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Teilwertabschreibung eines notleidenden Darlehens, Abzinsung

Teilwertabschreibung eines notleidenden Darlehens, Abzinsung: 1. Im Rahmen der Teilwertabschreibung ist eine Forderung aus einem gekündigten Bankdarlehen, bei dem wegen fehlender Solvenz des Schuldners nur noch mit dem Eingang des den nominalen Forderungsbetrag unterschreitenden Erlöses aus der Sicherheitenverwertung und nicht mehr mit Zinszahlungen gerechnet werden kann, auf den Betrag des zu erwartenden Erlöses zu reduzieren und auf den Zeitpunkt abzuzinsen, zu dem mit dem Eingang des Erlöses zu rechnen ist. - 2. Bei lediglich eingeschränkter Solvenz des Schuldners eines ungekündigten Darlehens hängen Möglichkeit und Höhe einer Abzinsung der Darlehensforderung vom Umfang der noch zu erwartenden Teilleistungen auf die Forderung ab. - Urt.; BFH 24.10.2006, I R 2/06; SIS 07 08 83

Kapitel:
Unternehmensbereich > Gewinnermittlung > Teilwert
Fundstellen
  1. BFH 24.10.2006, I R 2/06
    BStBl 2007 II S. 469
    LEXinform 5004165

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 30.5.2007
    K.B. in INF 7/2007 S. 245
    W.D.H. in DStR 11/2007 S. 479
    T.K. in DStZ 9/2007 S. 260
    M.P. in FR 16/2007 S. 796
Normen
[EStG] § 5 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3, § 6 Abs. 1 Nr. 2
[FGO] § 40 Abs. 2
[HGB] § 253 Abs. 1 Satz 1, § 253 Abs. 3 Satz 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Baden-Württemberg, 15.12.2005, SIS 06 18 14, Wertberichtigung, Forderung, Bank, Abzinsung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BMF 21.3.2024, SIS 24 05 79, Einzelwertberichtigung bei Kreditinstituten: Das Bundesfinanzministerium hat zu den Voraussetzungen der A...
  • BFH 31.1.2024, SIS 24 13 68, Berücksichtigung von Beteiligungsverlusten bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG: 1. Die Beteiligung ...
  • BFH 16.12.2021, SIS 22 05 08, Ergänzungsbilanzgewinn als selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage, § 6 b EStG, Übertragung stiller...
  • BFH 28.11.2018, SIS 19 06 66, Keine Gewinnerhöhung durch Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens nach formwechselnder Umwandlung in ...
  • FG München 7.12.2016, SIS 18 03 99, Darlehen eines u.a. in der Hausverwaltung tätigen Einzelunternehmens an eine Bauträger-GmbH sowie Beteili...
  • BFH 2.12.2015, SIS 16 11 19, Bilanzierung mittels Credit Linked Notes (CLN) gesicherter Darlehensforderungen: 1. Die Bestimmungen des ...
  • BFH 29.7.2015, SIS 16 04 92, Zugehörigkeit von Beteiligungen zum notwendigen Betriebsvermögen, Erhöhung der Anschaffungskosten von Bet...
  • FG Hamburg 29.4.2015, SIS 15 17 65, Einkommensteuer, Wahl der Gewinnermittlungsart, Umfang des Betriebsvermögens eines gewerblichen Grundstüc...
  • OFD Nordrhein-Westfalen 15.4.2015, SIS 15 25 85, Land- und Forstwirte, ESt-Veranlagung 2013: Die OFD Nordrhein-Westfalen hat eine Verfügung zur Einkommens...
  • FG Hamburg 12.6.2014, SIS 14 23 42, Klagebefugnis gegen einen auf null lautenden Körperschaftsteuerbescheid, Teilwertabschreibung auf Darlehe...
  • BFH 5.6.2014, SIS 14 22 39, Keine Rückstellung für die ausschließlich gesellschaftsvertraglich begründete Pflicht zur Prüfung des Jah...
  • BFH 24.7.2013, SIS 14 03 77, Kein niedrigerer Teilwert eines bereits entstandenen, aber erst in einem späteren Veranlagungszeitraum fä...
  • BFH 12.6.2013, SIS 13 25 56, Rechtliches Gehör, Rückstellung für Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft: 1. Das FG verletzt seine Hinwei...
  • FG Hamburg 20.2.2013, SIS 13 15 62, Teilwertberichtigungen auf Darlehensforderungen, ausländische Tochtergesellschaft: Gewährt die Muttergese...
  • FG München 6.12.2012, SIS 13 29 27, Verdeckte Einlage bei Abtretung nicht werthaltiger Forderung, Bindungswirkung der Feststellungen der Auße...
  • BFH 24.10.2012, SIS 12 33 93, Keine Teilwertabschreibung wegen Unverzinslichkeit einer Forderung: Die auf der Unverzinslichkeit einer i...
  • FG Düsseldorf 7.12.2011, SIS 12 19 92, Zulässigkeit der Abzinsung einer Darlehensforderung: 1. Beruht die Unverzinslichkeit eines Mieterdarlehen...
  • Niedersächsisches FG 17.11.2011, SIS 12 05 43, Teilwertabschreibung auf an 100%-ige Tochtergesellschaften gewährte eigenkapitalersetzende Darlehen: 1. D...
  • Hessisches FG 13.9.2011, SIS 12 02 42, Berücksichtigung von Ausfallgarantien Dritter bei der Bewertung von effektiv ausfallgefährdeten Kreditfor...
  • Niedersächsisches FG 26.5.2011, SIS 11 31 39, Keine Rückstellung für eine freiwillige Prüfung des Jahresabschlusses: 1. Zu den Voraussetzungen der Bild...
  • FG Münster 11.4.2011, SIS 11 24 80, Teilwertabschreibung einer unverzinslichen Darlehensforderung: 1. Grundsätzlich ist der Teilwert einer un...
  • FG Köln 18.5.2010, SIS 10 34 64, Anwendbarkeit des § 8 b KStG in 2000: § 8 b Abs. 2 Satz 2 KStG ist in 2000 auf eine Beteiligung an einer ...
  • BFH 29.4.2008, SIS 08 29 12, Irrtümliche Annahme einer Leistungspflicht, vGA: Leistet der Geschäftsführer einer GmbH in der irrtümlich...
  • FinBeh Berlin 20.3.2008, SIS 08 20 16, Grundsteuererlass wegen wesentlicher Ertragsminderung: Ein Erlass der Senatsverwaltung für Finanzen Berli...
  • FG Berlin-Brandenburg 16.10.2007, SIS 08 22 41, Zurechnung von im eigenen Namen des Treuhänders aufgenommenen Darlehen beim Treugeber, Annahme von Dauers...

I. Streitig ist, ob im Rahmen der Wertberichtigung so genannter notleidender Bankkredite neben der Ausbuchung der uneinbringlich gewordenen Zinsen auch eine Abzinsung des Darlehenskapitals zulässig ist.

 

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Bank in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft. Sie nahm für die Streitjahre 1991 bis 1995 Einzelwertberichtigungen hinsichtlich notleidender Kreditengagements in zwei Fallgruppen vor:

 

Fallgruppe 1: Gekündigte Kreditverträge, bei denen die Klägerin nur noch die ihr zur Verfügung gestellten Sicherheiten verwerten konnte. Hier nahm die Klägerin von den zum Jahresende bestehenden jeweiligen Schuldsalden Einzelwertberichtigungen bis zur Höhe des erwarteten Wertes der vorhandenen Sicherheiten vor. Außerdem zinste sie diesen Wert hinsichtlich der Zeit bis zur voraussichtlichen Sicherheitenverwertung ab.

 

Fallgruppe 2: Kreditverträge, auf die die Schuldner zwar noch Ratenzahlungen leisteten, deren Höhe jedoch den vereinbarten Zins nicht abdeckte. Ein förmlicher Verzicht auf den Zinsanspruch wurde mit den Schuldnern nicht vereinbart. Hier nahm die Klägerin eine Wertberichtigung durch Ausbuchung der laufenden Zinsforderungen vor. Außerdem zinste sie die jeweiligen Schuldsalden bezogen auf den Zeitraum ab, der sich bei Anrechnung regelmäßiger Raten auf die Schuldsalden bis zu deren Tilgung ergab.

 

Für die Berechnung der Abzinsung legte die Klägerin ihren Refinanzierungszinssatz für Ausleihungen ohne Berücksichtigung eines banküblichen Unternehmergewinns zu Grunde. Die ursprünglichen Abzinsungen wurden durch allmähliche Zuschreibungen in den Folgejahren bis zum jeweiligen Laufzeitende neutralisiert.

 

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) erkannte die in den beiden Fallgruppen von der Klägerin vorgenommenen Abzinsungen im Rahmen der Festsetzung der Körperschaftsteuer für die Streitjahre dem Grunde nach nicht an. Hierdurch ergaben sich für die Jahre 1991 bis 1993 und 1995 jeweils Gewinnerhöhungen, für 1994 ergab sich eine Gewinnminderung.

 

Mit der Klage hat die Klägerin die Berücksichtigung der Abzinsungen und der daraus sich ergebenden Gewinnminderungen bzw. Gewinnerhöhungen bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer geltend gemacht. Die Klage hatte Erfolg und führte zu dem Begehren der Klägerin entsprechenden Änderungen der Steuerfestsetzungen durch das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, dessen Urteil vom 15.12.2005 3 K 294/01 in EFG 2006, 796 = SIS 06 18 14 veröffentlicht ist.

 

Gegen dieses Urteil wendet sich das FA mit seiner Revision, mit der es die Verletzung materiellen Rechts rügt.

 

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Dieses hat zwar in Bezug auf die Darlehensforderungen der Fallgruppe 1 die von der Klägerin vorgenommenen Abschreibungen zu Recht gebilligt. In Bezug auf die Forderungen der Fallgruppe 2 reichen die tatrichterlichen Feststellungen jedoch zur Beurteilung der Begründetheit der Klage nicht aus.

 

1. Zu Recht - und vom FA nicht beanstandet - hat das FG die Zulässigkeit der Klage auch im Hinblick auf die Festsetzung der Körperschaftsteuer 1994 bejaht, obgleich die vom FA vorgenommene Gewinnermittlung für dieses Jahr zur Festsetzung eines niedrigeren Steuerbetrages geführt hat. Es ist anerkannt, dass ein Steuerpflichtiger durch eine zu niedrige Steuerfestsetzung gemäß § 40 Abs. 2 FGO in seinen Rechten verletzt sein kann, wenn sich die Festsetzung in späteren Veranlagungszeiträumen zu seinen Ungunsten auswirken kann (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7.8.1979 VIII R 153/77, BFHE 129, 325, BStBl II 1980, 181 = SIS 80 01 01; vom 27.5.1981 I R 123/77, BFHE 133, 412, BStBl II 1982, 211 = SIS 82 10 12) oder wenn die Festsetzung einer zu niedrigen Steuer Folge eines Bilanzansatzes ist, der sich in vorhergehenden Veranlagungszeiträumen zu Ungunsten des Steuerpflichtigen ausgewirkt hat (BFH-Urteil vom 13.12.1984 VIII R 273/81, BFHE 143, 238, BStBl II 1985, 394 = SIS 85 11 14). Letzteres ist hier der Fall; denn die niedrigere Steuerfestsetzung für 1994 ist Folge jenes Wertansatzes des FA bezüglich der notleidenden Darlehen, der für die vorhergehenden Jahre zu einer höheren Steuerfestsetzung geführt hat. Die Klägerin konnte deshalb auch die Steuerfestsetzung 1994 in ihr Klagebegehren einbeziehen.

 

2. Die von der Klägerin und dem FG im Rahmen der Einzelwertberichtigung der notleidenden Darlehensengagements der Fallgruppe 1 vorgenommene Abzinsung ist nicht zu beanstanden.

 

a) Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat die buchführende Klägerin in ihrer Bilanz das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Darlehensforderungen sind in der Steuerbilanz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG ebenso wie in der Handelsbilanz gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen. Diese entsprechen auch dann ihrem Nennwert, wenn das Darlehen unverzinslich ist (BFH-Urteile vom 23.4.1975 I R 236/72, BFHE 116, 16, BStBl II 1975, 875 = SIS 75 05 08; vom 30.11.1988 I R 114/84, BFHE 155, 337, BStBl II 1990, 117 = SIS 89 06 16; vom 19.5.1998 I R 54/97, BFHE 186, 230, BStBl II 1999, 277 = SIS 98 19 23).

 

Ist jedoch der Teilwert einer Forderung niedriger als ihr Nennwert, so „kann“ statt des Nennwerts der niedrigere Teilwert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Er entspricht dem Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Bei Darlehensforderungen einer Bank, die grundsätzlich dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind (§ 340e Abs. 1 Satz 2 HGB), wird ein niedrigerer Teilwert regelmäßig jenem niedrigeren Wert entsprechen, der ihnen gemäß § 253 Abs. 3 Satz 2 HGB am Abschlussstichtag beizulegen ist. In Befolgung des handelsrechtlichen Niederstwertprinzips „ist“ daher gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch in der Steuerbilanz auf diesen Wert abzuschreiben (Senatsurteil vom 20.8.2003 I R 49/02, BFHE 203, 319, BStBl II 2003, 941 = SIS 03 49 13).

 

b) Der Teilwert der der Klägerin nach der Kündigung der Kreditverträge der Fallgruppe 1 zustehenden Forderungen gegen die Darlehensnehmer unterschreitet deren Nennwert in zweifacher Hinsicht:

 

aa) Das FA hat zu Recht eine Unterschreitung des Nennwerts insoweit anerkannt, als es den Wertansatz nicht in Höhe des jeweils noch offenen Schuldsaldos, sondern lediglich noch in Höhe des aus der Verwertung der Sicherheiten zu erwartenden Erlöses akzeptiert hat. Mehr als diesen voraussichtlichen Erlös würde ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für diese Darlehensforderungen nicht ansetzen, weil bei fehlender Bonität des Schuldners aus wirtschaftlicher Sicht für die Bewertung einer Forderung nicht deren Nominalbetrag, sondern jener Betrag ausschlaggebend ist, der beim Schuldner oder sonstigen Sicherheitengebern tatsächlich noch realisiert werden kann.

 

bb) Der Erwerber des ganzen Betriebes würde bei Bewertung dieser Forderungen darüber hinaus noch eine weitere Reduzierung in Form einer Abzinsung vornehmen, wenn - wie hier - mit der Realisierung des Erlöses aus der Sicherheitenverwertung nicht kurzfristig, sondern erst nach geraumer Zeit zu rechnen ist. Wie auch das FA im Grundsatz nicht verkennt, ist eine Forderung, mit deren Befriedigung erst in geraumer Zeit gerechnet werden kann, weniger wert als eine nominal gleich hohe Forderung, die kurzfristig eingezogen werden kann. Das gilt nicht nur aus Sicht des Erwerbers einer Einzelforderung, sondern in gleicher Weise auch aus der des Erwerbers einer Bank, zu deren Umlaufvermögen Darlehensforderungen gehören. Der Teilwert unverzinslicher Darlehen ist deshalb regelmäßig durch Abzinsung der künftigen Rückzahlung zu ermitteln; etwas anderes gilt nur, wenn der Darlehensnehmer für die Kapitalüberlassung zwar keine Zinsen, also Geld oder vertretbare Sachen entrichtet, jedoch eine andersartige Gegenleistung als „verdeckte Verzinsung“ erbringt (BFH-Urteile in BFHE 116, 16, BStBl II 1975, 875 = SIS 75 05 08; vom 9.7.1981 IV R 35/78, BFHE 133, 543, BStBl II 1981, 734 = SIS 81 23 12; vgl. auch § 12 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes). Da im Streitfall mit Zinszahlungen der Darlehensschuldner nicht mehr zu rechnen war und andersartige Gegenleistungen für die Kapitalüberlassung nicht im Raum stehen, sind die Darlehensforderungen der Fallgruppe 1 somit im Rahmen der Teilwertabschreibung abzuzinsen.

 

c) Die vom FA gegen die Abzinsung vorgebrachten Einwendungen führen zu keinem anderen Ergebnis.

 

aa) Entgegen der Sicht des FA ist es unerheblich, dass die Klägerin gegenüber den Darlehensgläubigern nicht vertraglich auf die Leistung von Zinsen verzichtet hat. Zwar standen dieser damit nach der Kündigung der Kreditverträge weiterhin die bis dahin aufgelaufenen Darlehenszinsen und für die Zeit danach zumindest Verzugszinsen gegen die Darlehensnehmer zu. Bei der Frage, ob eine im Rahmen der Ermittlung des Teilwerts einer Geldforderung zur Abzinsung führende Unverzinslichkeit vorliegt, kommt es aber nicht auf die formale Vertragslage, sondern ausschließlich darauf an, ob und in welcher Höhe künftig tatsächlich mit der Zahlung von Zinsen gerechnet werden kann. Der Erwerber des Betriebes würde die notleidenden Darlehensforderungen aus rein wirtschaftlicher Sicht und nicht von der abstrakten Vertragslage her bewerten. Die Sichtweise des FA führt zu dem zweifelhaften Ergebnis, dass notleidende Darlehensforderungen überhaupt nur wertberichtigt werden dürften, wenn die Bank die objektive Vertragslage jeweils konkret der subjektiven Leistungsfähigkeit des Schuldners anpassen würde, und wird vom FA selbst nicht konsequent angewendet. Es erkennt nämlich - richtigerweise - im Hinblick auf die Darlehen der Fallgruppe 1 eine Reduzierung des Teilwerts der Darlehensforderungen auf den Betrag des voraussichtlichen Erlöses aus der Sicherheitenverwertung an, obwohl sich auch insoweit die objektive Vertragslage nicht geändert hat. Auch die Ausbuchung der uneinbringlich gewordenen Zinsforderungen wird vom FA - zu Recht - trotz weiterhin bestehender Zinsansprüche akzeptiert.

 

bb) Durch die von der Klägerin vorgenommene Bilanzierung der Darlehensforderungen wird nicht der gleiche Wertminderungsfaktor doppelt berücksichtigt. Denn die Abschreibung einer Forderung auf den niedrigeren Wert der vorhandenen Sicherheiten trägt der Tatsache Rechnung, dass die betreffende Forderung nicht mehr in vollem Umfang, sondern nur noch zum Teil realisiert werden kann. Demgegenüber wird durch die Abzinsung berücksichtigt, dass die hiernach noch mögliche Realisierung nicht kurzfristig, sondern erst in mehr oder weniger ferner Zukunft erfolgen kann; dieser Umstand stellt ein zusätzliches wertminderndes Merkmal dar. Es liegen demnach zwei unterschiedliche Wertminderungsfaktoren vor, denen im Rahmen der Teilwertabschreibung gesondert Rechnung zu tragen ist. Soweit schließlich die Klägerin zunächst aktivierte Zinsforderungen wegen Uneinbringlichkeit ausgebucht hat, geht es darum, dass in der Vergangenheit erwirtschaftete Ansprüche nicht (mehr) werthaltig sind (vgl. dazu Senatsurteil vom 18.12.2002 I R 11/02, BFHE 201, 228, BStBl II 2003, 400 = SIS 03 18 29); dagegen bringt die Abzinsung zum Ausdruck, dass die in der Zukunft (durch die fortbestehende Überlassung des Kapitals) zu erwirtschaftenden Zinsansprüche voraussichtlich ebenfalls nicht werthaltig sein werden. Auch insoweit kann deshalb von der doppelten Berücksichtigung ein und desselben wertmindernden Umstandes nicht die Rede sein.

 

cc) Mit der Abzinsung werden nicht in unzulässiger Weise in der Zukunft liegende Aspekte bilanziell vorgezogen. Die mit der hinausgeschobenen Möglichkeit der Realisation der Darlehensforderungen verbundene Minderung deren Teilwerts ist kein erst in der Zukunft drohender Wertverlust, sondern war zu den jeweiligen Bilanzstichtagen real vorhanden. Allerdings reduziert sich die Wertminderung im Laufe der Zeit bis zur Realisation der Forderungen, weshalb die Klägerin folgerichtig in den Folgejahren jeweils entsprechende Zuschreibungen auf den Teilwert vorgenommen hat.

 

dd) Soweit das FA gegen die Abzinsung schließlich mit einem bilanzsteuerrechtlichen Objektivierungs- und Vereinfachungsprinzip argumentiert und in dem mit der Anerkennung der Abzinsung verbundenen Erfordernis der Überprüfung der angewendeten Abzinsungsparameter durch die Finanzbehörden einen unverhältnismäßigen Aufwand sieht, kann hierin ein tragendes Argument gegen die Berücksichtigung der Abzinsung nicht gesehen werden. Es ist schon nicht einsichtig, aus welchen Gründen die Überprüfung der Abzinsungsparameter - zum einen der zu schätzende Zeitraum bis zur Realisation der Forderungen und zum anderen die Höhe des Kalkulationszinssatzes - so schwierig sein sollte, dass nicht zumindest eine fundierte Plausibilitätsprüfung möglich wäre. Eine ganz exakte Nachberechnung ist auch bei anderen Bewertungsfragen häufig nicht möglich und erscheint hinsichtlich der Abzinsung der notleidenden Darlehensforderungen zudem deshalb entbehrlich, weil - wie das FA selbst hervorhebt - etwaige Ungenauigkeiten hierbei nur zu zeitlichen Vermögens- und Gewinnverschiebungen führen, die sich auf längere Sicht ausgleichen. Im Übrigen erscheint es auch vom Grundansatz her bedenklich, dem Steuerpflichtigen die Berücksichtigung einer steuerreduzierenden Wertminderung mit der Begründung zu versagen, die Berechnung der Wertminderung verursache den Finanzbehörden einen zu hohen Aufwand.

 

d) Die von der Klägerin vorgenommene und vom FG seiner Entscheidung zugrunde gelegte Abzinsungsrechnung wurde vom FA hinsichtlich der Abzinsungsparameter und der Berechnungsweise nicht konkret in Zweifel gezogen. Auch für den Senat besteht insoweit kein Anlass zu Bedenken; insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass die Klägerin als Kalkulationszinssatz ihren Refinanzierungszinssatz für Ausleihungen ohne Berücksichtigung eines banküblichen Unternehmergewinns gewählt hat.

 

3. Die Wertberichtigung der Darlehensengagements der Fallgruppe 2 in den Streitjahren lässt sich anhand der vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Danach handelt es sich bei der Fallgruppe 2 um ungekündigte Kreditverträge, auf die seitens der Darlehensnehmer noch Ratenzahlungen erbracht wurden, deren Höhe aber den vereinbarten Darlehenszins nicht abdeckten. Diese Beschreibung lässt die Möglichkeit offen, dass die bilanzielle Behandlung der Fälle durch die Klägerin - nämlich die pauschale Ausbuchung der Zinsforderungen und die Behandlung der Ratenzahlungen ausschließlich als Leistungen auf das Darlehenskapital, welches sodann wie eine unverzinsliche Forderung abgezinst worden ist - den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten nicht gerecht wird.

 

a) Den tatrichterlichen Feststellungen des FG ist nicht zu entnehmen, in welchem Umfang der vereinbarte Darlehenszins durch die Ratenzahlungen jeweils ungedeckt geblieben ist. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass unter den Darlehen der Fallgruppe 2 auch solche sind, deren Zinsforderungen zu einem erheblichen Teil durch die Ratenzahlungen abgedeckt waren und hinsichtlich derer die Klägerin mithin tatsächlich noch, wenn auch nicht in der vertraglich vereinbarten Höhe, Aussicht auf die Erwirtschaftung von Zinserträgen gehabt hat. Ob und in welchem Umfang in diesem Fall das Darlehenskapital im Rahmen der Teilwertermittlung noch abgezinst werden könnte, hinge vom jeweiligen Ausmaß des Zinsausfalls und vom Verhältnis des noch zu erwartenden Zinsertrages zu dem für die bankgeschäftliche Ertragsermittlung regelmäßig maßgeblichen Refinanzierungszinssatz für das jeweilige Deckungsgeschäft ab (vgl. Senatsurteile vom 24.1.1990 I R 157/85, BFHE 159, 494, BStBl II 1990, 639 = SIS 90 11 14; in BFHE 186, 230, BStBl II 1999, 277 = SIS 98 19 23).

 

Für die Zuordnung der noch zu erwartenden Leistungen der Darlehensnehmer und die Beurteilung der künftigen Realisierungschancen einerseits der Forderungen auf Rückzahlung des Darlehenskapitals und andererseits der Zinsforderungen könnte auch von Bedeutung sein, inwiefern die von den Darlehensnehmern noch erbrachten Teilzahlungen jeweils auf das Darlehenskapital oder auf die Zinsforderung zu beziehen sind. Dies hinge davon ab, ob es sich um dem im fraglichen Zeitraum noch geltenden Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) vom 17.12.1990 (BGBl I 1990, 2840) unterfallende Darlehensverträge handelt oder nicht. Im ersteren Fall ergäbe sich die Tilgungsreihenfolge zwingend aus § 11 Abs. 3 VerbrKrG (jetzt § 497 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - in der ab 1.1.2002 geltenden Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes). In den übrigen Fällen hinge die Tilgungswirkung von der jeweils getroffenen Tilgungsvereinbarung ab oder ergäbe sich - wenn eine solche fehlte - aus § 367 Abs. 1 BGB.

 

b) Die Behandlung der Zinsforderungen der Fallgruppe 2 als in vollem Umfang uneinbringlich wäre selbst dann nicht ohne weiteres gerechtfertigt, wenn die zu erwartenden Teilzahlungen der Darlehensnehmer nur auf das Darlehenskapital anzurechnen wären und die Zinsforderungen deshalb zunächst in vollem Umfang ungedeckt blieben. Da nämlich die Klägerin auf die Zinsforderungen nicht verzichtet hat und mangels gegenteiliger Hinweise davon auszugehen ist, dass die Darlehensnehmer zu den erbrachten regelmäßigen Teilzahlungen auch nach vollständiger Rückführung des Darlehenskapitals noch in der Lage sein werden, bestehen auch im Hinblick auf die Zinsforderungen noch Realisierungsaussichten, die im Rahmen der Bemessung des Teilwerts zu berücksichtigen wären.

 

4. Der Rechtsstreit ist somit nicht entscheidungsreif und zurückzuverweisen, damit das FG die noch erforderlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang treffen kann.