Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts des Saarlandes vom 27.03.2019 - 3 K 1018/17
aufgehoben, soweit der Klage stattgegeben wurde.
Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
1
|
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) belieferte im Zeitraum von November 2007 bis
Dezember 2008 Angehörige der Streitkräfte der Vereinigten
Staaten von Amerika (US) in der Bundesrepublik Deutschland mit
verbrauchsteuerpflichtigen Energieerzeugnissen, insbesondere mit
nachweislich versteuertem Heizöl. Für diese Lieferungen
beantragte sie mit monatlichen Energiesteueranmeldungen eine
Steuerentlastung für insgesamt … Liter Heizöl in
Höhe von insgesamt … EUR, die der Beklagte und
Revisionskläger (das Hauptzollamt - HZA - ) zunächst noch
nicht in vollem Umfang ausbezahlte.
|
|
|
2
|
Nach einer Außenprüfung
erließ das HZA unter dem 12.10.2009 einen Steuerbescheid, mit
dem es die Energiesteuerentlastung für den Zeitraum von
November 2007 bis Dezember 2008 auf … EUR für eine
entlastungsfähige Menge Heizöl von nur … Litern
festsetzte. Die Differenz war laut Prüfungsbericht darauf
zurückzuführen, dass mehrere Lieferungen außerhalb
des auf den Beschaffungsaufträgen angegebenen Verfallsdatums
durchgeführt worden waren (Tz. 3.2.5 des Prüfungsberichts
vom 11.09.2009). Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
|
|
|
3
|
Das Finanzgericht (FG) urteilte, der
angefochtene Energiesteuerbescheid sei insoweit rechtswidrig, als
das HZA die Energiesteuerentlastung auch für solche
Heizöllieferungen versagt habe, bei denen der Lieferzeitpunkt
vor dem in den Beschaffungsaufträgen genannten Datum gelegen
habe. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die
Lieferverträge seien mit einer amtlichen Beschaffungsstelle
der US-Streitkräfte geschlossen und somit von dieser in
Auftrag gegeben worden. Der Angehörige der Streitkräfte
handele im Verhältnis zum Lieferanten als Stellvertreter der
Beschaffungsstelle. Die Bevollmächtigung erfolge durch die
Erteilung des Beschaffungsauftrags und die Übergabe des
entsprechenden Formulars an den Angehörigen der
Streitkräfte. Da der Beschaffungsauftrag bei der Bestellung
des Heizöls wegen der befristeten Geltung noch nicht bzw.
nicht mehr wirksam gewesen sei, seien die im
Außenprüfungsbericht aufgeführten Personen
gegenüber der Klägerin als Vertreter ohne
Vertretungsmacht aufgetreten. Das jeweilige Rechtsgeschäft sei
jedoch durch das Value Added Tax (VAT)-Office der US-Army
nachträglich genehmigt worden. Dies sei lediglich in den
Fällen ausgeschlossen, in denen die Lieferung erfolgt sei,
nachdem das Gültigkeitsdatum abgelaufen gewesen sei.
|
|
|
4
|
Das HZA begründet seine Revision
damit, dass die Beschaffungsstelle dem Truppenangehörigen vor
Bestellung und Lieferung des Heizöls einen Beschaffungsauftrag
erteilen müsse, mit dem das Truppenmitglied dann den
Heizölhändler beauftragen dürfe. Werde die amtliche
Beschaffungsstelle erst eingeschaltet, nachdem der
Truppenangehörige das Heizöl bereits bestellt und
erhalten habe, liege keine Auftragsvergabe durch die
Beschaffungsstelle vor der Leistungsausführung vor. Eine
Steuerentlastung komme daher in den streitigen Fällen nicht in
Betracht, weil die für eine steuerfreie Belieferung
notwendigen Beschaffungsaufträge und Abwicklungsscheine erst
im Nachhinein durch den Angehörigen der US-Streitkräfte
bei der zuständigen amtlichen Beschaffungsstelle, dem
VAT-Office der US-Army, eingeholt worden seien. Das
Liefergeschäft sei zwischen dem Heizöllieferanten und dem
Truppenangehörigen selbst geschlossen worden. Durch die
nachträgliche Auftragsunterzeichnung seitens des VAT-Office
sei es, soweit dies überhaupt rechtlich wirksam erfolgt sei,
allenfalls zu einem nachträglichen Tausch der Vertragspartner
gekommen, der ebenfalls nicht zu einer Entlastung berechtige. Es
sei auch nicht nur ein bereits vorhandener Beschaffungsauftrag
nachgereicht, sondern ein zunächst nicht vorhandener
Beschaffungsauftrag erst nachträglich erstellt worden. Es gehe
vorliegend nicht um die Frage eines formellen Nachweises für
den Entlastungsanspruch, weshalb die vom FG angewandte
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Umsatzsteuer nicht
auf den Streitfall übertragen werden könne. Die
Beauftragung durch die amtliche Beschaffungsstelle sei vielmehr
eine materielle Entlastungsvoraussetzung. Rechtsfehlerhaft sei auch
die Heranziehung des § 177 Abs. 1 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB). Die rein zivilrechtlichen Rechtswirkungen der
nachträglichen Genehmigung seien für das Vorliegen des
steuerrechtlichen Entlastungsanspruchs nicht maßgeblich. Die
Vorschriften des BGB als nationales Recht seien ohnehin nicht
einschlägig.
|
|
|
5
|
Darüber hinaus rügt das HZA die
Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere der
Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und der
Sachaufklärungspflicht. So nehme das FG auf Angaben einer
nicht näher bezeichneten Quelle der US-Streitkräfte
Bezug. Im Übrigen sei zu bezweifeln, dass seitens der
amtlichen Beschaffungsstelle tatsächlich eine
nachträgliche Genehmigung i.S. von § 177 Abs. 1 BGB
erteilt worden sei, weil dies im Widerspruch zu den amtlichen
Erläuterungen des VAT-Office stehe. Würden
verbrauchsteuerpflichtige Waren ohne Beschaffungsauftrag steuerfrei
ausgeliefert, wäre dies zudem einem Entziehen aus der
zollamtlichen Überwachung gleichzusetzen, weil
gemäß § 9 Abs. 1 des Truppenzollgesetzes (TrZollG)
i.d.F. vom 19.05.2009 Gemeinschaftswaren, die North Atlantic Treaty
Organization (NATO)-Streitkräften verbrauchsteuerfrei oder
unter Vergütung der Verbrauchsteuer geliefert würden, mit
der Übergabe an die NATO-Streitkräfte in die
Truppenverwendung übergingen und wie Nichtgemeinschaftswaren
behandelt würden. Der Beschaffungsauftrag diene ferner auch
dem Schutz der beteiligten Unternehmen. Der Angehörige der
Streitkräfte handele als amtlicher Einkaufsbeauftragter der
US-Streitkräfte.
|
|
|
6
|
Das HZA beantragt, die Vorentscheidung
insoweit aufzuheben, als das FG unter Änderung des
Steuerbescheids über Energiesteuer vom 12.10.2009 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 14.12.2016 für die Zeit vom
01.11.2007 bis zum 31.12.2008 eine weitere Energiesteuerentlastung
in Höhe von … EUR für weitere … Liter
Heizöl festgesetzt hat, und die Klage auch insoweit
abzuweisen.
|
|
|
7
|
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
|
|
|
8
|
Die Beschaffungsstelle habe
selbstverständlich durch eine nachträgliche Ausstellung
eines Auftrags mitgewirkt. Durch den engen zeitlichen und
räumlichen Zusammenhang sei gewährleistet, dass die
konkrete Lieferung von dieser nachträglichen Auftragserteilung
umfasst sei. Auch in der Lebenswirklichkeit sei es so, dass das
Mitglied der NATO-Streitkräfte den Auftrag persönlich
erteile. Eine Auftragslage könne nachträglich genehmigt
werden. Die Vorentscheidung sei daher ohne Rechtsfehler zustande
gekommen.
|
|
|
9
|
II. Die Revision des HZA ist begründet.
Die Vorentscheidung verletzt Bundesrecht, soweit das FG unter
Änderung des Steuerbescheids über Energiesteuer vom
12.10.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.12.2016
für den Zeitraum vom 01.11.2007 bis zum 31.12.2008 eine
weitere Energiesteuerentlastung in Höhe von … EUR
für … Liter Heizöl festgesetzt hat. Die
Vorentscheidung ist insoweit aufzuheben und die Klage auch insoweit
abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
|
|
|
10
|
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf
Entlastung von der Energiesteuer, soweit die Heizöllieferungen
vor dem auf den Beschaffungsaufträgen genannten Zeitraum
durchgeführt worden sind.
|
|
|
11
|
a) Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 des
bis zum 31.10.2009 gültigen Gesetzes zur Ausführung der
zoll- und steuerrechtlichen Bestimmungen des Abkommens zwischen den
Parteien des Nordatlantikvertrags vom 19.06.1951 (BGBl II 1961,
1190) über die Rechtsstellung ihrer Truppen
(NATO-Truppenstatut) und des Zusatzabkommens vom 03.08.1959 (BGBl
II 1961, 1218) zu diesem Abkommen hinsichtlich der in der
Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen
- Truppenzollgesetz 1962 (TrZG) wird bei der Lieferung von Waren
der Nummer 27.07-B-I-c oder der Nummer 27.10 des Deutschen
Zolltarifs an die ausländischen Streitkräfte die für
diese Waren entrichtete Mineralölsteuer vergütet. Art. 67
Abs. 3 Buchst. a Ziff. i des Zusatzabkommens gilt auch für
diese Abgabenvergünstigungen (§ 2 Abs. 2 Satz 2
TrZG).
|
|
|
12
|
Nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a Ziff. i des
Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des
Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen
hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten
ausländischen Truppen (i.d.F. des Abkommens vom 18.03.1993 zur
Änderung des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut -
NATOTrStatZAbk -, vgl. Gesetz zu dem Abkommen vom 18.03.1993 zur
Änderung des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut und zu
weiteren Übereinkünften vom 28.09.1994, BGBl II 1994,
2594, und Bekanntmachung vom 30.06.1998, BGBl II 1998, 1691) werden
für Lieferungen und sonstige Leistungen an eine Truppe oder
ein ziviles Gefolge, die von einer amtlichen Beschaffungsstelle der
Truppe oder des zivilen Gefolges in Auftrag gegeben werden und
für den Gebrauch oder den Verbrauch durch die Truppe, das
zivile Gefolge, ihre Mitglieder oder deren Angehörige bestimmt
sind, die unter den Ziff. ii und iv genannten
Abgabenvergünstigungen gewährt.
|
|
|
13
|
Nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a Ziff. iv
NATOTrStatZAbk werden für Waren, die aus dem zollrechtlich
freien Verkehr an eine Truppe oder ein ziviles Gefolge geliefert
werden, die Abgabenvergünstigungen gewährt, die in den
Zoll- und Verbrauchsteuergesetzen für den Fall der Ausfuhr
vorgesehen sind. Mit dieser Bestimmung ist auf Grundlage
internationalen Rechts eine eigenständige Regelung
hinsichtlich der einer ausländischen Truppe und des zivilen
Gefolges zu gewährenden Verbrauchsteuerbefreiung getroffen
worden. Es handelt sich um eine Sondervorschrift, die den
allgemeinen Vorschriften des Verbrauchsteuerrechts vorgeht (vgl.
Senatsurteil vom 03.11.2010 - VII R 4/10, BFHE 231, 457, ZfZ 2011,
53 = SIS 11 01 55, und zur Umsatzsteuer BFH-Urteil vom 02.10.1969 -
V R 42/66, BFHE 97, 51).
|
|
|
14
|
Art. 67 NATOTrStatZAbk ist eine
völkerrechtliche Regelung, die autonom auszulegen ist. Denn
nach Art. 31 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens vom 23.05.1969
über das Recht der Verträge (vgl. auch Gesetz zu dem
Wiener Übereinkommen vom 23.05.1969 über das Recht der
Verträge vom 03.08.1985, BGBl II 1985, 926) ist ein Vertrag
nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der
gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang
zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zwecks
auszulegen.
|
|
|
15
|
Der durch Art. 67 NATOTrStatZAbk geschaffenen
Rechtslage wurde im Rahmen der Verbrauchsteuerharmonisierung
dadurch Rechnung getragen, dass in die Richtlinie 92/12/EWG
(Richtlinie 92/12/EWG) des Rates vom 25.02.1992 über das
allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die
Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften Nr. L 76/1) eine Bestimmung
aufgenommen wurde, nach der verbrauchsteuerpflichtige Waren von der
Verbrauchsteuer befreit sind, die u.a. für die
Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikpakts
bestimmt sind, und zwar für den Gebrauch oder Verbrauch durch
diese Streitkräfte oder ihr ziviles Begleitpersonal oder
für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen (Art. 23 Abs. 1
Satz 1 3. Anstrich der Richtlinie 92/12/EWG). Die danach den
ausländischen Truppen einzuräumende Steuerbefreiung, die
ausdrücklich auch im Wege eines Entlastungsverfahrens
gewährt werden kann, gilt nach Maßgabe der vom
Aufnahmeland festgelegten Bedingungen und Grenzen (Art. 23 Abs. 1
Satz 2 der Richtlinie 92/12/EWG, vgl. Senatsurteil in BFHE 231,
457, ZfZ 2011, 53 = SIS 11 01 55).
|
|
|
16
|
b) Bei dem Auftrag durch eine amtliche
Beschaffungsstelle handelt es sich um eine materielle Voraussetzung
der Abgabenvergünstigung i.S. des Art. 67 Abs. 3 Buchst. a
Ziff. iv i.V.m. Ziff. i NATOTrStatZAbk und somit auch der
Steuervergütung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 TrZG. Der
Beschaffungsauftrag muss spätestens vor Beginn der Lieferung
der Waren vorliegen.
|
|
|
17
|
Der Vertrag über die Lieferung der Waren
(z.B. Kaufvertrag) kommt zwischen dem Lieferanten (z.B.
Verkäufer) und der Beschaffungsstelle zustande. Der
Angehörige der Truppe oder des zivilen Gefolges handelt dabei
als Bevollmächtigter der Beschaffungsstelle. Wie der BFH mit
Urteil vom 29.09.1988 - V R 53/83 (BFHE 154, 395, BStBl II 1988,
1022 = SIS 88 25 05) entschieden hat, wird mit der Wendung
„in Auftrag geben“ im allgemeinen Sprachgebrauch
nicht an § 662 BGB angeknüpft. Unter Auftrag wird
jegliche Weisung zur Erledigung übertragener Aufgaben sowie
die Bestellung von Waren oder Leistungen verstanden. Die Wendung
„etwas in Auftrag geben“ stammt aus der
Kaufmannssprache und bedeutet: bestellen (vgl. Duden der deutschen
Sprache, Stichwort: Auftrag). Für den Bereich der
umsatzsteuerrechtlichen Leistung und den des ihr
regelmäßig zugrunde liegenden Umsatzgeschäftes
(vgl. § 3 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - 1967/73)
bedeutet „etwas in Auftrag geben“ mithin die
Mitwirkung des Leistungsempfängers an der Begründung der
entsprechenden Leistungspflicht.
|
|
|
18
|
In der bei weitem überwiegenden Mehrzahl
entsprechender Fälle werden Leistungspflichten durch Vertrag
begründet, d.h. durch Abgabe eines Vertragsangebotes und durch
dessen Annahme (vgl. § 146 BGB). Der - spätere -
Leistungsempfänger kann am Zustandekommen des Vertrages und
damit an der Begründung der vertraglichen Leistungspflicht
mitwirken, indem er entweder das Vertragsangebot abgibt oder ein
ihm gegenüber erklärtes Vertragsangebot annimmt. Mithin
kann von einer amtlichen Beschaffungsstelle auch dadurch etwas i.S.
von Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk in Auftrag gegeben worden sein,
dass diese ein ihr zugegangenes Vertragsangebot angenommen hat.
Wird die amtliche Beschaffungsstelle dagegen erst eingeschaltet,
nachdem durch ein Mitglied der Truppe oder des zivilen Gefolges
oder einen Angehörigen eines Mitglieds die Leistungspflicht
durch Vertragsangebot oder durch Angebotsannahme zur Entstehung
gebracht worden ist, liegt keine Auftragsvergabe durch eine
amtliche Beschaffungsstelle vor, und zwar auch dann nicht, wenn es
zum vereinbarten Austausch des einen Vertragspartners (amtliche
Beschaffungsstelle statt des Mitglieds oder seines
Angehörigen) kommt. In dem entschiedenen Fall wurden nach den
Feststellungen des FG die amtlichen Beschaffungsstellen erst nach
Leistungsausführung befasst (vgl. BFH-Urteil in BFHE 154, 395,
BStBl II 1988, 1022 = SIS 88 25 05, unter II.1.d).
|
|
|
19
|
Ausgehend von dieser zur Vergütung von
Umsatzsteuer ergangenen Rechtsprechung muss die Beschaffungsstelle
spätestens vor Beginn der Lieferung der Ware beteiligt werden
und es muss im Zeitpunkt der Lieferung ein Beschaffungsauftrag
vorliegen. Diese Grundsätze sind auch auf die Vergütung
von Energie- bzw. Mineralölsteuer nach § 2 Abs. 2 Satz 1
TrZG zu übertragen, weil Art. 67 Abs. 3 Buchst. a Ziff. i
NATOTrStatZAbk gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 TrZG auch
für diese Abgabenbegünstigung gilt und zwischen der
Umsatzsteuer und der Mineralölsteuer in diesem Zusammenhang
keine derart grundlegenden Unterschiede bestehen, die eine
abweichende Auslegung rechtfertigen könnten (zur
entsprechenden Umsetzung durch die Zollverwaltung vgl.
Bundesministerium der Finanzen - BMF - vom 24.06.2002 - IV D 1 - S
7492 - 30/02 und vom 22.12.2004 - IV A 6 - S 7492 - 13/04).
|
|
|
20
|
Der Auftrag der amtlichen Beschaffungsstelle
i.S. des Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATOTrStatZAbk kann nicht im Wege
einer nachträglichen Genehmigung erteilt werden. Vielmehr kann
eine eventuelle nachträgliche Genehmigung keine Rechtswirkung
mehr entfalten. Sinn und Zweck dieser Regelung ist, die im
Steuergebiet vorgenommene Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger
Waren einer steuerfreien Ausfuhrlieferung gleichzustellen und damit
eine steuerliche Gleichbehandlung mit Erzeugnissen herzustellen,
die von den ausländischen Truppen im Entsendestaat bestellt
und aus diesem steuerfrei ausgeführt werden (Senatsurteil in
BFHE 231, 457, ZfZ 2011, 53 = SIS 11 01 55). Bei dem
Beschaffungsauftrag handelt es sich somit nicht lediglich um eine
nachholbare formelle Voraussetzung der Steuervergünstigung,
sondern um eine Bedingung dafür.
|
|
|
21
|
c) Der Beschaffungsauftrag ist vom
Abwicklungsschein zu unterscheiden, der einen Belegnachweis
für die Steuerbefreiung darstellt.
|
|
|
22
|
So sind gemäß Art. 67 Abs. 3
Buchst. c NATOTrStatZAbk die Vergünstigungen der Buchstaben
(a) und (b) davon abhängig, dass das Vorliegen ihrer
Voraussetzungen den zuständigen deutschen Behörden
nachgewiesen wird. Die Art dieses Nachweises wird durch
Vereinbarungen zwischen den deutschen Behörden und den
Behörden des betreffenden Entsendestaats festgelegt.
|
|
|
23
|
Gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 1 der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (i.d.F. vom 21.02.2005 -
UStDV - ) hat der Unternehmer die Voraussetzungen der in § 26
Abs. 5 UStG bezeichneten Steuerbefreiung bei Lieferungen und
sonstigen Leistungen, die von einer amtlichen Beschaffungsstelle in
Auftrag gegeben worden sind, durch eine Bescheinigung der amtlichen
Beschaffungsstelle nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck
(Abwicklungsschein) nachzuweisen. Zusätzlich zu Absatz 1 muss
der Unternehmer gemäß § 73 Abs. 2 UStDV die
Voraussetzungen der Steuerbefreiungen im Geltungsbereich dieser
Verordnung buchmäßig nachweisen. Die Voraussetzungen
müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus den
Aufzeichnungen zu ersehen sein. In den Aufzeichnungen muss auf die
in Absatz 1 bezeichneten Belege hingewiesen sein.
|
|
|
24
|
Die Rechtsprechung zur Bedeutung des
Abwicklungsscheins i.S. des § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDV und
möglicher Alternativnachweise (vgl. BFH-Urteil vom 05.07.2012
- V R 10/10, BFHE 238, 475, BStBl II 2014, 539 = SIS 12 27 95) kann
nicht auf den nach Völkerrecht erforderlichen
Beschaffungsauftrag einer amtlichen Beschaffungsstelle
übertragen werden und der Klägerin nicht zu einer
Vergütung der Energiesteuer verhelfen. Hier hat der BFH
insbesondere zu der Bedeutung des Abwicklungsscheins i.S. des
§ 73 Abs. 1 UStDV und einer möglichen alternativen
Nachweisführung gemäß § 73 Abs. 3 UStDV
Stellung genommen, während im Streitfall die
Beschaffungsstelle im Zeitpunkt der Bestellung des Heizöls
nicht eingebunden war und es dementsprechend in erster Linie um den
Beschaffungsauftrag und dessen eventuelle rückwirkende
Erteilung und nicht um den Abwicklungsschein ging. Bei dem
Abwicklungsschein handelt es sich im Gegensatz zum Auftrag der
Beschaffungsstelle nicht um eine materielle Voraussetzung der
Steuerbefreiung, sondern lediglich um eine formelle
Nachweisverpflichtung (zum Abwicklungsschein vgl. BFH-Urteil in
BFHE 238, 475, BStBl II 2014, 539 = SIS 12 27 95). Im Übrigen
hat in dem BFH-Urteil in BFHE 238, 475, BStBl II 2014, 539 = SIS 12 27 95 - anders als im Streitfall - ein Beschaffungsauftrag
vorgelegen.
|
|
|
25
|
2. Die Klägerin hat die
streitgegenständlichen Mineralöllieferungen nicht im
Auftrag der amtlichen Beschaffungsstelle durchgeführt.
|
|
|
26
|
a) Im Zeitpunkt der Lieferungen lag jeweils
kein Beschaffungsauftrag der amtlichen Beschaffungsstelle vor.
|
|
|
27
|
Wie das FG festgestellt hat, wurden in den
Fällen Nr. 2 bis 10 sowie 12 bis 14 der Anlage zu Tz. 3.2.5
des Prüfungsberichts vom 11.09.2009 die Lieferungen vor Beginn
des Gültigkeitszeitraums des Beschaffungsauftrags
ausgeführt. Gegen diese Feststellung wurden keine
zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben,
weshalb sie für den Senat gemäß § 118 Abs. 2
FGO bindend ist. Soweit das FG den Schluss gezogen hat, dass
ausgehend von dieser Feststellung auch die Beauftragung der
Klägerin durch ihre Kunden vor der Erteilung des
Beschaffungsauftrags erfolgt sein musste, entspricht dies den
Denkgesetzen und ist nicht zu beanstanden.
|
|
|
28
|
b) Die bei Lieferung fehlenden
Beschaffungsaufträge konnten ausgehend von der oben
dargestellten Rechtsprechung im Streitfall nicht durch eine etwaige
rückwirkende Genehmigung der Beschaffungsstelle geheilt
werden.
|
|
|
29
|
Die Kaufverträge über das
Heizöl waren nicht - wovon das FG jedoch ausgegangen ist -
schwebend unwirksam und konnten nicht gemäß § 177
Abs. 1 BGB nachträglich genehmigt werden. Das Erfordernis
eines Auftrags der amtlichen Beschaffungsstelle beruht auf
völkerrechtlichen Vorgaben und kann nicht anhand
nationalrechtlicher Kriterien ausgelegt werden. Abgesehen davon
muss sichergestellt sein, dass die Warenlieferung durch die
amtliche Beschaffungsstelle in Auftrag gegeben wurde, was bei einem
schwebend unwirksamen Vertrag nicht der Fall ist.
|
|
|
30
|
Für die Auffassung der Klägerin
spricht auch nicht das BFH-Urteil vom 14.04.2010 - XI R 12/09 (BFHE
230, 235, BStBl II 2011, 138 = SIS 10 22 22), in dem der BFH
entschieden hat, dass sich ein Beschaffungsauftrag auf mehrere
Dienstleistungen beziehen kann und in dem er daher im Ergebnis das
Vorliegen eines ordnungsgemäßen Beschaffungsauftrags
für die in Rede stehenden Dienstleistungen (Friseurbesuche)
bejaht hat (Rz 32 ff.). In diesem Fall lag - anders als im
vorliegenden Fall - von Anfang an ein wirksamer Beschaffungsauftrag
vor, weil die berechtigte Person bei der ersten Dienstleistung
einen formularmäßigen Beschaffungsauftrag nebst
Abwicklungsschein vorgelegt hatte, der auch für die weiteren
Dienstleistungen galt.
|
|
|
31
|
Für die Klägerin streitet ferner
nicht die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH), wonach die Nichtgewährung
eines steuerlichen Vorteils allein infolge der Verletzung formeller
Anforderungen gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen kann
(EuGH-Urteil Petrotel-Lukoil vom 07.11.2019 - C-68/18,
EU:C:2019:933, ZfZ 2019, 383 = SIS 19 16 86). Der EuGH ist
gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise
der Europäischen Union für die Auslegung von Unionsrecht
zuständig. Im Streitfall findet dagegen autonom auszulegendes
Völkerrecht Anwendung, auf das die Rechtsprechung des EuGH
nicht übertragen werden kann.
|
|
|
32
|
3. Da es schon an wirksamen
Beschaffungsaufträgen der amtlichen Beschaffungsstelle
für die streitgegenständlichen Lieferungen fehlt, kann
dahinstehen, ob die Klägerin die auch im vereinfachten
Beschaffungsverfahren für Lieferungen und sonstige Leistungen
bis 2.500 EUR erforderlichen Abwicklungsscheine (vgl. BMF vom
22.12.2004 - IV A 6 - S 7492 - 13/04 = SIS 05 06 83 unter D.
Vereinfachte Verfahren, Vereinfachtes Beschaffungsverfahren
für Leistungen an berechtigte Personen, Abs. 1 und 2, juris,
Rz 59 und 60) vorgelegt hat bzw. welche Rechtsfolgen deren Fehlen
hat. Gleichfalls kommt es nicht mehr darauf an, ob die
Abwicklungsscheine auch im Zusammenhang mit der Vergütung von
Verbrauchsteuern vorliegen müssen oder ob dieser Belegnachweis
nur für Umsatzsteuerzwecke gilt.
|
|
|
33
|
4. Ob die vom HZA gerügten
Verfahrensmängel tatsächlich vorliegen oder ob die
Annahme einer rückwirkenden Genehmigung der Lieferungen durch
die Beschaffungsstelle möglicherweise gegen die Denkgesetze
verstieße, weil die angegebene Gültigkeitsdauer den
Lieferzeitpunkten widerspricht, kann dahinstehen, weil die
Vorentscheidung bereits aus anderen Gründen aufzuheben
ist.
|
|
|
34
|
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
|