Irrtümliche Annahme einer Leistungspflicht, vGA: Leistet der Geschäftsführer einer GmbH in der irrtümlichen Annahme einer vertraglichen Leistungspflicht eine Zahlung an einen vormaligen Gesellschafter, liegt hierin jedenfalls dann eine vGA, wenn die Begründung der nach der Vorstellung des Geschäftsführers bestehenden Leistungspflicht als vGA zu beurteilen wäre. - Urt.; BFH 29.4.2008, I R 67/06; SIS 08 29 12
A. Streitpunkte sind, ob eine Zahlung an
eine frühere Gesellschafterin der Klägerin,
Revisionsklägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) als
verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) anzusehen ist und ob in der
Bilanz der Klägerin zum 31.12.1996 eine Rückstellung
für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften
(Drohverlustrückstellung) bzw. eine
Verbindlichkeitsrückstellung zu bilden war. Streitjahre sind
1996 bis 1999.
Sachverhalt vGA:
Die Klägerin, eine GmbH, betrieb in
den Streitjahren als eines von mehreren Unternehmen eines
Verkehrsverbundes (VV) die Personenbeförderung im
Omnibus-Überlandlinienverkehr. Ihre alleinige Gesellschafterin
war zunächst die X-GmbH. Diese veräußerte die
Beteiligung mit Vertrag vom 22.12.1995 zum 1.1.1996 zu jeweils 12,5
% an insgesamt acht kommunale Verkehrsgesellschaften. In dem
Anteilsveräußerungsvertrag bekundeten die
Vertragsparteien Einigkeit darüber, dass bestimmte
Nachzahlungen oder Erstattungen (u.a. gemäß § 45a
des Personenbeförderungsgesetzes - PBefG - ), die sich
für die vergangenen Geschäftsjahre der Klägerin
ergeben, zu Lasten oder zu Gunsten der X-GmbH gehen sollten, soweit
sie nicht zum 31.12.1995 bilanzmäßig erfasst sein
würden. Die Ansprüche sollten unter Berücksichtigung
der steuerlichen Auswirkungen ermittelt und binnen eines Monats
nach ihrer Entstehung fällig werden.
Während des Jahres 1996 erhielt die
Klägerin eine das Jahr 1995 betreffende Erstattung nach §
45a PBefG. Sie passivierte in der Bilanz zum 31.12.1996 eine
diesbezügliche Verbindlichkeit gegenüber der X-GmbH von
2.862.569 DM und überwies diesen Betrag im November 1997 auf
Anweisung ihres Geschäftsführers G, der zu diesem
Zeitpunkt auch Geschäftsführer der X-GmbH war, an diese.
Nachdem die Klägerin im weiteren Verlauf zu der Erkenntnis
gelangt war, dass der X-GmbH aus dem
Anteilsveräußerungsvertrag ein Zahlungsanspruch
bezüglich der Erstattung nicht gegen die Klägerin,
sondern gegenüber den Anteilserwerbern zugestanden hatte,
forderte sie die im November 1997 geleistete Zahlung von der X-GmbH
zurück. Diese verweigerte die Rückzahlung. Die
Klägerin änderte ihre Bilanzen nunmehr dahin, dass sie
die passivierte Verbindlichkeit gegenüber der X-GmbH zum
31.12.1996 erfolgswirksam ausbuchte und in der Bilanz zum
31.12.1997 (nach Vornahme von Verrechnungen) eine
Erstattungsforderung gegen die X-GmbH im Betrag von 2.791.413,53 DM
aktivierte, diese jedoch wegen der Zahlungsverweigerung auf 0 DM
wertberichtigte. Die Parteien des Anteilskaufvertrages führten
hinsichtlich eines weiteren Erstattungsbetrages von 24 Mio. DM
(betreffend die Jahre 1991 bis 1994) einen Zivilrechtsstreit, der
mit einem oberlandesgerichtlichen Urteil vom Februar 2002 endete,
nach welchem die Anteilserwerber gegenüber der X-GmbH zur
Zahlung verpflichtet waren. Das Landgericht als Vorinstanz hatte
die Erwerber demgegenüber verurteilt, der X-GmbH die
Beträge aus dem Vermögen der Klägerin zu beschaffen.
Im Rahmen eines in der Folge abgeschlossenen Vergleichs hat die
Klägerin gegenüber der X-GmbH den
Rückzahlungsanspruch bezüglich der
streitgegenständlichen Auszahlung inzwischen
realisiert.
Der Beklagte, Revisionskläger und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) sah in der Zahlung vom
November 1997 eine vGA und rechnete deshalb dem Gewinn der
Klägerin unter Herstellung der Ausschüttungsbelastung
für das Jahr 1997 einen Betrag von 2.791.413 DM hinzu.
Sachverhalt
Drohverlustrückstellung:
Die Klägerin führte in den
Streitjahren den Linienverkehr (§ 42 PBefG) auf den einzelnen
Strecken auf der Grundlage jeweils mehrjähriger Genehmigungen
der zuständigen Bezirksregierung gemäß §§
9 ff. PBefG durch. Nach einem ab 1.1.1996 geltenden neuen
Einnahmenaufteilungsvertrag des VV sollten die von den einzelnen
Verkehrsunternehmen erzielten Beförderungseinnahmen in den
Folgejahren schrittweise um einen
„Fremdnutzerausgleich“ vermehrt oder vermindert werden.
Die Klägerin ermittelte bzw. prognostizierte unter
Berücksichtigung der Auswirkungen des neuen
Einnahmenaufteilungsvertrages für den Zeitraum 1997 bis 2001
auf der Basis sog. Spartenergebnisrechnungen der Jahre 1997 und
1998 und aus einer hieraus abgeleiteten Prognoseberechnung für
die Folgezeit für bestimmte Sparten des Personenverkehrs
folgende Verluste:
1997
|
1.400.000 DM
|
1998
|
6.650.000 DM
|
1999
|
7.515.000 DM
|
2000
|
3.758.000 DM
|
2001
|
2.017.000 DM
|
Gesamt:
|
21.340.000 DM
|
Im Wege einer im Jahr 1999 vorgenommenen
Bilanzberichtigung bildete die Klägerin in ihrer Bilanz zum
31.12.1996 hinsichtlich der prognostizierten Verluste eine
Drohverlustrückstellung im Betrag von 21.340.000 DM und
löste diese in den Bilanzen der Folgejahre sukzessive
gewinnerhöhend auf.
Das FA erkannte die
Drohverlustrückstellung und deren nachfolgende
Auflösungen im Rahmen der körperschaftsteuerlichen
Behandlung der Streitjahre (1996 bis 1999) und der
Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 1.1.1997 nicht
an.
Das Finanzgericht (FG) Köln hat dem
gegen die Behandlung der Zahlung vom November 1997 als vGA
gerichteten Begehren der Klägerin stattgegeben. Es
änderte die die Streitjahre 1997 und 1998 betreffenden
Bescheide dahin, dass für 1997 die Hinzurechnung der vGA
unterblieb und dass die Körperschaftsteuer für 1998 unter
Einbeziehung eines entsprechend höheren Verlustvortrags aus
dem Vorjahr festgesetzt wurde. Die die Nichtberücksichtigung
der Drohverlustrückstellung betreffende Klage hat es
abgewiesen. Sein Urteil vom 10.5.2006 13 K 67/03 wurde der
Klägerin am 7.8.2006 zugestellt und ist in EFG 2006, 1608 =
SIS 06 39 67 abgedruckt.
Gegen das Urteil richten sich die
Revisionen beider Beteiligten. Die Klägerin hat ihr
Rechtsmittel mit am 6.11.2006 - mithin nach Ablauf der
gemäß § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
am 9.10.2006 endenden Revisionsbegründungsfrist -
eingegangenen Schriftsatz begründet und zugleich wegen der
Fristversäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
beantragt. Nach ihrer Darstellung hat die mit der Fristenerfassung
betraute Mitarbeiterin der von ihr mit der Prozessvertretung
beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nach Zustellung
des FG-Urteils versehentlich nicht zusätzlich zu der bereits
von der Fristenkontrollsoftware automatisch erfassten Frist zur
Einlegung der Revision auch die Revisionsbegründungsfrist in
das Fristenkontrollblatt eingetragen. So sei zwar die Akte dem
sachbearbeitenden Rechtsanwalt Y rechtzeitig vor Ablauf der Frist
zur Revisionseinlegung vorgelegt worden, nicht aber ein weiteres
Mal vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist. Hilfsweise
verfolgt die Klägerin ihr Begehren im Rahmen einer
Anschlussrevision.
Das FA beantragt (sinngemäß),
das angefochtene Urteil bezogen auf die geänderten
Steuerbescheide für 1997 und 1998 aufzuheben und die Klage
insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt
(sinngemäß), das FG-Urteil aufzuheben und die
angefochtenen Bescheide des FA dahin abzuändern, dass zum
31.12.1996 eine Rückstellung im Betrag von 21.340.000 DM zu
passivieren ist.
Beide Beteiligten beantragen, die Revision
der jeweils anderen Seite zurückzuweisen.
B. Die Revision des FA hat Erfolg,
während Revision und Anschlussrevision der Klägerin
unzulässig sind.
I. Die Revision der Klägerin ist wegen
der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist
unzulässig. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gemäß § 56 FGO kann nicht bewilligt werden.
1. Wiedereinsetzung ist zu gewähren, wenn
jemand ohne Verschulden an der Einhaltung der gesetzlichen Frist
gehindert war (§ 56 Abs. 1 FGO). Hiernach schließt jedes
Verschulden - also auch einfache Fahrlässigkeit - die
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (Beschlüsse des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11.10.1991 VII R 32/90, BFH/NV 1994,
553; vom 25.4.2005 VIII B 42/02, BFH/NV 2005, 1821 = SIS 05 40 72;
vom 18.1.2007 III R 65/05, BFH/NV 2007, 945 = SIS 07 62 10). Der
Beteiligte muss sich ein Verschulden seines
Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 155 FGO
i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO - ).
2. Im Streitfall trifft nach dem von der
Klägerin geschilderten Sachverhalt die mit ihrer
Prozessvertretung beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
ein Verschulden an der Fristversäumnis. Der von dieser mit der
Bearbeitung der Sache betraute Rechtsanwalt Y hätte
nämlich nach Vorlage der Handakte zur Anfertigung der
Revisionsschrift prüfen müssen, ob in dem
Fristenkontrollblatt eine Revisionsbegründungsfrist
eingetragen ist. Hätte er dies getan, wäre ihm das
versehentliche Unterlassen des Fristeintrags seitens der
Kanzleiangestellten nicht verborgen geblieben.
Ein Prozessbevollmächtigter hat den
Ablauf einer Rechtsmittelbegründungsfrist eigenverantwortlich
zu prüfen, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer
fristgebundenen Prozesshandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung,
vorgelegt werden oder sich sonst die Notwendigkeit einer
Überprüfung aufdrängt (vgl. Beschlüsse des
Bundesgerichtshofs vom 3.5.1984 VII ZB 6/84, Versicherungsrecht
1984, 662; vom 11.2.1992 VI ZB 2/92, NJW 1992, 1632; vom 5.2.1998
VII ZB 8/97, HFR 1998, 938; vom 6.2.2007 VI ZB 41/06, NJW 2007,
1599; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl.,
§ 56 Rz 20
„Revisionsbegründungsfrist“). Deshalb
obliegt dem Prozessbevollmächtigten bei Fertigung der
Revisionsschrift neben der Kontrolle der Frist zur Einlegung der
Revision auch die Prüfung, ob im Fristenkontrollblatt eine
Revisionsbegründungsfrist notiert ist. Das gilt jedenfalls
dann, wenn - wie im Streitfall - die in der Kanzlei des
Prozessbevollmächtigten verwendete Fristenkontrollsoftware
automatisch nur die Revisionseinlegungsfrist, nicht aber auch die
Revisionsbegründungsfrist erfasst. Dadurch ergibt sich
organisationsbedingt ein erhöhtes Risiko, dass die manuelle
Erfassung der Revisionsbegründungsfrist durch das
Kanzleipersonal versehentlich unterlassen wird und das Fehlen der
Erfassung unbemerkt bleibt. Auf die Frage, ob die
Revisionsbegründungsfrist nach der am 1.1.2001 in Kraft
getretenen Neuregelung des Fristbeginns gemäß § 120
Abs. 2 FGO durch das Zweite Gesetz zur Änderung der
Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 21.12.2000 (BGBl I
2000, 1757) weiterhin nicht zu den üblichen, häufig
vorkommenden und einfach zu berechnenden Fristen gehört,
hinsichtlich derer der Prozessbevollmächtigte bei der
Prüfung und Überwachung des Personals zu besonderer
Sorgfalt gehalten ist (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2007, 945
= SIS 07 62 10; vom 24.1.2005 III R 43/03, BFH/NV 2005, 1312 = SIS 05 32 19, m.w.N.), kommt es hier nicht an. Denn das
Vertreterverschulden besteht im Streitfall darin, dass Y bei
Vorlage der Akte nicht darauf geachtet hat, dass überhaupt
eine Revisionsbegründungsfrist im Fristenkontrollblatt
eingetragen war. Ob eine solche Prüfungspflicht bestanden hat,
hat mit der Fristberechnung als solcher nichts zu tun und ist
deshalb unabhängig von deren Schwierigkeitsgrad zu
beurteilen.
Ebenso wenig bedarf der Erörterung, ob
ein Organisationsverschulden der Prozessbevollmächtigten der
Klägerin darin zu sehen ist, dass in deren schriftlicher
Büroanweisung zur Fristen- und Terminkontrolle nicht
ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass bei der
Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil sowohl die Revisions-
als auch die Revisionsbegründungsfrist einzutragen sind, die
verwendete Fristenkontrollsoftware aber nur die Revisionsfrist
automatisch erfasst. Gleiches gilt für die Frage, ob ein
etwaiges Organisationsverschulden durch die von der Klägerin
vorgetragene mündliche Anweisung zur Fristeintragung an die
dafür zuständige Mitarbeiterin durch den
„Teamleiter“ kompensiert worden sein
könnte.
3. Das Verschulden des Rechtsanwalts Y ist der
Klägerin zuzurechnen. Da dieser die Revisionsschrift im Namen
der prozessbevollmächtigten
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer AG, unterzeichnet hat,
ist davon auszugehen, dass er als deren Unterbevollmächtigter
gehandelt hat. Ein Verschulden des Unterbevollmächtigten ist
dem vertretenen Prozessbeteiligten zuzurechnen (vgl. BFH-Beschluss
vom 11.5.1988 II B 8/88, BFH/NV 1989, 311).
II. Auch die hilfsweise Geltendmachung der
Revisionsanträge im Rahmen der Anschlussrevision ist
unzulässig.
1. Die Anträge auf Abänderung der
Bescheide über die Steuerfestsetzungen und Feststellungen
betreffend die Streitjahre 1996 und 1999 können im Rahmen der
Anschlussrevision nicht geltend gemacht werden. Die
gemäß § 155 FGO i.V.m. § 554 ZPO im
Finanzgerichtsprozess statthafte Anschlussrevision ist kein
Rechtsmittel im eigentlichen Sinne, sondern ein prozessualer Antrag
innerhalb des vom Gegner eingelegten Rechtsmittels (Hauptrevision).
Wenn Gegenstand des angefochtenen Urteils mehrere Verwaltungsakte
sind und die Hauptrevision sich nur gegen einen dieser
Verwaltungsakte richtet, kann das angefochtene Urteil daher
hinsichtlich der anderen Verwaltungsakte mit einer
Anschlussrevision nicht mehr angegriffen werden (vgl. Senatsurteil
vom 17.10.1984 I R 22/79, BFHE 142, 276, BStBl II 1985, 69 = SIS 85 02 16; BFH-Urteil vom 8.3.2007 IV R 41/05, BFH/NV 2007, 1813 = SIS 07 31 94, m.w.N.).
Im Streitfall bezieht sich die Revision des FA
nur auf die Körperschaftsteuerbescheide 1997 und 1998 und die
Bescheide über die Festsetzung der Besteuerungsgrundlagen nach
§ 47 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1996)
auf den 31.12.1997 und auf den 31.12.1998. Die weiteren von der
Klage umfassten Bescheide sind hingegen mit Ablauf der
Revisionsbegründungsfrist bestandskräftig geworden und
können nicht mehr zum Gegenstand der Anschlussrevision gemacht
werden.
2. Aber auch im Hinblick auf die
Körperschaftsteuerbescheide 1997 und 1998 sowie die
Feststellungsbescheide nach § 47 Abs. 2 KStG 1996 auf den
31.12.1997 und auf den 31.12.1998 ist die Anschlussrevision
unzulässig, weil es insoweit an einem
Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin fehlt. Die
Klägerin wendet sich mit ihrer Anschlussrevision dagegen, dass
das FG - weil es die von ihr gebildete Drohverlustrückstellung
für 1996 nicht anerkannt hat - die vorbezeichneten Bescheide
nicht dahin abgeändert hat, dass zum 31.12.1997 und zum
31.12.1998 (gewinnerhöhende) Teilauflösungen der
Drohverlustrückstellung nach § 52 Abs. 6a Satz 2 des
Einkommensteuergesetzes 1997 - EStG 1997 - (jetzt § 52 Abs. 13
EStG 2002) um 25 % bzw. 15 % des Rückstellungsbetrages
berücksichtigt werden.
Auf die Jahre 1997 und 1998 bezogen macht die
Klägerin mit der Anschlussrevision mithin die
Berücksichtigung eines höheren Gewinns geltend; sie
fordert letztlich eine höhere Körperschaftsteuer, als sie
vom FA - unter Einschluss der streitgegenständlichen vGA -
festgesetzt worden ist. Die Festsetzung einer zu niedrigen Steuer
ist aber grundsätzlich nicht als Verletzung eines subjektiven
Rechts des Steuerpflichtigen anzusehen (vgl. BFH-Urteil vom
7.11.2000 III R 23/98, BFHE 193, 383, BStBl II 2001, 338 = SIS 01 04 90; BFH-Beschluss vom 20.12.2006 VIII B 111/05, BFH/NV 2007, 699
= SIS 07 09 34) und kann deshalb, wenn sie vom FG bestätigt
wird, auch kein Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung
einer Anschlussrevision begründen.
Soweit der BFH ausnahmsweise eine
Rechtsverletzung in Fällen bejaht hat, in denen die
Festsetzung der zu niedrigen Steuer die Folge eines Bilanzansatzes
ist, der sich in vorhergehenden Veranlagungszeiträumen zu
Ungunsten des Steuerpflichtigen ausgewirkt hat (BFH-Urteil vom
13.12.1984 VIII R 273/81, BFHE 143, 238, BStBl II 1985, 394 = SIS 85 11 14; BFH-Beschluss vom 9.9.2005 IV B 6/04, BFH/NV 2006, 22 =
SIS 06 02 33; Senatsurteil vom 24.10.2006 I R 2/06, BFHE 215, 230,
BStBl II 2007, 469 = SIS 07 08 83), vermag dies ein
Rechtsschutzbedürfnis nicht mehr zu begründen, wenn der
ungünstige Bilanzansatz aus dem früheren
Veranlagungszeitraum unanfechtbar geworden ist. Das ist hier der
Fall, nachdem die Steuerfestsetzung für 1996 ohne
Berücksichtigung der Drohverlustrückstellung nach Ablauf
der Revisionsbegründungsfrist in Bestandskraft erwachsen
ist.
III. Die Revision des FA ist begründet
und führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO
zur Abweisung der Klage. Das FA hat die Ende 1997 von der
Klägerin an die X-GmbH geleistete Zahlung im Betrag von
2.791.413 DM zu Recht als vGA behandelt und insoweit für 1997
die Ausschüttungsbelastung nach § 27 KStG 1996
hergestellt.
1. Unter einer vGA i.S. von § 8 Abs. 3
Satz 2 KStG 1996 ist eine Vermögensminderung (verhinderte
Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe
des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1
EStG 1997 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1996 auswirkt und in keinem
Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den
größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat
die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen,
wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen
Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines
ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem
Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige
Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa Urteile vom 16.3.1967 I
261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626 = SIS 67 03 93; vom
7.8.2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131 = SIS 03 06 05; vom 28.6.2006 I R 108/05, BFH/NV 2007, 107 = SIS 06 48 71).
2. Nach diesen Maßstäben ist die
streitbefangene Zahlung als vGA zu Gunsten der früheren
Gesellschafterin X-GmbH zu beurteilen.
a) Die Zahlung hat das Vermögen der
Klägerin verringert und den nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG
1997 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1996 - ohne Berücksichtigung
der Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1996 zu
ermittelnden (vgl. Senatsurteil vom 14.9.1994 I R 6/94, BFHE 175,
412, BStBl II 1997, 89 = SIS 95 05 20) - Unterschiedsbetrag auf den
31.12.1997 reduziert. Nach den Feststellungen des FG und nach
übereinstimmender Sicht der Beteiligten hat eine
Leistungspflicht der Klägerin nicht bestanden und ist deshalb
mit der Zahlung nicht zugleich eine zuvor bestehende
Verbindlichkeit der Klägerin gewinnerhöhend
erloschen.
Der Verringerung des Unterschiedsbetrages
steht nicht entgegen, dass nach Annahme des FG infolge der Zahlung
auf eine in Wirklichkeit nicht bestehende eigene Schuld
gegenüber der X-GmbH in gleicher Höhe ein
zivilrechtlicher Erstattungsanspruch der Klägerin gegen diese
aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuches) entstanden ist. Der
Erstattungsanspruch darf schon deshalb nicht berücksichtigt
werden, weil zivilrechtliche Ansprüche der Gesellschaft gegen
den Gesellschafter, die sich aus einem als vGA zu qualifizierenden
Vorgang ergeben, stets als Einlageforderung gegen den
Gesellschafter zu behandeln sind, die erfolgsneutral zu aktivieren
und somit nicht geeignet ist, die durch die vorangegangene vGA
eintretende Vermögensminderung auszugleichen (vgl.
Senatsurteile vom 13.9.1989 I R 41/86, BFHE 158, 338, BStBl II
1989, 1029 = SIS 90 04 22; vom 29.5.1996 I R 118/93, BFHE 180, 405,
BStBl II 1997, 92 = SIS 96 21 23; Beschluss vom 13.10.1999 I B
164/98, BFH/NV 2000, 749 = SIS 00 55 85; BFH-Urteil vom 25.5.2004
VIII R 4/01, BFHE 207, 103 = SIS 05 01 84).
Im Übrigen war der Erstattungsanspruch -
wie das FG ebenfalls festgestellt hat - von der X-GmbH bestritten
worden und deshalb zum 31.12.1997 ohnehin nicht
aktivierungsfähig. Denn bestrittene Forderungen dürfen
aufgrund des auch im Steuerrecht zu beachtenden Vorsichtsprinzips
(§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 1997 i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 4
des Handelsgesetzbuches - HGB - ) erst am Schluss jenes
Wirtschaftsjahres aktiviert werden, in dem über den Anspruch
rechtskräftig entschieden wird oder in dem eine Einigung mit
dem Schuldner zustande kommt (Senatsurteile vom 26.4.1989 I R
147/84, BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213 = SIS 89 17 13; vom
17.9.2003 I R 91, 92/02, BFH/NV 2004, 182 = SIS 04 04 66;
BFH-Urteile vom 15.3.2000 II R 15/98, BFHE 191, 403, BStBl II 2000,
588 = SIS 00 08 59; vom 14.3.2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535,
BStBl II 2006, 650 = SIS 06 31 23).
b) Die Vermögensminderung ist entgegen
der Annahme des FG durch das Gesellschaftsverhältnis
veranlasst. An einen gesellschaftsfremden Dritten hätte ein
ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eine Zahlung
ohne Aussicht auf eine die Vermögensminderung kompensierende
Gegenleistung nicht vorgenommen. An der gesellschaftlichen
Veranlassung ändert es nichts, dass nach den - den Senat
gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden - tatrichterlichen
Feststellungen des FG G die Zahlung geleistet hat, weil er damit
einer nach seiner Vorstellung im
Anteilsveräußerungsvertrag zwischen der X-GmbH und den
Anteilserwerbern vom 22.12.1995 festgelegten eigenen
Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber der X-GmbH
bezüglich der für die Zeit bis Ende 1995 vereinnahmten
Erstattungen nach § 45a PBefG hat nachkommen wollen, eine
solche Zahlungspflicht objektiv aber nicht bestanden hat.
aa) Neben der objektiven
Vermögensminderung setzt die vGA grundsätzlich keine
subjektiven Handlungserfordernisse, mithin keine bestimmte
Ausschüttungsabsicht und keine Einigung zwischen
Gesellschafter und Gesellschaft über die
„verdeckte“ Zuwendung voraus (BFH-Urteil vom
28.1.1992 VIII R 207/85, BFHE 167, 90, BStBl II 1992, 605 = SIS 92 10 17). Die handelnde Person muss weder den Tatbestand der vGA
kennen noch das Geschehene rechtlich zutreffend würdigen
(Senatsurteil vom 3.12.1969 I R 107/69, BFHE 97, 524, BStBl II
1970, 229 = SIS 70 01 32). Nur wenn es - was bei der
streitgegenständlichen Zahlung nicht im Raum steht - an
jeglichem finalen Zuwendungswillen in Richtung eines
Vermögenstransfers zu Lasten der Gesellschaft und zu Gunsten
des Gesellschafters fehlt und feststeht, dass die
Vorteilsverschiebung nicht aus gesellschaftlichen Gründen
erfolgt ist, kann eine vGA mangels konkreter Veranlassung im
Gesellschaftsverhältnis ausscheiden (vgl. Gosch, KStG, §
8 Rz 276, 285; Schulte in Erle/Sauter,
Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl., § 8 Rz 156, jeweils
m.w.N.).
bb) Soweit zum Teil angenommen wird, ein
subjektiver Entschuldigungsgrund - z.B. die Unerfahrenheit des
Handelnden - könne auf das Fehlen einer konkreten Veranlassung
im Gesellschaftsverhältnis schließen lassen (vgl. Gosch,
a.a.O., § 8 Rz 277; Wassermeyer, DB 2001, 2465; a.A.
Blümich/Rengers, § 8 KStG Rz 374), kommt der Rechtsirrtum
des G als ein derartiger Entschuldigungsgrund nicht in Betracht.
Denn auch auf der Grundlage der Vorstellung des G hätte die
Zahlung an die vormalige Gesellschafterin den Vollzug einer vGA
bewirkt. Wäre die Klägerin nämlich - entsprechend
der Vorstellung des G - aus dem
Anteilsveräußerungsvertrag tatsächlich
gegenüber der als Gesellschafterin ausscheidenden X-GmbH zur
Zahlung verpflichtet gewesen, wäre in der Begründung
einer solchen Verbindlichkeit eine durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung -
und damit eine vGA - zu sehen. Die Verankerung der nicht durch eine
Gegenleistung kompensierten Zahlungspflicht im
Anteilsveräußerungsvertrag hätte aus
wirtschaftlicher Sicht dazu gedient, den der X-GmbH zustehenden
Anteilskaufpreis für die Geschäftsanteile zu justieren,
so dass der Beweggrund für die Begründung der
Verbindlichkeit ausschließlich in der Interessensphäre
der Anteilseigner und nicht im betrieblichen Bereich der
Klägerin gelegen hätte. Mithin hat sich der Irrtum des G
lediglich auf den rechtlichen Bestand des Zahlungsanspruchs, nicht
aber auch auf den Charakter der Zuwendung als vGA bezogen.
Anders als die Klägerin meint, ist es in
diesem Zusammenhang nicht von wesentlicher Bedeutung, dass auf der
Grundlage der Vorstellung des G die vGA bereits in der
vermeintlichen Begründung der Zahlungspflicht durch den im
Jahr 1996 abgeschlossenen Anteilsveräußerungsvertrag
gelegen hätte - und folglich die Hinzurechnung der vGA bereits
für das Wirtschaftsjahr 1996 vorzunehmen gewesen wäre -,
während nach objektiver Rechtslage - mangels Begründung
einer Zahlungspflicht und Passivierung einer entsprechenden
Verbindlichkeit im Vorjahr - die vGA erst mit dem
Vermögensabfluss im Jahr 1997 eingetreten ist. Denn bei der
Prüfung der subjektiven Vorstellung des G im Rahmen eines
möglichen Entschuldigungsgrundes kann es nur um die Kenntnis
vom grundsätzlichen vGA-Charakter der Zuwendung gehen, nicht
aber darum, ob der Geschäftsführer subjektiv auch das
zutreffende Wirtschaftsjahr erkennt, in dem die vGA
buchungstechnisch zu erfassen ist.
c) Die Bewertung als innerbetriebliche
Schadenszufügung ohne Bezug zum Gesellschaftsverhältnis
lässt sich entgegen der Auffassung des FG nicht damit
begründen, dass G die Auszahlung in Unkenntnis der
Anteilserwerber getätigt hat, die zum Zahlungszeitpunkt
Gesellschafter der Klägerin gewesen sind. Zwar können
Bilanzierungsfehler, die eine Vermögensverlagerung zugunsten
der Gesellschafter abbilden, unter Umständen dann nicht zur
Annahme einer vGA führen, wenn sie ohne Kenntnis und Billigung
der Gesellschafter erfolgt sind (vgl. Senatsurteil vom 24.3.1998 I
R 88/97, BFH/NV 1998, 1374 = SIS 98 20 27; Senatsbeschluss vom
17.11.1999 I B 38/99, BFH/NV 2000, 751 = SIS 00 55 87 - Leitsatz -
; BFH-Beschluss vom 5.4.2004 X B 130/03, BFH-Report 2004, 779;
Gosch, a.a.O., § 8 Rz 666). Im Streitfall geht es jedoch nicht
um die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine bilanzielle
Fehlbuchung mit einer realen Vermögensminderung gleichgesetzt
werden kann. Hier ist die vGA nämlich nicht in einer
fehlerhaften bilanziellen Darstellung der Vermögenslage zu
sehen - die nicht bestehende Verbindlichkeit wurde im Wege der
Bilanzberichtigung wieder ausgebucht -, sondern es ist zu einem
tatsächlichen Vermögenstransfer zugunsten der vormaligen
Gesellschafterin gekommen. Insoweit reicht für die Zurechnung
der Handlung des G zur Klägerin dessen Organstellung als
Geschäftsführer (vgl. Senatsurteil in BFHE 158, 338,
BStBl II 1989, 1029 = SIS 90 04 22; BFH-Urteil in BFHE 167, 90,
BStBl II 1992, 605 = SIS 92 10 17). Ein Einverständnis der
Gesellschafter ist - wie oben ausgeführt - nicht
erforderlich.
d) Die X-GmbH war zum Zahlungszeitpunkt noch
geeignete Empfängerin einer vGA, weil Leistungen an
frühere Gesellschafter als vGA beurteilt werden können,
wenn sie - wie hier aus Sicht des G der Fall - mit Blick auf deren
frühere Gesellschafterstellung erbracht werden (Senatsurteile
vom 22.6.1977 I R 171/74, BFHE 123, 321, BStBl II 1978, 33 = SIS 78 00 19; vom 10.11.1993 I R 36/93, BFH/NV 1994, 827; BFH-Beschluss in
BFH-Report 2004, 779; Blümich/Rengers, § 8 KStG Rz 395;
Gosch, a.a.O., § 8 Rz 211).
3. Die Ausschüttungsbelastung nach §
27 Abs. 1 KStG 1996 ist für das Jahr 1997 herzustellen. Denn
es handelt sich bei der in diesem Jahr abgeflossenen vGA um eine
„andere Ausschüttung“ gemäß
§ 27 Abs. 3 Satz 2 KStG 1996.