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I. Streitig ist die
Verfassungsmäßigkeit der in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5
Satz 5 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden
Fassung (EStG) geregelten sog. Dreimonatsfrist im Rahmen einer
doppelten Haushaltsführung.
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Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Eheleute und erzielen jeweils Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit. Der Familienwohnsitz befindet sich
in X. Der Kläger war seit 2001 in leitender Stellung in Y
beschäftigt, wo er am 1.8.2002 eine Wohnung anmietete. Die
Klägerin übte ihre berufliche Tätigkeit in der
Nähe von X aus.
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Mit ihrer Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr (2004) machten die Kläger bei den
Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit
Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - )
ließ Kosten in Höhe von 6.952 EUR als Werbungskosten zum
Abzug zu. Die Berücksichtigung der ebenfalls geltend gemachten
Mehraufwendungen für die Verpflegung in Höhe von 3.864
EUR (92 Tage x 24 EUR; 138 Tage x 12 EUR) ließ das FA unter
Hinweis auf § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5
Sätze 6 und 5 EStG nicht zum Abzug zu. Im Einspruchsverfahren
machten die Kläger geltend, die Begrenzung des Abzugs von
Mehraufwendungen für die Verpflegung auf drei Monate sei
verfassungswidrig. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das
Finanzgericht (FG) die Klage mit den in EFG 2007, 1500 = SIS 07 22 34 veröffentlichten Gründen ab.
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Dagegen richtet sich die Revision, mit der
die Kläger Grundrechtsverletzungen rügen.
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Die Kläger beantragen, das Urteil des
FG Baden-Württemberg aufzuheben und weitere Werbungskosten in
Höhe von 3.864 EUR zum Werbungskostenabzug zuzulassen,
hilfsweise das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzuholen, ob die
Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG im
Rahmen einer doppelten Haushaltsführung mit dem Grundgesetz
(GG) vereinbar ist.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision der Kläger ist
unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht
entschieden, dass im Streitjahr im Rahmen der doppelten
Haushaltsführung ein Abzug von Mehraufwendungen für die
Verpflegung ausscheidet.
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1. Mehraufwendungen für die Verpflegung
des Steuerpflichtigen sind gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1
Nr. 5 Satz 1 EStG nicht abziehbare Betriebsausgaben. Wird der
Steuerpflichtige jedoch vorübergehend von seiner Wohnung und
dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen
Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, so ist nach Satz 2
der Vorschrift für jeden Kalendertag, an dem der
Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit
von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt über
eine bestimmte Dauer abwesend ist, ein nach dieser Dauer
gestaffelter Pauschbetrag abzusetzen. Nach Satz 5 der Vorschrift
beschränkt sich bei einer längerfristigen
vorübergehenden Tätigkeit an derselben
Tätigkeitsstätte der pauschale Abzug nach Satz 2 auf die
ersten drei Monate (sog. Dreimonatsfrist). Gemäß Satz 6
der Vorschrift gelten die Abzugsbeschränkung nach Satz 1, die
(gestaffelten) Pauschbeträge nach Satz 2 sowie die
Dreimonatsfrist nach Satz 5 auch für den Abzug von
Mehraufwendungen für die Verpflegung bei einer aus
betrieblichem Anlass begründeten doppelten
Haushaltsführung. Nach § 9 Abs. 5 EStG sind die
aufgeführten Regelungen bei der Ermittlung der Einkünfte
des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit
sinngemäß anzuwenden.
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Danach konnten die vom Kläger geltend
gemachten Mehraufwendungen für die Verpflegung im Streitjahr
nicht (mehr) als Werbungskosten wegen einer aus beruflichem Anlass
begründeten doppelten Haushaltsführung
berücksichtigt werden, weil der Kläger nach den
Feststellungen des FG bereits seit August 2002 einen doppelten
Haushalt führte.
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2. Die die Dreimonatsfrist bestimmende
Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 5 und 6 EStG
ist verfassungsgemäß. Sie genügt insbesondere auch
im Fall beiderseits berufstätiger Ehegatten den
Maßstäben des Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG.
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a) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs.
1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und
wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für
ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche
Begünstigungen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben
sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen
unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom
bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an
Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Für
die Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für
gesetzliche Differenzierungen kommt es wesentlich darauf an, in
welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder
Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter
Freiheiten auswirken kann. Genauere Maßstäbe und
Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber
den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und
allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen
unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen.
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aa) Im Bereich des Steuerrechts hat der
Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der
Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden
Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des
Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das
Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als
rechtlich gleich qualifiziert, wird hier, insbesondere im Bereich
des Einkommensteuerrechts, vor allem durch zwei eng miteinander
verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der
Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und
durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse
verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf
abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher
Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale
Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die
Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der
Steuerbelastung niedriger Einkommen angemessen sein muss. Bei der
Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die
einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der
Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen
folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen
Grundes. Als besonderen sachlichen Grund für Ausnahmen von
einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung
steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen hat das BVerfG u.a.
Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse anerkannt (Urteil des
BVerfG vom 9.12.2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL
2/08, BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42, m.w.N.).
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bb) Die für die Lastengleichheit im
Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle
Leistungsfähigkeit bemisst der einfache Gesetzgeber nach dem
objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip. Danach unterliegt der
Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen,
nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den
(betrieblichen/beruflichen) Erwerbsaufwendungen sowie den
(privaten) existenzsichernden Aufwendungen andererseits. Deshalb
sind Aufwendungen für die Erwerbstätigkeit
gemäß §§ 4, 9 EStG und existenzsichernde
Aufwendungen im Rahmen von Sonderausgaben,
Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen
Belastungen gemäß §§ 10 ff., 31 f., 33 ff.
EStG grundsätzlich steuerlich abziehbar. Im Rahmen des
objektiven Nettoprinzips hat der Gesetzgeber des
Einkommensteuergesetzes die Zuordnung von Aufwendungen zum
betrieblichen bzw. beruflichen Bereich, derentwegen diese
Aufwendungen von den Einnahmen grundsätzlich abzuziehen sind,
danach vorgenommen, ob eine betriebliche bzw. berufliche
Veranlassung besteht (vgl. § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1
EStG). Dagegen mindern Aufwendungen für die Lebensführung
außerhalb des Rahmens von Sonderausgaben und
außergewöhnlichen Belastungen gemäß § 12
Nr. 1 EStG nicht die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage; dies
gilt gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch für
solche Lebensführungskosten, „die die wirtschaftliche
oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich
bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der
Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen“.
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Das BVerfG hat bisher offen gelassen, ob das
objektive Nettoprinzip, wie es in § 2 Abs. 2 EStG zum Ausdruck
kommt, Verfassungsrang hat; jedenfalls aber kann der Gesetzgeber
dieses Prinzip beim Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen
und sich dabei generalisierender, typisierender und
pauschalierender Regelungen bedienen (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE
122, 210 = SIS 08 43 42, m.w.N.).
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cc) Eine besondere Typisierungskompetenz des
Gesetzgebers ergibt sich unter dem Gesichtspunkt gemischt
veranlasster Aufwendungen. Dabei ist allerdings nicht die
tatbestandliche Qualifikation von Aufwendungen nach Maßgabe
der einfachgesetzlichen Grundregeln des § 4 Abs. 4, § 9
Abs. 1 und § 12 Nr. 1 EStG maßgeblich, sondern vielmehr
eine darüber hinausgehende Bewertung multikausaler und
multifinaler Wertungszusammenhänge (BVerfG-Urteil in BVerfGE
122, 210 = SIS 08 43 42). Unter diesem Gesichtspunkt kommt auch den
Mehraufwendungen für eine aus beruflichem Anlass
begründete doppelte Haushaltsführung insgesamt
Mischkostencharakter zu (Entscheidungen des BVerfG in BVerfGE 122,
210 = SIS 08 43 42; vom 4.12.2002 2 BvR 400/98 und 1735/00, BVerfGE
107, 27, BStBl II 2003, 534 = SIS 03 19 40).
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In besonderer Weise gilt dies jedoch für
Mehraufwendungen für die Verpflegung. Aufwendungen für
die eigene Verpflegung betreffen grundsätzlich die
einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Privatsphäre. Soweit
Aufwendungen für die Ernährung betrieblich veranlasst und
damit Betriebsausgaben sind, sind sie nach § 4 Abs. 5 Satz 1
Nr. 5 Satz 1 EStG nicht abziehbar, weil solcher Aufwand in erster
Linie der Befriedigung eines persönlichen
Grundbedürfnisses entspricht. Ausnahmen bestehen für
betriebliche Mehraufwendungen bei den in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.
5 Sätze 2 ff. EStG genannten Auswärtstätigkeiten und
der doppelten Haushaltsführung. Der Gesetzgeber geht davon
aus, dass in diesen Fällen die Verpflegungskosten
typischerweise betrieblich veranlasst sind (Bergkemper in
Herrmann/Heuer/ Raupach, § 4 EStG Rz 1360). Soweit die
Berücksichtigung von Verpflegungskosten in diesen Fällen
jedoch nach Ablauf von drei Monaten ausgeschlossen ist (§ 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 5 und 6 EStG), unterstellt der
Gesetzgeber typisierend, dass die bei Beginn der
Auswärtstätigkeit oder doppelten Haushaltsführung
vorhandene überwiegende berufliche Veranlassung des
Verpflegungsmehraufwands entfallen ist bzw. der Steuerpflichtige
nunmehr regelmäßig eine Verpflegungssituation vorfindet,
die keinen beruflich veranlassten Mehraufwand verursacht (BTDrucks
13/901, 129).
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Mit dieser Typisierung einer
Übergangszeit bewegt sich der Gesetzgeber nach Auffassung des
Senats innerhalb der Grenzen seines Beurteilungs- und
Gestaltungsermessens. Im Regelfall kann sich der Steuerpflichtige
bei einer doppelten Haushaltsführung nach einer mehrmonatigen
Übergangszeit auf die Verpflegungssituation am
Beschäftigungsort einstellen, die Höhe der Kosten
beeinflussen und damit einen „Mehr“-Aufwand
minimieren oder sogar vermeiden (vgl. dazu Senatsentscheidung vom
6.10.1994 VI R 136/89, BFHE 175, 548, BStBl II 1995, 184 = SIS 95 02 28).
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b) Die Dreimonatsfrist verstößt
auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG.
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aa) Der besondere Schutz von Ehe und Familie
gemäß Art. 6 Abs. 1 GG erstreckt sich auf die
„Alleinverdienerehe“ ebenso wie auf die
„Doppelverdienerehe“. Der gebotene Schutz der
„Doppelverdienerehe“ gebietet es, Aufwendungen
für eine doppelte Haushaltsführung bei der Bemessung der
finanziellen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen,
soweit es sich um zwangsläufigen Mehraufwand beiderseits
berufstätiger Ehegatten handelt, der dadurch entsteht, dass
ein gemeinsamer Wohnsitz bei dem Beschäftigungsort des einen
Ehegatten besteht und zugleich die Unterhaltung eines weiteren
Wohnsitzes durch die Berufstätigkeit des anderen Ehegatten an
einem anderen Ort veranlasst ist. Das aus Art. 6 Abs. 1 GG folgende
Verbot, die Vereinbarkeit von Ehe und Berufsausübung beider
Ehegatten zu erschweren, führt dazu, dass der Gesetzgeber bei
beiderseits berufstätigen Ehegatten Aufwendungen für die
doppelte Haushaltsführung nicht deshalb als beliebig
disponibel betrachten darf, weil solche Aufwendungen privat
(mit-)veranlasst sind (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, BStBl
II 2003, 534 = SIS 03 19 40).
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bb) Nach diesen Grundsätzen war die durch
Art. 1 Nr. 14 des Jahressteuergesetzes 1996 (JStG 1996)
eingeführte Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3
EStG (sog. Zweijahresfrist) u.a. insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG
unvereinbar, als sie für beiderseits berufstätige
Ehegatten Geltung beanspruchte (s. im Einzelnen BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534 = SIS 03 19 40). Da der Abzug
von Verpflegungsmehraufwendungen bei einer aus beruflichem Anlass
begründeten doppelten Haushaltsführung auf die ersten
drei Monate beschränkt worden ist (§ 9 Abs. 5 i.V.m.
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 5 und 6 EStG) und Fahrten
zwischen der Arbeitsstätte und einer Wohnung, die den
Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet (anstelle
wöchentlicher Familienheimfahrten nach § 9 Abs. 1 Satz 3
Nr. 5 Sätze 4 und 5 EStG i.d.F. des JStG 1996, jetzt § 9
Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Sätze 3 ff. EStG) auch länger als
zwei Jahre steuerlich anerkannt werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr.
4 EStG), führte die Einführung der Zweijahresgrenze
praktisch im Wesentlichen dazu, dass nach zwei Jahren doppelter
Haushaltsführung bei einer Beschäftigung am selben Ort
speziell die Aufwendungen für die Unterkunft am
Beschäftigungsort vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen
waren.
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cc) Widerspricht danach eine pauschale
zeitbezogene generelle Abzugsbegrenzung im Fall beiderseits
berufstätiger Ehegatten der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1
GG, so folgt entgegen der Auffassung der Kläger daraus nicht,
dass auch die gesetzlichen Abzugsbegrenzungen bei den einzelnen
notwendigen Mehraufwendungen verfassungswidrig sind. Das betrifft
neben der sich aus § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Sätze 3 ff.
EStG ergebenden Beschränkung die hier in Rede stehende
zeitraumbezogene Abgrenzung bei den Mehraufwendungen für die
Verpflegung. Unter Hinweis auf das aus Art. 6 Abs. 1 GG folgende
Verbot, die Vereinbarkeit von Ehe und Berufsausübung bei
Ehegatten zu erschweren, hat das BVerfG im zitierten Beschluss in
BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534 = SIS 03 19 40 maßgeblich
auf die nicht unerhebliche Belastungswirkung der zeitlichen
Abzugsbeschränkung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3
EStG i.d.F. des JStG 1996 abgestellt. Nach Auffassung des BVerfG
führt im Hinblick auf die regelmäßig nicht
unerheblich ins Gewicht fallenden Kosten der Unterkunft am
Beschäftigungsort die zeitliche Begrenzung zu einer
ökonomischen Entwertung der beiderseitigen
Berufstätigkeit, die sich erschwerend auf die Vereinbarkeit
von Ehe und Berufsausübung auswirkt.
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Eine vergleichbare - und damit von Verfassungs
wegen zu beanstandende - Belastungswirkung geht von der
Dreimonatsfrist nicht aus. Wie ausgeführt, kann sich der
Steuerpflichtige nach einer Übergangszeit auf die
Verpflegungssituation einstellen und einen nennenswerten
Mehraufwand vermeiden. Selbst wenn die Beköstigung auch nach
Ablauf von drei Monaten nicht so preisgünstig ist wie am
Lebensmittelpunkt, führt die Höhe des
Verpflegungsmehraufwands - im Gegensatz zu den Kosten einer
Unterkunft - nicht zu einer „ökonomischen Entwertung
der beiderseitigen Berufstätigkeit“. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass regelmäßig ohnehin nur
Mehrkosten für Frühstück und Abendessen
berücksichtigt werden können, weil eventuelle
Verpflegungsmehraufwendungen wegen eines Mittagessens an der
regelmäßigen Arbeitsstätte auch bei allen anderen
Arbeitnehmern unberücksichtigt bleiben (BFH-Urteil in BFHE
175, 548, BStBl II 1995, 184 = SIS 95 02 28).
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c) Eine Verletzung des Klägers in seiner
durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsfreiheit ist
ebenfalls nicht ersichtlich. Sein grundgesetzlich garantiertes
Recht, Art und Ort seiner Beschäftigung frei zu wählen,
wird durch die Neuregelung nicht berührt. Zwar sind nach der
Rechtsprechung des BVerfG auch solche Vorschriften am Maßstab
des Art. 12 Abs. 1 GG zu prüfen, die infolge ihrer
tatsächlichen Auswirkungen geeignet sind, die Berufsfreiheit
mittelbar zu beeinträchtigen. Voraussetzung ist allerdings,
dass sie in engem Zusammenhang zur Ausübung eines Berufes
stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen
lassen. Daran fehlt es bei den Vorschriften des
Einkommensteuergesetzes, da sie ohne unmittelbare Beziehung zu
einem bestimmten Beruf an generelle Merkmale - z.B. Einkünfte
aus erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit - anknüpfen
(Senatsentscheidung vom 5.12.1997 VI R 94/96, BFHE 185, 8, BStBl II
1998, 211 = SIS 98 06 07, m.w.N.).
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d) Die Dreimonatsfrist verstößt
auch im Übrigen ersichtlich nicht gegen das Grundgesetz.
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