Energiesteuer, Produzierendes Gewerbe, Abgrenzung: 1. Im Rahmen der Gewährung einer Energiesteuerbegünstigung steht den Hauptzollämtern bei der Einordnung eines Unternehmens in die Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes eine eigene Prüfungskompetenz zu. An eine von den Statistikbehörden vorgenommene Einordnung sind sie nicht gebunden. - 2. Ein Unternehmen, das Heil- und Gewürzpflanzen wäscht, zerkleinert, trocknet, schneidet und fraktioniert und diese Erzeugnisse ohne Aufmachung für den Einzelverkauf ungemischt und undosiert an andere Unternehmen weiterverkauft, ist kein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. von § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993, sondern betreibt einen Großhandel mit Nahrungsmitteln. - Urt.; BFH 28.10.2008, VII R 38/07; SIS 09 05 71
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) verarbeitet
landwirtschaftliche Rohstoffe, insbesondere eine bestimmte
Wurzelart sowie Kraut- und Blütendrogen. Gemäß
ihrer Gewerbeanmeldung besteht ihre Tätigkeit im Waschen,
Zerkleinern, Trocknen und Schneiden von Wurzeln, Trocknen,
Schneiden, Sichten, Fraktionieren von Kraut- und Blütendrogen
(1. Verarbeitungsstufe). Darüber hinaus lagert sie
Agrarprodukte und handelt mit diesen. Für diese
Tätigkeiten verwendet sie Strom, Erd- und Flüssiggas. Die
Wertschöpfung für beide Tätigkeitsbereiche
ermittelte sie für das Jahr 2000 mit 38 v.H. für den
Großhandel mit Getreide, Saaten und Futtermittel sowie mit 81
v.H. für die Sonderkulturen. Auf ihren Antrag ordnete das
Thüringer Landesamt für Statistik die Klägerin in
den Abschnitt D „Verarbeitendes Gewerbe“ und dort in
die Klasse 15.86 - Verarbeitung von Kaffee und Tee - der
Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes,
Ausgabe 1993 (WZ 93) ein.
Neben der Erlaubnis zur Entnahme
steuerbegünstigten Stroms gemäß § 9 des
Stromsteuergesetzes (StromStG) beantragte die Klägerin nach
§ 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a des Mineralölsteuergesetzes
(MinöStG 1993) eine Mineralölsteuererstattung für
das von ihr im Jahr 2000 zu Produktionszwecken verwendete Erd- und
Flüssiggas, die ihr vom Beklagten und Revisionsbeklagten
(Hauptzollamt - HZA - ) auch gewährt wurde. Im Rahmen einer
Außenprüfung kam der Prüfer nach Einholung einer
schriftlichen Auskunft beim Statistischen Bundesamt zu dem
Ergebnis, dass das Unternehmen der Klägerin nicht dem
Produzierenden Gewerbe, sondern dem Großhandel mit Getreide,
Saaten und Futtermitteln (Klasse 51.21.0 WZ 93) zuzuordnen sei, so
dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der
Mineralölsteuerbegünstigung nicht vorlägen.
Daraufhin widerrief das HZA die Erlaubnis zur Entnahme
steuerbegünstigten Stroms und forderte mit Bescheid vom
9.1.2003 die für 2000 erstattete Mineralölsteuer
zurück. Den von der Klägerin für das Jahr 2001
eingereichten Erstattungsantrag lehnte es ab. Einspruch und Klage
hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass
sowohl der Rückforderungsbescheid als auch der
Ablehnungsbescheid rechtmäßig seien (vgl. SIS 08 06 13).
Hinsichtlich der Entscheidung über die
Mineralölsteuererstattung nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst.
a MinöStG 1993 habe das HZA ein vom Stromsteuerrecht
unabhängiges Prüfungsrecht, das unabhängig von einem
Antrag auf eine Zuordnung des Unternehmens zu einem Abschnitt oder
einer Klasse der WZ 93 bestehe, auch wenn eine § 15 Abs. 1 der
Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV) entsprechende
Regelung im Mineralölsteuerrecht fehle. Durch die
Einräumung einer eigenständigen Prüfungskompetenz
der Finanzverwaltung habe der Verordnungsgeber zum Ausdruck
gebracht, dass er die vom Bundesfinanzhof (BFH) entwickelte
Rechtsprechung zum Investitionszulagengesetz, nach der von einer
Bindungswirkung der Einordnung durch die Statistischen
Landesämter auszugehen ist, auf das Energiesteuerrecht nicht
habe übertragen wollen. An die von einer Statistikbehörde
vorgenommene Einordnung in die WZ 93 sei das HZA deshalb nicht
gebunden.
Die Bearbeitung der Ausgangsstoffe durch
die Klägerin stelle sich lediglich als handelsübliche
Manipulation dar, denn sie bewirke keinen Positionswechsel
innerhalb der Kombinierten Nomenklatur (KN). Aus diesem Grund
erweise sich die vom HZA vorgenommene Einordnung als Handelsbetrieb
als zutreffend. Zu derselben Einschätzung des Sachverhalts sei
das vom FG um Auskunft gebetene Statistische Bundesamt gelangt, das
die Tätigkeit der Klägerin trotz der mit der Bearbeitung
der Ausgangsstoffe verbundenen Marktpreiserhöhung lediglich
als handelsübliche Manipulation qualifiziert habe. Obgleich
die Klägerin außer dem Rollen und Fermentieren vier
Merkmale (nämlich Welken, Trocknen, Sieben und Sortieren der
Blätter) für die Herstellung von Tee erfülle und
einen erheblichen materiellen Aufwand für die Bearbeitung
betreibe, sei kein Anhaltspunkt ersichtlich, von dieser Einordnung
abzuweichen.
Mit der Revision macht die Klägerin
geltend, dass das FG zu Unrecht ein eigenständiges
Prüfungsrecht des HZA angenommen habe. Ein solches bestehe nur
dann, wenn ein Unternehmen noch keine konkrete Klassifikation
vorweisen könne und die Einordnung ausdrücklich
beantrage. Die vom Thüringer Landesamt für Statistik
vorgenommene Einordnung entfalte auch für die strom- und
mineralölsteuerrechtliche Behandlung des Unternehmens der
Klägerin Bindungswirkung. Zudem hätte das HZA nicht auf
die KN Bezug nehmen dürfen, vielmehr hätte die Einordnung
allein anhand der WZ 93 vorgenommen werden müssen. In der
Antwort an das FG habe das Statistische Bundesamt die
Betätigung der Klägerin nur unzureichend gewürdigt
und verkannt, dass die Klägerin sämtliche Anforderungen
erfülle, die das Bundesamt an eine verarbeitende
Tätigkeit gestellt habe. Bereits im finanzgerichtlichen
Verfahren sei darauf hingewiesen worden, dass die
Bearbeitungsmerkmale des Rollens und Fermentierens im Streitfall
nicht in Betracht kämen, da die Fermentierung nur bei der
Herstellung von Schwarztee anfalle, die Klägerin jedoch
ausschließlich Tee aus Kräutern und Früchten
herstelle. Es sei zu klären, ob das FG in seiner Anfrage die
Tätigkeit der Klägerin umfassend dargestellt habe. Zudem
sei das Antwortschreiben des Statistischen Bundesamtes unter
Verletzung des Gehörsanspruchs erst in der mündlichen
Verhandlung übergeben worden. Die Abnehmer der von der
Klägerin hergestellten Erzeugnisse könnten nicht als die
eigentlichen Verarbeiter von Tee angesehen werden, da sich deren
Tätigkeit im Wesentlichen auf das Abfüllen und Mischen
beschränke. Schließlich habe das FG verfahrensfehlerhaft
den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag
übergangen, die dem HZA vorgelegten Stromsteueranmeldungen als
Antrag auf Erlaubnis nach § 9 Abs. 4 StromStG zu deuten. Aus
diesem Grund sei die Sache an das FG
zurückzuverweisen.
Das HZA schließt sich der
Rechtsauffassung des FG an und verweist auf den Bericht über
die Außenprüfung, nach dem die von der Klägerin
direkt von landwirtschaftlichen Erzeugern erworbenen Erzeugnisse
der Position 1211 KN gelagert, getrocknet, gereinigt, im Falle von
Wurzeln gewaschen, sortiert, geschnitten, getrennt, fraktioniert
und schließlich ungemischt, nicht dosiert und nicht in
Aufmachungen für den Einzelverkauf verpackt verkauft werden.
Der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit der
Klägerin liege unter Wertschöpfungsgesichtspunkten im
Großhandel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Zur
Prüfung dieses Schwerpunkts habe das HZA u.a. zu Recht das
Güterverzeichnis für Produktionsstatistiken des
Statistischen Bundesamtes (GP 2002) und die KN herangezogen. Die
Struktur des GP 2002 sei eng mit der Struktur der statistischen
Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen
Gemeinschaft (NACE) verknüpft, auf der die WZ 93 beruhe. Die
von der Klägerin vertriebenen Produkte stellten weder
Mischungen aus Pflanzen, Pflanzenteilen, Samen oder Früchten
der Position 2106 KN noch dosierte oder für den Einzelverkauf
aufgemachte Erzeugnisse der Position 3004 KN dar. Infolgedessen
seien sie in die Position 1211 KN einzureihen. Die von der
Klägerin vorgenommenen Tätigkeiten bewirkten keinen
Positionswechsel, so dass sie sich lediglich als
handelsübliche Manipulationen darstellten. Der Schwerpunkt der
wirtschaftlichen Tätigkeit liege daher auf dem Ankauf und dem
Verkauf von Waren ein und derselben Verarbeitungsstufe und nicht
auf der Herstellung von neuen Erzeugnissen, so dass die
Klägerin insgesamt betrachtet ein Großhandelsunternehmen
betreibe.
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat die Klage zu Recht
abgewiesen.
Da die Klägerin kein Unternehmen des
Produzierenden Gewerbes betreibt, steht ihr ein Erstattungsanspruch
nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 nicht
zu.
1. Nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a
MinöStG 1993 wird auf Antrag die Mineralölsteuer
erlassen, erstattet oder vergütet für u.a. nachweislich
gemäß § 3 MinöStG 1993 versteuerte Erd- und
Flüssiggase, die von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes
(§ 2 Nr. 3 StromStG in der jeweils geltenden Fassung) zu den
nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 3 sowie § 32
Abs. 1 MinöStG 1993 begünstigten Zwecken verwendet worden
sind. Ein Entlastungsanspruch wird somit nur gewährt, wenn der
Betrieb als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes einzustufen
ist.
Durch den Klammerzusatz in § 25 Abs. 1
Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 wird ausdrücklich die
Definition der Unternehmen des Produzierenden Gewerbes in § 2
Nr. 3 StromStG in Bezug genommen, nach der es sich u.a. um
Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes handeln muss, die einem
entsprechenden Wirtschaftszweig der WZ 93 zuzuordnen sind. Wie der
Senat wiederholt entschieden hat, handelt es sich bei der
Verweisung auf die Klassifikation der Wirtschaftszweige um eine an
das Gemeinschaftsrecht (NACE) angelehnte und verfassungsrechtlich
nicht zu beanstandende Typisierung (Senatsurteil vom 24.8.2004 VII
R 23/03, BFHE 207, 88 = SIS 04 40 21).
a) Entgegen der Rechtsauffassung der
Klägerin sind die Finanzbehörden nicht an die Einordnung
eines Unternehmens in die WZ 93 durch die Statistikbehörden
gebunden. Vielmehr steht dem jeweils zuständigen Hauptzollamt
ein eigenständiges Prüfungsrecht zu, dessen Ausübung
in Einzelfällen zu einem abweichenden Ergebnis führen
kann.
aa) Wie das FG zu Recht geurteilt hat, weist
§ 15 Abs. 1 und 8 StromStV auf eine eigenständige
Prüfungskompetenz hin. Denn bei Annahme einer unbedingten
Bindungswirkung einer von den Statistikbehörden vorgenommenen
Einordnung bliebe für das HZA kein Handlungsspielraum, auf
Antrag über die Zuordnung eines Unternehmens nach § 2 Nr.
3 und 5 StromStG zu einem Abschnitt oder gegebenenfalls einer
Klasse oder Unterklasse der WZ 93 eigenständig zu entscheiden.
Da eine diesbezügliche Einschränkung nicht vorgenommen
worden ist, kann ein solcher Antrag selbst dann gestellt werden,
wenn dem Unternehmen bereits eine Auskunft der
Statistikbehörden vorliegt. Über die Gewährung der
energiesteuerrechtlichen Begünstigung, für die eine
Einordnung des Unternehmens in die WZ 93 zwingend erforderlich ist,
entscheidet das Hauptzollamt in eigener Zuständigkeit; dabei
ist es nach den mineralölsteuerrechtlichen Vorschriften nicht
verpflichtet, die Einstufung des Betreibers in die Klassifikation
der Wirtschaftszweige in Abstimmung mit den Statistikbehörden
vorzunehmen. Wie der Senat entschieden hat, gilt dies selbst in den
Fällen, in denen sich die Tätigkeit des Antragstellers
einer eindeutigen und daher ohne Schwierigkeiten vorzunehmenden
Klassifizierung entzieht, so dass Unsicherheiten hinsichtlich der
zutreffenden Einordnung in die Klassifikation der Wirtschaftszweige
bestehen und gegebenenfalls verbleiben (Senatsbeschluss vom
31.1.2008 VII B 88/07, BFH/NV 2008, 991 = SIS 08 21 40). Selbst in
diesen Fällen liegt die Entscheidungskompetenz bei den
Hauptzollämtern, denn ein formalisiertes
Konsultationsverfahren hat der Gesetzgeber bewusst nicht
vorgesehen. Aufgrund der Zielsetzung und der Systematik der
energiesteuerrechtlichen Vorschriften liegt es auf der Hand, dass
sich diese Prüfungsbefugnis nicht nur auf
stromsteuerrechtliche, sondern auch auf
mineralölsteuerrechtliche Begünstigungen bezieht, die an
die Einstufung eines Unternehmens als solches des Produzierenden
Gewerbes anknüpfen.
bb) Die zum Investitionszulagengesetz 1993
ergangenen Entscheidungen (z.B. BFH-Urteile vom 7.3.2002 III R
44/97, BFHE 198, 169, BStBl II 2002, 545 = SIS 02 10 49; vom
23.3.2005 III R 20/00, BFHE 209, 186, BStBl II 2005, 497 = SIS 05 21 67, und vom 29.1.1991 III R 55/89, BFH/NV 1991, 559), nach denen
das Finanzamt in aller Regel eine solche Einordnung zu
übernehmen hat, sofern diese nicht offensichtlich unzutreffend
ist, lassen sich auf das Energiesteuerrecht nicht übertragen.
Abgesehen davon, dass diese Rechtsprechung den Finanzämtern
keine starre Bindung an die von den Statistikbehörden
getroffene Einordnung auferlegt, steht einer Übertragung
dieser Rechtsprechung auf das Energiesteuerrecht bereits der
schlichte Umstand, dass der Gesetzgeber den Hauptzollämtern
gemäß § 11 Nr. 4 StromStG i.V.m. § 15 Abs. 1
und Abs. 8 StromStV eine eigenständige Entscheidungsbefugnis
zuerkannt hat, entgegen. Auch eine Pflicht zur Abstimmung des
Einordnungsergebnisses mit den Statistikbehörden ist nicht
vorgesehen, so dass davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber den
Entscheidungsträgern eine eigene Sachkompetenz zugetraut und
unterstellt hat.
Dies schließt nicht aus, dass in
Einzelfällen die Einholung einer Auskunft des zuständigen
Landesamtes für Statistik oder des Statistischen Bundesamtes
durchaus sinnvoll sein und die Entscheidungsfindung des
Hauptzollamts wesentlich erleichtern kann.
2. Zu Recht hat das FG entschieden, dass die
Klägerin nicht als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes
i.S. von § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993
eingestuft werden kann. Vielmehr liegt der Schwerpunkt ihrer
Tätigkeit im Handel mit zum menschlichen Verzehr bestimmten
Heil- und Gewürzpflanzen, die lediglich handelsüblichen
Manipulationen unterzogen werden, so dass die Tätigkeit
insgesamt Abschnitt G Unterklasse 51.38.3 WZ 93 (Großhandel
mit Nahrungsmitteln a.n.g.) zuzuordnen ist.
a) Nach den Feststellungen des FG liegt der
Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin (81 v.H. der
Wertschöpfung) im Handel mit Sonderkulturen. Die Klägerin
bezieht erntefrisch Heil- und Gewürzpflanzen, die sie
verschiedenen Behandlungen unterzieht. Die einzelnen Behandlungen
liegen im Waschen, Zerkleinern, Trocknen und Schneiden von Wurzeln
sowie im Trocknen, Schneiden, Sichten und Fraktionieren von Kraut-
und Blütendrogen. Diese Produkte werden von der Klägerin
- allerdings nicht in Aufmachung für den Einzelverkauf -
verpackt und ungemischt und nicht dosiert an andere Unternehmen
weiterverkauft, die Tees z.B. in Aufgussbeutel abfüllen,
verschiedene Teesorten zu offenen Tees mischen oder
Extraktionsschnitte für spezielle Extrakte sowie Pulver
für Kapseln und andere Darreichungsformen herstellen.
Nach den für den Abschnitt G (Handel)
maßgeblichen Regeln für die Klassifizierung
statistischer Einheiten (vgl. Vorbemerkungen Ziffer 3.5) besteht
die Haupttätigkeit der von Abschnitt G erfassten Unternehmen
im Handel mit Waren, die vom Verkäufer nicht mehr als im
Handel üblich verändert wurden. Zur handelsüblichen
Manipulation, die die wesentliche Beschaffenheit der Ware nicht
beeinträchtigt, zählen z.B. Sortieren, Trennen,
Zusammenstellen und Verpacken. Dieser nicht als abschließend
zu betrachtenden Aufzählung ist zu entnehmen, dass für
statistische Zwecke nur solche Tätigkeiten als Verarbeitung
oder Herstellung anzusehen sind, bei denen das Einwirken auf die
Ware zu einer nicht unerheblichen Veränderung ihrer
stofflichen Zusammensetzung führt, so dass ein Produkt
entsteht, das von den verwendeten Ausgangsstoffen verschieden ist.
Selbst das Mischen von Kaffee-Extrakten hat der erkennende Senat
lediglich als handelsübliche Manipulation eingestuft
(BFH-Urteil in BFHE 207, 88 = SIS 04 40 21). Dieses Ergebnis wird
durch die Neufassung der Klassifikation der Wirtschaftszweige
(Ausgabe 2003) gestützt, nach der im Rahmen der
Erläuterungen zum Abschnitt G „Handel“
beispielhaft das Verschneiden von Wein als geringfügige
Verarbeitung eingestuft wird, die keine für die Einstufung des
Vorgangs als Tätigkeit des verarbeitenden Gewerbes
erforderliche echte Umwandlung darstellt.
Sofern die Tätigkeiten im Lohnauftrag
ausgeführt werden, handelt es sich beim Reinigen, Beschneiden,
Sortieren, Schälen, Rösten, Kühlen und Verpacken
landwirtschaftlicher Erzeugnisse nach Abschnitt A Unterklasse
01.41.1 WZ 93 um die Erbringung von Dienstleistungen auf der
landwirtschaftlichen Erzeugerstufe im Pflanzenbau. Diese Zuordnung
belegt, dass unter statistischen Gesichtspunkten Dienstleistungen
vorliegen, die nach den mineralölsteuerrechtlichen Vorgaben -
sofern sie nicht der Land- und Forstwirtschaft zugeordnet werden
können - von einer Begünstigung ausgeschlossen sind. Im
Streitfall kommt eine Zuordnung der Tätigkeiten zu Abschnitt A
WZ 93 jedoch nicht in Betracht, da die Klägerin nicht auf der
Erzeugerstufe und auch nicht im Lohnauftrag tätig ist.
b) Dass die bloße Sichtung, Sortierung
und Lagerung von Pflanzen und Pflanzenteilen keine Verarbeitung
darstellt, bedarf keiner näheren Erläuterung. Auch die
mechanische Reinigung (z.B. Befreiung einer Wurzel von Erdresten)
sowie das Waschen und anschließende Trocknen können
nicht als Bearbeitungsvorgänge angesehen werden, die über
eine handelsübliche Manipulation hinausgehen. Allenfalls das
Schneiden und Zerkleinern (einschließlich des sog. Rollens
als Vorstufe zur Fermentierung) könnte unter bestimmten
Voraussetzungen Teil eines Verarbeitungsprozesses zur Herstellung
eines neuen Produktes sein.
c) Weder in der Einzelbetrachtung noch in
einer wertenden Gesamtschau können die Tätigkeiten der
Klägerin als Tätigkeiten des verarbeitenden Gewerbes
(Herstellung von teeähnlichen Getränken, wie
Kräuter- oder Früchtetees) eingestuft werden. Erst bei
den Abnehmern der Produkte dürfte eine Bearbeitung
stattfinden, die zur Entstehung eines neuen Erzeugnisses
führt. Nach den statistischen Vorgaben gehört zum
verarbeitenden Gewerbe die Herstellung von Tee, Mate und
Kräutertees sowie das Verpacken von Tee, auch in Teebeuteln
(Unterabschnitt DA Unterklasse 15.86.1 WZ 93). Die
ausdrückliche Erwähnung von Teebeuteln deutet darauf hin,
dass die Verpackung für den Einzelverkauf - und nicht für
den Großhandel - erfolgen muss. Die Herstellung von
Schwarztee nach der sog. orthodoxen Methode erfolgt durch Welken,
Rollen, Fermentieren, Trocknen, Sieben und Sortieren. Auch bei
Kräutertees kommt eine Fermentierung (einschließlich des
hierzu notwendigen Rollens) in Betracht. Früchtetees werden zu
einem großen Teil im sog.
„Trommel-Verfahren“ durch Mischen von
Fruchtstücken, Fruchtschalen, Blüten, Gewürzen,
teilweise unter Zugabe von ätherischen Ölen, Aromen oder
Vitamin C hergestellt. Die Gesamtheit dieser Tätigkeiten
übt die Klägerin unstreitig nicht aus, vielmehr stellt
sie den Abnehmern unvermischt Blätter, Blüten und andere
Teile von Heil- und Gewürzpflanzen zur Verfügung, die
erst von den Abnehmern, die über die endgültige
Verwendung entscheiden, für den Einzelverkauf gemischt bzw.
hergerichtet werden. Folglich betreibt die Klägerin einen
Großhandel mit Rohstoffen und Vorerzeugnissen pflanzlichen
Ursprungs für Nahrungsmittel und Getränke. Das HZA hat
die Tätigkeit somit zutreffend in Abschnitt G Unterklasse
51.38.3 WZ 93 eingeordnet. Dabei ist der angefochtenen
Einspruchsentscheidung, deren Begründung sich das FG
ausdrücklich zu eigen gemacht hat, nicht zu entnehmen, dass
das HZA seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt
hat, dass die Behandlung der Erzeugnisse durch die Klägerin
nicht zu einem Positionswechsel innerhalb der KN führt.
Ergänzende Überlegungen des HZA in dieser Hinsicht sowie
die Ausführungen des FG können somit nicht als allein
streitentscheidend angesehen werden. Es bedarf daher keiner
Entscheidung darüber, ob die Einordnung der Tätigkeit
eines Unternehmens in die WZ 93 ausschließlich auf eine
Einreihung der vertriebenen Erzeugnisse in die KN gestützt
werden könnte.
3. Soweit die Klägerin eine Verletzung
des Gehörsanspruchs aus Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes
durch verspätete Vorlage des Antwortschreibens des
Statistischen Bundesamtes in der mündlichen Verhandlung
rügt, genügt das Vorbringen nicht den an eine
ordnungsgemäße Darlegung dieses Verfahrensmangels zu
stellenden Anforderungen. Der bloße Hinweis der
Klägerin, dass sie in Kenntnis dieses Schriftstücks in
der mündlichen Verhandlung darauf eingegangen wäre,
reicht nicht aus. Im Übrigen war der Klägerin die erste
Stellungnahme des Statistischen Bundesamtes, die der Prüfer
des HZA im Rahmen der Außenprüfung eingeholt hatte,
spätestens seit der Zustellung der Einspruchsentscheidung
bekannt. Die zweite Stellungnahme deckt sich im Ergebnis weitgehend
mit der ersten, so dass es der Klägerin ohne weiteres
möglich gewesen wäre, sich rechtliches Gehör zu
verschaffen und auf das vorgelegte, zweiseitige Schreiben
einzugehen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat sie den
vermeintlichen Verfahrensverstoß in der mündlichen
Verhandlung auch nicht gerügt und keine sachentsprechenden
Anträge gestellt.
4. Schließlich kommt eine
Zurückverweisung der Sache an das FG wegen des behaupteten
Übergehens des Antrages, die von der Klägerin dem HZA
vorgelegten Steueranmeldungen als Antrag auf Erteilung einer
Erlaubnis nach § 9 Abs. 4 StromStG zu deuten, nicht in
Betracht. Denn es trifft nicht zu, dass das FG auf diesen Vortrag
nicht eingegangen sei. Vielmehr hat das FG in der
Urteilsbegründung ausgeführt, dass es offenbleiben
könne, ob die Steuererklärungen für die
nachfolgenden Jahre als Antrag nach § 9 Abs. 4 StromStG zu
werten seien. Damit hat es den Vortrag hinreichend
berücksichtigt, jedoch im Rahmen seiner Entscheidungsfindung
nicht als erheblich angesehen. Zudem geht es im vorliegenden
Streitfall nicht um eine stromsteuerrechtliche Begünstigung,
sondern ausschließlich um einen Erstattungsanspruch nach
§ 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993. In diesem
Zusammenhang hat das FG darauf hingewiesen, dass die Klage gegen
den Widerruf der Erlaubnis zur Entnahme steuerbegünstigten
Stroms von der Klägerin zurückgenommen worden ist.