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Doppelte Haushaltsführung, Beginn der Dreimonatsfrist in Wegverlegungsfällen, § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 5 und 6 EStG

Doppelte Haushaltsführung, Beginn der Dreimonatsfrist in Wegverlegungsfällen, § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 5 und 6 EStG: 1. Verlegt ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort weg und nutzt daraufhin eine bereits vorhandene Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen als Zweithaushalt (sog. Wegverlegungsfall), so wird die doppelte Haushaltsführung mit Umwidmung der bisherigen Wohnung des Steuerpflichtigen in einen Zweithaushalt begründet (Bestätigung der Senatsrechtsprechung). - 2. Mit dem Zeitpunkt der Umwidmung beginnt in sog. Wegverlegungsfällen die Dreimonatsfrist für die Abzugsfähigkeit von Verpflegungsmehraufwendungen. (Hinweis aus BStBl 2015 II S. 337: R 9.11 Abs. 7 Satz 3 LStR 2015 ist insoweit überholt und nicht mehr anzuwenden.) - Urt.; BFH 8.10.2014, VI R 7/13; SIS 14 33 09

Kapitel:
Lohnsteuer für Arbeitnehmer > Doppelte Haushaltsführung
Fundstellen
  1. BFH 08.10.2014, VI R 7/13
    BStBl 2015 II S. 336
    BFHE 247 S. 253
    DStR 2014 S. 2557
    BFH/NV 2015 S. 252

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 31.3.2015
    W.B. in FR 6/2015 S. 292
    KAM in Stbg 5/2015 S. M 20
    St.Sch. in BFH/PR 3/2015 S. 74
    E.R. in HFR 2/2015 S. 111
Normen
[EStG] § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 6, § 9 Abs. 5
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 09.01.2013, SIS 13 08 98, Doppelte Haushaltsführung, Verpflegungsmehraufwand, Beginn, Dreimonatsfrist, Wegverlegung, Hausstand, Umwidmung
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Köln 22.6.2023, SIS 23 19 80, Doppelte Haushaltsführung in einem sog. Wegverlegungsfall: 1. Eine aus beruflichem Anlass begründete dopp...
  • FG Baden-Württemberg 21.9.2022, SIS 23 07 81, Kein Werbungskostenabzug für Aufwendungen einer hauptberuflichen Bürgermeisterin in Baden-Württemberg für...
  • Niedersächsisches FG 13.5.2022, SIS 22 16 68, Arbeitgeberveranlassung i.S. des § 9 Abs. 4 a Satz 8 EStG: Keine Arbeitgeberveranlassung i.S. des § 9 Abs...
  • FG Berlin-Brandenburg 9.3.2016, SIS 17 05 32, Mittelpunkt der Lebensinteressen beiderseits berufstätiger Ehegatten, Beweislast, erneute Begründung eine...
  • FG Hamburg 17.12.2014, SIS 15 07 09, Doppelte Haushaltsführung, Gesamter Einzugsbereich einer politischen Gemeinde als Beschäftigungsort im Si...
Fachaufsätze
  • LIT 03 04 00 W. Bergkemper, FR 6/2015 S. 292: Doppelte Haushaltsführung: Beginn der Dreimonatsfrist in Wegverlegungsfällen - Kommentar zum BFH-Beschlus...

1

I. Streitig ist, ob Verpflegungsmehraufwendungen in den ersten drei Monaten einer doppelten Haushaltsführung auch in einem sogenannten Wegverlegungsfall als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemacht werden können.

 

 

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten und wurden im Streitjahr 2008 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger hatte mehrere Jahre vor dem Streitjahr in A gewohnt und war dort nichtselbständig beschäftigt. Nach ihrer Eheschließung im Mai 2008 begründeten die Kläger ihren Familienwohnsitz in B. Die Wohnung am Beschäftigungsort behielt der Kläger als Zweitwohnung bei.

 

 

3

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr begehrte der Kläger den Abzug von Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung ab dem Tag seiner polizeilichen Meldung in B (Juni 2008). Er machte insbesondere den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Abwesenheit von 24 Stunden für 53 Tage in Höhe von 1.272 EUR geltend.

 

 

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) verweigerte im Einkommensteuerbescheid 2008 den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen, weil der Kläger bereits vor Begründung der doppelten Haushaltsführung länger als drei Monate am Beschäftigungsort gewohnt habe und daher die Dreimonatsfrist bereits abgelaufen sei, und wies auch den dagegen eingelegten Einspruch als unbegründet zurück.

 

 

5

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in EFG 2013, 417 = SIS 13 08 98 veröffentlichten Gründen statt.

 

 

6

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

7

Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

8

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

 

9

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

 

 

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Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger einen Anspruch auf Berücksichtigung der Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 5 und 6 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG) im geltend gemachten Umfang hat.

 

 

11

1. Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen sind gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG nicht abziehbare Werbungskosten. Wird der Steuerpflichtige jedoch vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, so ist nach Satz 2 der Vorschrift für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt über eine bestimmte Dauer abwesend ist, ein nach dieser Dauer gestaffelter Pauschbetrag abzusetzen. Nach Satz 5 der Vorschrift beschränkt sich bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte der pauschale Abzug nach Satz 2 auf die ersten drei Monate. Gemäß Satz 6 der Vorschrift gelten die Abzugsbeschränkungen nach Satz 1, die (gestaffelten) Pauschbeträge nach Satz 2 sowie die Dreimonatsfrist nach Satz 5 auch für den Abzug von Mehraufwendungen für die Verpflegung bei einer aus betrieblichem oder beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung.

 

 

12

a) Eine beruflich begründete doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn aus beruflicher Veranlassung in einer Wohnung am Beschäftigungsort ein zweiter (doppelter) Haushalt zum Hausstand des Steuerpflichtigen hinzutritt. Der Haushalt in der Wohnung am Beschäftigungsort ist beruflich veranlasst, wenn ihn der Steuerpflichtige nutzt, um seinen Arbeitsplatz von dort aus erreichen zu können. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung auch dann vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und er darauf in einer Wohnung am Beschäftigungsort einen Zweithaushalt begründet, um von dort seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgehen zu können (sog. Wegverlegungsfall, vgl. hierzu Senatsurteile vom 5.3.2009 VI R 58/06, BFHE 224, 413, BStBl II 2009, 1012 = SIS 09 16 39; VI R 31/08, BFH/NV 2009, 1256 = SIS 09 21 45; VI R 23/07, BFHE 224, 420, BStBl II 2009, 1016 = SIS 09 16 38, und vom 6.5.2010 VI R 34/09, BFH/NV 2010, 2046 = SIS 10 32 11).

 

 

13

b) Verpflegungsmehraufwand wird seit dem Veranlagungszeitraum 1996 nur für die ersten drei Monate nach Begründung der doppelten Haushaltsführung in Höhe der gesetzlichen Pauschbeträge (24 EUR je Tag im Streitjahr 2008) gewährt. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber Steuerpflichtigen mit doppelter Haushaltsführung einen Rechtsanspruch auf Gewährung der gesetzlichen Pauschbeträge eingeräumt. Anders als zuvor ist nicht mehr danach zu fragen, ob der Ansatz der Pauschalen zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde (Senatsurteil vom 4.4.2006 VI R 44/03, BFHE 212, 571, BStBl II 2006, 567 = SIS 06 23 07). Diese Begrenzung des Abzugs von Mehraufwendungen für die Verpflegung auf drei Monate bei einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung ist verfassungsgemäß. Denn mit der Typisierung einer Übergangszeit (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 5 und 6 EStG) bewegt sich der Gesetzgeber innerhalb der Grenzen seines Beurteilungs- und Gestaltungsermessens. Im Regelfall kann sich der Steuerpflichtige bei einer doppelten Haushaltsführung nach einer mehrmonatigen Übergangszeit auf die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort einstellen, die Höhe der Kosten beeinflussen und damit einen „Mehr“-Aufwand minimieren oder sogar vermeiden (vgl. Senatsurteile vom 8.7.2010 VI R 10/08, BFHE 230, 352, BStBl II 2011, 32 = SIS 10 33 59; VI R 11/08, BFH/NV 2011, 14 = SIS 10 39 47). Gleichwohl kommt es nicht darauf an, ob dem Kläger die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort konkret bekannt war oder nicht. Denn der Abzug von Mehraufwendungen für die Verpflegung während der Dreimonatsfrist ist generell von der tatsächlichen Verpflegungssituation unabhängig. Ein Einzelnachweis von Verpflegungsmehraufwendungen entfällt und es ist auch ohne Bedeutung, ob überhaupt ein erhöhter Verpflegungsmehraufwand anfällt (vgl. Senatsurteile vom 8.7.2010 VI R 15/09, BFHE 230, 358, BStBl II 2011, 47 = SIS 10 32 85; vom 16.11.2005 VI R 12/04, BFHE 212, 64, BStBl II 2006, 267 = SIS 06 11 10; vom 10.4.2002 VI R 154/00, BFHE 198, 559, BStBl II 2002, 779 = SIS 02 08 84; vom 11.5.2005 VI R 7/02, BFHE 209, 502, BStBl II 2005, 782 = SIS 05 36 04; vom 13.12.2007 VI R 73/06, BFH/NV 2008, 936 = SIS 08 20 98). Unter Heranziehung dieser Erwägungen hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass Verpflegungsmehraufwendungen in den ersten drei Monaten geltend gemacht werden können, wenn ein Steuerpflichtiger nach Beendigung einer doppelten Haushaltsführung in der schon früher genutzten Wohnung erneut eine doppelte Haushaltsführung begründet (Senatsurteil in BFHE 230, 358, BStBl II 2011, 47 = SIS 10 32 85).

 

 

14

c) Dem Steuerpflichtigen stehen auch in Fällen, in denen er seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und seine bisherige Wohnung in einen Zweithaushalt umwidmet, Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten drei Monate zu. Denn in diesen Fällen wird die doppelte Haushaltsführung mit Umwidmung der bisherigen Wohnung des Steuerpflichtigen in einen Zweithaushalt begründet. Im Zeitpunkt der Umwidmung beginnt daher die Dreimonatsfrist für die Abzugsfähigkeit der Verpflegungsmehraufwendungen zu laufen.

 

 

15

aa) Für eine einschränkende Wortlautauslegung besteht kein Anlass. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 5 und 6 EStG dienen der Steuervereinfachung (BTDrucks 13/901, S. 129; BTDrucks 13/1558, S. 143). Dieses Ziel wird nur erreicht, wenn eine Einzelfallprüfung entfällt, nämlich ob und wie lange sich der Steuerpflichtige vor Begründung der doppelten Haushaltsführung bereits am Beschäftigungsort aufgehalten hat und sich daher auf die Verpflegungssituation hat einstellen können. Dementsprechend kommt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats gerade nicht darauf an, ob überhaupt ein erhöhter Verpflegungsmehrbedarf angefallen ist und ob dem Kläger die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort bekannt war (vgl. Senatsurteile in BFHE 230, 358, BStBl II 2011, 47 = SIS 10 32 85; in BFHE 212, 64, BStBl II 2006, 267 = SIS 06 11 10; in BFHE 198, 559, BStBl II 2002, 779 = SIS 02 08 84; in BFHE 209, 502, BStBl II 2005, 782 = SIS 05 36 04, und in BFH/NV 2008, 936 = SIS 08 20 98).

 

 

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bb) In Kenntnis der vorgenannten Senatsrechtsprechung hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des steuerlichen Reisekostenrechts durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285, BStBl I 2013, 188) keine Änderung dahingehend vorgenommen, dass die Dreimonatsfrist mit einem anderen Zeitpunkt als mit der Begründung der doppelten Haushaltsführung beginnen soll. Auch das spricht für die vom erkennenden Senat getroffene Auslegung, dass die konkrete Verpflegungssituation unerheblich ist.

 

 

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2. Die Vorentscheidung entspricht diesen Rechtsgrundsätzen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass im Streitjahr 2008 eine doppelte Haushaltsführung des Klägers vorlag und diesem ein Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen für drei Monate zusteht. Auch hinsichtlich der Höhe der Verpflegungsmehraufwendungen begegnet die angefochtene Entscheidung keinen Bedenken. Nach den Feststellungen des FG war der Kläger im Streitjahr an 53 Tagen ganztägig von der Familienwohnung abwesend. Entsprechend der in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG genannten Pauschale von 24 EUR für eine 24-stündige Abwesenheit beläuft sich die Gesamthöhe der Pauschalen damit auf 1.272 EUR. Dies entspricht dem Antrag des Klägers. Die Revision war daher zurückzuweisen.