Forschungseinrichtungen, Auftragsforschung, Steuerfreiheit: 1. Eine Forschungseinrichtung finanziert sich nicht überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung, wenn die Einnahmen aus Auftrags- oder Ressortforschung mehr als 50 v.H. der gesamten Einnahmen betragen. - 2. Ob in diesem Fall die Auftragsforschung in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu erfassen ist, oder die Steuerbefreiung insgesamt verloren geht, ist danach zu beurteilen, ob die Auftragsforschung der eigenen Forschung dient oder als eigenständiger Zweck verfolgt wird. - Urt.; BFH 4.4.2007, I R 76/05; SIS 07 20 80
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) ist ein 1983 gegründeter und eingetragener
Verein, dessen Zweck die Erhaltung und Schaffung preiswerten
Wohnraums für Bevölkerungsschichten mit geringem
Einkommen und die Förderung von Wissenschaft und Forschung in
damit zusammenhängenden Forschungsgebieten ist. Er war bis
einschließlich 1996 als gemeinnützig anerkannt
worden.
In den Jahren 1997 bis 1999 beriet der
Kläger öffentliche und private Organisationen,
insbesondere auf den Gebieten der Stadt- und Verkehrsplanung, des
sozialen Wohnungsbaus unter ökologischen und
wohnungspolitischen Aspekten sowie der gesellschaftlichen
Integration städtischer Randgruppen. Seine wissenschaftlichen
Mitarbeiter entwickelten dabei Ideen zu bestimmten
Forschungsvorhaben. Danach wurden Träger gesucht, die diese
Vorhaben fördern sollten. Außerdem erhielt der
Kläger konkrete Forschungsaufträge und nahm in geringerem
Umfang auch an Ausschreibungen für Forschungsprojekte
teil.
Die Forschungsprojekte erstreckten sich
meistens über mehrere Jahre und wurden je nach Vereinbarung
mit dem jeweiligen Auftraggeber mit unterschiedlichen Ergebnissen
abgeschlossen. Entweder kam es zu Abschlussberichten mit oder ohne
konkrete Beratung des Auftraggebers oder zur Veröffentlichung
in Buchform, zur Durchführung von Ausstellungen oder zur
Vorbereitung und Durchführung von
Bildungsveranstaltungen.
Nach einer Außenprüfung gelangte
der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) zu der
Auffassung, der Kläger habe sich in den Jahren 1997 bis 1999
nicht überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand
finanziert und erfülle daher die Voraussetzungen des § 68
Nr. 9 der Abgabenordnung (AO) nicht. Mangels Selbstlosigkeit seien
die Voraussetzungen für die Anerkennung der
Gemeinnützigkeit nicht erfüllt.
Die dagegen gerichtete Klage hatte nur
hinsichtlich des Jahres 1997 Erfolg. Hinsichtlich der Streitjahre
1998 und 1999 teilte das Finanzgericht (FG) Köln in seinem
Urteil vom 22.6.2005 13 K 3420/04 (EFG 2005, 1492 = SIS 05 42 53)
die Auffassung des FA, der Kläger habe seine
steuerbegünstigten Zwecke nicht selbstlos i.S. des § 55
Abs. 1 Satz 1 AO erfüllt.
Mit seiner Revision rügt der
Kläger eine Verletzung materiellen Rechts.
Er beantragt, das Urteil des FG teilweise
aufzuheben und die Bescheide über Körperschaftsteuer und
Gewerbesteuermessbeträge 1998 und 1999 in der Fassung der
Einspruchsentscheidung vom 24.5.2004 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Der Kläger hat seine Revision -
entsprechend dem Rubrum des FG-Urteils - wegen der Steuerbescheide
für 1997 bis 1999 eingelegt. Sein Revisionsantrag richtete
sich indes ausschließlich gegen die angefochtenen Bescheide
betreffend die Streitjahre 1998 und 1999, in denen er vor dem FG
auch unterlegen war. Der Senat versteht die Revision in Einklang
hiermit nur wegen dieser Jahre 1998 und 1999 als erhoben.
Die so verstandene Revision ist
begründet. Das angefochtene Urteil ist im beantragten Umfang
aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Feststellungen des FG
ermöglichen keine abschließende Beurteilung, ob der
Kläger in den Streitjahren 1998 und 1999 gemäß
§ 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG)
und § 3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) von der
Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit war.
1. Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1
Nr. 9 KStG, § 3 Nr. 6 GewStG wird Körperschaften
gewährt, die nach der Satzung und der tatsächlichen
Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar
gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken
dienen (§§ 51 bis 68 AO). Wird ein wirtschaftlicher
Geschäftsbetrieb (vgl. § 14 AO) unterhalten, ist die
Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz
2 KStG; § 3 Nr. 6 Satz 2 GewStG). Die Körperschaft
verliert die Steuerbegünstigung jedoch nur, soweit der
wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb
(§§ 65 bis 68 AO) ist (§ 64 Abs. 1 AO).
2. Eine Körperschaft verfolgt
gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf
gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder
sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 AO).
§ 52 Abs. 2 AO nennt beispielhaft (s. Senatsurteil vom
14.9.1994 I R 153/93, BFHE 176, 229, BStBl II 1995, 499 = SIS 95 09 86) gemeinnützige Zwecke, u.a. die Förderung von
Wissenschaft und Forschung.
Wie aus dem Einleitungssatz des § 52 Abs.
2 AO ersichtlich, ist die Förderung von Wissenschaft und
Forschung nur dann gemeinnützig, wenn sie die Voraussetzungen
des Abs. 1 erfüllt, also der Allgemeinheit dient. Keine
Förderung der Allgemeinheit liegt vor, wenn Forschung im
Interesse einzelner Auftraggeber betrieben wird und somit so
genannte Auftrags- und Ressortforschung gegeben ist (Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30.11.1995 V R 29/91, BFHE 179, 447,
BStBl II 1997, 189 = SIS 96 09 53; Olbertz, DStZ 1996, 531;
Wegehenkel, BB 1985, 116; Thiel, DB 1996, 1944). Die
Ressortforschung ist dadurch gekennzeichnet, dass die
Forschungseinrichtung im Auftrag zur Erfüllung von Aufgaben
des Auftraggebers, z.B. eines Ministeriums, forscht, dem auch
regelmäßig die ausschließlichen Verwertungsrechte
zustehen. Diese Tätigkeit dient in erster Linie den Interessen
und Zwecken der jeweiligen Auftraggeber und nicht der Forschung zum
gemeinen Wohl. Hieran vermag auch die Tatsache nichts zu
ändern, dass die Forschungseinrichtung durch die
Auftragsforschung wichtige und nützliche Erkenntnisse für
ihre eigene Forschung erlangt (BFH-Urteil in BFHE 179, 447, BStBl
II 1997, 189 = SIS 96 09 53; Olbertz, DStZ 1996, 531). Denn auch in
diesem Fall forscht die Einrichtung nicht für die
Allgemeinheit, sondern für den Auftraggeber.
3. Das FG hat allein darauf abgestellt, dass
der Kläger nicht im Rahmen eines Zweckbetriebs tätig
geworden ist, und hat aus diesem Grund die Klage abgewiesen. Das
beanstandet der Kläger zu Recht.
a) Zutreffend ist allerdings die Annahme des
FG, dass der Kläger keinen Zweckbetrieb i.S. des § 68 Nr.
9 AO unterhalten hat.
aa) Nach § 68 Nr. 9 Satz 1 AO sind
Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich
überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder
Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanzieren,
Zweckbetriebe.
Zuwendung in diesem Sinn ist ein
Mitteltransfer, der der Körperschaft ohne eigene Gegenleistung
zufließt (Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO,
§ 68 AO Rz 25; Uterhark in Schwarz, AO, § 68 Rz 12).
Unter den Begriff der Zuwendung fallen daher unentgeltliche
Leistungen wie Spenden, Mitgliedsbeiträge,
Projektförderungszahlungen und Zahlungen, durch die eine aus
strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemein
politischen Gründen erwünschte Tätigkeit des
Zahlungsempfängers gefördert werden soll (BFH-Urteile vom
15.10.1998 V R 51/96, BFH/NV 1999, 833 = SIS 98 58 12; in BFHE 179,
447, BStBl II 1997, 189 = SIS 96 09 53). Keine Zuwendungen i.S. des
§ 68 Nr. 9 AO sind hingegen Entgelte, die als Gegenleistung
für eine konkrete Tätigkeit im Interesse des
Auftraggebers, der auch die öffentliche Hand sein kann,
geleistet werden. Die Ressortforschung, deren Ergebnisse in erster
Linie den finanzierenden Stellen (hier: den Ministerien) zur
Verfügung stehen, wird regelmäßig im Rahmen
gegenseitiger Verträge und damit gegen Entgelt erbracht (s.
Olbertz, DStZ 1996, 531, 533; Fischer in Hübschmann/Hepp/
Spitaler, a.a.O., § 68 AO Rz 25; Thiel, DB 1996, 1944,
1948).
Soweit der Kläger geltend macht, unter
„Zuwendungen“ i.S. des § 68 Nr. 9 Satz 1 AO
seien alle Leistungen der öffentlichen Hand zu rechnen, auch
wenn sie im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages geleistet werden,
folgt dem der Senat nicht. Eine derartige Auslegung lässt sich
weder mit dem Wortlaut der Vorschrift vereinbaren noch gebietet sie
ihr Zweck. § 68 Nr. 9 Satz 1 AO war eine Reaktion auf das
BFH-Urteil in BFHE 179, 447, BStBl II 1997, 189 = SIS 96 09 53, das
im Gegensatz zur Finanzverwaltung die Auftragsforschung der
gemeinnützigen Forschungseinrichtungen als steuerpflichtigen
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb beurteilt hatte. Der
Gesetzgeber bezweckte mit der Vorschrift zum einen,
Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der Eigenforschung und der
Auftragsforschung zu vermeiden; zum anderen wollte er den
Forschungseinrichtungen ermöglichen, die im
steuerbegünstigten Bereich gefundenen Ergebnisse in die Praxis
zu überführen und der Wirtschaft zugänglich zu
machen (BTDrucks 13/4839, S. 88 ff.). Allerdings sollte dies aus
Wettbewerbsgründen auf solche Einrichtungen beschränkt
werden, die sich überwiegend aus Zuwendungen der
öffentlichen Hand oder Dritter finanzierten. Aus dem Umstand,
dass in der Gesetzesbegründung im Zusammenhang mit der
Auftragsforschung von Unternehmen und „der
Wirtschaft“ die Rede ist, lässt sich nicht
schließen, der Gesetzgeber habe - abweichend vom Wortlaut des
§ 68 Nr. 9 Satz 1 AO - auch Leistungen der öffentlichen
Hand im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages als Zuwendung
verstanden wissen wollen.
Eine „überwiegende“
Finanzierung bedeutet, dass die Einnahmen zu mehr als 50 v.H. aus
Quellen stammen müssen, die nicht Gegenleistung für
Leistungen der Wissenschaft und Forschungseinrichtungen sind
(Uterhark in Schwarz, a.a.O., § 68 Rz. 12; s. auch Jost in
Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 5
Abs. 1 Nr. 9 KStG nF Rz 276d).
bb) Das FG ist rechtsfehlerfrei davon
ausgegangen, dass der Kläger seine Einnahmen in den
Streitjahren 1998 und 1999 überwiegend im Rahmen von
Leistungsaustauschverhältnissen bezogen und daher keinen
Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 9 AO unterhalten hat. Den hiernach
bestehenden Finanzierungserfordernissen wird nicht genügt,
gleichviel, ob man mit der Verwaltungspraxis (vgl.
Bundesministerium der Finanzen - BMF -, Schreiben vom 22.9.1999,
BStBl I 1999, 944 = SIS 99 22 24 unter III. Nr. 5) auf einen
Dreijahreszeitraum - das zu beurteilende Jahr und die beiden
vorangegangenen Jahre - abstellt oder nur auf das jeweils zu
beurteilende (Wirtschafts-)Jahr (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 1,
§ 63 Abs. 2 AO).
Der Kläger greift dies insbesondere mit
Blick auf den von ihm mit dem Ministerium des Landes (M)
geschlossenen Vertrag an. Das FG hat hierzu ausgeführt, der
Kläger und M hätten ausweislich des Vertragstextes einen
Werkvertrag geschlossen, in dem sich der Kläger verpflichtet
habe, bestimmte Leistungen zu erbringen. § 4 des Vertrages
habe eine Klausel enthalten, nach der M das - zeitlich befristete -
ausschließliche Nutzungsrecht hinsichtlich aller verwertbaren
Rechte erhalten habe und der Kläger zur Verschwiegenheit bis
zu einem eventuellen Rückfall der Publikationsrechte an ihn
verpflichtet worden sei. Die Vergütung habe sich nach dem
Selbstkostenpreis im Sinne des öffentlichen Preisrechts
gerichtet; Mehrwertsteuer habe nur gegen Nachweis der Steuerpflicht
und nur in der tatsächlich abzuführenden Höhe
erstattet werden sollen. Im Falle einer - an keine Voraussetzung
gebundenen - Kündigung habe dem Kläger ein Anspruch auf
Vergütung der bis dahin erbrachten Leistung zugestanden; bei
einer Überzahlung durch Vorauszahlungen sei in diesem Fall
eine verzinsliche Rückzahlung zu leisten gewesen.
Der hieraus gezogene Schluss des FG, dass
diesem Vertrag ein Leistungsaustauschverhältnis zugrunde
gelegen habe, ist möglich und daher revisionsrechtlich nicht
zu beanstanden. Die Auslegung von Verträgen gehört zum
Bereich der tatsächlichen Feststellungen, die den Senat nach
§ 118 Abs. 2 FGO binden, sofern sie verfahrensfehlerfrei
zustande gekommen sind und Denkgesetze oder allgemeine
Erfahrungssätze nicht missachten. Der Umstand, dass der
Kläger nach Art und Umfang genau beschriebene Leistungen zu
erbringen hatte, hierfür seine Selbstkosten abrechnen konnte
und M das - wenn auch zeitlich befristete - ausschließliche
Nutzungsrecht hinsichtlich aller verwertbaren Rechte erhielt,
spricht wesentlich für ein Leistungsaustauschverhältnis.
Das FG konnte auch rechtsfehlerfrei die Bezeichnung der
Vereinbarung als „Werkvertrag“, unabhängig
davon, ob die Bezeichnung zutreffend ist, als Indiz dafür
werten, dass die Parteien selbst von einem gegenseitigen Vertrag
ausgegangen sind.
Auch der Hinweis des Klägers auf das
BMF-Schreiben vom 15.8.2006 (BStBl I 2006, 502 = SIS 06 34 95)
ändert an dieser Einschätzung nichts. Zum einen ist
dieses Schreiben zur Umsatzsteuer ergangen, die abweichenden
Grundsätzen unterfallen kann. Zum anderen bindet die dazu
vertretene Verwaltungsmeinung die gerichtliche Beurteilung nicht.
Davon abgesehen liegt auch diesem Schreiben die Auffassung
zugrunde, dass z.B. der Vorbehalt von Verwertungsrechten für
den Zuwendungsgeber einen Anhalt für einen Leistungsaustausch
bieten kann.
b) Die Auftragsforschung ist auch kein
Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO. Nach dieser Vorschrift ist dann
ein Zweckbetrieb gegeben, wenn der wirtschaftliche
Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die
steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der
Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), die Zwecke
nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden
können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche
Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben
derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem
Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der
steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3
AO). Da die vom Kläger betriebene Eigenforschung auch ohne
Auftragsforschung betrieben werden kann und die gewonnenen
Erkenntnisse der eigenen Forschung nur mittelbar förderlich
sind, liegen diese Voraussetzungen nicht vor (vgl. BFH-Urteil in
BFHE 179, 447, BStBl II 1997, 189 = SIS 96 09 53).
An dieser Einschätzung ändert sich
auch nichts, wenn die Forschungseinrichtung mangels ausreichender
eigener finanzieller Mittel zur Erfüllung ihres
gemeinnützigen Zwecks auf Auftragsforschung angewiesen ist
oder die öffentliche Hand nur bereit ist, Leistungen im Rahmen
gegenseitiger Verträge zu erbringen. Eine Behandlung als
Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO in diesen Fällen würde
die Regelung des § 68 Nr. 9 Satz 1 AO unterlaufen, nach der
die Auftragsforschung dann als wirtschaftlicher
Geschäftsbetrieb zu behandeln ist, wenn sich die Träger
von Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen überwiegend aus
Auftragsforschung finanzieren. Die weiter gehende Frage, ob §
65 AO bei einer Forschungseinrichtung neben der insoweit
spezielleren Vorschrift des § 68 Nr. 9 AO überhaupt
anwendbar ist, kann insoweit unbeantwortet bleiben (verneinend
BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 944 = SIS 99 22 24 unter I. Nr. 3;
Oberfinanzdirektion - OFD - Frankfurt am Main, Verfügung vom
16.6.2005, Steuererlasse in Karteiform - StEK -, Abgabenordnung
1977 § 68 Nr. 31 = SIS 05 36 19; bejahend demgegenüber
Strahl, DStR 2000, 2163, 2167; Jost in Dötsch/Jost/Pung/Witt,
a.a.O., § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG nF Rz 276l).
c) Das FG hat jedoch zu Unrecht angenommen,
dass die Steuerbefreiung des Klägers nach § 5 Abs. 1 Nr.
9 KStG allein deshalb in den Streitjahren ausgeschlossen war, weil
sich der Kläger überwiegend durch Einnahmen aus der
Auftragsforschung finanziert hat. Denn wenn eine
Forschungstätigkeit die Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO
nicht erfüllt, folgt hieraus unmittelbar nur, dass speziell
die Einkünfte aus dieser Tätigkeit nicht von der
Körperschaftsteuer befreit sind. Die auf diese Weise
tätige Einrichtung kann gleichwohl nach § 5 Abs. 1 Nr. 9
KStG steuerbefreit sein und lediglich einen nach § 1 Abs. 1
Nr. 6 KStG körperschaftsteuerpflichtigen wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten (vgl. Senatsurteil
vom 7.8.2002 I R 84/01, BFHE 200, 191 = SIS 03 07 20). Die
Körperschaftsteuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG
geht nur dann verloren, wenn die Auftragsforschung als
eigenständiger Zweck neben die Eigenforschung tritt und
hierdurch gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 56 AO
verstoßen wird (vgl. Strahl, DStR 2000, 2163, 2167; anders
die Verwaltungspraxis, vgl. OFD Frankfurt am Main in StEK,
Abgabenordnung 1977 § 68 Nr. 31).
aa) Das FG hat seine Entscheidung in
Übereinstimmung mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 944 =
SIS 99 22 24 (unter I. Nr. 5) darauf gestützt, dass der
Kläger in den Streitjahren in erster Linie
eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt habe und daher nicht selbstlos
i.S. des § 55 Abs. 1 Satz 1 AO tätig gewesen sei. Eine
Körperschaft verfolgt indessen nur dann in erster Linie
eigenwirtschaftliche Zwecke, wenn sie vorrangig und nicht nur
nebenbei ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen oder die ihrer
Mitglieder fördert (z.B. Senatsurteil vom 23.10.1991 I R
19/91, BFHE 165, 484, BStBl II 1992, 62 = SIS 92 02 45).
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger mit der
Auftragsforschung überwiegend eigene wirtschaftliche Ziele
oder solche seiner Mitglieder verfolgt hat, sind nicht
ersichtlich.
Soweit dem Urteil der Vorinstanz die
Auffassung zugrunde liegen sollte, eine Körperschaft, die den
überwiegenden Teil ihrer Einnahmen aus einem wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieb erzielt, werde stets durch den
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb geprägt und sei daher
in keinem Fall selbstlos i.S. des § 55 AO tätig (vgl.
hierzu Schauhoff in Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit,
2. Aufl., § 6 Rz 112, m.w.N.), ist dem nicht zu folgen. Nach
dem Senatsurteil vom 15.7.1998 I R 156/94 (BFHE 186, 546, BStBl II
2002, 162 = SIS 98 24 01) liegt ein Verstoß gegen das Gebot
der Selbstlosigkeit nicht allein deswegen vor, weil die
Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
unterhält und die nicht begünstigten die
gemeinnützigen Aktivitäten übersteigen.
Maßgeblich ist vielmehr, ob das Vermögen der
gemeinnützigen Körperschaft zweckgerichtet für die
ideellen Zwecke eingesetzt wird und die Einnahmen aus der nicht
begünstigten Tätigkeit für die begünstigte
Tätigkeit verwendet werden. Wirtschaftliche Tätigkeiten
zur Erhöhung der Einkünfte mit dem Ziel, den
gemeinnützigen Satzungszweck durch Zuwendungen von Mitteln zu
fördern, sind nicht schädlich (ebenso Strahl, DStR 2000,
2163, 2167, m.w.N.).
bb) Eine wirtschaftliche Aktivität einer
gemeinnützigen Körperschaft darf allerdings nicht zum
Selbstzweck werden. Andernfalls verstößt sie gegen das
Ausschließlichkeitsgebot des § 56 AO.
Dieses Gebot besagt, dass eine
Körperschaft nicht gemeinnützig ist, wenn sie neben ihrer
gemeinnützigen Zielsetzung weitere Zwecke verfolgt und diese
Zwecke nicht gemeinnützig sind. Im Zusammenhang mit
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben folgt daraus, dass deren
Unterhaltung der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft
entgegensteht, wenn sie in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und
in diesem Sinne neben die Verfolgung des gemeinnützigen Zwecks
der Körperschaft tritt. Die Unterhaltung eines
wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes ist mithin aus der Sicht
des Gemeinnützigkeitsrechts nur dann unschädlich, wenn
sie um des gemeinnützigen Zwecks willen erfolgt, indem sie
z.B. der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der
gemeinnützigen Aufgabe dient. Ist der wirtschaftliche
Geschäftsbetrieb dagegen nicht dem gemeinnützigen Zweck
untergeordnet, sondern ein davon losgelöster Zweck oder gar
der Hauptzweck der Betätigung der Körperschaft, so
scheitert deren Gemeinnützigkeit an § 56 AO. In einem
solchen Fall kann die Betätigung der Körperschaft nicht
in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil aufgeteilt
werden; vielmehr ist dann die Körperschaft insgesamt
steuerpflichtig (Senatsurteile vom 20.12.1978 I R 21/76, BFHE 127,
360, BStBl II 1979, 496 = SIS 79 02 45; vom 28.11.1990 I R 38/86,
BFH/NV 1992, 90; vgl. auch Strahl, ebenda).
4. Das FG ist, von seinem Rechtsstandpunkt aus
folgerichtig, dem Verhältnis zwischen der Auftragsforschung
des Klägers einerseits und dessen übrigen
Tätigkeiten andererseits nicht nachgegangen. Deshalb ist der
Rechtsstreit nicht zur abschließenden Entscheidung reif.
Ob die vom Kläger betriebene
Auftragsforschung, sofern sie sich von der steuerbegünstigten
Tätigkeit trennen lässt, der Eigenforschung des
Klägers materiell oder in anderer Weise dient und damit dem
gemeinnützigen Zweck untergeordnet ist, oder als
eigenständiger Zweck verfolgt wird, ist unter
Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu
entscheiden. Dabei ist bei einer Forschungseinrichtung davon
auszugehen, dass der Zuwachs an Wissen und Erfahrung der
wissenschaftlichen Mitarbeiter, der mit jedem Auftrag einhergeht,
für die Annahme einer Unterordnung der Auftragsforschung unter
den gemeinnützigen Zweck des Klägers allein nicht
ausreicht. Die Würdigung und Gewichtung der einzelnen
Umstände, insbesondere des eingesetzten Zeit- und
Personalaufwands (vgl. Strahl, FR 2006, 1012, 1016) oder des mit
der wirtschaftlichen Tätigkeit einhergehenden Risikos
(Schauhoff in Schauhoff, a.a.O., § 6 Rz 111) ist vornehmlich
tatsächlicher Art und obliegt daher dem FG. Dessen Urteil ist
folglich, soweit es die Streitjahre 1998 und 1999 betrifft,
aufzuheben und die Sache insoweit zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung zurückzuverweisen.