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Anspruch natürlicher Personen auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke

Anspruch natürlicher Personen auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke: Hat eine natürliche Person durch Anmeldung eines Gewerbes ernsthaft die Absicht bekundet, unternehmerisch i.S. des § 2 UStG tätig zu werden, ist ihr außer in Fällen eines offensichtlichen, auf die Umsatzsteuer bezogenen Missbrauchs auf Antrag eine Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke zu erteilen. (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 1.7.2010, IV D 3 - S 7420/07/10061 :002, BStBl 2010 I S. 625 = SIS 10 18 76) - Urt.; BFH 23.9.2009, II R 66/07; SIS 09 37 64

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Besteuerungsverfahren / Umsatzsteuer
Fundstellen
  1. BFH 23.09.2009, II R 66/07
    BStBl 2010 II S. 712
    LEXinform 0588837

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 7.7.2010
    -/- in NWB 52-53/2009 S. 4068
    erl in StuB 2/2010 S. 78
    A.H. in BFH/PR 3/2010 S. 95
    H.P.Sch./P.H. in Stbg 2/2010 S. 73
    D.G. in DStZ 7/2010 S. 218
Normen
[GG] Art. 12 Abs. 1
[UStG] § 2, § 14, § 14 a, § 15
Vorinstanz / Folgeinstanz:
Zitiert in... / geändert durch...
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  • FG Berlin-Brandenburg 10.1.2019, SIS 19 01 20, Einstweilige Anordnung, keine Verpflichtung zur Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke an st...
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  • FG Hamburg 30.8.2016, SIS 16 22 24, Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer, verzögerte Erteilung: 1. Der Unternehmer hat grundsätzlich ein...
  • BFH 6.4.2016, SIS 16 13 95, EuGH-Vorlage zu den Anforderungen an eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung, insbesondere zum Inh...
  • OFD Karlsruhe 29.2.2016, SIS 16 04 70, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • OFD Karlsruhe 19.2.2015, SIS 15 06 52, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • Sächsisches FG 13.8.2014, SIS 14 28 59, Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke: 1. Der Anspruch auf Erteilung einer Ste...
  • OFD Karlsruhe 15.1.2013, SIS 13 11 33, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • OFD Karlsruhe 28.2.2012, SIS 12 28 12, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • BMF 12.12.2011, SIS 11 41 62, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31.12.2011: Der UStAE wurde in zahlreichen Punkten geändert...
  • BGH 12.5.2011, SIS 11 20 62, Versagung von Vorsteuerabzug, Verjährung eines Amtshaftungs- oder Staatshaftungsanspruchs: 1. Zum qualifi...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 20.4.2011, SIS 11 28 89, Anspruch eines ausländischen Unternehmers auf Erteilung einer Steuernummer: 1. Der Verpflichtung des Unte...
  • OFD Karlsruhe 5.4.2011, SIS 11 18 56, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1. Januar 2000 im BStBl veröf...
  • BMF 4.4.2011, SIS 11 11 49, Anwendung von bis zum 1. April 2011 ergangenen BMF-Schreiben: In Fortführung der mit BMF-Schreiben vom 23...
  • BFH 2.9.2010, SIS 10 36 34, Versagung des Vorsteuerabzugs bei unzutreffender Angabe der Steuernummer: Enthält die Rechnung entgegen §...
  • BMF 1.7.2010, SIS 10 18 76, Anspruch natürlicher Personen auf die Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke: Das Bundesfina...
Fachaufsätze
  • LIT 01 93 88 H.P. Schneider/P. Hoffmann, Stbg 2/2010 S. 73: Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer - zum BFH-Urteil vom 23.9.2009, II R 66/07 = SIS 09 37 64 - Lit...

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein polnischer Staatsangehöriger, erklärte in dem Fragebogen zur Betriebseröffnung, am 12.1.2005 ein Gewerbe als Fliesen- und Estrichleger aufgenommen zu haben. Seinen Antrag, ihm eine Steuernummer zu erteilen, lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) unter Hinweis auf die nach seiner Ansicht fehlende Selbständigkeit der Tätigkeit des Klägers ab.

 

Den Einspruch wies das FA als unbegründet zurück, da der Kläger nach den bei einer Umsatzsteuernachschau festgestellten gesamten Umständen nicht selbständig tätig sei. Der Eintragung bei der Handwerkskammer in das Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke komme kein Beweiswert zu.

 

Zur Begründung der Klage brachte der Kläger vor, er habe sich als Fliesen- und Estrichleger selbständig gemacht. Aufgrund der Weigerung des FA, ihm eine Steuernummer zu erteilen, könne er jedoch keine Aufträge annehmen, da er ohne Steuernummer keine Rechnungen erteilen könne. Aus den von ihm vorgelegten Rechnungen ergebe sich im Übrigen, dass er als Subunternehmer tätig sei.

 

Das Finanzgericht (FG) verpflichtete das FA, dem Kläger eine Steuernummer zu erteilen. Dem Kläger stehe ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Zuteilung einer Steuernummer zu, da er ohne Steuernummer im Rechtsverkehr nicht handlungsfähig sei und bei unternehmerischem Tätigwerden nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) jeder Rechnung zwingend eine Steuernummer beifügen müsse. Ob er unternehmerisch tätig geworden sei oder nicht, spiele keine Rolle. Die Unternehmereigenschaft sei erst im Rahmen des Besteuerungsverfahrens zu prüfen. Die Finanzbehörden seien nicht berechtigt, zur „Gefahrenabwehr“ bereits im Vorfeld des Tätigwerdens eines Steuerpflichtigen ihm die steuerliche Erfassung zu versagen. Das Urteil des FG ist in EFG 2007, 1929 = SIS 07 37 03 veröffentlicht.

 

Mit der Revision vertritt das FA die Auffassung, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke zu, weil er nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kein Unternehmer i.S. des § 2 UStG sei und die bloße Erklärung der Absicht, unternehmerisch tätig werden zu wollen, den Anspruch nicht begründen könne. Ob ein Steuerpflichtiger Unternehmer i.S. des § 2 UStG sei, müsse bereits vor Erteilung der Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke eingehend geprüft werden. Mit der Erteilung einer solchen Steuernummer erkenne das FA nämlich die Unternehmereigenschaft mit bindender Wirkung für den Umsatzsteuerjahresbescheid an.

 

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat das FA zu Recht zur Erteilung einer Steuernummer an den Kläger verpflichtet. Die Vorentscheidung ist dabei nach dem Gesamtzusammenhang dahingehend auszulegen, dass es sich um eine Steuernummer handeln muss, die der Kläger gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG in von ihm ausgestellten Rechnungen angeben kann.

 

1. Ein öffentlich-rechtlicher Anspruch von Unternehmern i.S. des § 2 UStG auf Erteilung einer Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke ist zwar weder im Gemeinschaftsrecht noch im inländischen Recht ausdrücklich vorgesehen; ein solcher Anspruch ergibt sich aber mittelbar aus § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG (Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26.2.2008 II B 6/08, BFH/NV 2008, 1004 = SIS 08 21 46). Nach dieser Vorschrift muss eine Rechnung u.a. die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer enthalten. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG ist der Unternehmer, der eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausführt, verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen, wenn er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person ausführt (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG) oder wenn er eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1 UStG) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück ausführt (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG).

 

Der Leistungsempfänger seinerseits kann das Recht auf Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG nur ausüben, wenn er eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Enthält die Rechnung weder eine dem leistenden Unternehmer erteilte Steuernummer noch dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, kann der Vorsteuerabzug nicht ausgeübt werden (Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 359 bis 361; Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange, § 15 UStG Rz 95; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 15 Rz 301 f.; Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 9. Aufl., § 15 Rz 137a; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29.1.2004, Rz 32, 36, 87 Abs. 2 Satz 2, BStBl I 2004, 258 = SIS 04 05 32).

 

Die Steuernummer dient danach nicht nur der verwaltungstechnischen Erfassung von Steuerpflichtigen und der Durchführung des Besteuerungsverfahrens. Sie ist vielmehr regelmäßig Voraussetzung für ein selbständiges gewerbliches oder berufliches Tätigwerden, soweit nicht ausnahmsweise ausschließlich Umsätze ausgeführt werden sollen, für die die Ausstellung einer Rechnung mit Angabe der Steuernummer oder der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht vorgeschrieben ist. Der Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen unter Angabe der Steuernummer steht demgemäß ein öffentlich-rechtlicher Anspruch des Unternehmers auf Erteilung einer Steuernummer gegenüber (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1004 = SIS 08 21 46). Die Steuernummer ist zudem auch Voraussetzung für die Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nach § 27a UStG. In dem Antrag auf Erteilung einer solchen Nummer ist nämlich die Steuernummer anzugeben, unter der der Antragsteller umsatzsteuerlich geführt wird (§ 27a Abs. 1 Satz 6 UStG).

 

Der Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke besteht bereits dann, wenn der Antragsteller ernsthaft erklärt, ein selbständiges gewerbliches oder berufliches Tätigwerden zu beabsichtigen. Da, wie dargelegt, die Erteilung der Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke regelmäßig Voraussetzung für ein solches Tätigwerden ist, kann sie nicht davon abhängig gemacht werden, dass eine entsprechende Tätigkeit bereits aufgenommen wurde. Lediglich in offensichtlichen Missbrauchsfällen kann die Erteilung der Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke abgelehnt werden. Der Missbrauch muss sich dabei auf die Umsatzsteuer beziehen und kann insbesondere in dem offenkundig verfolgten Ziel bestehen, den Vorsteuerabzug für zu privaten Zwecken bezogene Lieferungen oder Leistungen zu Unrecht in Anspruch nehmen zu können. Ausländerrechtliche oder arbeitsmarktpolitische Fragen können bereits wegen der insoweit fehlenden Zuständigkeit der Finanzämter nicht berücksichtigt werden.

 

Gegen die grundsätzliche Verpflichtung zur Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke allein aufgrund der vom Antragsteller abgegebenen ernsthaften Erklärung, ein selbständiges gewerbliches oder berufliches Tätigwerden zu beabsichtigen, kann entgegen der Ansicht des FA nicht eingewandt werden, dass sich aus der Erteilung eine Bindungswirkung für die spätere Festsetzung von Umsatzsteuer oder Umsatzsteuer-Vorauszahlungen ergebe. Eine gesetzliche Grundlage für eine solche Bindungswirkung gibt es nicht. Beim Erlass von Umsatzsteuerbescheiden ist vielmehr die Unternehmereigenschaft eigenständig zu prüfen, ohne dass es auf die Erteilung einer Steuernummer ankommt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29.6.2000 V R 28/99, BFHE 191, 468, BStBl II 2000, 597 = SIS 00 11 36; vom 10.3.2005 V R 29/03, BFHE 209, 162, BStBl II 2005, 730 = SIS 05 24 38, und vom 11.10.2007 V R 77/05, BFHE 219, 277, BStBl II 2008, 443 = SIS 08 10 24). Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug in Fällen, in denen es aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht zur Ausführung steuerpflichtiger, zum Vorsteuerabzug berechtigender Umsätze kommt, wird ebenfalls nicht aus der Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke abgeleitet. Entscheidend sind vielmehr die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht, i.S. von § 2 UStG eine Umsatztätigkeit gegen Entgelt selbständig auszuüben, sowie die Tätigung erster Investitionsausgaben für diesen Zweck (BFH-Urteile vom 22.2.2001 V R 77/96, BFHE 194, 498, BStBl II 2003, 426 = SIS 01 07 82; vom 8.3.2001 V R 24/98, BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430 = SIS 01 06 76, und vom 17.5.2001 V R 38/00, BFHE 195, 437, BStBl II 2003, 434 = SIS 01 13 19; BFH-Beschluss vom 23.5.2002 V B 104/01, BFH/NV 2002, 1351 = SIS 02 94 56). Die Unternehmereigenschaft des Leistenden ist bei der Steuerfestsetzung gegen den Leistungsempfänger, der den Vorsteuerabzug begehrt, und in einem etwaigen Rechtsstreit ebenfalls eigenständig zu prüfen (BFH-Beschluss vom 19.2.2008 XI B 205/07, BFH/NV 2008, 1210 = SIS 08 25 32).

 

Dass die Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke für die spätere Festsetzung von Umsatzsteuer bindend sei, lässt sich entgegen der Auffassung des FA auch nicht aus der von ihm angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) ableiten. Die EuGH-Urteile vom 29.2.1996 Rs. C-110/94, Inzo (Slg. 1996, I-857 = SIS 96 11 27, BStBl II 1996, 655 = SIS 96 11 27), vom 8.6.2000 C-396/98, Schloßstraße (Slg. 2000, I-4279 = SIS 00 09 96, BStBl II 2003, 446 = SIS 00 09 96) und vom 8.6.2000 C-400/98, Breitsohl (Slg. 2000, I-4321 = SIS 00 09 86, BStBl II 2003, 452 = SIS 00 09 86) betreffen ebenso wie die darauf aufbauende Rechtsprechung des BFH (Urteile in BFHE 194, 498, BStBl II 2003, 426 = SIS 01 07 82; in BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430 = SIS 01 06 76, und in BFHE 195, 437, BStBl II 2003, 434 = SIS 01 13 19; Beschluss in BFH/NV 2002, 1351 = SIS 02 94 56) die Berechtigung zum Vorsteuerabzug, wenn es nicht zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze kommt. Diese Berechtigung hat der EuGH ebenso wie der BFH nicht aus der Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke abgeleitet.

 

Der EuGH hat in den o.g. Entscheidungen zudem klargestellt, dass in Missbrauchs- oder Betrugsfällen kein Recht zum Vorsteuerabzug besteht. Die Eigenschaft als Steuerpflichtiger wird danach nur dann endgültig erlangt, wenn die Erklärung, die beabsichtigten wirtschaftlichen Tätigkeiten aufnehmen zu wollen, vom Betroffenen in gutem Glauben abgegeben worden ist, nicht hingegen, wenn der Betroffene die Absicht, eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen, nur vorgespiegelt, in Wirklichkeit jedoch versucht hat, Gegenstände, deren Erwerb zum Vorsteuerabzug berechtigen kann, seinem Privatvermögen zuzuführen.

 

Das vom FA ferner angeführte EuGH-Urteil vom 28.6.2007 C-73/06, Planzer Luxembourg Sarl (Slg. 2007, I-5655, BFH/NV 2007, Beilage 4, 418 = SIS 07 28 65) ist nicht einschlägig. Es betrifft die Bindungswirkung der Unternehmerbescheinigung nach Art. 3 Buchst. b und Art. 9 Abs. 2 der Achten Richtlinie des Rates vom 6.12.1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 79/1072/EWG (in Deutschland: § 61 Abs. 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung) und den Begriff des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit i.S. des Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie des Rates vom 17.11.1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 86/560/EWG.

 

2. Das FG hat das FA danach zu Recht verpflichtet, dem Kläger eine Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke zu erteilen. Der Kläger hat durch die Gewerbeanmeldung bei der Handwerkskammer und die Angaben im Fragebogen zur Betriebseröffnung ernsthaft seine Absicht bekundet, eine selbständige gewerbliche Tätigkeit auszuüben. Aus den vom FG getroffenen Feststellungen und den Ausführungen des FA in der Einspruchsentscheidung und im gerichtlichen Verfahren lässt sich nicht entnehmen, dass der Antrag des Klägers, ihm eine Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke zu erteilen, bezogen auf die Umsatzsteuer offensichtlich missbräuchlich ist. Auf die Frage, ob der Kläger tatsächlich als Unternehmer (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG) oder gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbständig tätig geworden ist, kommt es nicht an (vgl. zur Abgrenzung BFH-Urteil vom 25.6.2009 V R 37/08, BFH/NV 2009, 1749 = SIS 09 28 47, m.w.N.).

 

Mit der Weigerung, dem Kläger die beantragte Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke zu erteilen, hat das FA ohne gesetzliche Grundlage in den Schutzbereich der dem Kläger zustehenden Grundrechte eingegriffen. Für Deutsche und für inländische juristische Personen des Privatrechts gilt insoweit das Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1004 = SIS 08 21 46). Ob dem Kläger als polnischem Staatsangehörigen über den Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 GG hinaus dieses Grundrecht aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Anforderungen ebenfalls zusteht, kann auf sich beruhen (vgl. dazu Di Fabio in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 2 Abs. 1 Rz 35; Scholz in Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 12 Rz 105; Mann in Sachs, Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 12 Rz 34 f.; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 10. Aufl., Art. 12 Rz 10 und Art. 19 Rz 12; Wieland in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Bd. 1, 2. Aufl., Art. 12 Rz 72; Manssen in v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, 5. Aufl., Art. 12 Abs. 1 Rz 265; Umbach in Umbach/ Clemens, Grundgesetz, Mitarbeiterkommentar, Art. 12 Rz 65). Jedenfalls genießt der Kläger den Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 10.5.1988 1 BvR 482/84 u.a., BVerfGE 78, 179, 196 f.; BVerfG-Urteil vom 15.1.2002 1 BvR 1783/99, BVerfGE 104, 337, 345 f.).