BBhV Rz 2 unter Hinweis
auf § 79 des Bundesbeamtengesetzes). Insoweit ist die
Situation des nach Beihilferecht berücksichtigungsfähigen
Ehegatten mit derjenigen eines in der gesetzlichen
Krankenversicherung mitversicherten Ehegatten vergleichbar.
|
|
|
24
|
(2) Daraus folgt, dass auch für den
beihilferechtlich berücksichtigungsfähigen Ehegatten nur
der reduzierte Höchstbetrag aus § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG
a.F. zum Tragen kommen kann.
|
|
|
25
|
So hat schon nach dem Wortlaut des § 10
Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 EStG a.F. der Steuerpflichtige - hier der
Ehegatte des beihilfeberechtigten Beamten - einen
„Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung
oder Übernahme von Krankheitskosten“. Ein solcher
besteht aufgrund der dargestellten Unterhaltspflicht des
beihilfeberechtigten Ehegatten - wenn auch nur mittelbar - aufgrund
der Berücksichtigungsfähigkeit bei der Beihilfe des
Beamten. Denn auslösender Faktor für den Beihilfeanspruch
ist das Entstehen von Krankheitskosten.
|
|
|
26
|
Ausgehend vom unter II.1.d bb dargestellten
Normzweck des § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. will auch der erste
Halbsatz dieser Vorschrift der Entlastung des Steuerpflichtigen
durch Dritte bei der Krankenvorsorge typisierend Rechnung tragen.
Im Fall eines berücksichtigungsfähigen Angehörigen
von beihilfefähigen Beamten trägt der Dienstherr ebenso
ganz oder zum Teil wirtschaftlich die Krankheitsaufwendungen. Die
Einbeziehung der Ehegatten in das Beihilfesystem führt deshalb
dazu, dass diese Angehörigen ihre Krankenaufwendungen nicht
mehr in voller Höhe zu tragen haben. Unerheblich muss dabei
sein, ob die Zahlungen für diese Aufwendungen an den Ehegatten
selbst oder den Beamten erfolgen.
|
|
|
27
|
dd) Dieser Auslegung entspricht auch die
Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Die in § 10 Abs. 4 EStG
a.F. geschaffene Regelung sollte durch die unterschiedlichen
Höchstbeträge berücksichtigen, dass in bestimmten
Fällen Steuerpflichtige Aufwendungen zu einer
Krankenversicherung in vollem Umfang allein tragen müssen und
in anderen Fällen der Arbeitgeber Beiträge zur
gesetzlichen Krankenversicherung zahlt oder z.B. bei Beamten ein
Anspruch auf Beihilfe besteht (BTDrucks 15/2150, 35, zu § 10
Abs. 3 Nr. 2 des Entwurfs). Auch der Gesetzgeber machte somit
deutlich, dass er nur dann, wenn die Aufwendungen vom
Steuerpflichtigen allein getragen werden, den Höchstbetrag in
Höhe von 2.400 EUR gewähren will. Dies ist bei der
Klägerin aus den dargestellten Gründen gerade nicht der
Fall.
|
|
|
28
|
ee) Zu Recht geht das FG auch davon aus, dass
es ohne Bedeutung ist, ob der Arbeitgeberzuschuss wegen der
Begrenzung auf den durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz der
gesetzlichen Krankenkassen gemäß § 257 Abs. 2 Satz
2 Halbsatz 1 SGB V wie im Streitfall bereits zugunsten von
Versicherungsbeiträgen des Arbeitnehmers und anderer
Angehöriger, insbesondere der insoweit zu
berücksichtigenden Kinder, ganz oder teilweise aufgezehrt
wird. § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. ist als typisierende
Regelung (so HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 388, ebenso Fischer in
juris PraxisReport Steuerrecht 9/2010, Anm. 2, unter B.4.a) zu
verstehen, die eine konkrete Ermittlung der Höhe der
übernommenen Krankenversicherungsbeiträge vermeiden soll.
§ 10 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. umschreibt deshalb mit dem
Rückgriff auf das Wort „erbracht“ den
betroffenen - hier von § 3 Nr. 62 EStG i.V.m. § 257 Abs.
2 Satz 1 SGB V eingegrenzten - Personenkreis, für den die
Kürzung gelten soll. Der Gesetzgeber knüpft ersichtlich
an die bis zum Jahr 2004 geltende Regelung über die
Kürzung des Vorwegabzugs gemäß § 10 Abs. 3 Nr.
2 EStG a.F. an (so auch Senatsentscheidung vom 18.11.2009 X R 6/08,
BFHE 227, 137, BStBl II 2010, 282 = SIS 10 00 40, dort unter
B.II.2.a). Auch in diesem Fall diente die Bezugnahme auf § 3
Nr. 62 EStG der Umschreibung des Personenkreises (vgl. BFH-Urteil
in BFHE 200, 548, BStBl II 2003, 288 = SIS 03 16 81, unter
II.A.2.b).
|
|
|
29
|
ff) Zutreffend hat das FG im Streitfall bei
den zusammen veranlagten Klägern den Höchstbetrag von
1.500 EUR zugrunde gelegt. Gemäß § 10 Abs. 4 Satz 3
EStG a.F. kommt es in den Fällen der Zusammenveranlagung
für die Zusammenrechnung des Gesamthöchstbetrages auf die
Summe der Höchstbeträge jedes Ehegatten aus § 10
Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. an.
|
|
|
30
|
2. Die Regelungen des § 10 Abs. 4
Sätze 2 und 3 EStG a.F. sind nicht verfassungswidrig.
|
|
|
31
|
a) Hinsichtlich der begrenzten Abziehbarkeit
von Beiträgen zu Krankenversicherungen ist die
Verfassungsmäßigkeit durch den Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 13.2.2008 2 BvL 1/06
(BVerfGE 120, 125 = SIS 08 16 87) geklärt. Die dort getroffene
Weitergeltungsanordnung für die Veranlagungszeiträume bis
einschließlich 2009, die mit Gesetzeskraft aufgrund § 31
Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht versehen
ist, ist für den Senat bindend (Senatsurteil vom 16.11.2011 X
R 15/09, BFHE 236, 69, BStBl II 2012, 325 = SIS 12 04 54).
|
|
|
32
|
b) Die unterschiedlichen
Höchstbeträge in Satz 1 und Satz 2 des § 10 Abs. 4
EStG a.F. verletzen nicht dadurch den Gleichheitssatz des Art. 3
des Grundgesetzes (GG), dass der von § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG
a.F. betroffene Personenkreis nur geringere Vorsorgeaufwendungen
abziehen kann. Die unterschiedliche Höhe der
Höchstbeträge in Satz 1 und Satz 2 des § 10 Abs. 4
EStG a.F. beruht auf einem sachlichen Grund und ist daher nicht
willkürlich. Der Gesetzgeber differenziert danach, dass die in
§ 10 Abs. 4 Satz 1 EStG a.F. genannten Steuerpflichtigen -
anders als der von Satz 2 dieser Vorschrift betroffene
Personenkreis - ihre Aufwendungen für Krankenversicherungen in
vollem Umfang allein tragen müssen (Senatsurteil in BFHE 227,
137, BStBl II 2010, 282 = SIS 10 00 40).
|
|
|
33
|
c) Die Regelungen des § 10 Abs. 4
Sätze 2 und 3 EStG a.F. verletzen auch nicht Art. 6 Abs. 1
GG.
|
|
|
34
|
aa) Art. 6 Abs. 1 GG erschöpft sich zwar
nicht darin, die Ehe in ihrer wesentlichen Struktur zu
gewährleisten, sondern gebietet darüber hinaus als
verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe
und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts
einen besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung. Um diesem
Schutzauftrag zu genügen, ist es Aufgabe des Staates,
einerseits alles zu unterlassen, was die Ehe schädigt oder
sonst beeinträchtigt, andererseits sie durch geeignete
Maßnahmen zu fördern (BVerfG-Urteil vom 17.7.2002 1 BvF
1/01, 1 BvF 2/01, BVerfGE 105, 313 = SIS 03 53 97, unter B.II.1.c,
m.w.N.). Dieser Schutz verbietet es, die Ehe insgesamt
gegenüber anderen Lebensformen schlechter zu stellen
(BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 313 = SIS 03 53 97, unter B.II.1.c
aa, m.w.N.).
|
|
|
35
|
bb) Ein solcher Fall liegt hier aber gerade
nicht vor. Sowohl Eheleute wie auch unverheiratete Arbeitnehmer
unterliegen den Vorschriften des § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F.,
so dass es bei beiden in gleichem Maße darauf ankommt, ob ein
Dritter für ihre Krankenversicherung dort genannte Leistungen
erbringt. Ehespezifische Belastungen, die aufgrund der
Schutzwirkung des Art. 6 Abs. 1 GG auszugleichen wären
(Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.8.1999 GrS 2/97,
BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 = SIS 99 20 55, unter C.IV.1.c
ff, m.w.N.) sind nicht erkennbar.
|
|
|
36
|
Im Übrigen fehlt es schon deshalb an
einer unzulässigen Benachteiligung von Ehegatten, weil eine
unverheiratete Person grundsätzlich keine Möglichkeit zur
Teilnahme an der Familienversicherung nach § 10 SGB V hat und
folglich ein Dritter für sie auch keinen Beitragszuschuss nach
§ 257 Abs. 2 Satz 1 SGB V zu leisten braucht. Soweit negative
Folgen aus der Wahl des privaten Krankenversicherungsschutzes -
etwa aufgrund der Versicherungsbeiträge für Ehegatten -
entstehen, sind diese hinzunehmen (so zu Recht auch FG
Baden-Württemberg, Urteil vom 3.10.2008 4 K 996/08, EFG 2009,
22 = SIS 08 42 02).
|
|
|
37
|
d) Ebenfalls zu Recht geht das FG davon aus,
dass sich aus Art. 3 Abs. 1 GG kein Anspruch der Kläger auf
Gleichbehandlung mit den nicht erwerbstätigen Ehegatten von
beihilfeberechtigten Beamten ergibt, denen nach Auffassung der
Finanzverwaltung einiger Bundesländer im Verwaltungswege der
Höchstbetrag gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 EStG
a.F. gewährt wird (vgl. z.B. Verfügung der OFD Frankfurt
in ESt-Kartei HE § 10 EStG Fach 1 Karte 7).
|
|
|
38
|
Wie vorstehend unter II.1.d cc dargelegt,
beruht diese Verwaltungsauffassung auf einer unzutreffenden
Gesetzesauslegung. Bei einer solchen Sachlage besteht
regelmäßig kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht
(Beschlüsse des BVerfG vom 17.1.1979 1 BvL 25/70, BVerfGE 50,
142, und vom 12.9.2007 2 BvR 1413/06, Kammerentscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts 12, 132).
|